Vereinzelung oder Gemeinschaftsbildung: Was passiert an Calisthenics-Anlagen?
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In immer mehr Städten sieht man sie und sie erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. So auch in Wiesbaden. Die Rede ist von Pumptracks. Durch Verlagerung des eigenen Körperschwerpunktes fährt man mit dem Skateboard, Fahrrad oder Scooter über die Wellen des Tracks und kommt dabei mächtig ins Schwitzen.
Der erste modulare Pumptrack in Wiesbaden wurde im Zuge des im Kulturpark stattfindenden Skatefestivals „Rollt“ im Frühjahr 2018 eröffnet. Mit der örtlichen Skatehalle und einem Skateplatz ist hier seit jeher Wiesbadens Skateszene angesiedelt. Durch die Einzigartigkeit des Ortes mit den Veranstaltungshallen des Kulturzentrum Schlachthof e.V., der hiesigen Graffitiszene und zahlreichen Kulturschaffenden, werden auch Menschen aus den umliegenden Städten angezogen. Ein optimaler Standort, um neue Trends auszuprobieren.
Finanziert durch das Amt für soziale Arbeit und in Zusammenarbeit mit dem Grünflächenamt wurde der Pumptrack temporär zunächst auf einer vorhandenen freien Fläche aufgebaut. Die überaus hohe Frequentierung führte allerdings schnell zu Konflikten mit anderen Nutzergruppen aus der Boule- und Basketballszene.
Nach Fertigstellung des südlichsten Parkabschnittes in 2020 hat der Pumptrack daher nun einen neuen und dauerhaften Standort gefunden. Positive Konsequenz war eine direkte Aneignung des neuen Areals durch die Besucher:innen. Hier zeigen sich nun die Vorteile des modularen Pumptracks, der eine hohe Flexibilität bietet. Für kleine Veranstaltungen und große Festivals, die im Park stattfinden, kann der modulare Pumptrack jederzeit innerhalb eines Tages ab- und aufgebaut werden.
Inspiriert durch den Pumptrack im Kulturpark wendete sich kurz danach im Stadtteil Delkenheim eine Gruppe Kinder und Jugendlicher zwischen 9 und 14 Jahren an den hiesigen Ortsbeirat. Sie hatten Ideen für eine Mountainbike-Strecke erarbeitet und stellten diese der mobilen Jugendarbeit, dem Grünflächenamt und dem Ortsbeirat in einem gemeinsamen Termin vor. Zur Debatte standen selbst zu bauende Dirtparks als auch Pumptracks in verschiedensten Varianten. Nach Abwägung aller Vor-und Nachteile fiel die Entscheidung letztlich ebenfalls auf einen modularen Pumptrack mit dem Namen Sidewinder. Entscheidend war die schnelle Finanzierbarkeit als auch eine zügige Aufbaumöglichkeit der Anlage. Weitreichende Planungen und Genehmigungsverfahren waren nicht notwendig.
Durch das städtische „Handlungsprogramm Jugend“ wurden kurzfristig 85.000€ bereitgestellt. Mit diesem Programm werden ämterübergreifend Orte für Jugendliche in der Stadt Wiesbaden geplant und realisiert. Die Projekte reichen von neuen Aufenthaltsplätzen über einfache Überdachungen bis hin zu sportlichen Aktivitätspunkten. Da passte die Realisierung eines von Jugendlichen initiierten Pumptracks genau hinein.
Die Standortwahl fiel auf einen seit mehreren Jahren ungenutzten Bolzplatz in desolatem Zustand und wurde von allen Beteiligten als ideal eingestuft, da die Fläche nun einer neuen Nutzung zugeführt werden konnte. Idealerweise liegt der Platz etwas abseits der Wohnbebauung, so dass die Jugendlichen sich diesen Ort mittlerweile als neuen Rückzugsraum aneignen konnten.
Die Ausgestaltung der Pumptrack Anlage wurde gemeinsam mit Jugendlichen und der mobilen Jugendarbeit erarbeitet. Den Bau hat das Grünflächenamt begleitet, wobei beim Aufbau des Pumptracks die Jugendlichen selbst tatkräftig mit angepackt haben. Die Beteiligung der späteren Nutzergruppe war allen an der Planung Involvierten sehr wichtig und hat entscheidend zum Erfolg der Anlage beigetragen.
Von der Idee bis zur Umsetzung vergingen nur neun Monate, so dass Pumptrack Nr.2 in Wiesbaden bereits im Frühjahr 2021 eingeweiht werden konnte. Doch aller guten Dinge sind drei.
Im Stadtteil Nordenstadt verlief der Beginn des Projektes allerdings etwas anders. Hier hatten sich Jugendliche bereits selbst einen Fahrrad-Parcours am Rand der Grünanlage gebaut und stetig angepasst. Diese grundsätzlich zu begrüßende Eigenständigkeit und Initiative der jugendlichen Biker und Bikerinnen war allerdings mit den Zielen der Unterhaltung und Entwicklung der Grünflächen an dieser Stelle nicht in Einklang zu bringen. Das Ausweichen auf andere und entfernt liegende Flächen stellte hier allerdings keine zielführende Alternative dar.
Um zu einer erfolgsversprechenden Lösung zu kommen, wurde auf die mittlerweile eingespielte Zusammenarbeit zwischen den Ämtern, dem Ortsbeirat und den aktiven Sportlern gesetzt. Gemeinsam mit den moderierenden und zwischen allen Beteiligten vermittelnden Mitarbeitern der mobilen Jugendarbeit wurde mit den Kindern und Jugendlichen gesprochen, konstruktiv diskutiert, bis eine alternative Lösung am Ende des Prozesses gefunden wurde. Ein modularer Pumptrack war das Ergebnis, den sich die Jugendlichen nach ihren Wünschen zusammengestellt haben. Natürlich durften sie beim Aufbau auch hier mit anpacken. Die Finanzierung erfolgte ebenfalls aus dem Handlungsprogramm Jugend.
In Nordenstadt verhalf der Pumptrack der gesamten Grünanlage zu neuem Leben. Erweitert mit einem neuen Spielplatz, Sitzgelegenheiten, und einer Komposttoilette entwickelte sich diese Anlage zu einem neuen Besuchermagneten.
Mittlerweile ist ein weiterer Pumptrack in Planung. Die Nachfrage ist riesig. Inwieweit sich zukünftig wahlweise für geräuschärmere, aber nicht variable Asphaltpumptracks entschieden wird, muss je nach Standort entschieden werden. Die Unterhaltung aller Pumptracks unterliegt dem Grünflächenamt.
Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Anlagen von allen Altersgruppen rege genutzt werden. Aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so zeigen es die Beobachtungen des Grünflächenamtes und Gespräche mit den Nutzerinnen und Nutzern, ist es sinnvoll, in einem Pumptrack zwei Bahnen zu kombinieren. In Spielplatznähe ist eine separate Bahn für die ganz Kleinen empfehlenswert. So können Konflikte vermieden werden.
„Unsere Mission mit modularen Pumptracks ist es, Kinder und Jugendliche in deren Bewegung auf Rädern und Rollen zu fördern. Der modulare Pumptrack hat bereits heute eine bedeutsame Rolle in gesamtheitlichen Bewegungslösungen und wird künftig als zentraler Bestandteil solcher Lösungen fest verankert sein,‟ sagt Mike Maurer, der neue Geschäftsführer des Pumptrack-Herstellers Allegra Movement GmbH.
Es bleibt spannend abzuwarten, wo genau der nächste Pumptrack gebaut wird. Dass weitere Anlagen geplant werden, dies steht zumindest fest.