Wir leben in einer Zeit des raschen Wandels. Früher fanden grundlegende gesellschaftliche Veränderungsprozesse über Generationen, mindestens aber über Jahrzehnte statt. Wir spüren, dass sich heutzutage in einem rasenden Zeitenwandel vieles in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht ändert.
Wir wissen, dass es so wie es ist nicht weitergehen wird, nicht für unsere Gesellschaften, nicht für unseren Wohlstand und nicht für unsere Formen des Zusammenlebens. Lieb gewordene Strukturen verlieren an Bedeutung, anderes gewinnt. Im Folgenden habe ich stichwortartig versucht, mögliche Entwicklungsprozesse für das Spielen im Freien thesenhaft zu skizzieren, wobei ich den Zeithorizont auf etwa 10 Jahre setze:
1. Das Arbeitsleben in unserer postindustriellen Gesellschaft ist durch einen ständig fortschreitenden Rückgang der körperlichen Arbeit zugunsten geistiger und meist virtueller Tätigkeiten zu beschreiben. Schon heutzutage fordert die Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse kaum noch die Körperlichkeit, sondern ausschließlich die geistigen Fähigkeiten der Menschen. Der Computer ist inzwischen das wichtigste Arbeitswerkzeug und nicht die Werkbank. Da es aber zur physischen und psychischen Gesundheit eine gewisse Balance zwischen geistigen und körperlichen Fähigkeiten und Anstrengungen notwendig ist, werden Parks, Gärten, Spielplätze, werden Tätigkeiten wie Fitness, Sport, Gärtnern, Spazierengehen, ja jegliche Form der Bewegungsförderung einen immer größeren gesellschaftlichen Stellenwert erlangen. Die „Entkörperlichung“ des Arbeitslebens fördert körperbetonte Freizeitaktivitäten. Es gibt dabei keine andere Tätigkeit, die gleichzeitig Körper, Geist und Gemeinschaft besser schult als das Spielen. Deshalb gibt es kaum Bereiche, die zukunftsträchtiger sind als intelligente Spielraumkonzepte.
2. Der individuelle und gesellschaftliche Lebensstil der Menschen ändert sich. Aufgrund der demografischer Entwicklungen, steigender Mobilitätskosten und gravierenden Verarmungstendenzen gerät der Nahbereich stärker in den Fokus der Menschen. Das Auto wird zum Auslaufmodell und Luxusgegenstand. Benzinpreise von mehr als 3Euro pro Liter verändern das Mobilitätsverhalten und begünstigen den Focus auf den Nahbereich. Dadurch werden urbane Spielraum- und Freiraumkonzepte für die Stadtentwicklungen immer spannender, Konzepte und Ideen, die das Wohn- und Lebensumfeld erlebnis- und spielreicher machen.
3. Die heute noch deutliche Trennung von öffentlichen Sport-, privaten Fitness- und öffentlichen Spielplätzen dürfte angesichts der Komplexität der heutigen Spiel- und Sportbedingungen obsolet werden. Die Abgrenzungen der Bereiche untereinander verschwinden, Trägerschaften und Motivationen ändern sich. Der öffentlich geförderte, auf Leistung getrimmte Vereinssport braucht neue, auch spielerische Formen. Den ohnehin teuren Fitnessstudios fehlt der Freiraum, fehlt der Aufenthalt an frischer Luft und natürlicher Umgebung. Die öffentlichen Spielplätze beziehen sich noch fast ausschließlich auf das Kinderspiel. Sie sind zu wenig „sexy“. Diese Gemengelage ist auch inhaltlich spannend, eröffnet es doch neue Raumkonzepte, Nutzerstrukturen und Organisationsmodelle für neue Spielräume: Sport- und Fitness werden spielerischer werden, während das Spiel leistungs- und fitnessorientierter wird. Vielleicht ergeben sich daraus neue Parks und Gärten, die sich programmatisch an eine neue Gemengelage aus Bedürfnissen in Bereichen von Spiel, Sport und Fitness ergeben.
4. Die Menschen werden älter und damit steigt auch ihr Gesundheitsrisiko. Schon heutzutage sind die Gesundheitskosten nicht nur in Deutschland gesamtgesellschaftlich kaum noch zu tragen. Da gewinnt der Präventionsgedanke an Bedeutung. Gesundheitspolitische Präventionsstrategien sind von großem Interesse für die Lebensqualität des Einzelnen und zur finanziellen Entlastung der Gesamtgesellschaft. Eine große Bedeutung unter gesundheitspräventiver Sicht kommt dem spielerischen Verhalten zu. Der bierernste Sport und die mühsame Wellnessübung benötigt dringend eine spielerisch leichte Ergänzung.
5. In einer Zeit permanenter Beschleunigung und ständiger Reizüberflutung wird das Einfache zum Luxus und zum authentischen Erlebnis. Nicht ein immer Mehr an Waren, Eindrücken und Bildern ist gefragt, sondern eine Rückbesinnung auf das Wesentliche. Während die Spielkonsolen und Computerspiele eine lärmend aggressive Stimmungsglocke über den Alltag nicht nur unserer Kinder legen, deutet sich eine Verlockung der Stille und minimalistischer Gestaltungen und Angebote an. Die besondere Schaukel ist eine einfache Schaukel aus qualitativ hochwertigem Material.
6. Der Trend zum Mehrgenerationenspielplatz und zur „Spielerischmachung“ der räumlichen Umwelt dürfte sich verstärken. In Ansehen und Praxis wird das Spiel vom „Kinderkram“ zur altersunabhängigen gesellschaftlich anerkannten Tätigkeit. Nur wenn er spielt, ist der Mensch ganz bei sich selbst.
7. Gegenwärtig lässt sich in der Landschaftsarchitektur ein starker Trend zur Wiederbelebung der Nutzgartenkultur feststellen. In immer mehr Städten gibt es „Green-Guerillas“, die heimlich das „nutzlose“ Grün mit Obstgehölzen und Nutzpflanzen bestücken. Der Kleingarten mit Gartenanteilen an Obst und Gemüse liegt wieder im Trend und die sogenannten „Interkulturellen“ Gärten, wo Menschen mit Immigrationshintergrund zusammen gärtnern sind inzwischen in vielen Städten zu finden. Obst- statt Ziergehölze sind in den neuen Hausgären nachgefragt. Inzwischen gibt es in vielen Städten auch Gemüsegartenflächen, die man für einen Sommer mieten kann. So ist zu vermuten, dass der Nutzgartengedanke auch seine Auswirkungen auf die Spielraumidee haben wird.
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