Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Sportplätze mit Kunstrasen sind weiterhin stark auf dem Vormarsch. Wesentlich für die Qualität eines Kunstrasensportplatzes sind nicht allein die verwendeten Garne, die Verarbeitung der Oberfläche und der richtige Einbau, sondern auch die losen Bestandteile wie Sand- und Granulatverfüllung, die einen nicht unerheblichen Anteil zu den funktionellen Eigenschaften eines verfüllten Sportkunstrasensystems beitragen. Zur Verfüllung eines Kunstrasenplatzes gibt es ganz verschiedene Arten von Granulaten, die sich in Materialeigenschaften und Preis unterscheiden. Um bei der Suche nach dem passenden Granulat fündig zu werden, sollte man die Unterschiede beachten und gegeneinander abwägen.
Während der Sand als untere Schicht der Verfüllung in erster Linie den Fasern festen Halt verleiht, ist das Granulat zu einem größeren Anteil für die Steuerung der Spieleigenschaften und die Belastbarkeit verantwortlich. Der verwendete Quarzsand wird aus natürlichen Vorkommen im Tagebau gewonnen und sollte in seinen Eigenschaften für die Verwendung auf dem Sportplatz geeignet sein: als Füllmaterial für ein Kunstrasensystem muss ein Produkt gewählt werden, das eine hohe Reinheit besitzt und dessen Körner keine scharfen Kanten aufweisen, da diese die Kunstrasenfasern beschädigen würden. Der Sand wird im Allgemeinen nicht vom Kunstrasenhersteller mitgeliefert, sondern vom Einbaubetrieb über regionale Händler bezogen.
Wesentlich näher am Sportler als der Sand ist hingegen die Granulatverfüllung. Sie sorgt bei einem normgerechten Aufbau in Kombination mit der Elastikschicht für die Dämpfung und trägt maßgeblich zu weiteren wichtigen Eigenschaften des Platzes wie dem Ballsprung- und Ballrollverhalten und zu dem geringen Verletzungsrisiko, das moderne Kunstrasensysteme bieten, bei. Je mehr die Eigenschaften eines Systems ausdifferenziert sind, desto feiner sind auch die Eigenschaften des Granulats auf das Gesamtprodukt abgestimmt. Hierbei kommen nicht allein nur die sportfunktionellen Eigenschaften zum Tragen, sondern zum Beispiel auch die UV- und Wetterbeständigkeit, der Flammschutz und nicht zuletzt die Eignung für sensible Umweltbedingungen. Darüber hinaus lässt sich die Optik eines Sportplatzes über die Farbgebung des Granulats mit steuern, und sie beeinflusst auch, wie sehr sich der Platz bei Sonneneinstrahlung aufheizt.
Die Eigenschaften eines Kunstrasenplatzes lassen sich nicht nur anhand der Materialeigenschaften des jeweiligen Granulats bewerten, sondern auch mittels der Kornform/Schüttdichte. Diese fällt je nach Form und Materialart des Granulats unterschiedlich aus. Die Füllhöhe ist somit der aussagekräftigere Faktor als das Gewicht/m².
Im Laufe der Jahre und mit wachsender Bedeutung des Kunstrasens hat die Anzahl an verschiedenen Granulattypen auf dem Markt zugenommen. Während zunächst hauptsächlich Granulat aus SBR-Recycling-Material verwendet wurde, stehen mittlerweile unterschiedliche Produktarten zur Verfügung, die sich in fünf Hauptkategorien unterteilen lassen. Unterschiede werden im Material, aber auch im Preis deutlich.
SBR-Recyklat
Dem SBR-Granulat werden trotz eines günstigen Preises dennoch sehr gute funktionelle Eigenschaften zugesprochen, insbesondere eine hohe Elastizität. Im Einkauf ist es deutlich günstiger als beispielsweise EPDM und TPE. Die Problematik des SBR besteht allerdings darin, dass es sich um ein Recycling-Produkt (vorwiegend aus Autoreifen) handelt, dessen Herkunft oft nicht geklärt ist.
Ob das Material bereits ermüdet ist, schnell versprödet und dann Abrieb und Staub bildet, lässt sich beim Einkauf kaum feststellen. Durch seine schwarze Färbung heizt sich ein mit SBR gefüllter Kunstrasenplatz stärker auf, darüber hinaus ist es mit Ruß verfüllt, der abfärben kann. Berücksichtigt man alle Punkte im Vorfeld, kann SBR Einstreugranulat eine kostengünstige Lösung sein, wenn es aus einer dokumentierten Quelle mit entsprechenden Nachweisen stammt.
PUR-umhülltes SBR
Diese Variante des SBR ist mit einer Polyurethan-Schicht ummantelt, die in erster Linie der Einfärbung des ansonsten schwarzen Recycling-Granulats dient. Zwar wird PUR bei der Herstellung und Verlegung von Sportböden für die hoch abriebfeste Versiegelung verwendet, doch kommt diese Eigenschaft beim Granulat nur bedingt zum Tragen. Die Beschichtung wird durch die hohen mechanischen Belastungen in einem Kunstrasenplatz über die Zeit abgerieben. Dadurch kommt die ursprüngliche schwarze Farbe wieder zum Vorschein und ab dann kommen die herkömmlichen Eigenschaften eines SBR Einstreugranulats zum Tragen.
Das umhüllte SBR-Material empfiehlt sich daher weniger für Sportplätze mit intensiver Nutzung oder einen langen Zeitraum.
EPDM
EPDM ist traditionell ein Bestandteil vieler Sportboden-Systeme – beispielsweise in den Elastikschichten von Hallenböden und als Bestandteil von Kunststofflaufbahnen. EPDM wird in der Regel als Neuware produziert und an die besonderen Anforderungen als Einstreugranulat angepasst. So wird EPDM wegen seiner guten Elastizität, gepaart mit der besonderen Wetterfestigkeit und Resistenz gegen chemische Einwirkungen bei der Verwendung als Einstreugranulat vielerorts bevorzugt verwendet. Zusätzlich kann das EPDM bei sehr guten ökologischen Werten durch die Beimischung entsprechender Zusätze auf verschiedene Einsatzgebiete und deren Anforderungen eingestellt werden.
Dennoch ist EPDM nicht gleich EPDM. Insbesondere bei peroxidvernetzten EPDM Einstreugranulaten gab es in der Vergangenheit Probleme mit der Langzeitstabilität. Stabil schwefelvernetztes EPDM dagegen ist seit mehreren Jahrzehnten in Laufbahnen und seit über 10 Jahren als Einstreugranulat erprobt und bewährt im Einsatz im Sportstättenbau. Im Bereich dieser Materialgruppe sind neue Entwicklungen in Bezug auf die Kornform entstanden.
EPDM Fasergranulat
Das EPDM Fasergranulat ist ein neu geformtes Einstreugranulat, das zu 100% aus einem mit Schwefel vernetzten EPDM Gummi besteht. Dieses besonders UV-stabile Material wird durch ein neu entwickeltes Fertigungsverfahren in eine neue, faserige Form gebracht. Die Besonderheit dabei ist die nach dem Vorbild der Natur organisch ausgestaltete Oberfläche der einzelnen Körner. Dadurch wirkt das Material nicht nur optisch natürlicher, sondern fühlt sich auch auf der Haut angenehmer an. Es besitzt eine sehr langlebige und bewährte Materialkonfiguration. Die weiche und natürliche Struktur sorgt für ein angenehmes Laufgefühl, reduziert Abschürfungen und erhöht das natürliche Spielverhalten. Ein Beispiel dafür ist das Infill Bionic Fibre aus dem Hause Melos, welches durch Forschung in den firmeneigenen Laboren entwickelt wurde.
TPE
TPE-Granulate sind thermoplastische Elastomere, die erst seit einigen Jahren als Einstreugranulate eingesetzt werden. Verschiedene Typen von TPE-Granulaten können je nach Bedarf hinsichtlich ihrer Elastizität und des Alterungsverhaltens, zugeschnitten werden. Jedoch ist die Stabilisierung von thermoplastischen Materialien gegen Temperatur und Alterungseinflüsse sehr aufwändig. Dies hat verschiedene Hersteller dazu bewogen TPE-Granulate nicht für Regionen zu empfehlen, die eine hohe UV Belastung und hohe Temperaturen aufweisen. Die hochstabilisierten TPE-Granulate haben allerdings ihren Preis: TPE ist der teuerste Granulat-Typus.
Natürliches Einstreumaterial
Neben den bewährten elastischen Füllstoffen gibt es derzeit auch einen Trend zu natürlichem Einstreumaterial. Umfassendende Langzeiterfahrungen liegen zwar nicht vor, jedoch ist aufgrund der Herkunft als Naturstoff mit einer natürlichen Reaktion auf Witterungseinflüsse zu rechnen.
Kork als das am stärksten beworbene natürliche Einstreugranulat, wird aus der Rinde des Korkbaumes gewonnen und dann als kantig geschnittenes Granulat eingestreut. Das niedrige Materialgewicht reduziert zwar einerseits die Kosten/m², führt aber andererseits auch zu höherem Materialschwund durch Witterung. Bei Starkregenereignissen kam es bei einigen Objekten zum Auf- und Wegschwimmen des Korkes.
Im trockenen Zustand wurde zudem eine hohe elektrostatische Aufladung und Anhaftung beobachtet, die durch gewöhnliche Nutzung und Pflegemaßnahmen auftritt. Die an den Kunstrasenfasern anhaftenden Granulate erhöhen den Rollwiderstand des Balles und senken den Ballrücksprung.
Fazit
Die verschiedenen Typen von Granulaten unterscheiden sich teilweise deutlich in Ihren Materialeigenschaften und in den Kosten. Um die richtige Entscheidung bei der Auswahl für einen Kunstrasenplatz zu treffen, sollte man sich mit den einzelnen Produkten direkt auseinandersetzen. Neben Produktproben der Hersteller, ist eine Besichtigung der unterschiedlich verfüllten Kunstrasenplätze in der Umgebung zu empfehlen. Hier kann man sich ein direktes Bild von der Beschaffenheit der Plätze machen und mitunter auch die Nutzer direkt über ihre Erfahrungen befragen.
Foto: Melos GmbH