Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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In vielen Kommunen und Vereinsheimen gibt es in Bezug auf den optimalen Belag für den eigenen Fußballplatz nur eine Frage: Kunst- oder Naturrasen? Das Meinungsbild ist oft ähnlich – Naturrasen ist aus Sicht der Spieler der angenehmere Belag, allerdings ist er sehr pflegebedürftig, wetteranfällig und kann im Jahr nur verhältnismäßig wenige Stunden bespielt werden. Deshalb wird sich vielerorts für einen Kunstrasen entschieden, denn dieser bietet auch sehr gute Spielbedingungen, ist deutlich robuster und kann das ganze Jahr über genutzt werden. Doch auch ein Kunstrasenplatz hat seine Nachteile, der Größte ist sicherlich, dass spätestens nach 15 Jahren eine kostenintensive Erneuerung des Kunstrasenbelages anfällt. Seit geraumer Zeit kommt aber eine Alternative zu reinem Kunst- oder Naturrasen immer mehr auf - der Hybrid-Sportrasenplatz.
Hybridsysteme für den Sportplatz , welche die Eigenschaften von Kunstrasen- und Naturrasenplätzen verbinden, gibt es seit den 1990er Jahren und sie ersetzen vor allem in immer mehr großen Stadien den bisher verwendeten reinen Naturrasen. Ob Wembley-Stadium, Anfield-Road, Stamford Bridge und Old Trafford in England, San Siro in Mailand oder die Amsterdam Arena – Spielstätten des internationalen Topfußballs haben längst schon auf Hybridsportrasen umgerüstet. Und auch in Deutschland sind mit der Allianz-Arena in München und der VW-Arena in Wolfsburg die Stadien der beiden derzeit besten Teams der Fußball-Bundesliga mit dieser neuen Variante ausgestattet. Im Spitzenfußball scheint man also zunehmend auf Hybridsportrasenplätze zu setzen – aber warum ist das eigentlich so? Und welche Vorteile bieten die Systeme dem kommunalen Sportplatz?
Bei Hybrid-Sportrasenplätzen muss man zwischen zwei Umwandlungs-Varianten unterscheiden: Zum einen gibt es die Hybridtragschichten, zum anderen den Hybridrasen.
Eine Hybridtragschicht ist eine Naturrasentragschicht, die mit Kunstfasermaterialien armiert wurde, und dadurch ein deutlich höhere Tragfähigkeit und Festigkeit erhält. Sie kommt überall dort zum Einsatz, wo einem natürlichen Rasen eine besondere Belastung zukommt, vor allem im Bereich befahrbarer Rasenflächen, aber halt auch im Sportbereich. Die Armierung hat bei den Produkten der verschiedenen Hersteller auf dem Markt ganz unterschiedliche Ausprägungen. Mal sind es fest strukturierte, mal zufällig verteilte Kunstfasern oder gar ein Kunstfasergitter durchzieht die Tragschicht und als Kunstfasermaterial kommt häufig Polypropylen auch mal in Kombination mit Elasthan zum Einsatz. Auf einer Hybridtragschicht kann man nach Installation einen gewöhnlichen Naturrasen anpflanzen, der durch diesen Unterbau meist auch eine höhere Wasserdurchlässigkeit und Scherfestigkeit erhält. Außerdem verzahnen sich die wachsenden Graswurzeln mit den Kunstfasern und dadurch wird die Rasendecke deutlich stärker verfestigt und die Gräser lassen sich nicht mehr einzeln rausreißen.
Bei einem Hybridsportrasen wird die Tragschicht durch eine Armierung des Naturrasens durch Kunstrasenfasern verstärkt. Hierbei gibt es im Wesentlichen zwei Vorgehensweisen. Im einen Verfahren werden die Kunstrasenfasern mit Nadeln maschinell direkt in einen bereits fertiggestellten Naturrasenplatz „eingepflanzt“, im anderen wird eine vorhandene Matte mit Kunstrasenfasern mit Erde und Sand verfüllt und darauf Naturrasen ausgesät, der dann zwischen den Kunstrasenfasern wachsen kann. Hier festigen die Kunstrasenfasern und die Kunststoffmaterialien die Tragschicht und gleichzeitig gibt es auch hier Verzahnungen mit den natürlichen Graswurzeln. Das bietet dem Platz Robustheit und vor allem auf stark beanspruchten Teilflächen eine solide Grundlage, wo ein reiner Naturrasen schnell weggespielt wäre
Keine „Äcker“ mehr im Profisport
Sowohl die Hybridtragschicht, als auch der Hybridsportrasen sind beides Methoden, dem klassischen Naturrasensportplatz eine zusätzliche Stabilität, eine höhere Nutzungsdauer und auch Wetterfestigkeit zu geben. Wie bereits erwähnt, ist der natürliche Rasenbelag der optimale Untergrund für viele Sportarten, wie Fußball oder Rugby. Die Diskussion über den Zustand von vielen Naturrasenplätzen gerade bei kleineren Vereinen im Profisport wird oft geführt – zuletzt war dies beispielsweise beim DFB-Pokalachtelfinale zwischen Arminia Bielefeld und Werder Bremen der Fall. Ein optimaler Profinaturrasenplatz benötigt viel Hingabe und teures Gerät zur Erhaltung und selbst bei äußerst fürsorglicher Pflege kann das Wetter dem Greenkeeper alles „verhageln“ und ein fortlaufender Spielbetrieb lässt dann eine Erholung des Rasens nicht zu. Hier können die Hybridsysteme natürlich deutlich weiterhelfen. Nicht umsonst wird in fast allen Stadien der Premiere League im häufig regengeplagten England auf Hybridsportrasen gespielt. Und nicht nur das Ergebnis ist besser, die Vereine sparen durch die Umstellung auch noch Zeit und Kosten ein.
Hybridsysteme – auch für den Amateursport?
Die Frage nach der Verwendbarkeit von Hybridsystemen im Amateursport ist immer in erster Linie auch die Frage nach der Nutzung. Die gewöhnliche jährliche Bespielbarkeit eines reinen Naturrasenplatzes liegt bei höchstens 800 h im Jahr – meist ist es deutlich weniger. Ein Hybridsportrasen erhöht dies auf bis zu 1200 Stunden im Jahr, allerdings liegt dieser Wert auch unter den Möglichkeiten eines reinen Kunstrasenplatzes, der bis zu 2400 Spielstunden im Jahr bietet. Ein Fußballspielfeld beispielsweise, das vor allem in großen Kommunen täglich von mehreren Mannschaften benutzt werden soll, sollte eher mit einem Kunstrasenbelag ausgestattet werden, hier wäre die Belastung für einen Naturrasen auch mit Hybridsystem zu hoch. Auch ist zu beachten, dass ein Hybridsportrasen immer noch größtenteils ein Naturrasen ist, das heißt eine regelmäßige Pflege muss auch hier gewährlistet werden.
Wann lohnt sich die Umstellung auf ein Hybridsystem? Egal, ob der Einbau einer Hybridtragschicht oder die Installation eines Hybridsportrasens geplant ist, es sollten Wunsch und Voraussetzungen für einen Naturrasenplatz vorhanden sein. Wer höherklassigen Fußball oder Rugby anbietet, kann mit einer solchen Veränderung sicher die Attraktivität des Platzes und die Bespielbarkeit gerade in Schlechtwetterphasen deutlich erhöhen. Auch für kleinere Kommunen, deren Rasenplätze nicht voll ausgelastet sind, lohnt es sich über eine solche Umstellung nachzudenken. Viele Anbieter von Hybridsystemen für den Sportplatzbau bieten auch eine Umwandlung von nur Teilbereichen des Spielfeldes an, was vor allem für die stark beanspruchten Fünfmeterräume eine sinnvolle Investition sein kann. Kostentechnisch liegt eine Umwandlung zur Hybridtragschicht oder zum Hybridsportrasen häufig unter der Neuinstallation eines Kunstrasenspielfeldes, allerdings kommt es natürlich auch darauf an, welchen Anbieter man auswählt und ob ein komplett neuer Platz angelegt werden soll oder nur eine Umwandlung stattfindet. Die Kosten liegen für die meisten Hybridsysteme bei ca. 300.000 €, es gibt aber auch günstigere und teurere Möglichkeiten. Die Pflege entspricht im Großen und Ganzen dem eines Naturrasens und die meisten Systeme vertragen auch intensivere Pflegemaßnahmen wie bspw. Vertikutieren.
Fazit
Die Installation von Hybridtragflächen und Hybridsportrasen ist eine sehr gute Möglichkeit, die Bespielbarkeit und Festigkeit eines Naturrasenplatzes deutlich zu verbessern. Das ist auch der Grund, warum häufig im Profisport der Umbau zu einem Hybridsportplatz forciert wird. Die Umwandlung verspricht u.a. eine Stabilisierung des Rasensystems, eine verbesserte Wasserdurchlässigkeit, höhere Scherfestigkeit und auch eine geringere Mobilität bei Fouls. Gegenüber einem herkömmlichen Naturrasenplatz ist der Hybridsportplatz eine echte Alternative. Bei sehr häufiger und umfangreicher Nutzung eines Fußballplatzes bleibt allerdings der reine Kunstrasen immer noch die einzige Möglichkeit ein ganzjähriges intensives Fußballspiel zu ermöglichen. Aber für viele kleinere Sportvereine und Kommunen ist ein Hybridsportplatz eine lohnenswerte Alternative zum Kunstrasenplatz, vor allem weil eine Umwandlung i.d.R. günstiger ist und nach 15 Jahren eine Runderneuerung nicht zwingend notwendig ist. Voraussetzung ist aber immer, dass man die Möglichkeit hat, den Rasen vernünftig zu pflegen.
TT
Foto: VfL Wolfsburg