Die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder (Kinderkommission, KiKo) gibt es seit 1988. Sie ist ein Unterausschuss des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das bedeutet, sie ist kleiner als der Ausschuss selbst und hat eine ganz spezielle Aufgabe: die Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche. Alle ordentlichen Mitglieder der Kinderkommission gehören auch dem Ausschuss an. Damit können sie die Interessen der Kinder auch dort vertreten und haben einen Zugang zum parlamentarischen Aktionsfeld, den nur ein Ausschuss bieten kann.
Ein Interview der Mitglieder mit dem internationalen Fachmagazin Playground@Landscape
Playground@Landscape: Wer kümmert sich im Deutschen Bundestag um die Belange von Kindern? Und welche Aufgabe haben Sie als Kinderbeauftragte?
Beate Walter-Rosenheimer: Im Deutschen Bundestag ist die Kommission zur Wahrnehmung der Belange der Kinder, deren Vorsitzende ich derzeit bin, für die Vertretung der Interessen der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zuständig. Sie wurde 1988 aufgrund eines Beschlusses im Ältestenrat konstituiert und ist seitdem in jeder Legislaturperiode die parlamentarische Interessenvertretung für Kinder und Jugendliche.
Jede Fraktion des Deutschen Bundestages schickt eine Abgeordnete oder einen Abgeordneten in die Kinderkommission. Diese Abgeordneten sind in der Regel gleichzeitig Mitglieder des Familienausschusses. So können sie die Interessen der Kinder auch dort vertreten und besser auf das Parlament Einfluss nehmen. Für die Kinderkommission gelten in manchen Punkten andere Regeln als für die Bundestagsausschüsse. Die KiKo kann beispielsweise nur dann handeln, wenn alle Mitglieder zugestimmt haben. Können sie sich nicht einigen, kann jedes Mitglied für sich versuchen, ein Anliegen voranzubringen.
Für ihre Arbeit pflegt die Kinderkommission einen engen Austausch mit den Kinder- und Jugendverbänden.
Ich bin nicht die Kinderbeauftragte meiner Fraktion, sondern die Sprecherin für Jugendpolitik und Ausbildung.
P@L: Am 25. Januar 2016 fand im Kinder- und Jugendausschuss des Deutschen Bundestages eine Anhörung zum Thema „Kinderrechte“ statt. Die geladenen Sachverständigen lobten einerseits die Bedingungen für gutes Aufwachsen von Kinder und Jugendlichen in Deutschland, sahen andererseits weiteren Handlungs-bedarf. Was heißt das konkret?
Eckhard Pols: Zunächst möchte ich klarstellen, dass es im Deutschen Bundestag keinen Kinder- und Jugendausschuss gibt. Diese Anhörung hat in der Kinderkommission stattgefunden. Kinder haben eigene Rechte. Sie sind Rechtssubjekte und keine Objekte. Wann immer Kinder betroffen sind, ist ihr Wohl ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Bei der Realisierung ihrer Rechte sind Kinder auf Unterstützung durch andere angewiesen. Das sind im Alltag nicht nur die Erwachsenen, mit denen die Kinder aufwachsen; das sind auch staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen, in denen die Rahmenbedingungen für die Umsetzung der Kinderrechte gestaltet, evaluiert und weiterentwickelt werden. Zu nennen ist hier die Monitoringstelle Kinderrechte beim Deutschen Institut für Menschenrechte, die die Umsetzung der Kinderrechtskonvention beobachtet und dokumentiert, wie auch die National Coalition Deutschland – das Netzwerk zur Umsetzung der UN-KRK –, in der Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft den Umsetzungsstand regelmäßig überprüfen. Die Bedingungen für gutes Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland haben sich in den letzten 25 Jahren verbessert. Nach wie vor braucht es jedoch weitere Anstrengungen, um Kinder wirkungsvoll zu schützen, Kindergesundheit zu stärken, Bildungschancen zu verbessern, Kinderarmut zu bekämpfen und für mehr ehrliche Beteiligung von Kindern zu sorgen. Die Wünsche und Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen sind maßgeblich bei allen sie betreffenden Entscheidungen. Es ist wichtig, Kindern und Eltern ihre Rechte und Instrumente für deren Realisierung aufzuzeigen, damit sie diese kennen und einfordern können.
Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages setzt sich auch zukünftig dafür ein. Ein Bundesplan zur Umsetzung der Kinderrechte, der alle Kinder in ihren Rechten stützt und nicht nur einzelne Gruppen, ist unser Wunsch. Die Kinderkommission begrüßt und unterstützt die Verankerung von Ombudspersonen auf allen föderalen Ebenen. Um die UN-KRK bei Kindern und Jugendlichen sowie den Familien, Behörden und Institutionen bekannter zu machen, fordert die Kinderkommission eine bundesweite Öffentlichkeitskampagne. Einer finanziellen und strukturellen Ausdünnung der Kinder- und Jugendhilfe muss entgegengewirkt werden. Die Kinderkommission fordert Bund, Länder und Kommunen daher auf, eine am tatsächlichen Bedarf orientierte Kinder- und Jugendhilfe sicherzustellen. Als Kinderkommission fordern wir, Kinder und Jugendliche in Entscheidungen, die sie betreffen, altersgemäß einzubeziehen.
P@L: Kinderrechte? Sagt vielen Deutschen gar nichts! Der aktuelle Kinderreport des Deutschen Kinderhilfswerks offenbart, dass 73 Prozent der Erwachsenen das Thema Kinderrechte „nur vom Namen“ her kennen. Warum ist dem so?
Ulrike Bahr: Um die UN-KRK bei Kindern und Jugendlichen sowie den Familien, Behörden und Institutionen bekannter zu machen, fordert die Kinderkommission eine bundesweite Öffentlichkeitskampagne. Des Weiteren setzt sich die Kinderkommission des Deutschen Bundestages für eine Festschreibung von Kinderechten in das Grundgesetz ein. Ein Bundesplan zur Umsetzung der Kinderrechte, der alle Kinder in ihren Rechten stützt und nicht nur einzelne Gruppen, sollte darüber hinaus erarbeitet werden. Die Kinderkommission begrüßt und unterstützt die Verankerung von Ombudspersonen auf allen föderalen Ebenen. Als Kinderkommission fordern wir, Kinder und Jugendliche in Entscheidungen, die sie betreffen, altersgemäß einzubeziehen.
P@L: Die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz – Warum treten Sie dafür ein? Oder Gegenfrage: Was würde sich ändern, wenn Kinderrechte im Grundgesetz verankert würden?
Norbert Müller: Die Kinderkommission des Deutschen Bundestages setzt sich für eine Festschreibung von Kinderrechten in das Grundgesetz ein. Zum einen hat sich die Bundesrepublik zur Aufnahme der Kinderrechte mit der Ratifizierung der UN- Konvention verpflichtet und wurde folgerichtig für die Nichtumsetzung bereits zweimal ermahnt. Doch das ist nur eine formale Begründung. Inhaltlich würde eine Aufnahme der Kinderrechte zum andern vor allem bedeuten, die Belange der Jüngsten der Gesellschaft endlich mit dem Rang auszustatten, den sie verdienen. Bisher sind zwar die Individualrechte wie die jedes Menschen geschützt, vernachlässigt wird aber, dass Kinder als gesellschaftliche Gruppe eine besondere Schutz- und Förderwürdigkeit aufweisen. Bisher spricht das Grundgesetz den Eltern das Recht auf Erziehung zu, behandelt das Kind selbst und seine Rechte jedoch nur als Objekt. Das ist mit unserem Bild von Kindern und ihrer Selbstbestimmung nicht zu vereinbaren.
Von einer Verankerung erhoffe ich mir, dass die Rechtsposition von Kindern insgesamt gestärkt wird und Kinder in allen Bereichen, die sie betreffen – und das sind einige – mitbestimmen können.
P@L: Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e. V. (DAKJ) startet gemeinsam mit ihren kinder- und jugendmedizinischen Mitgliedsgesellschaften und – verbänden eine Petition für die Einsetzung eines Kinder- und Jugendbeauftragten durch den Deutschen Bundestag. Unterstützen Sie diese Petition? Was würde sich in der politischen Arbeit ändern?
Beate Walter-Rosenheimer: Wir als Mitglieder der Kinderkommission begrüßen die Ziele der Petition und das Anliegen der Petentinnen und Petenten, die Rechte von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Es ist gut, dass dieses wichtige Thema durch die Initiative an Öffentlichkeit und an UnterstützerInnen gewonnen hat. Kinder haben ein Recht auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Schutz vor Gefährdungen für ihr Wohl. Noch immer werden die Interessen von Kindern und Jugendlichen strukturell benachteiligt. Dies zeigt sich insbesondere bei sozialen Fragen wie der Kinderarmut oder ungleichen Zugangschancen zu Bildung und Gesundheit.
Um nachhaltig wirken zu können, müsste eine solche Beauftragte oder ein solcher Beauftragter allerdings mit soliden rechtlichen Kompetenzen sowie finanziellen und materiellen Mitteln ausgestattet und in ein umfassendes Gesamtkonzept zur Stärkung von Kinderrechten eingebettet sein.
Ein solches Gesamtkonzept umfasst die Stärkung der Kinderrechte im Grundgesetz, die Stärkung der Kinderkommission des Deutschen Bundestags, die Förderung von Ombudschaften in der Kinder- und Jugendhilfe und eines Beschwerdemanagementsystems bei den Trägern bzw. Einrichtungen der öffentlichen (und der öffentlich geförderten freien Träger der) Kinder- und Jugendhilfe. Und nicht zuletzt bedarf es einer Prüfung, ob Kinder- und Jugendbeauftragte auch auf Landes- und kommunaler Ebene – da, wo das Leben von Kindern und Jugendlichen stattfindet – vorrangig anzusiedeln sind.
P@L: Eine persönliche Frage: Jugendarbeit stärken – Freiräume schaffen. Sollte nicht jeder Tag Kindertag sein?
Beate Walter-Rosenheimer: Irgendwie klingt das ja toll: jeder Tag ein Kindertag. Welches Kind würde sich das nicht wünschen.
Andererseits finde ich diese „Gedenktage“ wie Mutter- oder Vatertag, Valentinstag und so weiter nicht gut. Für Menschen, die man liebt oder sehr gern hat, braucht es keine Erinnerungstage, denn sie sind ohnehin wichtig und werden auch ohne einen solchen Tag dementsprechend behandelt. Und ich denke, das ist es doch, was zählt.
Das Interview führte Thomas R. Müller (Playground@Landscape)
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Seit dem 1. Januar 2015 ist die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ursula Heinen-Esser, Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband Garten- Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL). Ein Interview zur Fachmesse GaLaBau 2016 über neue grüne Ziele führtePlayground@Landscape mit Ursula Heinen-Esser.