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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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20.04.2020 - Ausgabe: 2/2020

Blickpunkt Leichtathletik – warum es an gelungenen Anlagen mangelt, wir sie aber trotzdem brauchen

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© Alexandra / stock.adobe.com

„Schneller, höher, weiter“ – in der Leichtathletik werden die den Menschen seit Jahrtausenden bekannten, natürlichen und essenziellen Bewegungsabläufe des Laufens, Werfens und Springens in festgelegte sportliche Abläufe gehoben. Viele Disziplinen waren schon in der griechischen Antike Bestandteil der Olympischen Spiele und auch heute noch zählen viele Medaillengewinner und Weltrekordler zu den bekanntesten Gesichtern des internationalen Sports. Die Regeln der Leichtathletikwettbewerbe sind häufig leicht zu verstehen, weshalb auch sportfremde Personen gerade bei Großereignissen einen Wettkampf schnell verfolgen können und dies auch in großer Zahl aktiv tun. Die Grundlagen der Leichtathletik - Schnelligkeit, Ausdauer, Sprung- und Wurfkraft - haben zudem bei der Ausübung vieler anderer Sportarten einen hohen Stellenwert, weshalb sie regelmäßig fester Bestandteil von Trainingsprogrammen sind.

Aber um bei den erwähnten Großereignissen – Olympia, Welt- und Europameisterschaften – oder auch schon bei Deutschen Meisterschaften eines Tages teilnehmen zu können, benötigt man passende und gute Trainingsmöglichkeiten. Wie viele andere Sportarten, so leidet auch die Leichtathletik unter einem erheblichen Nachwuchsmangel. Neben dem demographischen Wandel, der vielen Dopingskandale, einer geringeren Aufmerksamkeit für kleinere Wettbewerbe und einem Trend zu informellen Sportarten, liegen die Ursachen hierfür auch in der Knappheit an passenden und modernen Sportanlagen zur Ausübung. Viele Sporteinrichtungen sind deutlich in die Jahre gekommen und marode, das Sportinventar ist nicht mehr zeitgemäß oder die Möglichkeiten für die Leichtathletik sind bereits bei der letzten Sanierung teilweise oder komplett weggefallen. Gerade letzter Punkt ist auch schon in großen Arenen zu sehen und setzt sich im Kleinen fort.

 

Ein großes Stadion mit Leichtathletiklaufbahn in Deutschland – vom Standard zur Rarität

Noch in den 1970er und 80er Jahren hatte die Leichtathletik hierzulande eine deutlich höhere Aufmerksamkeit. Deutsche Sportler waren international erfolgreich, die Olympiade in München war gerade vorüber und die großen Dopingskandale waren noch nicht aufgedeckt. Die Austragungsorte (West-) Deutscher Leichtathletik-Meisterschaften der 1980er Jahre ist eine Auflistung der größten Stadien des Landes – München, Hamburg, Frankfurt/M., Stuttgart, Hannover, Düsseldorf. Große Arenen, die natürlich in erster Linie für den Fußball bekannt sind, die aber auch als Gastgeber der Leichtathletik genutzt wurden. Heute gibt es in keinem dieser Stadien mehr eine Leichtathletiklaufbahn, die Deutschen Meisterschaften der letzten Jahre fanden eher in Ulm, Kassel, Erfurt oder Braunschweig statt. Die Stadien dort sind sicher keine schlechten Wettkampfstätten, sie gehören aber halt auch nicht zu den größten Arenen des Landes. Nur in Nürnberg und Berlin gibt es noch große Stadien mit über 40.000 Plätzen, in denen Leichtathletikwettwerbe stattfinden können. Allerdings ist auch in Berlin, wo im Olympiastadion eine - laut vielen Sportlern - der besten Laufbahnen der Welt gebaut wurde, die Zukunft der Leichtathletikanlagen ungewiss. Es handelt sich dabei u.a. um die Laufbahn, auf der der Jamaikaner Usain Bolt 2009 den immer noch geltenden Weltrekord über 100m – den Weltrekord aller Weltrekorde – lief. Der Grund für die ganzen Umbaumaßnahmen zu Ungunsten der Leichtathletik liegt in vielen Fällen im Fußball. Die Fußballfans möchten, wie in anderen Ländern auch, näher am Spielgeschehen sein, dabei stört eine Laufbahn nur. Und da der Fußball die Stadien regelmäßig füllt, was die Leichtathletik heute nicht mehr schafft, wird dem Wunsch der Fans vielerorts entsprochen. Entweder das Stadion wird umgebaut oder direkt eine neue Fußballarena errichtet und das alte Stadion aufgegeben. Dabei geht es auch anders. Im französischen Nationalstadion in Paris St. Denis sind die unteren Tribünen ausfahrbar und können bei Fußballspielen über die Laufbahn gefahren werden. So sind sowohl Fußball- als auch Leichtathletikwettwerbe unter optimalen Zuschauerbedingungen möglich. Ein gutes Beispiel, um das Interesse an Zuschauern hoch zu halten. Denn wenn in Deutschland die Wettwerbe nur noch in kleineren Stadien stattfinden, dann wird dadurch auch das öffentliche Interesse kleiner und damit automatisch weniger Zuschauer angezogen. Ein Teufelskreis.


Auf kleinen Sportplätzen verschwinden die Leichtathletikanlagen ebenfalls

Auch im öffentlichen Bereich nimmt die Zahl von Leichtathletikanlagen ab. Da Zuschauerwünsche hier nicht so relevant sind, liegen die Gründe woanders. In der Sportstättenplanung war es früher üblich, viele neugebaute Fußballplätze beim Bau automatisch mit einer umgebenden Leichtathletiklaufbahn zu versehen. Der Umstand, dass sich um ein Fußballfeld der Standardmaße 105 x 68 m eine 400m-Laufbahn perfekt errichten lässt, war hierbei äußerst hilfreich. Einfache Laufbahnen wurden in früherer Zeit noch auf Tennenbasis gebaut, später im Verlauf der 1970er Jahre wurden vermehrt moderne Kunststoffbahnen errichtet. Durch den Umbau vieler Fußballplätze zu Kunststoffrasenspielflächen in den letzten Jahren kam es dann verstärkt zu Konflikten mit der Leichtathletik. Nicht nur dass aus Kostengründen eine Laufbahn häufig eingespart wurde, Wurfdisziplinen wie Speer- oder Hammerwurf zerstören den Kunstrasen und können dort dann nicht mehr ausgeführt werden. Ersatzbereiche dafür müssen neu geplant und errichtet werden und unterliegen erhöhten Sicherheitsbestimmungen. Unter dem Wegfall vieler Leichtathletikanlagen leiden nicht nur die Sportvereine, sondern auch die Schulen, die für den Sportunterricht ebenfalls häufig solche Sportanlagen nutzen. Um deren Ansprüchen noch irgendwie gerecht zu werden, kommt es dann häufig zum Bau einfacher 100 m-Laufbahnen – und wie man häufiger hört, wird aus Kostengründen dabei auch gerne wieder auf Tenne zurückgegriffen.


Leichtathletikanlagen sind wichtig gegen Bewegungsmangel und ein Mehrwert für viele Sportler

Die Gründe für das Wegfallen vieler größerer Leichtathletikanlagen sind zwar nachvollziehbar, aber sie dürfen nicht gleichzeitig den Abbau vieler weiterer Anlagen bedeuten. In den Sportvereinen in Deutschland betreiben rund 800.000 Sportlerinnen und Sportler Disziplinen der Leichtathletik. Im Sportunterricht sowie in vielen anderen Sportarten sind die Grundlagen der Leichtathletik bedeutend für die sportliche Entwicklung des Einzelnen. In keiner anderen Sportart können die Sportreibenden aus so vielen Disziplinen nach eigenem Wunsch und eigenen Fähigkeiten ihre bevorzugte Form des Sportreibens auswählen. Dazu kommt, dass moderne Leichtathletiklaufbahnen heutzutage nicht nur eine sehr effektive und angenehme Sportausübung erlauben – sie sind auch mit technischen Hilfen ausstattbar, die z.B. eine automatische Zeitmessung ermöglichen. Ganz ohne zusätzliche Stoppuhr.

Eine moderne Leichtathletikanlage muss ja nicht immer acht Spuren haben, es reichen häufig auch schon vier. Vielerorts zeigt sich, dass die Sportareale, soweit sie zugänglich sind, nicht nur von Sportvereinen genutzt werden, sondern auch Individualsportler anziehen. Für Sprunggruben und Wurfbereiche können individuelle Lösungen gefunden werden. In Zukunft werden multifunktionale Sportanlagen gerade in dicht bebauten Innenstädten eine zunehmende Variante sein. Eine Leichtathletikanlage muss auch nicht immer einen Fußballplatz umgeben, auch da gibt es – leider noch viel zu selten – durchaus Alternativen.

Mit Gina Lückenkemper, Malaika Mihambo, Niklas Kaul oder Johannes Vetter hat die Leichtathletik in Deutschland einige junge erfolgreiche Talente hervorgebracht, deren Leistungen sicherlich vielen Kindern und Jugendlichen als Vorbild dienen. Ein Ausbau und eine Sicherstellung vorhandener Möglichkeiten zur Ausübung des Sportes, wird sicherlich auch ein größeres Interesse und wachsende Sportlerzahlen hervorrufen. Das fördert nicht nur die Gesundheit und die körperliche Aktivität der Bevölkerung, sondern führt vielleicht in Zukunft wieder dazu, dass auch in Deutschland Leichtathletikwettkämpfe in großen Stadien stattfinden.

 

TT

 

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