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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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18.04.2019 - Ausgabe: 2/2019

Spielplatz Steinstraße: ein kleiner Grünbereich mit großer Wirkung

Dirk Schelhorn (Schelhorn Landschaftsarchitektur)

Photo

Groß Gerau mit ca. 25.000 Einwohnern liegt im Süden von Frankfurt. Eine Stadt mit vielen Kindern und Jugendlichen, die im Rahmen der Stadtentwicklung eine Rolle spielen.

Mit dem Ziel, eine Stadt auch zugunsten von Kindern zu entwickeln, wurde für den Kernbereich ein Spielflächenentwicklungsplan gemeinsam mit den Kindern entwickelt. Das Konzept für den Innenstadtbereich hat neben dem Marktplatz als Spielbereich, den Spielplatz Steinstraße als den wichtigsten Intensivspielort für Kinder in der Innenstadt identifiziert. Insofern war es wichtig, dass sich die Spiel- und Bewegungsangebote einander ergänzen.

In naher Zukunft werden diese Spielbereiche durch ein grünes Bewegungsband, ein generationsübergreifender Spielweg, miteinander verbunden (siehe Übersichtsplan).

Im Rahmen von Streifzügen und Planungswerkstädten haben Kinder erste, flächenübergreifende Ideen weiter entwickelt und Kinder haben auch für diesen Spielbereich die Ziele sehr konkret definiert.

Da der Spielbereich in einem intensiven Wegenetz integriert ist, war es wichtig, Aktivitäten für einen längeren Aufenthalt zu entwickeln, wie auch wegebezogenes Kurzzeitspielen anzubieten.

Neben den Bedürfnissen

  • Klettern in Varianten und mit spannendem Charakter
  • Aufenthaltsplätze für Kinder und vorübergehende Erwachsene
  • Wege zum Spielen und Klettern
  • Kletterturm mit Rutsche
  • Kleine Kletterwege ´überall durch´
  • Trampolinarena und Familienschaukel
  • Eine grüne Umgebung

sollte auch ein sogenannter experimenteller Spielfluss für Kinder zwischen
6 und 10 Jahren möglich sein.

Kinder haben das hochkompetent erläutert. Nicht das punktuelle Abspielen eines Gerätes ist spannend und fördert die Kinder allein, sondern das Hindurchspielen durch den Raum mit wechselnden Schwierigkeitsgraden und Bewegungswegen, die von Kindern entdeckt werden können. Ein experimentelles Auf und Ab, die Anpassung von Spielgeschwindigkeiten an die jeweilige Situation erzeugt eine gewisse Spannung und Aufforderungscharakter.

So entstand das Leitthema Bewegend auf dem Weg sein. Nicht Hinlaufen zum Spielgerät, sondern spielend sich die Wege erobern, spielerisch auf dem Weg sein.

Es war auch bedeutend, die Grundstruktur des Platzes aufzugreifen, den räumlichen Bestand zu berücksichtigen.

Eine langgezogener, schmaler Raumcharakter mit einem Fußweg gesäumt, der sich weiter durch die Stadt zieht. Seitliche Heckenstrukturen rahmen den Platz.

Die intensiv bespielbare Breite der Hauptfläche beträgt nur ca. 6 – 8 Meter bei einer Länge von ca. 30 Meter.

Das verlangte Raumlösungen und Gewinn benachbarter Grünflächen für Schwerpunktbewegungsspiele.

Dank des Spielflächenentwicklungsplanes, der Beteiligung der Kinder und der damit verbundenen, verbindlichen politischen Beschlüsse, konnten die Vorschläge des Planungsbüros umgesetzt werden, eine eigene Trampolinarena und einen zusätzlichen Schaukelgarten auf direkt benachbarten, angrenzenden Flächen zusätzlich zu integrieren.

Der von den Kindern gewünschte grüne, landschaftliche Bezug zeugt von einer gewissen Sehnsucht nach natürlicher Umgebung in der Stadt. Deshalb galt es, rahmende Bäume direkt in die Spielabläufe zu integrieren und die Zugangsbereiche unter Bäumen bewegend zu erschließen. Damit verbunden ist auch das Angebot, nach der Umgestaltung leichter auf Bäume klettern zu können. Was für ein Gewinn! Sicherheitstechnisch wurde das durch eine Risikoabwägung in Anlehnung an die
DIN EN 1176 möglich.

Die neuen Elemente des Spielbereiches sind nicht einfach aneinander gereiht; sie fließen ineinander über und sind konkret verbunden.

Die Kinder müssen klettern, balancieren, geringe und größere Höhen erklimmen und überwinden, damit es irgendwie weiter geht.

Die zentrale Bewegungsachse beginnt am östlichen Eingang. Der Einstieg über Steine, Balken und eine kleine Gummibrücke verleitet einerseits zum Verweilen, andererseits ist es möglich, in den Spielbereich hinein zu balancieren.

Die Steine haben teilweise eine Höhe von über 100 cm, so dass auch ein Sprung in die Tiefe oder in die Höhe möglich ist.

Die wackelnde trampolinähnliche Membran erfordert eine besondere Form der Geschicklichkeit, da diese auf Gewicht und Geschwindigkeit des spielenden Kindes direkt reagiert. Zusätzlich ist sie bei feuchtem Wetter rutschig, was gezielt erwünscht ist, um die Kinder zur besonderen Aufmerksamkeit anzuregen.

Die unterschiedlich schräg verlaufenden Holzbalken führen als Teil des Spielpfades zum Spielturm.

Die wilden Steine sind gezielt auch als Sitz- und Verweilecke orientiert. Innerhalb der kleinen Strecke wechseln sich starre und bewegliche Elemente ab. Die Membran und horizontalen Balken sind U-förmig angelegt; auf Wunsch eines Kindergartens kann diese kleine Innenarena multifunktional benutzt werden.

Angekommen am Turm, einem der wesentlichen Elemente aus der Planungswerkstatt, ist Verweilen auf der untersten Etage aus Holz möglich.

Der zentrale Hochpunkt war ein Lieblingswunsch der Kinder. Diese müssen anspruchsvoll im Innern mit wenigen schräg gespannten Seilen Höhe gewinnen. Gleichzeitig sind die Seile auch ein schwingender Verweilort.

Der weitere Spielweg hinauf kann unterschiedlich gewählt werden: über eine Netzleiter oder Stangenrutsche. Die Rutsche ergänzt das variable Spiel- und Bewegungspotential.

Im Standgenmikado sind vielseitig Spiel- und Bewegungsformen möglich. Das Stangengestrüpp ist mit Händen und Füßen, unter Einsatz des ganzen Menschen vielseitig und vielfach unterschiedlich bekletterbar. Die differenzierten schrägen Balken und Rundhölzer sind in der Oberfläche variabel gestaltet, so dass jeder Schritt und Handgriff eine neue Situation ergibt.

Im bewegenden Spielen erobern die Kinder den weiteren Weg.

Liegt der Schwerpunkt beim Stangengestrüpp auf der Durchdringung des Raumes nach allen Seiten, ist die Herausforderung im Stangenwald das Hoch und Runter und trotzdem vorwärts kommen. Bouldern als Wegstrecke und nicht nur als Wand.

Hier ist dreidimensionales Klettern möglich.

Die anschließende Trampolinarena ist Verweilort, Zirkusplatz, Spielort und wichtiger Bewegungspunkt in der Stadt.

Gezielt ergänzen sich die Trampoline zu einem sogenannten vierblättrigem Kleeblatt.

Es sind in dieser Kombination einfach mehr Kunststücke möglich, mehr akrobatisches Miteinander.

Das Thema ´auf dem Weg sein´ wird schlussendlich im Eingangsbereich des direkt benachbarten Kindergartens durch den Familienschaukelgarten ergänzt.

 

Zusammenfassung

Der neue Spielbereich ist individuell an den Bedürfnissen der Kinder orientiert.

Eine klare Grundgestaltung und die Materialverwendung geben dem Spielbereich einerseits eine neue, eroberbare Bedeutung im städtebaulichen Gefüge.

Die Gestaltung „verleitet“, animiert die Kinder sich ganz, mit allen Sinnen und Kräften, auf den Ort einzulassen.

Kinder können und müssen sich ganz auf die unterschiedlichen Spielanimationen einlassen.

Mit hohem Aufforderungscharakter erleben die Kinder in den einzelnen Abschnitten unterschiedliche Schwerpunkte, die im Ganzen wie im Detail so entwickelt sind, dass kein Schritt, kein Handgriff dem nächsten gleich. Kinderleben eben!

Durch die Integration der Bestandsgehölze und Ergänzung von rahmenden Landschaftsschutzpflanzen entsteht der von Kindern gewünschte wunderbare landschaftliche Eindruck.

Foto: Schelhorn Landschaftsarchitektur

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