Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Schon seit vielen Jahren wird über Zustand und Erfordernisse der Sportstätteninfrastruktur in Deutschland diskutiert und dabei meist ein erheblicher Modernisierungsmangel sowie Sanierungsstau festgestellt. Und obwohl vielerorts auch viele Neuinstallationen und erfolgreiche Modernisierungen stattfinden, ändert sich an der Gesamtproblematik leider nur wenig. Dies liegt einerseits vor allem an immer noch fehlenden umfassenden Förderungen und Investitionen in Sanierungen, aber andererseits auch an den wachsenden Anforderungen an Sporträume, die wiederum natürlich selbst auch wieder zusätzliche Finanzmittel erfordern. Verbände aus Sport und Politik weisen schon sehr lange auf diese Missstände hin. Nun haben sich die IAKS Deutschland, das Bundesinstitut für Sportwissenschaft, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der DOSB zusammengeschlossen und im Rahmen der Fachmesse FSB am 28. Oktober 2021 den ersten Deutschen Sportstättentag veranstaltet. Durch diese gemeinsame Aktion sollte die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema auf eine neue Stufe gestellt und politische Forderungen nachhaltig gestärkt werden. Auf der Veranstaltung wurden in unterschiedlichen Vorträgen die Herausforderungen und Möglichkeiten einer zukünftigen Sportinfrastruktur herausgestellt, Problematiken benannt und Innovationen sowie Impulse vorgestellt. Zudem wurde ein gemeinsames Forderungspapier von IAKS, DOSB, DStGB und DST an die Politik vorgestellt und im Plenum diskutiert. In sechs Punkten werden darin Forderungen definiert: ein neuer „Goldener Plan“ des Bundes soll zusätzliche Finanzmittel für die Sportstätteninfrastruktur ermöglichen, eine moderne Sportraumkonzeption für die breite Bevölkerung in den Kommunen soll Grundlage für diese Förderung werden, die Zusammenarbeit zwischen Bund, Länder, Kommunen und Verbänden bei den Förderungen verbessert werden, flächendeckende integrierte Sportentwicklungsplanung stattfinden, eine dem Zeitgeist angepasste Überarbeitung der Sportanlagenlärmschutzverordnung durchgeführt werden und ein Sachverständigenrat für Sportstätten- und räume bei der Bundesregierung installiert werden. (Download unter https://deutschland.iaks.sport/1-deutscher-sportstaettentag)
Dieser Forderungskatalog ist sicher zielführend und stellt viele dringend erforderliche Schritte zur Verbesserung der Sportstätteninfrastruktur heraus. Aber schon auf dem Sportstättentag zeigte sich, dass die Anforderungen an eine zukünftige Sportstätteninfrastruktur sogar noch vielfältiger sind und weitere Punkte noch auf dem Papier erfasst werden müssten. Anschließend war auf der Veranstaltung in Köln dann auch zu vernehmen, dass der Forderungskatalog durchaus erweitert werden soll, um die Herausforderungen einer zukünftigen Sportinfrastruktur noch umfassender abbilden zu können. Der erste Deutsche Sportstättentag konnte eine sehr gute Resonanz aufweisen und seine hohe Bedeutsamkeit durch viele hervorgehobene inhaltliche Schwerpunkte durchaus bestätigen.
Um die Herausforderungen der Sportstätteninfrastruktur der kommenden Jahre – der 2020er – noch einmal aufzuzeigen, sollen einige Problematiken im Folgenden noch einmal kurz zusammenfassend erläutert werden:
Sport- und bewegungsfreundliche Städte
Die Stadtbevölkerung wächst zunehmend, und gerade in der Corona-Pandemie zeigte sich, dass eine vielfältige Sportinfrastruktur für die Menschen dort lebensnotwendig ist. Ansprechende, öffentlich nutzbare und wohnortsnahe Sportstätten für alle Bevölkerungsgruppen sind wichtige Elemente des Zusammenlebens. Diese müssen trotz der Nachverdichtung erhalten bleiben und zusätzliche Möglichkeiten geschaffen werden.
Sport und Bewegung auf dem Land
Auch in ländlichen Gegenden muss eine vielfältige und wohnortsnahe Sportinfrastruktur gesichert werden. Gerade die Anforderungen der älter werdenden Bevölkerung dort müssen berücksichtigt werden, gleichzeitig aber auch attraktive Areale für Jüngere geschaffen werden, um junge Menschen und Familien anzuziehen.
Klima, Umwelt, Nachhaltigkeit
Vielleicht die gesamtgesellschaftlich größte Herausforderung der kommenden Jahrzehnte. Der Sport selber möchte dem gerecht werden, daher muss auch die Infrastruktur neuen umwelt- und klimagerechten Anforderungen entsprechen. Materialität, Energieeffizienz, Heizmittel und Bauweisen sind dabei sehr wichtige Ansatzpunkte. Darüber hinaus müssen auch zukünftige Gesetzgebungen der EU bei Planung und Instandhaltung berücksichtigt werden. Es geht aber nicht nur um Klimaschutz, sondern auch um den Schutz vor dem Klima – das Sporttreiben muss auch bei hoher Sonneneinstrahlung oder Dauerregen möglich sein.
Inklusion, Demographie und Diversität
Die Gesellschaft verändert sich. Sie wird älter, vielfältiger und auch inklusiver. Sportstätten müssen für alle zugänglich und nutzbar sein (Details dazu in einem weiteren Artikel dieser Ausgabe). Es muss Angebote für alle Altersgruppen und alle Geschlechter geben. Multifunktionale Sportorte, wo alle gemeinsam aktiv sein können, sind dafür besonders gut geeignet. Dazu wird Bewegung im Sinne der Prävention als Element der Daseinsfürsorge eine immer stärkere Rolle im Alltag spielen.
Informeller und nicht-informeller Sport
Anlagen für den „normierten“ Vereinssport sind auf der einen Seite wichtig und die Sportvereine brauchen für ihre tägliche meist ehrenamtliche Arbeit moderne, ansprechende und sichere Sportstätten. Dies muss auch in Zukunft auf breiter Linie gewährleistet werden. Aber andererseits nimmt das Interesse am individuellen Sporttreiben stark zu. Der selbstorgansierte Sport hat durch die Pandemie nochmal einen ordentlichen Schub erhalten. Diese Entwicklung muss sich auch in der Ausgestaltung der Sportinfrastruktur im öffentlichen Raum widerspiegeln. Vielfältigkeit, Nutzbarkeit für alle Sporttreibenden und Multifunktionalität sind dabei wichtige Faktoren.
Insgesamt sind die Herausforderungen an die Sportstätteninfrastruktur vielschichtig und -fältig. Es muss also gelingen, allen aufgeführten Punkten und sicher noch einigen zusätzlichen hier nicht genannten gerecht zu werden - sowohl in Planung, Finanzierung als auch in Unterhalt/Instandhaltung. Der bereits erstellte Forderungskatalog des Sportstättentages ist sicherlich eine gute Grundlage; mit ein paar Erweiterungen könnten die Anforderungen an die Sportstätteninfrastruktur in angemessener Breite dargelegt werden. Bleibt am Ende natürlich zu hoffen, dass die Politik die Forderungen anschließend annimmt und umsetzt.
TT