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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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05.06.2020 - Ausgabe: 2/2020

Corona-Pandemie zeigt: Spiel- und Bewegungsräume sind unverzichtbar

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Bereits vor der Corona-Krise war die immense Bedeutung von modernen Spiel- und Bewegungsanlagen bekannt. Gerade im urbanen Raum mit seiner wachsenden Bevölkerung und dem Schwinden von Freizeitflächen durch innerstädtische Nachverdichtung ist es notwendig, dass solche Areale in ausreichender Anzahl und ansprechender Ausstattung vorhanden sind. Grundlagen der Forderung einer fundierten Unterstützung in den kommenden drei Jahren sind:


1. LEBENSFREUDE: Spiel, Sport und Bewegung sind elementare Bestandteile des Lebens eines jeden Menschen und sind vor allem im frei zugänglichen Raum zu fördern.

2. GESUNDHEIT: Bewegung im Freien bringt Freude und Nutzen für die körperliche Gesundheit. Regelmäßige körperliche Aktivität hat zudem positive Auswirkungen auf Geist und Psyche.

3. PRÄVENTION: Bewegung im Freien nutzt nicht nur dem Einzelnen unabhängig vom Alter, sondern der gesamten Gesellschaft in Bezug auf präventive Gesundheitseffekte.

4. INFEKTIONSSCHUTZ: Bewegung im Freien bietet Vorteile gegenüber der Bewegung im Innenbereich, vor allem auch in Bezug auf pandemische Faktoren.

5. ENTWICKLUNG: Kinderspielplätze fördern die kognitiven, sozialen und physischen Fähigkeiten der jüngsten Mitglieder der Gesellschaft.

6. SOZIALES: Bewegung im Freien - informell organisiert - hat einen enormen Einfluss auf das soziale Wohlbefinden und fördert das positive Sozialverhalten.

7. KLIMASCHUTZ: Flächendeckende Bewegung im Freien bietet vor allem als wohnortnahes Angebot die Möglichkeit von sinnvoller Freizeitgestaltung ohne gravierende ökologische Auswirkungen.

8. PRIORISIERUNG: Reduzierte Haushaltsansätze dürfen nicht zu reduzierten Investitionen in gesellschafts- und gesundheitsrelevanten Bereichen führen, sondern im Gegenteil zu deren Priorisierung.


Für die meisten Menschen in unserer Gesellschaft gehören das Spielen und körperliche Aktivitäten wie Sport und Bewegung zu den beliebtesten und wichtigsten Freizeitbeschäftigungen. Schon Kinder haben einen großen Bewegungsdrang und entwickeln durch Spielen ihre körperlichen und geistigen Eigenschaften weiter. Spielen macht ihnen Freude und bei vielen bleibt diese Freude auch im Erwachsenenalter erhalten. Bei vielen Formen des Spiels spielt die Bewegung ebenfalls eine zentrale Rolle, von tobenden Kindern über Freizeitsportler bis hin zu Boccia spielenden Senioren – sie alle kombinieren Bewegung und Spiel und erfreuen sich an dieser Möglichkeit. Bewegung, Spiel und Sport tun Körper und Seele gut und haben zudem einen großen Einfluss auf das menschliche Wohlbefinden. Es ist daher wichtig, dass die Menschen in ihrer unmittel-baren Umgebung die Möglichkeit bekommen, diesen Formen der Freizeitgestaltung nachzukommen. Es wird eine gute Infrastruktur benötigt  an Spiel-, Sport- und Bewegungsmöglichkeiten in unseren Städten und Kommunen. Sie sollten öffentlich zugänglich und für jedermann nutzbar sein und zudem vielseitige Optionen für alle Altersgruppen und Bevölkerungsschichten mit modernen Gerätenund ansprechenden Arealen unter freiem Himmel bieten. Ob Kinderspielwelten zum Klettern, Hangeln, Toben oder Schaukeln, Bewegungsareale beispielsweise im Bereich Calisthenics oder Parkour für Jugendliche und junge Erwachsene oder auch Fitnessareale mit generationengerechten Übungsmöglichkeiten für die breite Bevölkerung – es  gibt eine Vielzahl von Gestaltungsvarianten, die eine spiel- und bewegungsfreundliche Infrastruktur fördern. Neben sport- und gesundheitswissenschaftlichem Nutzen sollte bei der Planung und Gestaltung vor allem die Freude an Bewegung im Vordergrund stehen. In Zukunft werden solche Möglichkeiten sogar in einem noch stärkeren Ausmaß benötigt.

Zahlreiche Wissenschaftler haben in der jüngsten Vergangenheit darauf hingewiesen, dass in unserer Gesellschaft ein eklatanter Bewegungsmangel vorherrscht. Das gilt für viele Erwachsene, aber – und das ist besonders besorgniserregend – auch bereits für viele Kinder und Jugendliche. Die Freizeitgestaltung findet zunehmend auf elektronischen Plattformen und im Social Media Bereich statt – die Folge des daraus resultierenden Bewegungsmangels ist eine deutliche Zunahme an Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck, Herzbeschwerden und Diabetes. Die Patienten werden obendrein immer jünger. Die mit der Corona-Krise verbundenen Einschränkungen haben diese kritische Situation nochmals verschärft. Fitnessstudios, öffentliche Sportplätze, Schwimmbäder, Freizeitparks und auch Spielplätze wurden im Lockdown geschlossen und auch nach der Öffnung erst sehr langsam wieder nutzbar gemacht. Schon während der Krise machten Wissenschaftler auf die Folgen aufmerksam: die Ausgangsbeschränkungen werden langfristig zu einer weiteren Zunahme der Zivilisationskrankheiten führen. Daher gilt es dieser Entwicklung entschieden entgegen zu treten und die Möglichkeiten hinsichtlich einer bewegungsfreundlichen und -aktivierenden Infrastruktur in Städten und Gemeinden umfassend zu fördern. Bewegung bringt zudem nicht nur einen Nutzen für die eigene körperliche Gesundheit. Es ist erwiesen, dass regelmäßige körperliche Aktivität auch positive Auswirkungen auf Geist und Psyche hat.

Der gesundheitliche Nutzen einer bewegungsfreundlichen und -aktivierenden Infrastruktur in Städten und Kommunen ist also unbestritten. Von mehr körperlicher Aktivität profitiert nicht nur der Einzelne sondern auch die breite Bevölkerung und verschiedene Institutionen, wie beispielsweise die Krankenkassen. Wenn Sport und Bewegung als präventive Maßnahmen vielerorts möglich sind und verstärkt ausgeübt werden, wird das in der Zukunft massive Kosten in der Gesundheitsfürsorge einsparen. Ein Gewinn nicht nur für die Kassen sondern für die ganze Gesellschaft und schließlich auch für jeden Einzelnen.

Es ist wichtig, dass wir allen Menschen – vom Kleinkind bis zum Senioren – den Zugang zu eigener körperlicher Aktivität ermöglichen. Und nicht nur in Schule oder Sportverein, sondern direkt im persön-lichen Umfeld, so wohnortsnah wie möglich. Dabei gilt es Areale zu schaffen, die nicht nur Möglichkeiten bieten, sondern gleichzeitig auch Anreize schaffen, sich zu bewegen. Die Corona-Krise hat gezeigt, dass in solchen Zeiten der Außenraum als Ort für Spiel und Bewegung gegenüber Indoor-Aktivitäten spezifische Vorteile hat. Auch wenn die Krise überstanden ist, wird diese Entwicklung sicher bestehen bleiben, denn es wird eine wesentliche stärkere Wahrnehmung für Infektionsmöglichkeiten und Hygiene in weiten Teilen der Bevölkerung zurückbleiben. Solange es die klimatischen Bedingungen zulassen, wird ein starker Akzent auf Bewegungsmöglichkeiten im Außenraum liegen, denn hier ist es leichter sich vor Infektionen zu schützen. Von daher sollte vor allem in diesem Bereich auf eine mehr als ausreichende Versorgung gesetzt werden.

Wissenschaftliche Studien zeigen wie elementar Spiel und Bewegung für die Entwicklung von Kindern sind. Es werden nicht nur motorische und kognitive Fähigkeiten erlernt und verbessert, auch beispielsweise der Spracherwerb und das soziale Miteinander werden schon früh gefördert. Auf ansprechend und herausfordernd gestalteten Spielplätzen können Kinder sich spielend weiterentwickeln. Durch eine Vielzahl von Bewegungsformen, geistigen und körperlichen Herausforderungen und einem Miteinander mit anderen Kindern können sie auf Spielplätzen viele Kompetenzen erlernen und fördern. Dies ist im eigenen Zuhause nur sehr eingeschränkt möglich.

Spiel und Bewegung in Gesellschaft anderer Menschen ist zudem auch ein wichtiger sozialer Faktor – denn sich gemeinsam bewegen erhöht in den meisten Fällen die Motivation, die Dauer und vor allem die Freude an der Aktivität. Nicht zuletzt deswegen sind auch viele Breitensportler außerhalb der Vereinswelt in kleineren oder größeren Gruppen organisiert, um gemeinsam draußen aktiv zu sein. Öffentlich zugängliche Bewegungsareale und Spielplätze ermöglichen soziale und kommunikative Teilhabe aller Bevölkerungsgruppen in den Räumen. Sie verhindern die Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen aufgrund fehlender finanzieller Möglichkeiten. Sie ermöglichen Teilhabe, Mitwirkung und Chancengerechtigkeit für Bewegungsaktivitäten im Alltag außerhalb kommerzieller Angebote. Ansprechend und bedarfsgerecht konzipierte Bewegungs- und Spielareale können zu einer Revitalisierung von Wohnquartieren führen, Innenstädte und Ortskerne aufwerten und zu einer Verbesserung des Wohnumfeldes beitragen. Die Areale sind damit ein unverzichtbarere Beitrag einer städtebaulichen Lebensqualität. Nachgewiesen ist, dass Spiel- und Bewegungsanlagen zu einer die Verbesserung kinder-, familien- und altengerechter Infrastrukturen beitragen, den Zusammenhalt im Stadtteil zu erhöhen und zur Verbesserung der Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen und von Menschen mit Migrationshintergrund beitragen. Daher bilden derartige Anlagen einen wichtigen Baustein im Rahmen eines integrierten städtebaulichen Entwicklungskonzepts und einer Stadtteilarbeit. Sie haben damit eine außerordentlich hohe und positive raumplanerische Lenkungswirkung und erhöhen die Identifikation mit einem Stadtteil.

Eine bewegungsfreundliche Infrastruktur innerhalb der Kommune bedeutet mehr als nur ein Ausbau von Fußgänger- und Fahrrad-wegen. Um einem großen Teil der Bevölkerung gerecht zu werden, sind anregende wohnortsnahe Bewegungsareale von großer Bedeutung. Damit weite Teile der Bevölkerung die Chance haben, ihre eigene körperliche Aktivität durch diese Einrichtungen zu fördern, ist es wichtig, dass sie gut erreichbar sind. Je kürzer der Weg von der Wohnstätte zu einem Bewegungsareal ist, desto werden die Optionen genutzt. Nicht der Bürger muss den Bewegungsraum suchen, sondern er sollte ihm begegnen, an so vielen Orten wie nur möglich. Wenn das Verreisen an ferne Orte nicht möglich ist, müssen sie auch „zuhause“ im Heimatort ansprechende Orte für Spiel, Sport und Bewegung vorfinden. Eine aktive Freizeitgestaltung muss wohnortnah gewährleistet werden. Und das überall und für jedermann ohne, dass der Einzelne dazu erstmal einen Kostenbeitrag aufbringen muss. Die eigenverantwortliche Gesundheitsvorsorge muss ebenfalls für jedermann möglich sein – gleichwertige Lebensverhältnisse sollten in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle spielen. Und wohnortsnahe Installationen haben noch einen weiteren Nutzen – sie bieten auch ökologische Vorteile, wenn man für die eigene Freizeitgestaltung nicht weit reisen muss. Städtische Spiel- und Bewegungsareale mit Grünflächen leisten einen wichtigen Beitrag zum urbanen Mikroklima. Sie ermöglichen Luftaustausch, vermindern urbane Überwärmung, vermindern den Versiegelungsgrad der städtischen Bodenflächen, verbessern die Wasserspeicherfähigkeit des Bodens, sorgen mit einem Baumbestand für Beschattung und können einen Beitrag zu vernetzten Vegetationsinseln in der Stadtfläche sein. In Zeiten einer zunehmenden baulichen Nachverdichtung städtischer Räume kann mit Spiel- und Bewegungsräumen Flächensicherung für unabdingbare Grünbereiche erhalten werden. Diese Grünbereiche spielen eine wichtige ökologische Rolle für Lebewesen, Luftqualität und Aufenthaltsqualität in verstädterten Bereichen. Die städtebauliche Erfahrung zeigt, dass einmal umgewandelte Grünflächen für Spiel- und Bewegungsräume für immer verloren sind!

Es ist also in Zukunft noch wichtiger für eine gute bewegungsfreundliche Infrastruktur in unseren Städten und Kommunen zu sorgen. Spiel- und Bewegungsareale dürfen nicht die Leidtragenden der Corona-Krise sein. Im Gegenteil: wenn durch fehlende Steuereinnahmen die kommunalen Haushalte unter Druck geraten, muss ein Ausbau von Sport- und Bewegungsmöglichkeiten für die breite Bevölkerung gesichert sein. Die Krise hat gezeigt, welche Bedeutung die Aktivität im Außenraum für große Teile der Gesellschaft hat - dies muss unbedingt gefördert werden. Hier müssen die Kommunen gezielt unterstützt werden, entsprechende Fördermittel und Aktionspläne müssen entwickelt und bereitgestellt werden.

Sollte ein vor der Krise anvisierter neuer „Goldener Plan des Sports“ der Bundesregierung wieder in den Mittelpunkt rücken, so muss gewährleistet werden, dass nicht vor allem der Leistungs- und Vereinssport davon profitieren, sondern vornehmlich körperliche Aktivität für die breite Bevölkerung in den Fokus rückt. Die Kosten der gesundheitlichen Folgen, die der Bewegungsmangel mit sich bringt, würden ohne einen Ausbau der bewegungsfreundlichen Infrastruktur in Deutschland ein Vielfaches von dem betragen, was man heute investieren müsste, um einen zeitgemäßen Ausbau zu garantieren.

Spiel, Sport und Bewegungsangebote müssen elementare Bestandteile des Lebens jedes Menschen in unserer Gesellschaft sein. Von daher dürfen Städte und Kommunen diese Bereiche nicht durch Sparmaßnahmen einschränken. Es gibt bei der Förderung von spiel- und bewegungsfreundlicher Infrastruktur keine Verlierer – sondern nur Gewinner!

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