„Aus 1 mach 3“ – mehr Spielmöglichkeiten für Nürnberg
von Rudolf Zeevaert
Und der Spielplatz blickt dabei auch auf alternative Finanzie-rungsmöglichkeiten.
Was antwortet man Kindern, die sich berechtigterweise einen neuen Spielplatz in ihrem Stadtteil wünschen, oder was antwortet man Eltern, die für ihre Kinder eine Verbesserung an einem langweiligen Spielplatz wünschen? „Die Stadt hat leider nicht so viel Geld, Euer Spielplatz ist erst in ca. fünf oder zehn Jahren dran, denn in den Stadtteilen, in denen noch weniger Spielflächen vorhanden sind, müssen wir zuerst etwas tun.“ Das ist enttäuschend!
Aber was kann man als Kommune tun, um vor allem Kindern dennoch Hoffnung zu machen? Vereinzelt gab es Anfang der 1990er Jahre Projekte, die mit Hilfe von Spenden realisiert werden konnten. Im Nürnberger Stadtteil Fischbach schlossen sich bereits 1991 engagierte Eltern sogar zu einem Verein zusammen, um Spendenquittungen ausstellen zu können. Ende der 1990er Jahre kam man in Nürnberg auf die clevere Idee, diese alternative Finanzierungsmöglichkeit zu etablieren: Das Programm „Aus 1 mach 3“ war geboren. Durch Spenden und Eigenleistungen lassen sich seitdem Spielplatzprojekte viel schneller umsetzen. Ein Euro Spende (oder Eigenleistung) wird von der Stadt Nürnberg mit zwei Euro er-gänzt (ergibt drei Euro). Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um eine Sanierung, eine Ergänzung bzw. Erweiterung oder um einen Neubau eines Spielplatzes oder Spielhofes handelt.
Das Programm „Aus 1 mach 3“ kann die Stadt Nürnberg als Erfolg verbuchen. Bürgervereine, Bürgerinitiativen, Elternbeiräte, Politiker setzen sich für Kinderinteressen ganz konkret ein. Eltern merken schnell, dass sie für ihre Kinder etwas bewegen können. Kinder und Jugendliche äußern meist auf Kinderversammlungen, die alle zwei Jahre in ihrem Stadtteil stattfinden, den Wunsch nach mehr Spiel- und Aktionsflächen oder deren Verbesserungen. Die Antworten fallen da meist positiv aus!
Doris Steinhauser, zuständige Fachfrau für Spielflächen im Jugendamt Nürnberg sagt dazu: „Das Projekt "Aus 1 mach 3" ist ein gutes Beispiel für funktionierendes Bürgerengagement. In Nürnberg gibt es über 300 öffentliche Spielflächen und trotzdem ist das Spielflächendefizit für Kinder und Jugendliche in vielen Stadtteilen noch hoch. Jedes Jahr können mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln nicht alle Bedürfnisse einer Großstadt familiengerecht befriedigt werden. Gerade Stadtrandbereiche stehen in der Prioritätenliste oftmals ganz hinten an. Mit der Unterstützung von BürgerInnen lassen sich über dieses Projekt viele Plätze kindgerechter und bedürfnisorientierter gestalten. Miteinander lässt sich einfach mehr bewegen. Das Projekt "Aus 1 mach 3" ist seit vielen Jahren ein gutes Beispiel dafür. Jedes Jahr können mit der Unterstützung von Elterninitiativen viele Spielplätze und Schulspielhöfe in Nürnberg zusätzlich gebaut, saniert oder erweitert werden. Und es ermöglicht zudem eine bedürfnisorientiertere und zeitnahe Umsetzung.“
Eine bessere Einbindung der Bürger kann man sich nicht vorstellen. Die Kommune kann so mit relativ wenig Geld viele (kleinere) Bürgerwünsche erfüllen. Allerdings muss man zugeben, dass der Personaleinsatz für den Betreuungsaufwand der Bürgerinitiativen im Verhältnis deutlich höher ist als bei größeren Spielplatzprojekten, bei denen ja natürlich auch Kinder und erwachsene Bürger beteiligt werden. Die Realisierung größerer Spielplatzprojekte über mehrere Jahre in einzelnen Bauabschnitten ist, kritisch gesehen, nicht unbedingt wirtschaftlich, aber oft die einzige Chance eine lange Wartezeit zu vermeiden. Dem stimmt auch Thea Weber, Sachgebietsleiterin für Planung und Bau Grün beim Servicebetrieb öffent-licher Raum (SÖR), zu.
Die Akzeptanz der realisierten Projekte ist oft höher als anderswo und Vandalismusschäden findet man hier weniger als auf anderen Spielplätzen. Das bestätigt auch Peter Bechert, zuständig für den Spielplatzunterhalt beim Servicebetrieb öffentlicher Raum.
Für das Nürnberger Programm „Aus 1 mach 3“ brauchte man natürlich „Spiel-Regeln“, die auf einem Faltblatt abgedruckt sind, das jede(r) interessierte(r) Bürger/in erhält. Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
• Anmeldung eines Projektes beim Servicebetrieb Öffentlicher Raum (SÖR) zur frühzeitigen Klärung.
• Prüfung durch die Stadtverwaltung auf Realisierbarkeit und Festlegung des zeitlichen Rahmens. Spendenzusagen verbindlich bis Ende November eines jeden Jahres. Realisierung im folgenden Jahr. Spendenüberweisung bis Ende Januar (Spendenquittungen werden ausgestellt).
• Beteiligung am Planungsprozess von Kindern und Jugendlichen (ist selbstverständlich) sowie Eltern, Initiativen, Erzieher/-innen, Pädagogen/-innen
• Spendensuche kann beginnen, sobald die Realisierbarkeit geprüft ist.
• Sachleistungen oder Arbeitsleistungen sind mit SÖR abzusprechen und werden als Spende anerkannt. Pro Bauabschnitt und Jahr beteiligt sich die Stadt mit maximal 20.000 Euro. Der Mindestbetrag wird anhand des konkreten Projektes festgelegt.
In den ersten Jahren gab es noch keinen eigenen Haushaltstopf dafür. Der städtische Anteil wurde aus den üblichen Investitionsmitteln für Spielplätze und Spielhöfe (aktuell stehen dafür jährlich insgesamt 672.000 Euro zur Verfügung) neben den bedarfsorientiert wichtigen Projekten mitfinanziert. Seit 2005 gibt es einen eigenen Investitionstopf für Spielplätze „Aus 1 mach 3“. Der jährliche Finanzierungsrahmen der Stadt Nürnberg (ohne Spendenanteil) für das Programm „Aus 1 mach 3“ ist natürlich begrenzt. Er lag anfangs bei 85.000 Euro und ist derzeit auf 130.000 Euro angewachsen. Bisher konnten erfreulicherweise aber alle von Bürgerinitiativen angemeldeten Projekte realisiert werden - manchmal in mehreren Bauabschnitten. Die Projektanzahl schwankt zwischen sechs und 14 Maßnahmen pro Jahr. 2012 standen 9 Spielplatz- und Spielhofprojekte auf dem Programm. Für 2013 sind wieder 10 Maßnahmen angemeldet.
Beispiel 1:
Meist sind es Bürgervereine, Elternbeiräte oder Politiker, die sich für ein Spielplatz- oder Spielhofprojekt stark machen und Spenden vor allem bei Firmen akquirieren. Ein Beispiel von besonderem Bürgerengagement ist unbedingt erwähnenswert. Ein Mädchen wünschte für sich und seine Freundinnen neben einem bestehenden Bolzplatz im sogenannten Hexenwäldchen im Stadtteil Johannis mehr Spielangebote. Seine Mutter erfuhr vom Programm „Aus 1 mach 3“ und machte sich ganz alleine ohne Mitstreiter sofort mit einer Spendenbüchse auf den Weg in ihrer Nachbarschaft. Innerhalb von einem Monat hatte sie das Geld beisammen (ergänzt um den Zweidrittelanteil der Stadt), um damit ein schönes Klettergerät mit Rutsche auf dem Spielplatz einzubauen. Die Freude der Kinder war groß!
Beispiel 2:
Auf einer Kinderversammlung wünschten sich ein paar 10 – 12jährige Jungs eine Skateboardanlage und einen Streethockeyplatz in ihrer Nähe im Stadtteil Altenfurt. Wir machten ihnen Hoffnung, dass sie über das Programm „Aus 1 mach 3“ den Wunsch in absehbarer Zeit erfüllt bekommen könnten, wenn dafür genügend Spenden zusammenkämen. Den Erwachsenen trauten die Jungs das nicht zu und wollten gleich ihre Sparbüchsen plündern. Der Bürgerverein hatte aber ein Herz und brachte den erforderlichen Betrag zusammen. Die Stadt legte drauf und die kleine Anlage in der Schreiberhauerstraße entstand im folgenden Jahr. Die Sparbüchsen der Jungs konnten unangetastet bleiben.
Beispiel 3:
Damit ein größeres Projekt nicht durch die Realisierung in kleineren Bauabschnitten unwirtschaftlich wird, gibt es manchmal ergänzende Finanzierungen. So gab beispielsweise die „wbg 2000 Stiftung“ (eine Stiftung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft) für den Bau des Spielhofes an der Astrid-Lindgren-Schule im Stadtteil Langwasser 20.000 Euro zur Finanzierung aus dem „Aus 1 mach 3“-Programm dazu.
Beispiel 4:
Die Finanzierung des Spielhofes an der Carl-von-Ossietzky-Schule setzte sich aus vielen Töpfen zusammen (u.a. zu einem erheblichen Teil aus Zuschüssen aus dem Bund-/Länderförderprogramm Soziale Stadt) und wurde durch das „Aus 1 mach 3“ Programm ergänzt und abgerundet.
Beispiel 5:
Der Spielplatz an der Florentiner Straße im Stadtteil Kornburg konnte nur entstehen, weil sich die evangelische Kirchengemeinde mit Spenden im Rahmen von „Aus 1 mach 3“ einbrachte. Im Gegenzug darf die von der Kirche betriebene benachbarte Kita vormittags den öffentlichen Spielplatz ausschließlich nutzen. So entstand eine Win-win-Situation.
Beispiel 6:
Ein Bewegungspark für alle Generationen soll nun erstmalig auch aus dem Programm „Aus 1 mach 3“ finanziert werden. Er befindet sich noch in der abschließenden Planungsphase und soll im Stadtteil Reichelsdorf entstehen. Jugendliche und ältere Erwachsene beteiligten sich sehr intensiv in getrennten Veranstaltungen am Planungsprozess. Interessant dabei war, dass sich die Wünsche beider Gruppen ergänzten und sogar überschnitten. Während die Jugendlichen vor allem Fitnessgeräte wünschten, lag der Focus bei den Älteren mehr auf Koordinationsangeboten. Alle wünschten sich jedoch Sitzmöbel. Sobald der Bewegungspark in diesem Jahr realisiert ist, will der örtliche Sportverein dort öffentliche Anleitungskurse anbieten.
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