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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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14.04.2023 - Ausgabe: 2/2023

Ein spannender Archivfund: Der generationsübergreifende Grünzug Hölkeskampring in Herne

Von Alice Obentheuer (Munder und Erzepky Landschaftsarchitekten bdla)
Photo
© Munder und Erzepky Landschaftsarchitekten bdla

Mit der Umgestaltung des Grünzugs am Hölkeskampring in Herne, die bereits 2015 fertiggestellt wurde, ist in der größten innenstadtnahen Grünfläche Hernes ein lebendiger Park für Alle entstanden. Die ein Kilometer lange Grünanlage zeichnet sich durch ein besonderes, generationsübergreifendes Konzept aus und ist 2015 mit dem Deutschen Spielraumpreis ausgezeichnet worden. 

Der Park am Hölkeskampring in Herne, einer Stadt mit ca. 161.000 Einwohnern in Nordrhein-Westfalen, entstand in den 1960er Jahren und ist seitdem nicht wesentlich überarbeitet worden. Er hat eine durchschnittliche Breite von 40 Metern und eine Länge von ca. 1.000 Metern. Spielangebote waren kaum noch vorhanden und bzw. veraltet. Bei der Umgestaltung stand besonders im Fokus, die Defizite bei Spielflächen und bei Bewegungsangeboten, insbesondere für ältere Menschen, zu verringern und die Grünanlage für die angrenzenden Quartiere fußläufig und barrierefrei erreichbar umzubauen. Daneben war es wichtig, durch entsprechende Angebote an Möblierungen und attraktiven Staudenpflanzungen die Aufenthaltsqualität deutlich zu steigern. 

Anliegen der Stadt Herne war es, den Grünzug in allen seinen Teilbereichen interessanter zu gestalten. Hierbei sollten, soweit möglich, die einzelnen Funktionsbereiche in Blickbeziehung zu den benachbarten Bereichen stehen. Unterstützend wurden neue Wegeverbindungen erstellt, um die Anbindungen nach außen und zwischen den Funktionsbereichen zu verbessern. Durch die gezielte Entnahme von sehr dicht stehenden und teils auch problematischen Bäumen wurde der Park heller, freundlicher und einsehbarer – wodurch die angestrebte Erhöhung der Nutzungsintensität erreicht werden konnte. Alle durchgeführten Umgestaltungen basieren auf Partizipationsverfahren. Neben der klassischen Bürgerbeteiligung gab es gesondert Beteiligungen von Kindern und Jugendlichen, die unter der Moderation der städtischen Kinderbeauftragten erfolgten.

 

Vielseitige Nutzergruppen und spezielle Angebote

Durch die Schaffung von Spielangeboten, wie einem Kleinkindbereich und einen Bereich für ältere Kinder, sollte der Park insbesondere für Familien attraktiver werden. Neben dieser Nutzergruppe befanden sich im Blick der Planung Kindertagesstätten, Schulen, Seniorenheime und ein Krankenhaus – Institutionen, die alle im Einzugsgebiet des Grünzuges liegen. Ein wichtiger Aspekt war es, für die Gruppe der Senioren Bewegungsangebote zu installieren. Es wurden spezielle Geräte aufgestellt, die durch ihre Beschaffenheit nur eine geringe Hemmschwelle für die Nutzung haben und ein einfaches Training für Beweglichkeitsübungen (Arme, Beine, Rumpf) ermöglichen. Unterstützend wurden diese Geräte im Bereich einer großen, attraktiven Staudenpflanzung mit zahlreichen Sitzmöglichkeiten aufgestellt, damit sich Nutzende von der Bewegung ausruhen können und Kommunikationsräume geschaffen werden. Durch den angrenzenden Spielbereich für kleinere Kinder besteht somit auch ein Angebot für Senioren mit ihren Enkelkindern. Für Jugendliche entstand eine „Parkour“-Anlage, in der Region ein Alleinstellungsmerkmal des Grünzugs. Eine Rundlaufstrecke mit Übungsgeräten spricht Sportler verschiedener Art an. 

 

Barrierefreiheit

Alle Zugänge in den Grünzug wurden mit Gehwegen mit taktilen Leitsystemen ausgestattet. Dies gilt auch für angrenzende Straßenquerungen bzw. Kreuzungen – mit und ohne Lichtsignalanlagen. Somit ist die Nutzbarkeit des Parks in seiner vollen Ausdehnung für Menschen mit Sehbehinderungen gegeben. Im Grünzug selbst besteht dieses Leitsystem aus einer erhöhten Wegkante, an Bankplätzen und Wegequerungen sorgen weiße Rillenplatten für eine sichere Führung. Ganz bewusst wurde dieser Weg parallel zum dem vorhandenen, gepflasterten Weg angelegt. Der Pflasterweg dient als Fuß- und Radweg, der besonders morgens und nachmittags durch Schüler stark frequentiert wird.

Alle Wege weisen nur ein geringes Gefälle auf, sodass der gesamte Park auch für ältere Menschen mit Gehwagen oder für Rollstuhlfahrer zugänglich ist.

 

Auswahl und Beteiligung

An der Geräteauswahl für den Kleinkindspielplatz wurden Kinder einer Tagesstätte beteiligt, die dominierenden Materialien sind Holz und Stahl, Sand dient als Fallschutz.

Beim Spielbereich für die Größeren (Spieltal) entschieden sich Kinder einer benachbarten Schule für das Thema „Piratenspielplatz“. Hier entstanden unter anderem aus lasiertem Holz und aus Stahl zwei Hütten, ein Schiff, Klettermöglichkeiten und eine Seilbahn. Als Fallschutz dient hier ein auffallender Gummibelag in verschiedenen Blautönen (EPDM).

 Die von Jugendlichen gewünschte „Parkour“-Fläche entstand aus Beton- und Stahlelementen, die durch Findlinge, Holzstämme und Bodenmodellierungen ergänzt wurden. Der Untergrund besteht, je nach Anforderung, aus Gummi, Betonpflaster oder Rasen.

 Für Senioren ist ein Angebot aus speziellen Bewegungs- und Mobilitätsgeräten aus Edelstahl entstanden, die gezielt die Altersgruppe 70+ ansprechen und die Beweglichkeit von Armen, Beinen und Rumpf an insgesamt sechs Stationen fördern.

 

Raumbildung und Umgebung

Innerhalb des Grünzugs fädeln sich die Nutzungsangebote wie an einer Perlenkette auf. Soweit möglich, bestehen zwischen allen Funktionsbereichen Blickbeziehungen. Ein sich gegenseitig störendes Nebeneinander wurde jedoch vermieden und ruhige und aktive Zonen voneinander getrennt. Großes Gewicht in der Planung lag auf dem ausgewogenen Miteinander aller Nutzer – vom Hundebesitzer über Jogger, Kleinkinder, Jugendliche, Familien bis zu betagten Menschen.

Gestalterische Raumbildungen erfolgten beim Kleinkindspielplatz durch eine umlaufende Hecke und im Bereich des Piratenspielplatzes durch spezielle Bodenmodellierungen. In den übrigen Bereichen des Grünzugs war es allen an der Planung Beteiligten wichtig, durch eine offene Gestaltung die soziale Kontrolle zu erhalten. 

Ziel war es von Anfang an, die Zugänglichkeit und die Einbindung in die Umgebung zu verbessern. Vor Planungsbeginn erfolgte eine städtebauliche Betrachtung auch in Hinblick auf die infrastrukturelle Anbindung – insbesondere Wegebeziehungen, Radwege und ÖPNV wurden berücksichtigt. Die Parkeingänge wurden durch Entnahme von Strauchgruppen und einzelner Bäume geöffnet. Alle Zugänge sind barrierefrei umgestaltet worden. 

 

Planungsablauf

Die Stadt Herne führte vor Beauftragung ein Auswahlverfahren mit fünf Planungsbüros durch. Die Munder und Erzepky Landschaftsarchitekten als beauftragtes Landschaftsarchitekturbüro wurden auch an dem Partizipationsverfahren beteiligt. Von September 2013 bis zum Juni 2015 waren wir vom Vorentwurf bis zur Fertigstellung an allen Phasen des Bauvorhabens beteiligt. In die Vorentwurfsplanung flossen auch die Ergebnisse der Bürger- und Kinderbeteiligung mit ein. Der Entwurf wurde im Planungsausschuss und im Jugendausschuss vorgestellt und abschließend in der Bezirksvertretung zur Umsetzung freigegeben.

 

Fazit

Besonders positiv zu bewerten ist das vielfältige Angebot von barrierefreien Spielräumen und Spielgeräten innerhalb der auf rund 1.000 Metern neu formatierten Grünanlage. Die aufgezeigten Blickbeziehungen aus dem Grünraum auf den, vor allem nördlich befindlichen, städtischen Raum zeigen die Nähe zu möglichen Nutzergruppen. Diese Form einer „Spielschlange“ ist ein nicht alltäglicher Lösungsansatz, wobei damit gerechnet werden muss, dass einzelne Nutzer den langen Raum eher punktuell bespielen werden. Charakteristisch herausgearbeitet werden konnte, dass ganz unterschiedliche Angebote für verschiedene Nutzergruppen geschaffen werden konnten. Neben klassischen Kleinkindspielplätzen findet man ganz einfache Balken zum Balancieren, recht anspruchsvolle individuelle Betonelemente zum Turnen oder Springen (Parkour), für Senioren gedachte Geräte und typische Spiellandschaften. Für jeden ist in der durchaus anspruchsvollen Bewegungslandschaft etwas dabei. 

Mit der Umgestaltung des Grünzugs am Hölkeskampring ist in der größten innenstadtnahen Grünfläche Hernes ein lebendiger Park für Alle entstanden.

Die starke Frequentierung seit der Eröffnung im Sommer 2015 und die positive Resonanz aus verschiedenen Nutzergruppen bestätigt, dass dieses Ziel erreicht wurde. 

Das Projekt „Grünzug Hölkeskampring in Herne“ wurde von der Fachjury des Deutschen Spielraum-Preises 2015 mit dem Jahresthema „Barrierefreie Spiel- und Bewegungsräume“ mit einem Hauptpreis im 2. Rang ausgezeichnet.

 

 

Weitere Informationen:

Fläche:                                      ca. 37.700 m²

Gesamtbaukosten brutto:            ca. 900.000 EUR

 

Munder und Erzepky Landschaftsarchitekten bdla

Leverkusenstraße 18 22761 Hamburg Tel: +49 (40) 85150893

www.munder-erzepky.de

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