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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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02.12.2019 - Ausgabe: 6/2019

Fitness an der frischen Luft- wie ein Bewegungsparcours ein Erfolg wird

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© playparc GmbH

Die Bedeutung von Bewegung für die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden hat in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren erfreulicherweise zugenommen. Im Zuge dieses Bewusstseinswandels sind in vielen Städten und Kommunen Bewegungsparcours im öffentlichen Raum entstanden, die den Einwohnern neue Möglichkeiten für sportliche Aktivität bieten sollen. Diese Bewegungsparcours sind grundsätzlich sinnvolle Einrichtungen einer bewegungsfreundlichen Infrastruktur, die das Sportangebot bereichern. Viele dieser Anlagen werden gut genutzt, andere allerdings sind meist verwaist und können keine feste Nutzergruppe aufweisen. Aber warum ist das so? Was kann man als Kommune tun, damit die Anlagen von der Bevölkerung angenommen werden?

Mit der reinen Installation eines Bewegungsparcours ist es in der Regel nicht getan. Auch wenn solche Anlagen schon seit ein paar Jahren auf dem Markt sind und in anderen Ländern schon seit Jahrzehnten genutzt werden, hat ein wesentlicher Teil der Bevölkerung noch niemals solche Anlagen genutzt und kann mit einer neuen Anlage häufig erstmal nicht viel anfangen. Bei einem Kinderspielplatz kennen die Kinder die Funktionsweise der Geräte, lassen es sich von Eltern, Erziehern, Geschwistern oder anderen Kindern zeigen oder entdecken selbst eine eigene Spielweise. Dadurch wird ein neuer Spielplatz überwiegend problemlos von der Zielgruppe angenommen. Bei der Errichtung des Bewegungsparcours ist es etwas anderes, hier sollte man einige Punkte beachten, damit eine neue Anlage ein Erfolg wird.

 1) Breite Nutzergruppe einbinden

Viele Bewegungsparcours wurden in der Vergangenheit auch als „generationengerechte Fitnessanlagen“ oder „Seniorenspielplatz“ umschrieben. Dies ist sicherlich nicht falsch, schränkt aber bei der Bezeichnung die Nutzergruppe schon ein. Grundsätzlich kann man sagen, dass es mit zunehmendem Alter der potentiellen Nutzer schwieriger wird, sie als dauerhafte aktive Besucher des Fitnessparcours zu gewinnen. Viele Senioren sind sportliche Betätigung in der Öffentlichkeit nicht gewohnt und müssen erst die Scheu ablegen. Jüngere Menschen haben da weniger Berührungsängste und sind als Nutzer schneller zu gewinnen. Daher sollte man bei der Konzeption von Bewegungsparcours darauf achten, dass es Geräte unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade gibt und die Auswahl für Jung und Alt Möglichkeiten zur sportiven Betätigung bietet. Calisthenicsanlagen beispielsweise haben sich in jüngerer Vergangenheit als gut genutzte Fitnessgeräte im Außenraum gezeigt, die Nutzergruppe ist meist zwischen 16 und 30 Jahre alt und vorwiegend männlich. Mit der Installation eines solchen Gerätes kann man schon mal eine Nutzergruppe einbinden und die Attraktivität eines Areals erhöhen. Wichtig ist aber, dass Sportler aller Geschlechter und jeglichen Alters annehmbare Herausforderungen dort vorfinden. Ein belebtes Areal lockt meist weitere Sportler an.

 

2) Vielseitige und qualitative Geräteauswahl

Um ein vielseitiges Angebot an Trainingsmöglichkeiten zu bieten, ist es unerlässlich, sich sportwissenschaftlich mit den einzelnen Möglichkeiten zu beschäftigen. Der sportliche Nutzen einzelner Trainingsgeräte ist genauso unterschiedlich wie die angesprochenen Zielgruppen. Junge Menschen wie auch Senioren sollten die Gelegenheit zu einem abwechslungsreichen Training haben, das ihnen möglichst viele Facetten bietet. Erhebungen und Befragungen im Vorfeld können schon ein Bild der potentiellen Nutzergruppen hervorbringen, das bei der Auswahl behilflich ist. Es sollte mitunter darauf geachtet werden, dass es auch Geräte gibt, die zufällig vorbeilaufenden Passanten eine kurze sportliche Betätigung erlauben, ohne dass diese vorher geplant wurde. Um die Vielseitigkeit zu erreichen, ist ein breiter Blick auf die Optionen notwendig. Neben den bekannten Geräten und der schon genannten Calisthenicsanlage bieten sich beispielsweise eine Fallschutz/EPDM-Fläche für Aufwärmübungen und Bodyweight-Training oder eine kleine Laufbahn an. Auch bei den einzelnen Geräten sollte man genau prüfen, ob die Funktionsweise den Trainingszweck überhaupt erfüllen kann. Dabei sind die Qualität der Herstellung und die Funktionsweise der Ausführung genauso zu beachten wie der sportwissenschaftliche Trainingseffekt. Bei der Vielzahl an Angeboten auf dem Markt kann nicht jedes Gerät den Anspruch erfüllen. Um Sportler aber langfristig an den Bewegungsparcours zu binden, ist eine gute Qualität der Anlage unerlässlich. In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen um den Nutzen einzelner Trainingsgeräte. Daher sollte man sportwissenschaftliche Beratung bei der Planung unbedingt miteinbeziehen.

 

3) Einbindung von sozialen Institutionen

Eine der wichtigsten Maßnahmen bei der Errichtung eines Fitnessparcours ist eine Kommunikation mit und eine Einbindung der Nutzergruppen. Am besten geschieht dies schon mit der Planung, hier bieten sich partizipative Vorgehensweisen an. Eine Kommune kann zudem beispielsweise einen Verein als Betreiber der Anlage gewinnen, Sportangebote von Vereinen, Sozialverbänden und Pflegeeinrichtungen können auf dem Bewegungsparcours stattfinden. Wer über solche Institutionen mit der Funktionsweise und der Benutzung des Sportangebots vertraut wird, der kommt mitunter auch außerhalb dieser Trainingsangebote als Nutzer des Parcours zurück. Diese Einbindung ist unerlässlich, um ein „Verwaisen“ der Sportfläche zu verhindern. Gerade die älteren Generationen benötigen in der Regel eine solche Anleitung und Betreuung, um das Angebot überhaupt anzunehmen. Durch den frühzeitigen Austausch mit Vereinen und Verbänden aber auch mit einzelnen interessierten Nutzern kann das Sportangebot des Bewegungsparcours auf die Bedürfnisse und Wünsche angepasst werden und eine langfristige und nachhaltige Nutzung  gesichert werden.

 

4) Aufbau, Infrastruktur  und Lage

Bewegungsparcours werden häufig als moderne Form des „Trimm Dich-Pfades“ bezeichnet. Daher gibt es verschiedene Umsetzungen, die entsprechend der Vorgehensweise in den 1970er Jahren einzelne Trainingsstationen entlang einer Laufstrecke oder eines Wanderweges aufweisen. Dies macht in vielen Fällen aber nicht unbedingt Sinn. Beim „Trimm Dich-Pfad“ waren die einzelnen Stationen überwiegend mit einfachen Übungen (Kniebeugen, Balancieren, Dehnen) versehen, häufig waren auch keine bestimmten Bauten erforderlich. Sie boten optionale Bewegungsmöglichkeiten für vorbeilaufende Passanten. Heute sind die Trainingsgeräte komplexer und optimalerweise nach sportwissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgewählt. Gerade ältere Nutzer wollen und können oftmals gar nicht eine längere Strecke am Stück laufen. Und viele Sportler möchten die Übungen in direkter Abfolge abhalten, ohne die nächste Station erst suchen zu müssen. Daher ist es für die meisten Bewegungsparcours sinnvoll, eine zentrale Anlage zu errichten, bei der alle Stationen in Reichweite sind. Auch wenn man neue Parcours gerne im Mittelpunkt eines Parks oder einer Grünanlage baut, um Aufmerksamkeit zu erregen, sollte man beachten, dass viele Sportler nur ungern „auf dem Präsentierteller“ stehen. Dies gilt zumeist für ältere Personen aber auch für viele Frauen. Sie möchten nicht so gerne beim Sport „beäugt“ werden und sind froh, wenn sie sich trotz der Aktivität in der Öffentlichkeit ein wenig unbeobachtet fühlen können. Eine entsprechende Bepflanzung zwischen den Trainingsstationen könnte da z.B. Abhilfe schaffen. Grundsätzlich ist auch eine gute Infrastruktur eines Bewegungsparcours sinnvoll. Toiletten, Trinkwasserspender, Sitzgelegenheiten und sogar Schließfächer sind Elemente, die die Nutzung der Anlage fördern können. Viele Umsetzungen in öffentlichen Parks bieten keine weitere Infrastruktur und halten somit viele Sportler von der Aktivität ab. Es ist zugegebenermaßen nicht immer einfach die genannten Elemente einzubinden, daher sollte man bereits bei der Standortwahl alle Optionen berücksichtigen. Auch eine gute Beschilderung der einzelnen Stationen inkl. bebilderter Nutzungsanleitung ist sehr wichtig.

Trotz einiger Vorbehalte sind Bewegungsparcours eine Bereicherung für die Sportinfrastruktur von Städten und Kommunen und ermöglichen vielen Menschen eine sportliche Betätigung im öffentlichen Raum. Viele gut genutzte Anlagen zeugen davon, dass es durchaus möglich ist, eine „erfolgreiche“ Umsetzung zu erreichen. Der Weg dorthin ist aber ein wenig länger als beispielsweise bei einer Spielplatzplanung. Dennoch sollte das Ziel, die Gesellschaft zu mehr Bewegung zu verleiten, mehr als attraktiv genug sein, diesen Weg auch zu beschreiten.

Mehr Informationen zu Bewegungsparcours auch auf der Homepage des Verbandes BSFH (www.bsfh.info)

 TT

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