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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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09.04.2013 - Ausgabe: 2/2013

Bewegung von Anfang an

Von Uwe Lübking, Deutscher Städte- und Gemeindebund

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Wenn wir aber ehrlich sind, erleben wir immer weniger spielende Kinder im öffentlichen Raum. Der Bewegungsmangel von Kindern zeigt zwischenzeitlich gravierende Folgen für die Betroffenen.

Die Befunde sind alarmierend:
- 60 % aller Kinder haben bei der Einschulung Haltungsschäden
- 30 % aller Kinder haben bei der Einschulung Übergewicht
- 40 % aller Kinder weisen Schwächen bei der körperlichen Koordination auf
- 50 % aller Kinder können nichtmehr rückwärts laufen
- 44 % aller Viertklässler klagen über gelegentliche und 8 % über ständige Rückenschmerzen.

Die zunehmende körperliche Passivität hat weitreichende gesundheitliche Folgen. Sie reichen über mangelnde körperliche Fitness, Haltungsschäden bis zu geringer geistiger Leistungsfähigkeit. Spätfolgen im Erwachsenenalter sind der frühere Beginn von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Rückenleiden. Ein Drittel der Patienten, die heute neu an Diabetes-Typ-2 (der so genannten Altersdiabetes) erkranken, sind inzwischen Jugendliche. Darüber hinaus berichten Experten von einer Zunahme von Unfällen, die mit der schlechteren Körperbeherrschung bei Jugendlichen zusammenhängen.

Vielfach werden die Kinder von heute bereits als „Generation Rücksitz“ bezeichnet. Immer mehr Kinder beherrschen die Alltagssituation des Radfahrens nicht mehr, z.B. das Spurhalten. Es soll Kinder geben, die Fahrräder nicht für ein Fortbewegungsmittel ansehen.

Die Gründen des Bewegungsmangels sind vielschichtig: Viele Eltern halten den Schulweg für zu gefährlich für ihre Kinder oder schicken ihre Kinder nicht mehr in die nächste Grundschule, sondern in die Schule ihrer Wahl, die dann häufig nur noch mit dem Auto erreichbar ist. Der öffentliche Raum verdichtet sich immer mehr, so dass Kinder keine wohnortnahen Spielräume mehr finden oder dort als störend von Erwachsenen verdrängt werden. Aber auch wenn es Bewegungsräume gibt, bleiben Kinder vielfach zu Hause und verbringen ihre Freizeit lieber vor dem Fernseher und vor dem Computer. Seit den siebziger Jahren hat sich die Aufenthaltsdauer im Freien von durchschnittlich vier auf eine Stunde verringert.

Hinzu kommen bei bildungsfernen Familien noch weitere Probleme: falsche Ernährung, rauchen im Beisein der Kinder sowie exzessiver Computerkonsum bieten hier oft den Nährboden für Übergewicht, Konzentrationslosigkeit und Sprachstörungen. 7,6 % aller Kinder zeigen Störungen im Sozialverhalten, 34 % der Sechsjährigen haben Sprech- oder Sprachstörungen sowie 7,2 % aller Kinder gelten als psychisch auffällig.

Dem natürlichen Bewegungsdrang der Kinder sollte in den Kindertageseinrichtungen stärker entsprochen werden. Der Sitzkindergarten muss zu einem Bewegungskindergarten werden, was vielfach in Kooperation z.B. mit Sportverbänden oder anderen Institutionen geschieht. Das Konzept eines Bewegungskindergartens sollte möglichst flächendeckend umgesetzt werden. In einem Bewegungskindergarten wird Bewegung als wesentliches Gestaltungsinstrument im pädagogischen Gesamtkonzept festgeschrieben. Es geht von der richtigen Grundannahme aus, dass Kinder einen natürlichen Bewegungsdrang haben und Bewegungswesen sind. In einer bewegungsfreundlichen Kita wird eine frühe Motivation für Bewegung, Spiel und Entspannung durch offene Bewegungsangebote und tägliche Bewegungszeiten gefördert.

Bewegung ist Voraussetzung für die körperliche, geistige aber auch soziale sowie emotionale Entwicklung der Kinder. Bewegung und Sport sind nicht nur ein Mittel der Gesundheitsprävention, sondern fördern das Kind in seiner Wahrnehmung, seinem Denken und Tun. Von daher gehört Bewegung zu den grundlegenden Prinzipien der Arbeit in den Kindertageseinrichtungen. Bewegungsförderung soll nicht in Konkurrenz zu anderen Bildungsaufträgen in den Kindertageseinrichtungen stehen, sondern diese ergänzen. Sprachförderung in Kitas ist ebenso richtig und wichtig, wie die „Häuser der kleinen Forscher“. Aber alle diese Programme werden nur erfolgreich sein, wenn sie durch Bewegungsaktivitäten unterstützt werden. Regelmäßig durchgeführte Bewegungsangebote führen nämlich nicht nur zu einer Zunahme der motorischen Leistungen, sondern auch zu einem besseren Abschneiden in den Lernphasen und der geistigen Entwicklung.

Bewegungskindergärten oder bewegungsfreundliche Kindergärten entstehen nicht von selbst. Es bedarf zunächst einer entsprechenden Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher. Dazu gehört weiter eine bewegungsfreundliche Gestaltung der Innen- und Außenräume. Die Kinder brauchen einen Raum, in dem sie unbegrenzte Möglichkeiten zum toben, spielen, rennen, laufen und sich ausprobieren haben. Aber auch in den Gruppenräumen sollte versucht werden, Bewegungselemente und –anregungen zu integrieren, die die Kinder eigenständig und flexibel nutzen können. Flure und Nebenräume haben einen bewegungseinladenden Charakter. Schließlich ist das Außengelände entsprechend zu gestalten. Das Spiel im Freien bietet einen weiteren Raum für die körperliche, geistige und seelische Entwicklung der Kinder. Ein möglichst naturnahes Außengelände sollte spielanregend, kreativitäts- sowie bewegungsfördernd sein und den Kindern Spiel-, Bewegungs- und Rückzugsmöglichkeiten bieten. Zu einem Außenspielgelände gehören Kletter- und Rutschgelegenheiten, befestigte Flächen zum Fahren und Rollen, Möglichkeiten zum Schaukeln und Schwingen, Balanciermöglichkeiten und Freiflächen zum Spielen.

Optimal ist die Verbindung mit einer entsprechenden Elternbildung. In den Kindertageseinrichtungen sollte auch die Elternarbeit zum Nutzen der Bewegungsförderung intensiv betrieben werden, z.B. durch „Aktiv-Elternabende“ mit Bewegung. So können Eltern befähigt werden, richtige Entscheidungen für ihre Kinder zu treffen. So können die Kindertageseinrichtungen als Ort der Gesundheitsförderung ausgebaut werden, wie dies schon in Ansätzen geschieht. Über Familienzentren oder Eltern-Kind-Zentren in den Kitas können viele Eltern, auch aus sozial-problematischen Schichten sowie mit Migrationshintergrund erreicht werden. So können die Eltern in Fragen der Gesundheitsprävention einschließlich der Bewegungsförderung unterstützt und frühzeitig ein gesundheitsbewusstes Verhalten im Interesse der Kinder angeregt werden.


  Foto: EIBE

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