Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Die grundlegenden Eigenschaften werden durch die technischen Funktionen abgebildet. Hierbei werden alle Parameter zusammengefasst, die dem langfristigen Erhalt der Sport- und Schutzfunktionen dienen. Zu Ihnen gehören unter anderem die Alterung, das Verschleißverhalten, die Zugfestigkeit vom Kunststoffrasen und der Nahtverbindungen von Teppichbahnen, sowie der Ausziehwiderstand der Tuftung (Noppenauszugfestigkeit).
Zu den Sportfunktionen bei Kunststoffrasenflächen gehören die Ballreflexion, das Ballrollverhalten, die Ebenheit und die Wasserdurchlässigkeit des Gesamtsystems. Diese Parameter nehmen einen direkten Einfluss auf die Ausübung der jeweiligen Sportart, z.B. Fußball.
Die letzte Gruppe umfasst die Schutzfunktionen. Sie dient der Entlastung des Bewegungsapparates des Spielers bei der Ausübung der jeweiligen Sportart, insbesondere der Verringerung der Verletzungsgefahr bei Stürzen. Zu den Schutzfunktionen gehören maßgeblich der Kraftabbau, der Drehwiderstand und die vertikale Verformung, ehemals Standardverformung, StV nach DIN 18032-2:2001-04.
Der Kraftabbau nach DIN EN 14808 ist die physikalische Größe der Dämpfung und Nachgiebigkeit. Er beschreibt die Fähigkeit eines Sportbodens, die aufgebrachte Kraft eines fallenden Körpers zu reduzieren. Hierbei wird mit dem Prüfgerät „Künstlicher Sportler“ (Artificial Athlete) der Sportboden impulsartig mit einer Masse belastet. Die dabei erreichte maximale Kraft wird aufgezeichnet und mit der gleichartig gemessenen Maximalkraft auf starrem Boden (Beton) in Relation gesetzt. Die relative Differenz zwischen diesen beiden Kräften wird als Kraftabbau in Prozent angegeben. Der Kraftabbau für vorwiegend für den Fußball vorgesehene Kunststoffrasenbeläge nach DIN EN 15330-1 muss demnach unter trockenen und nassen Bedingungen zwischen 55% und 70% liegen. Hierbei erhöht sich die Dämpfung und Nachgiebigkeit mit steigendem Kraftabbau.
Der Drehwiderstand nach DIN EN 15301-1 beschreibt die Kraft, die zur Einleitung der Rotation einer Prüfsohle benötigt wird. Diese Prüfsohle kann genoppt sein oder aus Stollen bestehen, angepasst an die jeweilige Sportart. Hierbei wird der mit 46 kg beschwerte Prüffuß aus einer Höhe von 60 mm auf die Oberfläche fallen gelassen, um das Eindringen der Stollen oder Noppen zu gewährleisten. Unter der Verwendung eines Drehmomentschlüssels wird der Prüffuß gleichmäßig und ohne Unterbrechung gedreht, bis sich der Prüffuß bewegt und sich um einen Winkel von mindestens 45° gedreht hat. Der ermittelte Wert wird in Newtonmeter (Nm) angegeben.
Die Anforderung an den Drehwiderstand für vorwiegend für den Fußball vorgesehene Kunststoffrasenbeläge nach DIN EN 15330-1 liegt sowohl unter trockenen als auch unter nassen Bedingungen zwischen 25 Nm und 50 Nm. Hierbei ist die Belastung auf die Gelenke mit steigendem Drehwiderstand höher.
Ein weiterer zu betrachtender Parameter ist die vertikale Verformung, gemessen nach DIN EN 14809. Sie beschreibt die Verformung des Gesamtbelages durch eine aufgebrachte Last. Hierbei wird die Fallmasse des "künstlichen Sportlers" auf eine, auf dem Sportboden angeordnete, weiche Feder fallen gelassen und die dabei auftretende maximale Verformung aufgezeichnet. Die Verformung wird bei einer definierten Kraft von 1500 N bestimmt. Nach DIN EN 15330-1 muss die vertikale Verformung für vorwiegend für Fußball genutzte Kunstrasenbeläge unter trockenen und nassen Bedingungen zwischen 4 mm und 9 mm liegen.
Um die Schutzfunktionen eines neuen Kunststoffrasenbelages zu gewährleisten, sollte vor dem Einbau die Eignung des Materials durch den Hersteller mittels eines Prüfberichtes nachgewiesen werden. Dieses sollte durch ein DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertes Prüfinstitut, wie z.B. das ISP - Institut für Sportstättenprüfung (Dr. Uwe Schattke), erfolgen.
Eine abschließende Bewertung eines eingebauten Kunststoffrasensystems sollte durch In-situ-Prüfungen (Kontrollprüfungen vor Ort) vorgenommen werden. Hierbei werden an fünf definierten Messpunkten die Schutz- und Sportfunktionen, wie Ballreflexion, Ballrollverhalten, Kraftabbau, Vertikale Verformung, Drehwiderstand, Wasserinfiltrationsrate und Ebenheit der Oberfläche ermittelt und mit den Anforderungen der aktuellen DIN EN 15330-1 verglichen. Gemäß der Normenvorgabe sollte in Abhängigkeit von der Nutzungshäufigkeit und den örtlichen Bestimmungen eine Kontrollprüfung in der Regel nach dem Einbau und anschließend alle zwei bis drei Jahre durch ein qualifiziertes Prüfinstitut durchgeführt werden. Diese periodischen Prüfungen stellen sicher, dass der installierte Kunststoffrasenbelag weiterhin seine erwarteten Leistungseigenschaften und besonders seine Schutzfunktion erfüllt.
Fotos: ISP