Risiken managen – Entwicklungen gestalten: Wie Vereine zukunftsfähig werden
Dies gilt umso mehr für Aktivitäten, die zumeist ehrenamtlich bei einem hohen persönlichen und ideellen Einsatz der Beteiligten geleistet werden.
Diskussionen, die zumeist als abgeschlossen galten, leben neu auf. Welche und wie viel Strukturen braucht das Ehrenamt? Wie viel Ehrenamt kann man sich wie lange erlauben? Die Effizienz und die Effektivität des Handelns der Akteure im Rahmen der im öffentlichen Raum wirkenden Organisationen werden künftig vor dem Hintergrund sinkender Fördermittel der Kommunen bei gleichzeitig steigendem Wettbewerbsdruck auf die einzelnen Vereine noch stärker als bislang hinterfragt und eingefordert: Damit verbunden ist zugleich die Frage, wie sich die ehrenamtlich agierenden Akteure weiter als Ansprechpartner insbesondere auch für Kommunen positionieren können.
Mit diesen Anforderungen sind weitere Fragestellungen verbunden:
Was muss also „der“ Verein der Zukunft leisten können? Wie teuer darf die Förde-rung und Unterstützung des Gemeinwesens im Ehrenamt sein? Wie werden die Leistungen von Vereinen und deren Aktivitäten organisationsformunabhängig „bewertet“? Wie erfolgt eine professionelle Risikosteuerung? Was sind die Meilensteine zu einer erfolgreichen, weil zukunftsfesten Neuausrichtung von Vereinen?
Vereine werden sich sowohl hinsichtlich ihrer leistbaren Zwecke, der handelnden Strukturen und Personen noch weiter professionalisieren müssen, um auch in der Zukunft über ausreichende Mitgliederzahlen, -Strukturen, "Themen" und bezahlbare Wirkungseffizienzen zu verfügen. Mit den Risiken, aber auch mit den Chancen, die mit der Erledigung dieser Aufgaben zukünftig verbunden sind, sind jedoch noch nicht alle Akteure gleichermaßen vertraut und umgangserfahren. Die Rechtsprechung und das komplizierte Steuerrecht tun dann ein Übriges. Umso wichtiger ist es, ein Risiko- und Chancenmanagement - gleichsam einen Instrumentenkoffer im Gepäck - zu wissen.
Die Ausgangslage vieler Vereine
Für viele Vereine – ob sie nun gemeinnützigen Themenstellungen aus dem Bereich Sport, Soziales, Karitatives oder Bildung verwirklichen oder als Werbe- oder Standortgemeinschaft, Verkehrsverein oder Gewerbegemeinschaft nicht-gemeinnützige Zwecke verfolgen – ist die Ausgangslage ähnlich:
Allgemein ist eine Attraktivitätssteigerung in Bezug auf die Mitgliedschaft gewollt, um bei entsprechenden Mitgliederzahlen und Beitragszahlungen ein attraktives Programm für die Mitglieder auflegen zu können. Gewünscht ist daneben ein feststellbarer Bedeutungsüberschuss zur Abgrenzung von den Angeboten anderer, konkurrierender Vereine. Zugleich möchte sich der Verein durch Ausprägen eines eigenständig wahrnehmbaren Profils von der Vielzahl der sonstigen Angebote Dritter abheben. Schließlich sollen die selbst gesetzten Ziele und Zwecke bzw. Aufgaben, professionell umgesetzt werden. Diese Erwartungshaltungen werden indes nicht selten enttäuscht. Kaum ein Verein fühlt sich z.B. in Verhandlungen mit potentiellen Sponsoren und sonstigen Unterstützern „auf Augenhöhe“ oder wird so angesehen, da letztlich Anspruchshaltung und Wirklichkeitswahrnehmung unüberwindbar auseinander zu fallen scheinen. Dem schließen sich unweigerlich Fragen nach der Zukunftsfähigkeit und –Festigkeit „meines“ Vereins an.
Was ist überhaupt ein Risiko?
Nach Martin Schütz ist ein „Risiko die nach Eintrittswahrscheinlichkeit bzw. Eintritts-häufigkeit und Auswirkung bewertete mögliche positive (Chance) oder negative (Gefahr) Abweichung von einem vorgängig definierten Ziel- oder Erwartungswert.“ (Martin Schütz in „Risikomanagement der Öffentlichen Hand“, Physica-Verlag 2009, S. 127).
Am Beispiel der „Haftungs- und Statusverfassung“ eines Vereins lässt sich diese Grunddefinition konkretisieren:
Allgemein ist in der Führung eines Vereins auf die strikte Trennung zwischen ideeller Zweckverfolgung und wirtschaftlicher Betätigung zu achten. Zudem gilt unter Haftungsgesichtspunkten und damit aus Gründen der Risikominimierung der Grundsatz, dass je nachhaltiger der Grad der wirtschaftlichen Betätigung ist, desto höher natürlich das persönliche Haftungsrisiko für den Vorstand bzw. Geschäftsführer ist. Zugleich gilt es bei sehr stark wirtschaftlich ausgeprägten oder umfangreichen wirtschaftlichen Betätigungen des Verein die für den Vereinsstatus als solchen bestehenden Risiken zu beachten. Letztlich kann der „e. V.“-Status gefährdet sein, wenn sich der Verein, der vorgeblich ideelle Ziele verfolgt, in Wahrheit als unternehmerisch handelnden Gesellschaft bürgerlichen Rechts herausstellt oder als solche ansehen lassen muss.
Veränderungsanlässe für die Einführung von Risikomanagementsystemen
Warum sollte sich nun der „normale“ Verein mit der mitunter schwierigen Einführung eines Risiko- und Chancenmanagements beschäftigen? Die Veränderungsanlässe lassen sich letztlich in drei Gruppen zusammenfassen:
In einer ersten Gruppe lassen sich all diejenigen Gründe zusammenfassen, die Änderungserfordernisse aus formellen Gründen beschreiben. Hierunter fällt der häufig diskutierte, aber selten konsequente „Satzungs-Relaunch“, mit dem man Anpassungen an Entwicklungen der Rechtsprechung im Vereinsrecht und des Vereinssteuerrechts aufgreift. Gerade bei älteren Vereinen ist häufig festzustellen, dass faktische Regeln, Verhaltensweisen und Regularien nicht mit dem Text der Satzung und ihrer Nebenordnungen in Einklang stehen, nach dem Motto „Das haben wir schon immer so gemacht, egal was in der Satzung steht“. In der Risikobeschreibung lässt sich die Verselbständigung von Vereinsstrukturen und Organisationsabläufe im Verhältnis zum Satzungstext nur bedauernd zur Kenntnis nehmen.
In einer zweiten Gruppe sind diejenigen Änderungserfordernisse feststellbar, die aus sachlichen Gründen zur Risikosteuerung und Risikominimierung vollzogen werden. Darunter fällt z. B. die Aufnahme von (Satzungs-)Öffnungsklauseln zur weiteren Flexibilisierung. Je unterschiedlicher die Mitgliederstruktur, desto differenzierter ist häufig auch die Beitragsordnung. Wer Beiträge differenziert und rechtssicher einführen oder erheben will, wird um die entsprechende Aufnahme von Öffnungsklauseln also nicht umhinkommen, z.B. durch die Aufnahme von Satzungsklauseln, die nach Mitgliedergruppen differenzieren. Ähnliches gilt z. B. für Fragestellungen zur Erhebung von Sonderumlagen. Ohne eine hinreichende Satzungsgrundlage steigen mangels Beitreibungsfähigkeit die Risiken für den Verein in finanzielle Schieflagen zu geraten.
Schließlich werden materiell-rechtliche Gründe für den Veränderungsanlass ange-führt: So werden Abteilungen und Sparten, die sich faktisch im Laufe der Zeit gebil-det haben und die z.B. zur Identitätsfindung und Profilbildung wichtige Funktion haben, in der Satzung bzw. in Geschäfts- und Kassenordnung der Abteilungen verankert, gleichsam „verschriftlicht“, um manchmal langjährige Streitigkeiten zwischen Vorstand und Mitgliedern über den „richtigen“ Weg und Auslegungskonflikte zu verhindern. Angenehmer Nebeneffekt dieser Risikosteuerung ist die Professionalisierung der Strukturen als solche.
Für welchen Verein lohnt sich die Einführung von Risikomanagementsyste-men?
Die Implementierung von Risiko- und Chancenmanagementsystemen ist vereinsgrößenunabhängig. Die Gründe für deren Einführung sind – unabhängig von einer gesetzlich bestehenden Verpflichtung – mannigfaltig. So können solche Systeme zur Vorbereitung auf eine anstehende Betriebsprüfung oder eines gesteuerten Vorstandswechsels, zur Kostenreduktion oder Liquiditätsplanung und -steuerung ebenso genutzt werden, wie für eine höhere Verdichtung und Optimierung von vereinsinternen Abläufen und von Organisationsstrukturen
Mit Hilfe eines wirksamen und effektiven Risiko- und Vertragsmanagements lassen sich zudem die aus den geschäftlichen Aktivitäten der Vereine resultierenden Risiken rechtzeitig erkennen, bewerten und vernünftig steuern.
Risiken und Chancen sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Insofern kommt man mit / über das „Thema Risiko “ von der reinen Erfüllung der gesetzlichen Verpflich-tung zur Einführung von Risikofrüherkennungssystemen zum „Wertetreiber“ in der strategischen Vereinsführung und –Steuerung.
Fazit
Vereine, die um ihre Risiken wissen, werden die Chancen erkennen und wahrneh-men können und sich damit zukunftsfest darstellen können. Ohne ein solches Risiko- und Chancenmanagement bleibt vielleicht nur die Verwaltung von Interna mit der unbeantworteten Fragestellung nach einer Zukunftsfähigkeit.
Autor: Rechtsanwalt Andreas Schriefers ist Gründungspartner des anwaltsKONTOR Schriefers Rechtsanwälte in Düsseldorf und zugleich Rechtsbeistand der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing Deutschland e.V. (kurz: bcsd). Er berät bundesweit kommunale und private Akteure in den Bereichen Stadtmarketing, Tourismus, Wirtschaftsförderung und ist Mitentwickler eines Zertifizierungsprogramms für Vereine.
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Seit dem 1. Januar 2015 ist die ehemalige Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Ursula Heinen-Esser, Hauptgeschäftsführerin beim Bundesverband Garten- Landschafts- und Sportplatzbau e.V. (BGL). Ein Interview zur Fachmesse GaLaBau 2016 über neue grüne Ziele führtePlayground@Landscape mit Ursula Heinen-Esser.