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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.06.2018 - Ausgabe: 3/2018

Indoor ist das neue Tennis

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Die Tennishalle, die „Mama“ Koch in den 1990-er Jahren von ihrem zu früh verstorbenen Vater übernommen hat, war das Herzstück der Familie. „Noch vor ein paar Jahren hätte ich niemals einen Spielplatz aus unserer Tennishalle gemacht“ sagt Barbara Schumann lächelnd. Die drei Kinder von Christa „Mama“ Koch, Sandra Schott, Barbara Schumann und Thomas Koch, sind aber mittlerweile selber Eltern und machen immer mehr die Erfahrung, wie wichtig der Wert des Spiels für Kinder ist. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Medien und virtuellen Welten aus den Kinderzimmern nicht mehr wegzudenken sind. Bei gutem Wetter schickt man sie raus zum Spielen - aber was macht man bei schlechtem Wetter?

Sandra Schott hatte schon sehr früh die Idee, die Tennishalle in einen Indoorspielplatz zu verwandeln. Die Geschwister brauchten ein wenig länger, um sich mit der Idee anzufreunden. Aber so eine Tennishalle mit Öffnungszeiten montags – sonntags von 9- 23 Uhr fordert den vollen Einsatz, Mama Koch sagt schon seit ein paar Jahren, dass sie langsam aufhören will und den Geschwistern ist klar: in diesem Umfang vor Ort zu sein, das können sie nicht leisten. Und so kommt eins zum anderen: Pragmatismus zu Idealismus und letztlich Bad Abbach zu einem Indoorspielplatz.

Die drei Geschwister beginnen mit den ersten Recherchen, machen sich im Internet auf die Suche nach Spielplätzen, die sie ansprechen, auf denen gutes Spiel entstehen kann. Individuell sollen sie sein und keine Reproduktion aus Plastik. Die Suche beschränken sie zunächst nicht auf Deutschland, sie suchen weltweit – und sind erfreut, als sie fündig werden: die Spielplätze von KuKuk sind nicht nur ganz nach ihrem Geschmack, sondern auch noch quasi nebenan und nicht in Skandinavien, Japan oder anderswo.

Anfang 2016 starten sie mit der Konzeptfindung. Nach und nach entsteht das Bild. Die Grundidee ist es, die Natur nach innen zu holen. Vorbild hierfür sind die bayerischen Wälder und Berge. Aber Natur lässt sich nur schwer „nachmachen“ und so ist klar, es wird bewusst eine artifizielle Welt, die aber mit weitgehend natürlichen Materialien gestaltet werden soll.

In solch einer Umgebung ist natürlich auch ein Tier heimisch. Wer in Bayern aufwächst, wächst mit der Legende um den „Wolpertinger“ (gesprochen „Woibbadinga“) auf: Ein Tier, das wie ein Hase mit Hörnern aussehen soll – so genau weiß man es nicht, denn zu sehen bekommt man es nur ganz selten. Und dann meist nicht lebendig, sondern bereits an der Wand eines Jägers. Dieses Fabelwesen begleitet auch die Koch- Geschwister durch die Kindheit: Auf den Wanderungen mit den Eltern, sorgte die Suche nach dem „Woibbadinga“ stets für Abwechslung und Spannung. So wird das Tierchen zum Maskottchen.

Passend zu heimatlich inspirierter Natur und Maskottchen wird auch der Name ausgewählt: „Ghupft wia Gsprunga“ betont einerseits die Bedeutung der Motorik im kindlichen Spiel und andererseits bringt es zum Ausdruck, dass es eine Welt ist, in der jeder Spaß haben kann. Egal ob groß oder klein,

alt oder jung, Kind oder Erwachsener... Die Kinder sollen spielen und neue Erfahrungen machen dürfen, während die Eltern sich zurückziehen und in Ruhe Kaffee trinken können. So wird auch das bestehende Restaurant den Bedürfnissen von Eltern und Kindern entsprechend umgebaut und in das Gesamtkonzept integriert.

Mit dieser Konzeptidee klopfen die drei im Herbst 2017 bei den Planern der KuKuk freiflug GmbH an und treffen auf offene Ohren und sprudelnde Ideen.

Nach einem umfassenden Erstgespräch machen die KuKuks sich an die Planung.

Zu den zwei „Haupt- Landschaften“ Berge und Wälder kommen die Gestaltungselemente Wasser und Wasserlauf, sowie Höhlen dazu.

Die Empfangssituation wird ein artifizieller Wald - „Wolpertingers Wald“ - mit aufstrebenden filigranen Stützen aus gewachsenem Rundholz ohne Rinde. Sie tragen formreduzierte Baumhäuser. Klettern, Höhenerlebnis, Ausblick kann hier erlebt werden. Die Baumhäuschen sind mit Spiel- und Sinneswert, wie Fadenraum, Kaleidoskopen und Fernrohren, Rohrtelefonen u.a., ausgestattet.

Hinter dem Wald werden zwei große Berge in die Halle wachsen, einer davon reicht bis an die Hallendecke. Durch verschiedene Aufstiegsmöglichkeiten wie angeschraubte Hölzer oder Kletterstrukturen sind sie von außen bekletterbar. Über eine Familienrutsche oder auch durch rutschen und schlingern gelangt man wieder nach unten. Der große Berg, der „Goldtalstollen“, ist durch eine Schlucht geteilt. Aus ihr entspringt ein artifizieller Wasserlauf, der in einen „Wildwassersee“ mündet. Der See ist kein wirklicher See – das Wasser darin ist ein Bällebad aus durchsichtigen Bällen, die sich, wenn es dunkel wird, in ein faszinierendes Licht- und Farbenmeer verwandeln. Darin kann man sogar in einen Biberbau aus Holz abtauchen. Mit Hilfe einer archimedischen Schraube können die Bälle auf den angrenzenden Berg transportiert werden und auf verschiedenen Murmelbahnwegen wieder ins Bällebad gelangen.

Spannend wird es im Inneren des „Goldtalstollens“. Der Raum teilt sich in zwei Ebenen. Die obere Ebene ist ein Netzgeflecht, das Abstiege und Durchsicht in den unteren Raum, den „Bauraum“ generiert. Aus Baukissen in Dreiecks- und Pyramidenform, die mit Magnetbändern verbunden werden können, kann hier nach Kinderherzenslust gebaut werden. Ein weiterer Raum lädt ein, zur Ruhe zu kommen. Auch das ist Betreibern wie Planern wichtig: dass es einen Bereich gibt, in dem man „ausatmen“ kann. Hier hängen mehrere Kokons von der Decke, in die die Kinder sich einkuscheln können. Verstärkt wird die Höhlenstimmung durch LED- Beleuchtung, die unterschiedliche Stimmungen herstellen kann. Im angegliederten Höhlenlabyrinth wird die Beleuchtungsidee aufgegriffen: In engen Gängen werden durch Licht- und Spiegeleffekte spannende Situationen geschaffen.

Der zweite, kleinere Berg hat auch wieder ein reiches Innenleben: das „Wurzelfeuer“. Der Innenraum teilt sich auch hier in zwei Ebenen. In einem Dunkellabyrinth wachsen fluoreszierende Wurzeln oder Fäden aus Wänden, Decke und Boden, die mit Schwarzlicht beleuchtet zum Leuchten gebracht werden. Das Sinneserleben durch Bewegung und Klettern im Dunkeln schult die Orientierung und bietet Möglichkeiten zum Klettern, zum Verstecken und Finden.

An den „Wildwassersee“ schließt der Kleinkindbereich an. Ein kleinkindgerechter Berg mit Rutsche, eine Kletterstruktur, Spielkissen in Steinoptik aus Wolle oder Neopren und eine Hausformation sind umrandet von hölzernen Strukturen, die die Kleinen ein wenig abschirmen von der großen Halle. Weiteres Highlight ist ein „Lavasee“ aus Faszinationsmatten.

Damit aber noch nicht genug. In der Halle kann auf Rollern, kleinen Elektroautos und Bobbycars auf abgegrenzten Flächen nach Herzenslust gefahren werden. Die Strecke geht über „Stock und Stein“ und auch durch Tunnel in einem der Berge.

In einem anderen Bereich werden Hüpfmöglichkeiten geschaffen auf Trampolinen und Luftkissen.

Das Gesamtkonzept zum „Ghupft wia Gsprunga“ ist durch eine enge Zusammenarbeit der Geschwister Schott, Schumann und Koch mit der Ideenschmiede von KuKuk freiflug stetig gewachsen und schließlich rund geworden. Seit kurzem ist die Internetseite hierfür geschaltet (www.ghupft-wia-gsprunga.de)

Die Tennishalle ist mittlerweile schon schwer im Umbau. Was nicht für den neuen Indoorspielplatz gebraucht wird, ist rausgeflogen, die Wände sind weiß gestrichen – alles läuft auf Hochtouren.

Die Eröffnung ist für Herbst 2018 geplant. Wenn es draußen ungemütlich wird…

Es ist ein mutiger neuer Weg, den die drei Geschwister hier gehen. Sie sind in Bad Abbach verwurzelt und wollen für ihren Heimatort einen Anziehungspunkt gestalten. Nicht nur für die Touristen, die sie natürlich auch anlocken wollen, sondern vor allem auch für die ortsansässigen Familien. Mit zusätzlichen Projekten wie Bastelnachmittagen, Theaterworkshops und Ähnlichem, wollen sie mit dem „Ghupft wia Gsprunga“ einen Ort schaffen, an dem die ganze Familie sich gern aufhält. Einen Treffpunkt für die Eltern, die in Ruhe ihren Kaffee trinken können, während die Kinder sich austoben und ihrem Spieltrieb Raum geben können.

 

 

Text: Heike Denkinger (KuKuk freiflug GmbH)

Fotos: KuKuk freiflug GmbH

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