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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.04.2016 - Ausgabe: 2/2016

Investition in ein Problemviertel – acht neue Plätze für die Weiße Siedlung in Neukölln

Von Birgit Funke, bwgt e.V.

Photo

Die Weiße Siedlung liegt im Norden des Berliner Bezirks Neukölln. Hier leben über 4.000 Menschen von denen über 60 % Transferleistungen beziehen und über 70 % einen Migrationshintergrund haben. Ein großer Teil der Kinder ist von Kinderarmut betroffen.

Die Siedlung ist geprägt durch zwei gegenläufige Gebäudebänder aus den 1970er Jahren mit bis zu achtzehngeschossigen weißen Hochhäusern, die deutlich aus dem sonstigen Stadtgefüge herausragen und deren Farbgebung namensgebend für die Siedlung wurde. Die durchgängigen sehr offenen Grünstrukturen mit zahlreichen Spiel- und Bolzplätzen sowie Möglichkeiten zum Aufenthalt im Freien bilden das Rückgrat der Siedlung. 2012 wurde im Rahmen der Umgestaltung von Spiel- und Freiflächen mit der Aufwertung (des Quartiers) begonnen, die Maßnahmen wurden durch das Programm Soziale Stadt gefördert.

 

Konzept

In einem ersten Schritt wurde ein Konzept für die 12 Spiel- und Freiflächen erarbeitet. Hier wurden Nutzungsschwerpunkte und Zielgruppen festgelegt. Dieses Konzept bildete die Grundlage für die Beteiligung und die Planung.

 

Beteiligung

Im Rahmen einer Auftaktveranstaltung konnten Anwohner Ideen für die einzelnen Spielplätze und Freiflächen einbringen, aber auch allgemeine Wünsche formulieren. Hierzu wurden für jede Fläche Poster mit Fotos der Fläche vorbereitet, so dass hier mit Moderationskarten die Ideen zugeordnet und festgehalten werden konnten. Zusätzlich wurden verschiedene Befragungen auf den Spielplätzen direkt und in anliegenden Einrichtungen durchgeführt. Neben ganz konkreten Wünschen nach besonderen Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten (Trampolin, Klettern, Schaukeln, Rollmöglichkeiten, Wasserspiel etc.) wünschten sich viele Eltern vor allem Möglichkeiten zum gemeinsamen Sitzen und Aufhalten.

Insbesondere für die Gruppen, die bislang auf den Bestandsflächen wenig Berücksichtigung fanden, wurden separate Partizipationsverfahren durchgeführt. Für den „Geschwisterspielplatz“ fand ein kleiner Ideenworkshop (mit Mädchen der Siedlung statt. Neben den Wünschen für verschiedene Elemente wurden hier vor allem auch Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert und festgehalten. Für Jugendliche wurde ein Beteiligungsworkshop mit Modellbau für den „Bunker“ durchgeführt (die Umgestaltung des Bunkers konnte dann leider nicht mehr umgesetzt werden).

 

Eingangsbereich und Mehrgenerationenplatz       

Mit den Mitteln aus dem Programm Stadtumbau West wurden der Eingangsbereich an der Sonnenallee und der angrenzende Weg in Richtung Aronsstraße erneuert und mit Fahrradbügeln, einer Beleuchtung und Sitzmöglichkeiten an der Wegeführung ergänzt.

Der intensiv genutzte Bereich zwischen Wohnhäusern auf der einen und dem Jugendtreff und Nachbarschaftstreff auf der anderen Seite wurde zu einem Mehrgenerationenplatz mit unterschiedlichen Aufenthalts-, Veranstaltungs-, Spiel- und Sportmöglichkeiten umgestaltet.

 

Spielbereich Dieselstraße

Die vorhandenen Spielelemente, wie Sandspielfläche, Schaukel und Bolzplatz wurden erhalten und auf Grundlage der Wünsche durch ein Spielband mit Holzpodesten, Trampolin und Balanciermöglichkeiten ergänzt.

 

Zentraler Spielplatz                     

Der zentrale Spielplatz wird von vielen Bewohnern mit ihren Kindern als „zweites Wohnzimmer“ genutzt. Es wird im Sommer in Gruppen zusammen gesessen, gepicknickt und den Kindern beim Spielen zugesehen. Der umgesetzte Entwurf bezieht sich auf diese Nutzung. Die grundlegende Gestaltungsidee für den Spielplatz im Herzen der Siedlung ist die Verteilung der Nutzungen in einzelne Rahmen und Flächen. Hierbei erfüllen die Rahmen zwei Aufgaben: zum einen nehmen sie im Inneren die jeweilige Spiel- und Bewegungsmöglichkeit auf, zum anderen bieten die breiten Ränder einen weiteren Bewegungs-, Gestalt-, und Aufenthaltsraum. Durch die Überlagerung der Flächen entstehen Schnittstellen, die wiederum bespielt werden können. Die „aktiven Ränder“ sind in unterschiedlichen Bodenbelägen ausgeformt (helle und dunkle Steine, Holz), so dass sich durch Material und Lage der Flächen ein dynamisches Formenspiel ergibt.

Insgesamt besteht der Spielplatz aus sechs unterschiedlich großen Rahmen, zwei Rahmen sind für Kinder unter drei Jahre, drei sind für Kinder über drei Jahre konzipiert. Der sechste Rahmen zieht sich über das angrenzende Fußballfeld und stellt mit seinem Plattenbelag einen Fahrweg zum vielseitigen Rollen und Befahren dar. An Spiel-, und Bewegungsmöglichkeiten stehen den kleineren Kindern eine Mini-Nestschaukel, Findlinge und ein Holzspielgerät zur Verfügung. Für die älteren Kinder laden Drehscheibe, Kletterquader, Nestschaukel und Balancierstrecken zum Bespielen ein.

Alte Aufenthaltsbereiche konnten in Form von Drahtgitter-Sitzgruppen erhalten bleiben, ergänzt wurden sie durch Betonblöcke, die sowohl zum Sitzen, als Tische oder als Hüpfelemente genutzt werden können. Ziel war hier, das gemeinsame Zusammensitzen zu stärken.

Bei der Verortung der Flächen wurde vor allem auf den Bestand alter Fundamente geachtet, so liegt z.B. die Kleinkinderfläche exakt über ihrem ursprünglichen Ort.

Entsprechend vieler Eltern-Wünsche wurde die vormals dichte Begrünung des Spielplatzes entfernt, so dass eine durchgängige Einsehbarkeit des Raumes entstanden ist.

Einzelne Bäume konnten allerdings in die Rahmen integriert werden.

 

Geschwisterspielplatz

Der vorhandene Kleinkinderspielplatz mit einer Sandfläche, einer kleinen Rutsch-Kletter-Kombination und einer der Fläche gegenüberliegenden Doppelschaukel wurde bis auf die Schaukel erhalten. Konzeptionell ist dieser Ort für die vielen Mädchen im Quartier geplant, die sich mit ihren jüngeren Geschwistern durch das Quartier bewegen: während die kleineren Geschwister im Sand spielen, können die Mädchen ihrem Alter entsprechend die Nachbarfläche bespielen. So wurde der Bereich der ehemaligen Schaukel mit einer Tischtennisplatte, einem Holzpodest, einem kleinen Ballspielbereich und Hängematten versehen. Besonders auffällig ist die farbliche Gestaltung: durch die Verwendung eines Kunstrasens sowie Stützen und Hängematten in pink wird explizit auf die Zielgruppe verwiesen und deren Wünsche und Ideen aus der Beteiligung aufgenommen.

 

Großer Bolzplatz

Der Bolzplatz an der Aronsstraße wurde mit einem neuen Kunststoffbelag und einer neuen Markierung versehen. Neue Tore und Basketballkörbe laden zum Spielen ein. Vier kleinere Tore ermöglichen das parallele Spiel auf Kleinfeldgröße, mit zwei großen Toren kann klassisch über das ganze Feld gekickt werden. Mit seiner blauen Farbe leuchtet der Platz hinter den Bäumen hervor und begrüßt die Bewohner am Eingang ins Zentrum der Siedlung.

 

Mit der Planung der Spielplätze im nördlichen Quartier wurde der Verein bwgt e.V. beauftragt. Die Planung der Plätze des südlichen Quartiers (Mehrgenerationenplatz, Eingangsplatz) wurde durch das Landschaftsplanungsbüro LA.BAR übernommen.

 

Foto: bwgt e.V.

 

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