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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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16.08.2018 - Ausgabe: 4/2018

Feuerwehrspielplatz bietet Klettererlebnis für verschiedene Altersgruppen

Von Iris Dupper (Latz + Partner LandschaftsArchitektur Stadtplanung)

Photo

Der Heidelberger Kinderspielplatz „Feuerwehr“ stellt im neuen Stadtteil Bahnstadt, der auf ehemaligen Bahnkonversionsflächen entstanden ist, einen Teil des öffentlichen Grünzugs der Promenade dar. Die 1,5 km lange Promenade ist von einem linearen Ordnungsprinzip gekennzeichnet, was Bezug zur ehemaligen Nutzung des Güter- und Rangierbahnhofs nimmt und diese nachempfinden lässt. Der Spielplatz „Feuerwehr“  ist einer von drei Motto-Spielplätzen – neben den Themen „Eisenbahn“ und „Bauernhof“ –, die entlang der Promenade errichtet wurden. Er wurde im April 2014 in Betrieb genommen und liegt in optischer und räumlicher Nähe zur neuen Heidelberger Feuerwache, die 2007 fertig gestellt wurde. Kinder und Jugendliche von 2 bis 14 Jahren können vom Spielplatz aus die ein- und ausfahrenden Feuerwehrzüge beobachten. Aufgrund dieses unmittelbaren räumlichen Bezuges greift dieser Spielplatz das Thema „Feuerwehr“ auf und kombiniert es mit einem linearen Raumprogramm in Form eines Bewegungsparcours mit unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen für die Motorik. Der Feuerwehrlöschzug bietet Räume und Herausforderungen zum kreativen Spielen für alle Altersstufen.

Die Kosten betrugen circa 270.000 Euro.

 

Kriterien der Materialbeschaffenheit

Die Kubatur eines rot bemalten Löschzuges mit Blaulichtern, Leiter, Glocke und überdimensional großer Notfallnummer 112, wird durch Sichtbeton-Mauerscheiben in räumlich abgesetzten Sequenzen stilisiert. Unter Zum Thema „Feuerwehr“  wird innerhalb dieses statischen Grundgerüsts Bewegung stimuliert. Entlang eines Kletterparcours mit mehreren Hoch- und Tiefpunkten können Kinder und Jugendliche spielerisch Ihre feinmotorischen Fähigkeiten zum Einsatz bringen. Im Inneren der Sequenzen finden sich entlang des Kletterparcours Holzeinbauten in Form von Podesten, Plattformen und Leitern, ergänzt durch Seile, Netze und Klettergriffe aus Kunststoff, sowie Anbauten aus Edelstahl in Form von Sprossen, Stangen, Röhren und Rutschen. Diese Stellen Bezüge zu Tätigkeiten des realen Berufsbilds der Feuerwehrleute dar.

Bei der Materialwahl wurde Wert auf Robustheit gelegt, gleichzeitig sollte durch das Material Holz eine Aufenthaltsqualität geschaffen werden, die zum spielerischen Verweilen und zu Rollenspielen einlädt. Auch außerhalb des Löschzuges finden sich unter Verschattungselementen aus Stahl Sitzflächen mit Holzauflagen für Eltern und begleitende Personen.

 

Beschreibung und Kriterien des Pflanzkonzepts

Die Auswahl der Gehölze und Pflanzungen ordnet sich dem Gesamtvegetationskonzept für die Promenade unter. Im Bereich des Spielplatzes „Feuerwehr“ sieht dieses Kiefern (Pinus sylvestris) und Schirmpinien (Pinus pinea) vor, die mit Hilfe von Erziehungsschnitten zu schirmförmigen Dächern entwickelt werden sollen. Im Osten rahmen Albizzen (Albizia julibrissin) mit ihren feingliedrigen Blättern den Bereich zum Relikt des Bahnhäuschens und nutzen dabei die klimatischen Besonderheiten Heidelbergs aus. Zwei Feigenbäume (Ficus carica) sollen innerhalb des Spielbereichs zu Kletterbäumen heranwachsen. Sie bilden mit Ihren auffällig gelappten Blättern einen Kontrast zu den Nadelgehölzen und entwickeln bei Sonne einen spezifischen Duft. Heckenpflanzen aus Lavendel-Heide (Salix rosmarinifolia) unterstreichen die lineare Struktur des Spielplatzes und gliedern diesen räumlich. Für weitere Raumbildung sorgen lineare Pflanzungen aus Raugras (Achnaterum calamagrostis). Auch bei den Pflanzungen stehen Robustheit und Pflegeaspekte im Vordergrund, wie auch die Verwendung von Gehölzen mit ökologischem Wert für die Fauna, unterschiedlichen Blattfarben und –formen, sowie saisonale Blühaspekte unter Berücksichtigung des spezifischen Mikroklimas.

 

Raumbildungskriterien

Gliederung des Spielraumes – Komponenten der Zonierung – Nischenbildung – Modellierung:

Die den Gleisanlagen nachempfundene lineare Grundstruktur fungiert als räumliche Dominate des gesamten Konzepts Öffentlicher Raum der Bahnstadt Heidelberg (Latz+Partner). Im Bereich des Spielplatzes „Feuerwehr“, der neben dem Fuss- und Radweg der Promenade liegt, artikuliert sich das durch eine um 40 cm abgesenkte,  parallel zur Promenade verlaufende Betonsitzstufe, sowie durch parallel verlaufende Wege, Pflanz- und Spielflächen. Ausstattungselemente, wie die Segmente des Feuerwehrlöschzuges, sowie Holzpodeste unter einem Schattendach in Form einer Stahlpergola fügen sich in diese Ordnung ein und unterstreichen den Genius loci.

Kleinkinder finden in unmittelbarer Nähe zu den Sitzangeboten ein gut einsehbares Sandspielangebot. Der Löschzug bietet neben einem umfangreichen Kletter- und Spielangebot auch viele Nischen und Aufenthaltsräume für Rollenspiele, z.B. im Bereich der Rutschen, der Plattformen und Holzelemente. Die Trennung der Spiel- und Aufenthaltsflächen erfolgt durch Wege, Heckenelemente, sowie verschiedene Holzeinbauten.

Südlich angrenzend zum Spielbereich beginnt eine ökologische Ausgleichszone in Form eines Schotterstreifens mit Sandflächen und Holzschichtungen, der der ökologischen Vernetzung der Fauna und Flora zwischen den Stadtteilen dient. Zu ihr besteht ein Durchlaufschutz aus Stahlstreifen und einem Rundrohrgeländer.

 

Verhältnis Spielraum – Umgebung – Verbindung zum angrenzenden Raum

Der Spielplatz „Feuerwehr“ ist Bestandteil der 1,5 km langen Promenade und Teil der stadtteilübergreifenden Radwegeverbindung. Über die durchlaufende Promenade ist der Spielplatz mit zwei weiteren Spielplätzen verbunden („Eisenbahn“, „Bauernhof“). Unmittelbar an die Promenade grenzen nach Norden Wohnbaufelder (Nachhaltiger Passivhausbau) an. Nach Süden bietet der ökologische Streif- und Vernetzungsraum ein Eldorado zum Beispiel für Eidechsen und verschiedene Insektenarten und bilden räumlich eine unpassierbare Böschung zum 2-3 Meter tiefer verlaufenden Feldweg, der die freie Feldflur erschließt.

 

Quartiersaufbau

Ziel des Aufbaus des neuen Quartiers Bahnstadt Heidelberg war ein flächendeckendes System zur Förderung des sozialen und kulturellen Lebens unter Mitwirkung der Bahnstadtbewohner an uhrer Umwelt. Parallel zum Bau von Straßen, Häusern und Plätzen, sollte auch eine nachhaltige soziale Alltagskultur entstehen können. Die punktuellen Themen-Spielpunkte, davon als erster realisierter, der Kinderspielplatz „Feuerwehr“, leisten im Rahmen dieses Prozesses einen entscheidenden Beitrag. Die Bildung von Nachbarschaften und ein Identitätsgefühl sollten den Bürgern das Einleben und das sich Zurechtfinden in der neuen Umgebung mit wenig gewachsenen Strukturen erleichtern. Spielplätze, wie der Feuerwehrspielplatz, spielen daher für ein lebendiges und gesellschaftliches Miteinander und zur Förderung von Eigeninitiativen in einem sozialen und kulturell aktiven Stadtteil eine wichtige Rolle.

 

Planungsverlauf

Der Entwurf für den Spielplatz „Feuerwehr“ von Latz + Partner basiert auf dem Konzept Öffentlicher Raum (KÖR 2005), was ebenfalls von Latz+Partner erarbeitet wurde. Das KÖR ist Teil der Rahmenplanung, die im Auftrag der Stadt Heidelberg 2005 erstellt wurde. Vorentwurf und Entwurf, sowie weitere Leistungsphasen wurden im Auftrag der Entwicklungsgesellschaft Heidelberg (EGH) in Abstimmung und nach Vorgaben des Landschafts- und Forstamts der Stadt Heidelberg er- und bearbeitet. Die LP4-8 erarbeitete Faktorgrün aus Heidelberg.

Da der Stadtteil ganz neu entstanden ist und zum Zeitpunkt der Planung noch keine Bewohner vor Ort waren, konnte keine Beteiligung von Kindern stattfinden, wohl aber wurden die Kinderbeauftragten der angrenzenden Stadtteile mit einbezogen, die in regem Kontakt zu den Kindern Ihres Stadtteils stehen.

 

Fazit

 „Wir freuen uns sehr über die Auszeichnung des Heidelberger Feuerwehrspielplatzes. Der Spielplatz in der Bahnstadt hat nach seiner Fertigstellung geradezu einen Spielplatz-Tourismus ausgelöst, da er ein Klettererlebnis für verschiedene Altersgruppen bietet. Das Thema Feuerwehr motiviert die Kinder zum kreativen Spielen“, sagte Bürgermeister Wolfgang Erichson zum Ergebnis der Preisverleihung. Der Heidelberger Kinderspielplatz „Feuerwehr“ hatte den 1. Rang beim „Spielraumpreis 2017“ gewonnen. Die Jury des Spielraumpreises bezeichnet den Feuerwehr-Spielplatz als „mutige Materialkombination und kreatives Spielangebot.“ In der Spielplatzbeschreibung der Jury heißt es: „Die Idee und Materialität der Ausstattung orientiert sich an der Realität und der Arbeitswelt der Feuerwehrleute und besteht aus einer gelungenen Kombination von unterschiedlichen Stockwerken, Podesten und Plattformen.“ Nicht nur „die markante rote Außenhülle aus Sichtbeton mit der Aufschrift ‚Feuerwehr‘ und der Notrufnummer“ machen laut Jury die Besonderheit des Spielplatzes aus, sondern auch, dass er sich in „unmittelbarer Nähe zu einer Feuerwache befindet und gestalterisch in einen Grünzug eingebunden ist“, heißt es weiter in der Beschreibung.

Der Spielplatz „Feuerwehr“ umfasst eine Fläche von 735 qm. Die Herstellungskosten betragen 270.000 Euro, was einem Quadratmeterpreis von 367,35 Euro entspricht. Im Vergleich dazu umfasst die Baumaßnahme ‚Öffentlicher Freiraum Bahnstadt Heidelberg 1.BA Promenade‘ eine Gesamtfläche von 19.149 qm.

 

 

Foto: © Latz+Partner

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