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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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18.04.2019 - Ausgabe: 2/2019

Revitalisierung des Spielplatz Pepermölenbek

Sharon Naumann (Kolja Naumann Sharon Naumann Landschaftsarchitektur GbR)

Photo

Identitätsstiftendes Merkmal „Spielplatz“

Der Hamburger Senat hebt die attraktiven Spielplätze in den Stadtteilen besonders hervor: Die Stadtteilspielplätze sind für viele Jahre wichtige Orte im Alltag der Kinder und auch der Erwachsenen, die sie begleiten. Hier werden erste Freundschaften in der Nachbarschaft geschlossen und nach der Schule oder dem Kindergarten gemeinsame Abenteuer bestanden.

Mit Sand und Wasser spielen, klettern, rutschen, schaukeln, verstecken oder Seilbahn fahren – die vielseitigen und gut ausgestatteten Stadtteilspielplätze verfügen über viele Angebote zum Spielen und Toben. Gerade für Kinder, die in der Stadt aufwachsen, stellen die Spielplätze im eigenen Stadtteil oft den „grünen Treffpunkt“ der Nachbarschaft dar, an dem sich Jung und Alt begegnen. Der Stadtteilspielplatz kann auch das Ziel von einem Kindergeburtstag, Kindergartenausflug oder Klassenfest sein. Und wenn mehr Abwechslung gewünscht wird, besteht immer die Möglichkeit, einmal einen der Spielplätze in den angrenzenden Stadtteilen zu Fuß oder per Rad zu besuchen und so den Streifraum der Kinder zu vergrößern.

St. Pauli veränderte sich im Zuge erheblicher Modernisierungsschübe, die nicht nur einen soziodemographischen und ökonomischen Wandel bedeuteten, sondern vor allem auch einschneidende städtebauliche Veränderungen zur Folge hatten.

Der Spielplatz Pepermölenbek, mit einer Größe von rd. 2000 m² (zuzüglich Tiefbauflächen, rd. 200m²), befindet sich in zentraler Lage in einem Wohngebiet im Stadtteil St. Pauli, südlich der Reeperbahn und nördlich des Fischmarkts. Die Straße Pepermölenbek ist eine stark frequentierte Wegeachse zwischen dem Hamburger Hafen und dem Stadtteil St. Pauli. Sie weist ein hohes Verkehrsaufkommen auf.

Für die Bewohnerinnen und Bewohner des Stadtteils stellt die angrenzende Grünfläche einen Transferraum zwischen Hafen, S-Bahnhof, den Quartieren und den Einkaufsmöglichkeiten in der näheren Umgebung dar.

Im Zuge der Planung wurde ein 2-stufiger Beteiligungsprozess durchgeführt. In der ersten Beteiligungsveranstaltung wurden die Bedürfnisse und Wünsche der Anwohner aufgenommen. In einer zweiten Veranstaltung wurde der Entwurf vorgestellt, diskutiert und abgestimmt.


Beschreibung der Baumaßnahme

Im nördlichen Bereich des Bestandes haben sich ein Bolzplatz, ein Reifenschwinger aus einer Stahl-Holzkonstruktion in einer Fallschutzkiesfläche, eine Sandfläche eingefasst von einer Asphaltberme mit einem Spielhaus mit Rutsche, weiterhin eine Sandspielfläche mit einem Kleinkind-Spielhaus, einem Wackeltier und einer Reifenschaukel befunden. Diese Fläche wurde von einem Weg und auf der anderen Seite von einer Rasenböschung begrenzt. Im südlichen Bereich des Spielplatzes befanden sich zwei Tischtennisplatten, eine berankte Pergola, Sitzbänke und eine Sitzgruppe mit Tisch sowie zwei Mülleimer.

Alle Spielgeräte waren von Verschleiß, Schmierereien und altersbedingten Mängeln geprägt. Die Rasenflächen waren größtenteils abgetreten, bis auf den Rasen im Kleinkind-Spielbereich, der noch gut erhalten war. Die Deckschicht des Bolzfeldes war abgenutzt und an die Ränder gespielt.

Der Ballfangzaun des Bolzplatzes sollte erhalten und ausgebessert werden, die Granddecke saniert werden.

Die Ausstattungselemente wurden ausgebaut und nicht wiederverwendet. Zwei Baumfällungen wurden vorgenommen. Die Bepflanzung der Pergolen wurde gerodet und die Pergolen zurückgebaut.

Zur Bedarfsermittlung der Nutzer wurde von unserem Planungsbüro und dem Bezirksamt Altona eine Anwohner- und Kinderbeteiligung durchgeführt. Die Beteiligung war mit 25 Personen gering besucht.

Es konnte resümiert werden, dass es alle Altersgruppen auf dem Spielplatz gibt. Die Altersgruppe 3-6 Jahre ist am wenigsten vertreten. Der Grund ist vermutlich die Lage an der stark befahrenen Straße Pepermölenbek und die bereits bestehenden Spielanlagen in den Innenhöfen der benachbarten Wohnbebauung. Am Häufigsten war die Gruppe der 6-12 Jährigen vertreten.

„Wir sehen die Stärken in der Lage des Ortes und seiner Funktion als Wegeverbindung beziehungsweise als Knotenpunkt der Wegebeziehungen. Mit einem identitätsstiftendem Merkmal und einer besonderen Nutzung kann der Ort belebt werden. Die Gliederung und Gestaltung der Fläche stellt momentan kein einladendes Angebot für einen Aufenthalt dar“, so das Planungsbüro Kolja Naumann Sharon Naumann Landschaftsarchitektur GbR.

 

Die Realisierung

Die Planung des Spielplatzes sieht mehrere Bereiche unterschiedlicher Nutzung vor. Diese Bereiche sind auf die Bedürfnisse der verschiedenen Altersgruppen abgestimmt und für ein räumlich verträgliches Miteinander angelegt.

Der Spielplatz ist in zwei Bereiche geteilt. Zur nördlichen Seite befindet sich ein Jugendbereich und zur südlichen ein Spielbereich für jüngere Kinder. Den Dreh- und Angelpunkt bildet ein zentraler Platz mit einem markanten Solitärgehölz. Dieser Platz bietet den Passanten, die die Fläche zurzeit nur als Durchgang benutzen, in Zukunft eine Möglichkeit zum Aufenthalt und als Treffpunkt.

Der nördliche Parkbereich hat derzeit ein natürliches Gefälle und wird terrassiert.

Die Fläche gliedert sich in drei Räume.

In diesem Teil des Parks wird das sportliche Angebot, das bisher lediglich aus dem Segment Fußball bestand, gestärkt. Auf dem ersten Plateau findet Fuß- und Basketballspiel statt. Der Bolzplatz wurde durch Erneuerung der wassergebundenen Wegedecke saniert. Der vorhandene Ballfangzaun wurde ausgebessert und hat durch die Montage eines Streetball-Korbes auf der anderen Seite eine funktionale Erweiterung erhalten. Er wird doppelseitig als Ballfang genutzt.

Die zweite Terrasse bildet das ‚Parkzimmer‘. Der Charakter dieses Raumes wurde durch den vorhandenen Baumbestand geprägt. Die ausgespülten Wurzelbereiche wurden aufgefüllt und unterpflanzt. Ein Weg bietet die Möglichkeit zur Querung. Auf kleiner, befestigter Fläche wurde eine neue Tischtennisplatte aufgestellt. Der Standort, ursprünglich in südlicher, sehr windiger Lage des Parks, wurde in den nördlichen windgeschützten Teil verlegt. Die Sportanlagen werden durch Sitzmöglichkeiten flankiert.

Die dritte Terrasse besteht aus einer Asphaltfläche, die für sämtliche Roll- und Skatebordaktivitäten vorgesehen ist. Asphalthügel und Farbmarkierungen formen einen Parcours für Rollsportarten. Der Rollerpark wurde mit licht- und abriebbeständigen Asphalt-Markierungen versehen. Durch diese Gestaltung wurde der flächige Asphalt mit einfachen Mitteln attraktiv und vielseitig nutzbar.

Der Sandspielbereich wurde durch einen bogenförmigen, bis auf einen Meter ansteigenden Holzsteg definiert. Er schließt mit einer Kleinkind-Rutsche ab und bildet den Rahmen für den Kleinkindbereich. Er dient sowohl als Abgrenzung zum Weg, als auch als Sitzgelegenheit für Eltern. Der Steg wird als Basis für Anbauten, bestehend aus den Elementen einer Sandbaustelle und einen Kaufmannsladen, genutzt.

Ein weiterer, anschließender Spielbereich verfügt über ein Spielangebot für ältere Kinder. Ein Kletterturm mit Ausguck bildet das Zentrum. Der Turm erhöht den Spielwert in der Vertikalen und bildet einen Hochpunkt in dem weiter fallenden Geländeverlauf. Die Kinder verschaffen sich hier einen Überblick über den gesamten Spielplatz und können über die Lärmschutzwand an der Straße Pepermölenbek schauen. Eine Balancierstrecke aus Hölzern führt über die Rasenböschung, die südliche Begrenzung des Spielplatzes. Ein Anziehungspunkt am südlichen Hang wurde eine Rutsche, die über Podeste erreicht werden kann. Der Zugang an der höher gelegenen, verkehrsberuhigten Hamburger Hochstraße wurde hierdurch betont. Diese verschiedenen Spielstationen wurden gestalterisch mit zylinderförmigen Sitz- und Hüpfelementen verbunden, so dass ein Spielablauf entstanden ist.

„Beide Spielbereiche vereinen zahlreiche Elemente, die auf keinem Spielplatz fehlen sollten. Unsere Geräte laden zum Klettern, Schaukeln und Balancieren ein. Hinzu kommen Rutschen und Geräte für weitere sportliche Betätigungen. Der Kleinkindbereich wird durch viele Sand- und Wasserspielelemente ergänzt. Kinder unterschiedlichen Alters haben hier die Möglichkeit, ihre Fähigkeiten auszubauen, sich weiterzuentwickeln – sozial, kognitiv, emotional, sensomotorisch und körperlich. Dafür brauchen sie Wagemut, Geschicklichkeit, Selbstbewusstsein und einen guten Gleichgewichtsinn. Unsere Spielgeräte fordern und fördern das auf ganz einzigartige Art und Weise“, resümiert Jörn Schäfer, Geschäftsführer des Spielplatzgeräte-Herstellers Spiel Bau GmbH.

In der Fläche und als Intarsien wurde Großpflaster aus Naturstein mit Rasenfugen verwendet. Dieses Material prägt die Straßen der näheren Umgebung und des Stadtteils. Der Hauptweg ist die Verbindungsachse der verschiedenen Bereiche und wurde aus Betonplatten/-pflaster hergestellt. Langgestreckte Betonkörper übernehmen die Funktion zur Stufung und räumlichen Gliederung und der Geländeterrassierung. Stellenweise wurden sie mit Bankauflagen ausgestattet.

Eine Reihe aus Bänken und ein Solitärgehölz bilden die neue Mitte in der Grünfläche. Zusätzlich wurden die südlich gelegenen Pflanzflächen jeweils umgeformt und leicht versetzt, damit sich der Eingang in die Anlage stärker öffnet. An den Eingängen wurden Wegesperren vorgesehen.

Fazit

In der Kinder- und Jugendbeteiligung zu Beginn der Entwurfsphase stießen die Planungen bei einigen Anwohnern auf große Begeisterung, bei einigen aber auch auf erhebliche Skepsis. Zu diesem Zeitpunkt war der Spielplatz unübersichtlich, zugewachsen und weitestgehend verwaist. Von der nahen Reeperbahn kam reger Zulauf mit einem für einen Spielplatz unverträglichem Publikum an. Eine soziale Kontrolle fehlte aufgrund der in der Bewohnerschaft vorherrschenden Wahrnehmung des Spielplatzes als „Unort“. Dennoch gab es von den Kindern des Quartiers klare Wünsche. Spielflächen waren in diesem Teil von St. Pauli und Altona-Altstadt bislang nur für Kleinkinder in den geschützten Innenhöfen der Wohnblocks vorhanden. Hier herrschte das übliche Angebot an Sandkisten, Wipptieren und Minischaukeln vor, es gab aber kein Angebot für die älteren Kinder, die Möglichkeiten zum Klettern, Spielen und Toben im Quartier suchten.

Mit dem neuen Spielplatz hat sich das Bild gewandelt. Vormittags kommen regelmäßig Kindergarten-Gruppen auf den Spielplatz sorgen für Trubel und Belebung des Ortes. Am Nachmittag finden die Schulkinder der nahen Ganztagsschule St-Pauli ein umfangreiches Spiel- und Sportangebot.

Um den Wandel zum neuen „Lieblings-Ort“ zu schaffen, war es wichtig Spielgeräte mit Signalwirkung und Charakter zu finden. Lange vernachlässigt, musste der neue Spielplatz mit lebendiger und positiver Ausstrahlung das alte Image auflösen. Die neuen Geräte ziehen mit leuchtenden Farben und charakterstarker Formensprache die Aufmerksamkeit auf die neue Anlage. Um den Spielplatz aus seinem Schattendasein hinter der Lärmschutzwand hervorzuheben, wurde zentral ein hoher, schon von weitem sichtbarer Kletterturm aufgestellt. Die Hangrutsche an der steilen Böschung zur Hamburger Hochstraße bindet den Spielplatz an die Wohnstraßen im Süden an. An beiden Geräten haben die Kinder zusätzlich zur anspruchsvollen Kletterstrecke, einen guten Überblick über alles, was sich in der näheren Umgebung abspielt.

Der neue Spielplatz präsentiert sich aufgeräumt und übersichtlich und wird inzwischen auch von Anwohnern als Quartiersplatz wahrgenommen. Teilweise bis in die Abendstunden sitzen Menschen allen Alters auf den Bänken und Sitzblöcken in der Sonne, reden und schauen dem Treiben zu.

Foto: Anne Oschatz

 

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