Logo

Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

Slide 0
Slide 1
Slide 2
Slide 6
Slide 7
Slide 8
15.02.2015 - Ausgabe: 1/2015

U3 im Außenbereich – die große Unbekannte

Von Uwe Lersch, Kompan GmbH

Photo

Kinder werden zunehmend in Kindergärten und Krippen betreut und verbringen ihre Zeit immer häufiger außerhalb von ihrem Zuhause. Das Thema Bewegung spielt dabei eine zukunftsweisende Rolle. Diese Bewegungsareale in Krippen, Tagesstaätten und Kindergärten müssen deshalb einer gezielten Planung unterzogen werden.

Das weltweite Netzwerk für die Beobachtung und Bewertung der sich wandelnden Rahmenbedingungen für die Kindesentwicklung in Industrieländern kommuniziert bereits seit Jahren alarmierende Erkenntnisse auf allen Ebenen der Bewegungsentwicklung, Gesundheitsvorsorge, aber auch bei der Ausprägung kognitiver und sozialer Kompetenzen.

Bereits zum heutigen Zeitpunkt sind volkswirtschaftliche Schäden nicht mehr zu verhindern. Allein die Kosten für die Behandlung vermeidbarer Erkrankungen, welche aus einem Mangel an Bewegung und körperlicher Entwicklung in der Kindheit resultieren, werden unser Krankenversicherungssystem innerhalb der kommenden 20 Jahre überfordern.

Unter dem beklemmenden Motto "5 Jahre mehr" wird dargestellt, dass die nach wie vor als steigend betrachtete Lebensalterserwartung in den Industrieländern nicht mehr gegeben ist, sondern im Gegenteil die aktuellen Geburtsjahrgänge etwa fünf Jahre eher sterben werden als ihre Eltern. (www.designedtomove.org)

Bereits heute zeigen sich bei Menschen der Jahrgänge ab '95 mit steigender Tendenz schwerwiegende Erkrankungen wie Osteoporose, Altersdiabetes, weitere Stoffwechselstörungen sowie Muskel- und Gelenkerkrankungen, welche nachweislich auf Spiel- und Bewegungs- sowie Ernährungsmängel innerhalb der Kleinkind-, Vorschul- und Schulaltersphase zurückzuführen sind. (Siehe dazu auch die Ausführungen "Sitzende Gesellschaftsform" unter www.pebonline.de)

Aber es geht noch weiter: Motorische Defizite und Schwindelanfälligkeit begünstigen wie auch ein überhöhter Anteil an Körperfett nicht nur Konzentrationsschwächen und befördern mangelnde Stressresistenz, sondern sind in der Folge mit verantwortlich für die aktuell als Volkskrankheit einzustufende Depression.

 

Hauptverantwortlich für diese alarmierende Entwicklung sind die Eltern.

 

Neben den massiv gewachsenen Stressfaktoren der Leistungsgesellschaft, welche den sehr bedeutenden Eltern-Kind-Zeiten im Wege stehen, werden die aus der Erscheinungsform der "Informationsüberflussgesellschaft" resultierenden, im Unterbewusstsein abgespeicherten Ängste auf die eigenen Kinder projiziert und schränken damit die dringenden Notwendigkeiten "normaler" Kindesentwicklung deutlich ein: Gefahreneinschätzung, Risikoabschätzung, Schmerzerfahrung, Problembewältigung, Antikörperbildung u.v.m.

Der gewöhnliche Bewegungsdrang wird dabei mit steigender Tendenz als hyperenergetisch oder Aufmerksamkeitsdefizit diagnostiziert. Einige der verabreichten Medikamente sind aufgrund ihrer langfristigen Anlagerung in der Zellstruktur nach wissenschaftlicher Aussage weitere begünstigende Faktoren für Panikzustände und Depression im folgenden Erwachsenenstadium.

Die Bereitschaft, den Eltern die Augen zu öffnen, ist denkbar gering. Therapeuten und Kindermediziner sind auf Monate ausgebucht, die Pharmaindustrie reibt sich die Hände, Politiker legen sich ohnehin niemals mit Wählerpotenzialen an und die Elternpresse will nach eigener Aussage ihre Leserschaft nicht verärgern.

Aber auch jenseits des direkten Wirkens der Eltern tut sich nicht viel:

Keiner der deutschen Landeslehrpläne für Sozialpädagogik und Kinderbetreuung sieht eine explizite Unterweisung des Themenkomplexes "Psychomotorische Entwicklung und Gesundheitsvorsorge durch selbstbestimmtes Spiel im Außenbereich" vor. Dahingehend durch den Autor befragte Akademien bezeichnen dies entsprechend als "nicht notwendig".

Gegenteilig sucht die Mehrzahl der Kinder-betreuenden Damen und Herren händeringend nach stichhaltigen Informationen, insbesondere in der Kleinkindbetreuung ist der Informationsbedarf nicht im Mindesten gedeckt.

Stattdessen werden bespielbare Freiräume nach Sicherheitsdenken und Erwachsenenromantik "kreiert". Die ursprünglich als Therapiespielgerät für die Schwerbehindertenbetreuung entwickelte "Nestschaukel" mutiert zur sinnfreien Generallösung und sorgt darüber hinaus als "Kleinkindernestschaukel" für eine Gewöhnung an das Grundübel unserer digitalen Existenz: Der sitzenden Lebensform.

Wo nun liegt der Ansatz für eine näherungsweise optimale Spiel- und Bewegungsförderung im Außenbereich bei Kleinkindern?

Grundlage einer räumlichen Gestaltung und Möblierung von Außenbereichen ist das Verständnis für den durchschnittlichen Entwicklungsstand von "Kleinkindern", bedeutet: Ab zehn Monaten bis etwa zum vollendeten zweiten Lebensjahr (in Deutschland missverständlich als U3 bezeichnet).

In Erweiterung des Begriffs der "Sensiblen Lebensphase", innerhalb derer sich positive wie negative Erfahrungen im Unterbewusstsein verankern und die gesamte Lebensführung prägen, (Daher vormals: "Prägungsphase") sprechen wir innerhalb der qualifizierten Spielgeräteentwicklung von einer "Hochsensiblen Lebensphase", welche den Altersbereich bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr umfasst.

Neben den bekannten Entwicklungsfaktoren (sensomotorische Fähigkeiten, Sprachentwicklung, soziale Interaktion außerhalb der Sprache usw.) muss es innerhalb der Bewusstseinsbildung darum gehen, positive Spiel- und Bewegungserfahrungen in eigener Bestimmung erfahren zu dürfen, welche somit in prägender Form ein Selbstverständnis für körperliche Aktivität, sprich, ein dauerhaftes Verlangen nach Bewegung über die gesamte Lebenszeit erzeugen.

Somit ist bei der Planung bespielbarer Freiräume für diese "entscheidende" Lebensphase im öffentlichen Bereich (!) wie auch in der geschlossenen Kindertagesbetreuung im Rahmen der Zusammenstellung eines definierten Bewegungsentwicklungskonzepts eine Abstimmung von statischen und dynamischen Lösungen zu wählen, die den Kleinkindern die Freude an der Bewegung im Außenbereich vermitteln (www.kompan.de/spielinstitut).

An die Adresse der "Innenraum-Überausstatter" sei gesendet, dass Sonnenlicht, Wind, Außenakustik, Temperatur- und Wetterwechsel sowie organische Materialien die spielerische Bewegungsentwicklung nachhaltig unterstützen und dies auch mit noch so aufwändigen "Inhouse-Bauwerken" nicht zu ersetzen ist.

Sobald nach deutscher Manier wieder mal ein Krippen-Neu - oder Anbau entstanden ist, der eher an das Design-Center eines Möbelherstellers erinnert und neben dem Hochbaubudget die Mittel für die Außengestaltung gleich mitgenutzt hat, kommt es seitens der Träger zu wundersamen Veränderungen innerhalb der Kindesentwicklung: Kinder von zehn Monaten bis zum sechsten Lebensjahr spielen plötzlich so gerne "miteinander", wodurch ein ominöses "U3/Ü3-Kombispielgerät" stante pede gerechtfertigt ist.

Oder die bereits erwähnte Nestschaukel, ursprünglich ein Therapiespielgerät der Schwerbehindertenbetreuung, wird vormittags dazu genutzt, unter massiver Belastung der Wirbelsäulen der Betreuer(innen) 40 U3-Kinder gruppenweise inklusive Hinein- und Herausheben zu "beschaukeln", während folgend an den Nachmittagen Vorschulkinder, fünf im Liegen, zwei im Stehen, 180°-Bögen schlagen.

Zusammengefasst: Die derzeitige Praxis zeigt einen massiven Beratungsbedarf bei Eltern, Betreuung, Planung und Trägern. Ganz zu schweigen davon, dass die Politik nicht nur ausreichende Flächen und Budgets zur Verfügung stellen, sondern auch die Qualifikation der beteiligten Instanzen auf jeder Ebene sicherstellen muss.

"Finanznot" ist dabei definitiv kein Argument. Nicht, wenn es um die nachwachsenden Jahrgänge geht. Kompan realisiert die U3-Außenspielkonzepte neben einer aufwändigen Entwicklung von statischen und dynamischen Möblierungen zusätzlich mit qualifizierten Beratungsgesprächen, Fortbildungen, Workshops und Elternbeteiligungen in den einzelnen Einrichtungen und Trägerschaften.

 

Fotos: Kompan

Mehr zum Thema Planen, Gestalten, Bauen

image

Planen, Gestalten, Bauen

Gemeinsam planen für eine gesunde Stadt

Gesunde, gerechte, resiliente und damit lebenswerte Kommunen zeichnen sich dadurch aus, dass gesundheitliche Belange wie Ruhe, Erholung, Wohlergehen, Bewegung, Stressbewältigung und Entspannung in der Stadtplanung...

image

Planen, Gestalten, Bauen

„Grünes Band“ Oststadt Hildesheim

Die Stadt Hildesheim hat seit vielen Jahren über die Städtebauförderung Zuschüsse des Bundes und des Landes eingeworben. Sie leistet damit einen erheblichen Beitrag zur...

image

Planen, Gestalten, Bauen

Neue Formen der Raumaneignung von unten – Die Bedeutung informeller Ansätze für die Sport- und Stadtentwicklung

In der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) durchgeführten Modellvorhabenforschung des experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) konnten viele...

image

Planen, Gestalten, Bauen

St. Maria als… Freiraum in der Stadt

„Wir haben eine Kirche – haben Sie eine Idee?” Mit dieser Frage startete im Mai 2017 ein offener Beteiligungsprozess in der katholischen Kirche St. Maria in Stuttgart. Besucher*innen, Bürger*innen und Kirchengemeinde wurden...

image

Planen, Gestalten, Bauen

Die „durchwachsene Stadt“: klimafreundliches Leitbild für Städtebau und Architektur

Klimagerechter Städtebau und klimaschutzorientierte Gebäudeplanung können Sauerstoff produzieren und die Luftqualität auf verschiedenen Ebenen verbessern. Die Energieeinsparungen von Gebäuden sind...