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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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19.04.2022 - Ausgabe: 2/2022

„Grünes Band“ Oststadt Hildesheim

Von Daniela True (HNW Landschaftsarchitektur Homeister Neumann von Weymarn PartGmbB)

Photo
© Chris Gossmann


Die Stadt Hildesheim hat seit vielen Jahren über die Städtebauförderung Zuschüsse des Bundes und des Landes eingeworben. Sie leistet damit einen erheblichen Beitrag zur Umsetzung der Stadtentwicklungsziele. Die positive Entwicklung im Bestand der Quartiere und Stadtteile konnte mit Hilfe von integrierten Planungsansätzen, der städtebaulichen Förderung und der Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern und den Akteuren vor Ort realisiert werden. 

Die Aufnahme des 52 ha großen Stadterneuerungsgebiets Oststadt in das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau“ im Jahr 2008 bedeutete den Startschuss zur umfangreichen Erneuerung und Anpassung des im Osten der Innenstadt liegenden Gründerzeitquartiers an die heutigen Lebensbedürfnisse. Mit einem ganzheitlichen Ansatz soll die sogenannte Oststadterweiterung als Wohn- und Dienstleistungsstandort gestärkt und die Verträglichkeit unterschiedlicher Nutzungen verbessert werden. Ziel ist die umfassende Erneuerung und Anpassung des Quartiers an heutige Lebens- und Wohnbedürfnisse. 

Vor diesem Hintergrund wurde zwischen 2013 und 2019 die städtebauliche Idee des sogenannten „Grünen Bandes“ umgesetzt, das als durchgängige, barrierefreie Grünverbindung die Hildesheimer Innenstadt mit dem neuen Stadtquartier Ostend verbindet und sich aus den drei Teilbereichen Parkanlage Steingrube, Multifunktionsfläche Scharnhorsthof und Stadtplatz „Kleine Steingrube“ zusammensetzt. Die Einzelmaßnahmen ergänzen sich in beispielhafter Form und werten in ihrer gegenseitigen Synergie die Lebensqualität in der Oststadt erheblich auf.

Die zentralen Bauarbeiten zur Herstellung des „Grünen Bandes“ wurden im Sommer 2019 abgeschlossen. Dabei wurden insgesamt 35.000 m² Park- und Platzanlagen mit Baukosten in Höhe von insgesamt 5,3 Mio. EUR umgestaltet. Ergänzend zur umfassenden Sanierung und Neugestaltung der Freianlagen erfolgte der Umbau der umgebenden Straßenzüge. Eine intensiv bepflanzte Verkehrsinsel zwischen der Parkanlage einerseits sowie dem Scharnhorsthof und der „Kleinen Steingrube“ andererseits hat das Verkehrsgeschehen beruhigt und stellt den übergreifenden Parkcharakter des Stadtraums in den Vordergrund.

 

Parkanlage Steingrube – Sanierung einer Stadtparkanlage aus den 1960er Jahren

Die Parkanlage Steingrube ist die zentrale und einzige großflächige Sport-, Erholungs- und Freifläche in der Hildesheimer Oststadt. Über das Quartier hinaus hat sie auch in der gesamtstädtischen Betrachtung als Stadtpark immense Bedeutung. Die Steingrube ist zentraler Baustein des „Grünen Bandes“ und wurde unter Beibehaltung ihres Grundcharakters zu einem generationsübergreifend nutzbaren Familienpark umgestaltet.

Die Grundstruktur des Parks mit großzügigen Rasenflächen, landschaftlich geführten Wegen und einem wertvollen Altbaumbestand wurde bei der Neugestaltung gewahrt. Die vielfältig nutzbare Rasenmitte mit einem Lindenhain im Osten bestimmt weiterhin den Parkcharakter und hat keine neuen Nutzungen aufgenommen. Trockenheitsverträgliche und dem Klimawandel angepasste Gehölze ergänzen den vorhandenen Baumbestand und verbessern die Kühlungswirkung des Parks in dem dicht bebauten Stadtteil. Eine umlaufende Parkpromenade und attraktive Farbasphaltflächen erschließen den Raum und vernetzen die Grünanlage mit dem umgebenden Stadtraum. Neben den vielfältigen Spiel- und Bewegungsangeboten finden sich intensiv genutzte, abwechslungsreiche Sitz- und Verweilangebote.

 

Spiel- und Sportpark für alle

Mit dem Spiel- und Freizeitbereich im nördlichen Parkteil wurde im Jahr 2015 der erste Abschnitt hergestellt. In der großen Sandspielfläche zieht ein hölzernes Piratenschiff besonders Familien mit jüngeren Kindern an. Ergänzt wird das vor Anker liegende Schiff durch Balancierelemente, Hängematten, Sandspielanlagen und Spielhütten sowie einen Spielhügel mit Rutsche. Findlinge und Sandsteinblöcke laden neben den wegebegleitenden Bänken zum Sitzen ein und fordern als naturnahe Spielelemente zum Balancieren und Klettern auf.

Auf der gegenübergelegenen Seite finden sich auf einer Asphaltlauffläche mit Wellenbahn sowie einer Parkouranlage insbesondere jugendliche BesucherInnen ein. Wünsche aus einer vorangegangenen Beteiligung von Kindern und Jugendlichen wurden hier aufgegriffen und eingearbeitet. Besonders positiv fällt im Zuge der Nutzung und Aneignung der Flächen das konfliktarme gemeinsame Spielen unterschiedlicher Altersgruppen auf. Die Rücksichtnahme auf weniger geübte Fahr- und Kletterkünstler ist hier selbstverständlicher Teil der Nutzungskultur geworden.

Anachronismus Jugendverkehrsschule? Analog zum nördlichen Teil wurde die südliche Steingrube mit Jugendverkehrsschule und einem Basketballplatz im Frühsommer 2019 hergestellt. Die ca. 5.000 m² große Jugendverkehrsschule entstammt einer Ursprungsanlage aus den 1960er Jahren und erhielt nach ihrer Sanierung als Schulungsgelände für nachhaltige Mobilitätserziehung aktuelle Relevanz. Die skulpturale, farbig gestaltete Zaunanlage unterstreicht ihre Rolle als besondere Eigentümlichkeit des Parks und Hildesheimer Unikat. Mithilfe mehrerer Toranlagen wurde die durch dichten Bewuchs entstandene Barrierewirkung aufgehoben, die Jugendverkehrsschule zum Park geöffnet und die Anlage als Signet des Parks sichtbar gemacht. 

Der sogenannte Bewegungsgarten als weiterer Baustein der Spiel- und Sportangebote befindet sich an der südöstlichen Parkkante. Eine „Pufferzone“ zur Jugendverkehrsschule schafft eine große Rasenfläche mit Befestigungspfosten für Slacklines, der Bewegungsgarten selbst ist durch Heckenelemente eingefasst. Hier befinden sich, abseits der bewegungsintensiveren Bereiche, in einem geschützten Raum neben einer neuen Boule-Bahn verschiedene Outdoor-Fitnessgeräte für alle Altersgruppen. 

 

Scharnhorsthof – Nutzung des Schulhofs als Multifunktionsfläche

Der Spiel- und Freizeitbereich in der Steingrube wurde seit seiner Inbetriebnahme sehr gut angenommen und ist insbesondere an den Wochenenden stark frequentiert. Die Multifunktionsfläche am benachbarten Scharnhorstgymnasium erfüllt daher eine wichtige Rolle als Erweiterungs- und Entlastungsangebot für die Parkanlage. 

Im Zuge der städtebaulichen Erneuerung der Oststadt ließ die Stadt den Schulhof zu einer öffentlich nutzbaren Multifunktionsfläche umbauen. Der Schulhof entwickelte sich so zu einer Begegnungsstätte zwischen Ganztagsschule und Stadtquartier, wobei durch die nachmittägliche Nutzungsmöglichkeit eine zusätzliche Bindung der SchülerInnen an den Ort entstand. Das gesamte Schulgeschehen wurde positiv aufgewertet und die Kinder und Jugendlichen fühlen sich an diesem, „ihrem Lebensort“, wohl.

Die neue Multifunktionsfläche wurde in unterschiedliche Spiel- und Bewegungsräume mit Angeboten für motorische Aktivitäten und intensive körperliche Betätigung gegliedert. Eine große Kletterstruktur fordert zur Erprobung der eigenen Geschicklichkeit auf, auf dem Streetballfeld steht das Kräftemessen mit der gegnerischen Mannschaft im Vordergrund. Boulderwand, Fitnesselemente und eine mehrteilige Trampolinanlage fordern und fördern körperliche Anstrengungen vielfältiger Art und stellen durch „aktives Erholen“ die Konzentrationsfähigkeit der SchülerInnen für die folgenden Schulstunden wieder her. 

Neben den aktivitätsgeladenen Bereichen laden Ruhezonen mit Holzdecks und Sitzwürfeln sowie eine Tribüne aus Sandsteinblöcken zum gemeinsamen „Chillen“, Zusammensitzen oder Beobachten ein. Eine locker gestellte Baumgruppe schafft Schattenzonen, gliedert und belebt den Raum. Die zentrale Pausenhalle mit Cafeteria öffnet sich zu einem kleinen Hof mit Tisch-Bank-Kombinationen, der sich bei gutem Wetter zu einem beliebten Treffpunkt zum Essen und Entspannen entwickelt hat.

Im „Quartiersgarten“ entstanden vielfältige Erfahrungs- und Lernmöglichkeiten, um Schülerinnen und Schülern zu zeigen, wie abwechslungsreich gärtnerische Betätigung im Jahreskreis sein kann. Hier gärtnern SchülerInnen und gartenbegeisterte AnwohnerInnen gemeinsam.

 

Stadtplatz „Kleine Steingrube“ - Neuanlage eines Quartiersplatzes 

Die städtische Einrichtung „19A - Das Gemeinschaftshaus“ und das Scharnhorstgymnasium nutzen einen gemeinsamen Vorplatz mit einem angelagerten Parkplatz. Vor dem Hintergrund des von den BürgerInnen gewünschten Cafés in der benachbarten Parkanlage gelang es, im Gemeinschaftshaus ein neues Restaurant mit nachmittäglichem Cafébetrieb zu etablieren. Nach der grundhaften Sanierung der Flächen entstand ein attraktiver Stadtplatz, der im Sommer für Außengastronomie genutzt wird und für die Schule ein neues Aushängeschild ist. Darüber hinaus ist es gelungen, die Flächen als Teil der Parkanlage Steingrube zu gestalten und sie räumlich näher an die Steingrube heran zu führen. 

Pkw-Stellplätze stehen heute nur noch an der südlichen, durch amorphe Bauminseln abgetrennten Platzkante, zur Verfügung. Die Hauptfläche wurde als autofreier Aufenthalts- und Bewegungsraum für Fußgänger und Radfahrer angelegt. Eine ca. 80 m lange, von Gräserbändern begleitete Sitzmauer führt über den Platz und bietet Aufenthaltsgelegenheiten in den Eingangsbereichen der Schule und des Gemeinschaftshauses. Am Abend und in der Winterzeit sorgt die Beleuchtung mit speziellen Lichtakzenten für eine besondere Platzatmosphäre.

 

Weitere Informationen:

HNW  Landschaftsarchitektur

Homeister Neumann von Weymarn PartGmbB

Schützenallee 41 b

31134 Hildesheim

Telefon: (0 51 21) 93 56 83 -15
Internet: www.hnw-land.de

 

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