Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Unter Gebundenen Elastischen Tragschichten (ET) versteht man bekanntlich PUR-gebundene elastische Schichten aus Gummigranulaten/fasern und Gesteinskörnungen. Sie sollen gem. DIN V 18035-7 die "Tragfähigkeit und Nachgiebigkeit der Kunststoffrasenfläche sicherstellen" (Neufassung 2011 Entwurf). Kurios an dieser Bauweise der elastischen Schichten ist, dass weder bekannt ist, woher die ETs kommen bzw. wie sie entstanden sind, noch wie sie definiert sind: weder der Bereich der Mengenverhältnisse noch der Bereich der Körnungen der beiden Komponenten. Diese Fragen werden auch bei der Prüfung realer ET-Produkte nicht berücksichtigt/dokumentiert. Lediglich Dicke, Kraftabbau, Festigkeit und Wasserdurchlässigkeit unterliegen Anforderungen.
Eine systematische Studie der Eigenschaften von ETs wurde bisher nicht veröffentlicht. Wie kann man dann sicher sein, dass eine solche Schicht die Tragfähigkeit der Sportbodenkonstruktion "sicherstellt". Man will das nun durch Einführung des Parameters "Biegesteifigkeit" erfassen. Es ist richtig, dass es diese Eigenschaft ist, die eine Verbesserung der Tragfähigkeit der Konstruktion bewirkt. Jedoch ist es unnötig, dies gesondert zu prüfen (in Anlehnung an ISO 178 - was immer das heisst), da sich die Steifigkeit elastomechanisch zwangsläufig aus der Nachgiebigkeit (im Parameter Kraftabbau enthalten) und der Dicke der Schicht ergibt. Somit läuft die Einführung des neuen Parameters darauf hinaus, dass alle bisherigen Prüfberichte unbrauchbar sind und neu geprüft werden muss. Ein Nutzen für die Qualität der Gebundenen Elastischen Tragschicht resultiert daraus nicht.
Die Entstehungsgeschichte der Gebundenen Elastischen Tragschichten mag vielleicht erklären, warum diese Bauweise einen so hohen Stellenwert bei der Herstellung von Kunststoffrasenflächen hat. Elastikschichten aus einem Gemisch von Gummipartikeln, Gesteinskorn und PUR-Bindemittel wurde im Jahre 1977 in der Schweiz erfunden und patentiert (Patent-Nr. 601567). Hierbei wurde auch bereits das normale Gesteinskorn durch Blähton ersetzt, der Vorteile bei der gleichmässigen Herstellung der gebundenen elastischen Schicht bot (Trockenheit).
Eine möglicherweise unabhängige Entwicklung nahm ihren Anfang von den Porplastic-Decken in den Jahren 1982/83. Diese Decken bestanden aus bituminös gebundenem Gesteinskorn, dem ein bestimmter Anteil an Gummipartikeln zugegeben wurde. Das Bindemittel war durch Zusatzmittel elastifiziert, so dass eine begrenzt flexible Schicht entstand. Als Deckschicht wurde eine ungebundene ca. 15 bis 20mm dicke Grusschicht aufgetragen (bitumen-umhüllter Sand). Diese Bauweise besass noch bis in die 80er Jahre durchaus eine gewisse Popularität.
Bei einigen Bauvorhaben in Süddeutschland wurde dann erstmals versucht, statt des bituminösen Bindemittels ein elastomeres Bindemittel einzusetzen. Dieser Gedanke wurde von einer Oberfinanzdirektion, einem Herrn Hofmann, aufgegriffen und Gebundene Elastische Tragschichten direkt als Beläge für Leichtathletiklaufbahnen der Bundeswehr eingeführt. Als Deckschicht wurde lediglich eine Spritzbeschichtung aufgebracht. Die Dicke der ET ergab sich aus der Tatsache, dass mit Grossfertigern nur Dicken von mindestens 35mm gefahren werden konnten. Der Vorteil dieser Bauweise wurde darin gesehen, dass die ET die Asphalttragschicht ersetzte (daher der Name). Obwohl diese Entwicklung vom BGL seinerzeit heftigst kritisiert wurde, griff die Industrie sie rasch auf. Einige Firmen, die bis dahin noch nicht Porplastic-Decken eingebaut hatten, beschafften die entsprechend grossen Misch- und Einbaugerätschaften (i.w. mit Tieflader zu transportieren), wodurch sie einen deutlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der traditionellen Bauweise erzielten. Der Einsatz dieser Bauweise als Elastikschicht unter Kunststoffrasenbelägen ist heute Standard. Unter Kunststoffbelägen (Laufbahnen und Spielfelder) haben sich ETs allerdings nicht bewährt. Durch Einführung der Anforderungen (siehe oben) hat man die notwendigen Parameter gesetzt, um die Funktionstauglichkeit zu gewährleisten.
In der Praxis setzen sich die Zuschlagstoffmischungen volumenmässig etwa wie 1:1 zusammen. Das bedeutet, dass die Massenanteile sich wegen der unterschiedlichen Schüttdichten etwa wie 30 : 70 verhalten. Wenn man von einem Bindemittelgehalt von 12% einer normalen Elastikschicht ausgeht, ergibt sich bei solchen ETs ein äquivalenter Bindemittelgehalt von etwa 7.0%. Als härteste Variante einer ET ist eine Zusammensetzung von 44kg Splitt zu 4.5kg SBR mit 2.6kg PUR-Bindemittel bekannt (Bindemittelgehalt : 5.4%).
In der Praxis hat sich gezeigt, dass Gebundene Elastische Tragschichten durchaus die notwendigen Eigenschaften aufweisen können. Eine Schwierigkeit ergab sich bei der Prüfung der Festigkeit dadurch, dass wegen der Gesteinskörner keine Zugstäbe ausgestanzt oder -gesägt werden können, um den üblichen Zugversuch durchzuführen. Das Problem wurde durch die Entwicklung des Querzugversuchs gelöst (siehe Fotos). Bei diesem werden Prüflinge von 10x10cm mit Hilfe einer Säge ausgesägt. Die unregelmässige Unterseite der Prüflinge wird sorgfältig von Steinen der mineralischen Tragschicht befreit (teils manuell, teils maschinell) und maschinell besäumt, so dass parallele Unter- und Oberseiten der Prüflinge entstehen. Sodann werden die Prüflinge mit Epoxid-Klebstoff (2K) auf einer Stahlplatte verklebt. Der Klebstoff füllt die Unebenheiten der Unterseite und sorgt für eine über die Fläche der Prüflinge gleichmässig sichere Befestigung, indem er partiell in die unteren Poren der Prüflinge eindringt, die Prüflinge aber nicht penetriert. Nach Aushärten dieser Verklebung werden die Prüflinge umgedreht und auf einer zweiten Stahlplatte wie vor beschrieben befestigt. Nach Aushärten auch der 2. Verklebung werden die Prüflinge einem Querzugversuch unterworfen, indem die beiden Stahlplatten anstelle der sonst üblichen Klemmen in die Zugprüfmaschine eingehängt werden. Diese Versuchstechnik hat sich im Laufe der Jahre bestens bewährt - sowohl an Laborproben als auch an Proben, die im Feld entnommen wurden.
Folgende Überlegungen sind bezüglich der Gebundenen Elastischen Tragschichten noch von Bedeutung:
1. Das Mischgut von ETs wird in der Regel mit angepassten Asphalt-Fertigern eingebaut. Dazu muss das Mischgut mit Mehrachs-LKWs über die ungeschützte mineralische (ungebundene) Tragschicht an den Fertiger herangefahren werden. Dies kann nur akzeptiert werden, wenn die mineralische Tragschicht eine hohe Stabilität besitzt, da sonst Fahrspuren entstehen, die zu ungleichmässigen Dicken der ET führen. Wenn mit kleineren Geräten gearbeitet wird, dauert der Einbau etwa 5mal länger.
2. In Umwelt-technischer Hinsicht widersprechen ETs dem Grundsatz der Trennung der Komponenten für die Entsorgung. Im Falle eines Rückbaus einer ET kann der Gummianteil nicht vom Gesteinskorn getrennt werden. Zur "Entsorgung" wird deshalb zweckmässigerweise so vorgegangen, dass die ET ähnlich wie alte Asphaltschichten zerkleinert und als Zuschlagstoff für Verfüllungen verwendet wird.