Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Sanierungsstau, Nachhaltigkeit, Klimawandel – öffentliche Sportanlagen werden in heutiger Zeit mit vielerlei Fragestellungen in Verbindung gebracht. Gerade was die Entwicklung angeht, gibt es einige Faktoren, die teilweise schon heute, aber verstärkt in Zukunft eine bedeutende Rolle spielen werden. Dabei geht es auch um die Entwicklung des Sports, der Gesellschaft und der Welt, in der wir leben. Um eine gute Strategie für die Zukunft zu entwickeln, sollte man möglichst viele dieser Faktoren berücksichtigen oder sich zunächst mal mit ihnen auseinandersetzen.
Sanierungsstau – Wege zu einer sportfreundlichen Infrastruktur
„Deutschland ist vom Weltmeister zum Kreisligisten im Sportstättenbau geworden“ moniert Christian Siegel vom DOSB in einem 2019 erschienen Plädoyer. Und tatsächlich lässt sich sagen, dass die hiesige Sportinfrastruktur vielerorts im Laufe der Zeit in die Jahre gekommen ist und ein doch erheblicher Sanierungs- und Modernisierungsbedarf herrscht. Geschätzt rund 70 % der Sportstätten hierzulande sind in kommunaler Hand, die restlichen zumeist vereinseigene Anlagen. Der Sanierungsstau betrifft beide Seiten, wobei die Kommunen aufgrund der größeren Anzahl an Sportstätten bei dieser Problematik meist im Fokus stehen. Fest steht, dass dieses Problem hauptsächlich nur durch den Einsatz umfassender finanzieller Mittel über einen längeren Zeitraum zu beseitigen ist. Hier müssen verschiedene Akteure aktiv werden, um entsprechende Maßnahmen finanzieren zu können. Innenminister Seehofer brachte kürzlich wieder einen „Goldenen Plan“ ins Spiel und stellte somit Milliardenhilfen des Bundes in Aussicht. Bisher waren fast ausschließlich die Länder und die Kommunen selbst für den Bau und Unterhalt der öffentlichen Anlagen zuständig. Und auch wenn es mittlerweile verschiedene Fördertöpfe in den Bundesländern gibt und sich die Fördermöglichkeiten vielerorts in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, so ist es doch die schlechte finanzielle Lage vieler Kommunen, die immer noch häufig einer Modernisierung der Sportinfrastruktur im Wege steht. Finanzielle Mittel des Bundes würden die Lage natürlich erheblich verbessern, Gespräche dazu sollen – so die Politik - bald folgen. Dies ist auch zu begrüßen, schließlich wird der Sanierungsstau von Tag zu Tag größer.
Man sollte aber eines im Falle einer Neuauflage des Goldenen Plans auf jeden Fall berücksichtigen: es geht nicht nur um Neubau, Sanierung und Modernisierung. Der schlechte Zustand der Sportinfrastruktur liegt mitunter auch an mangelndem Unterhalt und an fehlendem Respekt der Nutzer. So sollte eine neue umfassende Förderstrategie auch Pflege- und Unterhaltskosten miteinbeziehen und die Nutzer von öffentlichen Sportanlagen ein wenig in die Pflicht genommen werden. Und auch die Vereine, die die öffentlichen Sportstätten ja oft kostenfrei nutzen dürfen, können beim Unterhalt aktiv miteinbezogen werden. Vielerorts wird sowas bereits praktiziert.
Ein anderer Ausweg aus dem Sanierungsstau öffentlicher Sportanlagen wäre eine verstärkte Privatisierung. Um allerdings ein solches Modell im größeren Rahmen salonfähig zu machen, müssten Sport, Politik und Wirtschaft dafür ebenfalls Grundlagen schaffen.
Sport der Zukunft für die Gesellschaft der Zukunft
Auch wenn man der Meinung ist, vieles verändere sich sehr schnell, so muss man doch sagen, dass sich die Sportarten an sich gar nicht so rasant wandeln, wie man glauben könnte. Sicher, die Vielfalt an Sportmöglichkeiten wächst stetig, genauso wie die Anzahl an unterschiedlichen Sportarten – aber die meistfrequentierten Vereinssportarten bleiben größtenteils dieselben. Da allerdings wenige neue Sportarten wieder vollständig verschwinden, haben wir heute eine stets zunehmende Bandbreite an Sport- und Bewegungsmöglichkeiten. Da die Anzahl an Sportlerinnen und Sportlern allerdings nicht rasant wächst, sondern wenn überhaupt langsam ansteigt, und die Sportler sich auf immer mehr Sportarten verteilen, klagen viele Sportarten und – vereine über fehlenden Nachwuchs. Dabei muss man bei dieser Problematik auch den demographischen Wandel beachten. Jeder neue Geburtenjahrgang in unserer Gesellschaft umfasst weniger Personen, was bedeutet, selbst wenn alle Personen eines Jahrgangs Sport auf Vereinsebene treiben würde, würden die Zahlen dennoch sinken. Natürlich sind wir noch weit davon entfernt, dass die Menschen unserer Gesellschaft größtenteils Mitglieder eines Sportvereins sind. Nicht zu Unrecht wird häufig über Bewegungsmangel und die Folgen davon gesprochen. Aber fest steht: die Gesellschaft wird immer älter und das Sport- und Bewegungsangebot muss sich dieser Entwicklung auch etwas anpassen. Das Modell einer Sportinfrastruktur, die vor allem Menschen zwischen 5 und 35 Jahren Sport- und Bewegungsmöglichkeiten bietet, ist nicht mehr zeitgemäß, da dieser Personenkreis gemessen an der Gesamtbevölkerung immer kleiner wird. Da reichen Tanzkurse, generationengerechte Fitnessanlagen und Seniorengymnastik als Ausgleich nicht mehr aus. Der „Nachwuchs“ wird auf Vereinsebene zukünftig nicht mehr nur in der Jugend gesucht werden, sondern auch in den älteren Generationen. Auf diese Veränderung passend zu reagieren ist ein schwieriger Prozess, auf den sich Vereine genauso einstellen müssen wie die Betreiber öffentlicher Sportanlagen. Ein sinnvolles Konzept wäre es, passende Sportangebote auf gängigen Sportanlagen auch für ältere Sportler zu entwickeln. Altersgerechte Abwandlungen bekannter Sportarten zum Beispiel. Derzeit erfährt beispielsweise „Walking Football“ einen wachsenden Zuspruch – dabei wird Fußball ohne Sprints und Körperkontakt gespielt. Um der älter werdenden Gesellschaft zu entsprechen, sollten öffentliche Sportstätten verstärkt barrierefrei und inklusiv ausgestattet sein. Auch die Infrastruktur sollte verbessert werden – sanitäre Anlagen und ausreichend Sitzgelegenheiten sind nur zwei Punkte, die dabei zu beachten sind. Die erwähnte heutige Vielfalt an Sport- und Bewegungsformen wird im Zuge des demographischen Wandels wohl weiter zunehmen. Nun sollten Maßnahmen und Planungen entwickelt werden, die diese Änderungen berücksichtigen. Denn jedem Menschen grundsätzlich Sport und Bewegung zu ermöglichen, sollte ein wichtiges Ziel unserer Gesellschaft sein.
Die Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimawandel ist stark gewachsen
Man kommt heute um die Themen „Nachhaltigkeit“ und „Klimawandel“ nicht mehr herum, das Engagement gerade der jüngeren Generation hat das Bewusstsein in diesen Bereichen doch erheblich wachsen lassen. Längst ist die Problematik auch in der Sportstättenplanung und im –bau angekommen. Die Entstehung von Mikroplastik soll vermieden werden, eine möglich umweltgerechte Entsorgung der verwendeten Materialien erfolgen und eine ausgeglichene Energiebilanz angestrebt werden. Dazu sollen Sportstätten möglichst langlebig sein und auch der Unterhalt sollte umweltgerecht erfolgen. Die öffentliche Diskussion um Kunststoffgranulate auf Kunstrasenplätzen hat gezeigt, wie sensibel auf dieses Thema reagiert wird und wie wichtig eine sachorientierte Studienlage und einer sachgerechter Umgang damit ist. Natürlich sollten Umweltverfehlungen anderer Industriebereiche, die politisch ein anderes Standing haben, nicht verstärkt auf den Sport projiziert werden, aber es ist ja auch eine Chance, wenn die Sportinfrastruktur in Fragen der Umweltverträglichkeit und der Nachhaltigkeit mit gutem Beispiel voran geht. Wichtig beim Umgang mit der Thematik ist, nicht durch schnelle Regelungen von oben den Sportlern und den Sportvereinen unlösbare Vor- und Aufgaben zu diktieren, sondern gemeinsam Planungen zu entwickeln, wie eine umwelt- und klimagerechte Sportstätte aussehen kann und soll. Das bedeutet auch, dass sich nicht nur die Sportverbände und Sportstättenplaner mit Umweltfragen auseinandersetzen müssen, sondern auch die Umweltverbände und die Politik mit Gegebenheiten der Sportstätten. Nur wenn beide Seiten gut informiert sind, kann man eine zielführende Diskussion führen und nachhaltige Maßnahmen ergreifen.
Der Klimawandel ist in diesem Zusammenhang eine weitere Herausforderung in der Planung und dem Unterhalt öffentlicher Sportstätten. Der Sommer 2019 hat mit Rekordtemperaturen Mensch, Umwelt und die Infrastruktur stark belastet. Hinzu kommen eine zunehmende Trockenheit, eine Zunahme von Wetterextremen und eine starke Belastung durch Sonneneinstrahlung. Die Ausübung von Sport unter freiem Himmel wird zukünftig einer deutlich anwachsenden Zahl von Einschränkungen unterliegen. Dies sollte bei der Planung und dem Bau zukünftiger Sportstätten ebenfalls berücksichtig werden. Wie kann man die Sportlerinnen und Sportler bei starker Sonnenbelastung und Unwettern so schützen, dass sie dennoch regelmäßig ihrer Betätigung nachgehen können? Hier sind größere Änderungen in Architektur, verwendetem Material und Infrastruktur von Nöten. Auch wenn die Zukunftsprognosen bezüglich des Klimawandels sehr unterschiedlich interpretiert und diskutiert werden – die Wetterlage der letzten Jahre zeigt einen Trend auf, auf den man reagieren sollte. Und damit Sport in 20 Jahren nicht nur in klimatisierten Hallen stattfinden kann, sollten jetzt schon Maßnahmen entwickelt werden, die zukünftig auch draußen Bewegungsmöglichkeiten bieten.
Die drei beschriebenen Herausforderungen sind selbstverständlich nicht alle Problemstellungen, mit denen öffentliche Sportanlagen heute und in Zukunft konfrontiert werden. Innerstädtische Nachverdichtung, Bestandsschutz, Sicherheitsaspekte, Umgang mit Leistungssport und Verteilung von Nutzungszeiten sind ebenfalls wichtige Thematiken. Man wird nicht alle Dinge auf einmal ändern können, deswegen ist es wichtig sich einen Überblick zu verschaffen und festzulegen, an welchen Dingen man innerhalb von Kommunen und Verbänden arbeiten kann und welche Sachlagen auf höherer Ebene geregelt werden sollten. Es sollte aber allen Beteiligten klar sein, dass nicht nur langfristig ein Umdenken in vielen Bereichen erfolgen muss.
TT