Logo

Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

Slide 0
Slide 1
Slide 2
Slide 6
Slide 7
Slide 8
16.10.2017 - Ausgabe: 5/2017

Neuer Freiraum für Aktivitäten kann das städtische Leben transformieren

Von Lars Hjorth Baerentzen (Präsident der IAKS Nordic und Kommunikationsberater bei der Dänischen Stiftung für Kultur und Sporteinrichtungen)

Photo

In Dänemark werden die städtischen Freiräume immer mehr zu Triebkräften der Veränderung, die die Lebensqualität verbessern, mehr Menschen zu körperlichen Aktivitäten anreizen und die lokalen Nachbarschaften stärken können. Dies geschieht durch die Umwandlung von verfallenen Parkplätzen, Industriehäfen und Schulhöfen in neue Bereiche für Sport und Aktivitäten.

 

Sporthallen und traditionelle Sportanlagen sind in Dänemark immer noch sehr beliebt. 61 Prozent der Erwachsenen und 83 Prozent der Kinder sind sportlich aktiv und viele von ihnen besuchen jede Woche eine Sporthalle oder eine andere traditionelle Sportanlage. Aber die Art und Weise, in der Jugendliche und junge Erwachsene gern aktiv sind, ändert sich. Ihre Lebensweise passt nicht mehr zu einer strukturierten Vereinsmitgliedschaft mit vorher festgelegten, wöchentlichen Übungs- und Wettkampfzeiten, sodass sie sich vom traditionellen Sport abwenden. Viele von ihnen sind aber dennoch aktiv. Sie gehen joggen, treiben Trendsportarten oder melden sich in einem Fitnesscenter an. Das bedeutet, dass sie nicht mehr zu den Gemeinschaften und sozialen Strukturen gehören, die sie in Sportvereinen erleben können.

Diese Entwicklung bei sportlichen Aktivitäten junger Menschen kann als problematisch oder aber ganz und gar nicht problematisch angesehen werden. Es kann auch als Herausforderung gesehen werden, Sportanlagen mit einem ganz neuen Ansatz zu konzipieren. Es könnte sich ebenfalls als einer der Schlüsselfaktoren zur Schaffung stärkerer und attraktiverer urbaner Räume, die Nachbarschaften zusammenbringen, erweisen.

Durch die Schaffung attraktiver urbaner Räume, die für viele verschiedene Sportarten und Aktivitäten geeignet sind, können Jugendliche, junge Erwachsene und andere Menschen, denen die traditionellen Sportvereine zu altmodisch sind, hier eine tolle Möglichkeit finden, sich selbst für sportliche und andere Aktivitäten zu motivieren. Diese urbanen Räume können Nachbarschaften enger zusammenbringen und zu den Räumen werden, in denen die Menschen zusammenkommen. Genauso, wie das eben in Sportvereinen geschieht.

Daher sollte die Gestaltung offener und aktiver urbaner Räume nie auf Sport allein beschränkt werden. Es müssen auch Räume für Inaktivität vorhanden sein. Es ist Platz zum Sitzen und Reden erforderlich, wo mit alten und neuen Freunden „abgehangen“ werden kann.

Diese urbanen Räume funktionieren am besten, wenn die lokalen Nachbarschaften und Interessengruppen eingeladen werden, sich bereits während der Designphase zusammen mit Architekten, Ingenieuren, Kommunen und Geldgebern daran zu beteiligen.

Dieser Ansatz stellt sicher, dass die tatsächlichen Benutzergruppen nicht übergangen werden und sich ein starkes Gefühl für lokale Eigenverantwortung entwickelt.

Urbane Räume für Aktivitäten haben sich als Triebkräfte des Wandels in einer größeren Perspektive erwiesen. Urbane Räume können die Art und Weise, in der die Menschen leben und Städte und Gemeinde für sich nutzen, verändern. Erfolgreich entwickelte und positionierte urbane Räume können Besucher und Benutzer von weit entfernt anziehen und sogar neue Bewohner für ehemalige Industriegebiete, die in Gewerbe- und Wohngebiete umgebaut werden, gewinnen.

Wie sehen also Anlagen wie diese aus? Wo können Sie platziert werden? Wie ist es möglich, neue Räume in dichten städtischen Gebieten zu finden?

 

Auf Dächern bauen

Sportanlagen auf Dächern zu bauen, ist keine neue Idee. In großen Städten ist kaum noch eine freier Platz zu finden, sodass es naheliegend scheint, Gebäude mit flachen Dächern für die Einrichtung von Sportanlagen zu verwenden. Und dennoch sieht man das nicht oft. Wenn sich jemand daran wagt, ist das Design sehr oft recht traditionell. Vielleicht ein Tennisplatz für die Bewohner oder die Angestellten, die in einem Gebäude arbeiten. Oder ein kleines Basketballfeld oder ein kleiner Fußballplatz. Die erfolgreiche Nutzung ist fast garantiert, wenn man etwas Raum für Ballspiele auf einem Gebäude bereitstellt. Vor allem beim Fußball. Und die glücklichen Benutzer sind fast ausschließlich Teenager.

Aber was passiert, wenn Architekten, Verantwortliche der Kommunen und die lokalen Gemeinden die Möglichkeiten besprechen? Wenn neue Sportarten, die perfekt zu urbanen Räumen passen, mehr Aufmerksamkeit in Plänen und Entwürfen bekommen? Eine Lösung kann man in Kopenhagen sehen. Im nördlichen Hafenbezirk der dänischen Hauptstadt wird ein riesiges Entwicklungs- und Transformationsprojekt umgesetzt. In Nordhavn wurden die meisten der ehemaligen Hafenanlagen geschlossen und die Gegend entwickelte sich schnell zu einem anspruchsvollen Ort zum Arbeiten und Leben. Neue Gebäude schießen wie Pilze aus dem Boden. Es hätte dabei leicht vergessen werden können, dass die neuen Bewohner nicht nur arbeiten und schlafen müssen, sondern auch ihre Freizeit genießen sollen, wenn sie dort hinziehen.

In einem sich neu entwickelnden Stadtviertel wie Nordhavn stehen ja viele wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel, aber die Kommune hat eine Lösung für einen Ort für sportliche Aktivitäten gefunden, der für alle offen und kostenlos zu nutzen ist. Auf einem Parkhaus. Und nicht für Fußball oder andere Ballspiele. Das Design zielt auf Krafttraining und Laufübungen ab. Und ist gleichzeitig ein Spielplatz für Kinder. Auf diese Weise sind die Benutzergruppen viel vielfältiger, als wenn es nur ein Platz für Ballspiele geworden wäre. Jugendliche beider Geschlechter und junge Eltern mit ihren Kindern können angeregt werden den Raum aktiv zu nutzen. Und jedermann kann auch einfach nur dort hinauf gehen, um die spektakuläre Aussicht auf Nordhavn und den Rest von Kopenhagen zu genießen.

 

Von einem Parkplatz zu einem Aktivpark

In der Stadt Vejle gab es einen typischen, sehr tristen Parkplatz mitten in der Stadt. Dieser Parkplatz lag auf der Strecke, die viele Schüler benutzten, wenn sie vom Bahnhof oder Busbahnhof zu ihren Schulen und Berufsschulen gingen. Es war im Grunde genommen eine Abkürzung für die Schüler, wenn sie den Parkplatz überquerten. Dieser Parkplatz war verfallen. In vielen Städten und Gemeinden wäre eine solche Idee undenkbar, aber in Vejle wurde der Parkplatz geschlossen und an seiner Stelle ein neuer Park für spontane Aktivitäten konzipiert und errichtet. Ein Park mit viel Platz für Ballspiele und andere Sportarten und mit einem sehr gut durchdachten Bereich zum „Abhängen“ mit Freunden. Etwas, was sehr wichtig, für das Freizeitverhalten von Teenagern ist. Sie verwenden einfach die Abgrenzungen des Ballplatzes als Sitzgelegenheiten. Das klingt ganz einfach, wird aber sehr oft übersehen. Auf diese Weise wird die unruhige Mischung aus aktiven und nicht-aktiven Zeiten, die so typisch für Teenager ist, unterstützt, und die Anlage passt besser zu ihnen.

 

Skatepark auf einen Schulhof

Selbst in den am dichtesten besiedelten städtischen Gebieten gibt es Schulen. Und rund um die meisten Schulen ist immer ein wenig Freiraum. In Dänemark galt es zunächst als eine ziemlich verblüffende Idee, dass Schulhöfe offene Plätze für Aktivitäten für die ganze Nachbarschaft werden könnten. Die Zäune mussten abgerissen werden. Die Zahl der Lehrer für die Aufsicht während der Schulzeit musste erhöht werden. Die Schulen mussten sich als einladende Elemente der lokalen Gemeinde betrachten. Aber der Erfolg war sehr groß. Es ist eigentlich ein so naheliegender Gedanke, dass sich nun – wenige Jahre nach der Einführung der offenen Schulhöfe – viele Leute fragen, warum es nicht schon immer so war. In Kopenhagen werden alle modernisierten Schulhöfe nach diesem Prinzip neu gestaltet. Ein frühes Beispiel dafür ist die Amager Faelled Skole, deren Schulhof geöffnet und ohne Zaun zwischen Straße und Schulhof zugänglich gemacht wurde.

Bei der Gestaltung von offenen Schulhöfen werden die Kinder gefragt, was Sie gern auf ihrem Schulhof machen würden. Und als ob das nicht schon ungewöhnlich genug wäre, werden auch die Anwohner und Sportvereine sowie alle anderen, die ein Interesse an dem öffentlichen Raum in ihrem Viertel haben, gefragt. Das Ergebnis sind sehr gut lokal eingebundene und ungewöhnliche Sport- und Bewegungsanlagen. Das vielleicht radikalste Beispiel kann man in Aarhus, der zweitgrößten Stadt Dänemarks, sehen. Eine sehr zukunftsorientierte Schule in der Innenstadt setzte die Idee um, anstelle des traditionellen Schulhofs einen Skatepark vor dem Haupteingang zu bauen. Dies ist eine Möglichkeit, aber andere Schulen waren eher moderat und haben Designs gewählt, die den typischen Schulhof zu einem Ort für ganztägliche Aktivitäten für viele unterschiedliche Menschen machen.

 

Hafenbäder sind urbane Räume

Eine der bemerkenswertesten Erfolgsgeschichten in Dänemark in Bezug auf neue urbane Räume für Sport und Bewegung sind die vielen Hafenbäder, die als neue urbane Räume seit Beginn dieses Jahrhunderts eingeführt wurden. Studien zeigen, dass die Auswirkungen der Hafenbäder in keiner Weise nur auf neue Schwimmbäder und Wassersportanlagen beschränkt sind. Mehr als alle anderen urbanen Räume beeinflussen die Hafenbäder Stadtlandschaften und Lebensqualität. Die Grundlage für diesen Erfolg ist, dass das Wasser in den dänischen Häfen sauber genug geworden ist, um darin zu schwimmen. So müssen dafür keine speziellen Becken gebaut oder Wasserfilter installiert werden. Die Aktivität findet direkt im Hafenwasser statt.

Die Hafenbäder ziehen eine große Anzahl von Benutzern an. Die Benutzer der Hafenbäder kommen aus den lokalen Nachbarschaften, aber auch aus anderen Vierteln der Städte – und sind sehr oft auch Touristen und andere Besucher. Durch die Schaffung einer engen Verbindung zwischen den Hafenbädern und der näheren Umgebung ist es möglich, eine völlig neue Erfahrung und Wahrnehmung von dem zu erreichen, was einmal verfallene Industriegebiete waren, an denen niemand Interesse hatte. Hafenbäder als erfolgreiche Triebkräfte für Veränderungen in der Stadt sind nicht auf Großstädte beschränkt. Sie sind gleichermaßen erfolgreich in Kopenhagen wie auch in Städten mit 20.000 oder 2.000 Einwohnern. Es ist wichtig, Hafenbäder als Wassersportanlagen für viele verschiedene Wassersportarten das ganze Jahr über zu konzipieren. Wie eine Sporthalle auf dem Wasser.

 

Ein freies und verspieltes Thema

Diese Beispiele für Standorte und das Design neuer Räume für Aktivitäten in städtischen Umgebungen haben alle eines gemeinsam: Sie wurden nicht für die traditionelle Art und Weise, Sport zu treiben, konzipiert, wie es bei Fußballplätzen, Sporthallen oder Schwimmbädern der Fall ist. Sie haben allesamt ein freies und spielerisches Thema. Sie sind Orte, zu denen man jederzeit gehen kann, um aktiv zu sein ohne dafür zu bezahlen. Sie sind öffentliche Investitionen wie traditionelle Stadtparks. Sie sind auch Orte, die jedermann aufsuchen kann, um einfach da zu sein und zu schauen, was los ist. Sie sind Beispiele dafür, wie die Kommunen Sport und Bewegung in Stadtplanung, Modernisierung und Transformation integrieren können – in einer Form von Lösungen, die verschiedene Möglichkeiten bieten, aktiv zu sein. Dafür braucht es mutige Kommunen und talentierte Architekten. Wie die obigen Beispiele zeigen, lohnt es sich, die Schaffung solcher urbanen Räume für Sport und Bewegung in Betracht zu ziehen, wenn Sie an deren Möglichkeiten der erfolgreichen Transformation des täglichen Lebens in städtischen Gebieten denken.

Die Dänische Stiftung für Kultur und Sporteinrichtungen ist seit 1994 an der Modernisierung der Denkweise über Sportanlagen und an deren Design beteiligt. Die Anlagen gehen mit hohen architektonischen und funktionalen Anforderungen einher, die die Entwicklung inspirieren und mehr, bessere und neue Möglichkeiten schaffen, aktiv zu sein. Die Beispiele in diesem Artikel sind alle mit Ideen von und Finanzierung durch die Dänische Stiftung für Kultur- und Sporteinrichtungen entstanden.

 

 

Foto: Peter Sörensen, By & Havn

Mehr zum Thema Planen, Gestalten, Bauen

image

Planen, Gestalten, Bauen

Gemeinsam planen für eine gesunde Stadt

Gesunde, gerechte, resiliente und damit lebenswerte Kommunen zeichnen sich dadurch aus, dass gesundheitliche Belange wie Ruhe, Erholung, Wohlergehen, Bewegung, Stressbewältigung und Entspannung in der Stadtplanung...

image

Planen, Gestalten, Bauen

„Grünes Band“ Oststadt Hildesheim

Die Stadt Hildesheim hat seit vielen Jahren über die Städtebauförderung Zuschüsse des Bundes und des Landes eingeworben. Sie leistet damit einen erheblichen Beitrag zur...

image

Planen, Gestalten, Bauen

Neue Formen der Raumaneignung von unten – Die Bedeutung informeller Ansätze für die Sport- und Stadtentwicklung

In der vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) durchgeführten Modellvorhabenforschung des experimentellen Wohnungs- und Städtebaus (ExWoSt) konnten viele...

image

Planen, Gestalten, Bauen

St. Maria als… Freiraum in der Stadt

„Wir haben eine Kirche – haben Sie eine Idee?” Mit dieser Frage startete im Mai 2017 ein offener Beteiligungsprozess in der katholischen Kirche St. Maria in Stuttgart. Besucher*innen, Bürger*innen und Kirchengemeinde wurden...

image

Planen, Gestalten, Bauen

Die „durchwachsene Stadt“: klimafreundliches Leitbild für Städtebau und Architektur

Klimagerechter Städtebau und klimaschutzorientierte Gebäudeplanung können Sauerstoff produzieren und die Luftqualität auf verschiedenen Ebenen verbessern. Die Energieeinsparungen von Gebäuden sind...