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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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12.10.2021 - Ausgabe: 5/2021

Bewegungsinseln Hamburg

Von Kolja Naumann (Planungsbüro Naumann Landschaft)

Photo
© Anne Oschatz, Naumann Landschaft

Die Bewegungsinseln im Masterplan „Active City“ der Stadt Hamburg

Im Zuge des vom Hamburger Senat im Jahr 2016 beschlossenen Masterplans „Acitve City“ wurden und werden seit 2017 bis ins Jahr 2024, über die gesamte Stadt verteilt, 26 Projekte der Sportinfrastruktur realisiert. Diese Projekte stammen zum überwiegenden Teil aus den Planungen zur Olympiabewerbung aus dem Jahr 2015, welche bekanntlich früh durch einen Bürgerentscheid gestoppt wurden. Für die Maßnahmen des Masterplans steht ein Gesamtbudget von rund 50 Millionen Euro zur Verfügung. Es werden dabei sowohl Projekte im Bereich Breitensport, als auch Projekte für den Spitzensport umgesetzt.

Das Projekt der Bewegungsinseln wird im Masterplan unter der großen Überschrift Parksport aufgeführt. Die Bewegungsinseln sind also klar dem Breitensport und den nicht vereinsgebundenen Bewegungsangeboten zugeordnet. Erklärtes Ziel der Hamburger Bewegungsinseln ist die Schaffung eines wohnortnahen Sport- und Trainingsangebotes für jede und jeden, zu jederzeit unter freiem Himmel. 

Die wenigen in Hamburg vor 2017 bereits vorhandenen Fitnessangebote im Freien erfreuten sich sehr großer Beliebtheit. Gleichzeitig zeigten etliche Studien und Umfragen vergleichbare informelle Sportangebote auf den ersten Rängen, wenn es um Akzeptanz und Bedarfe ging. Auf dieser Grundlage entstand das Konzept der Bewegungsinseln. Es sollte ein niedrigschwelliges Angebot für Jung und Alt, für Trainierte und Untrainierte sowie Sporteinsteiger geschaffen werden. Dieses Angebot sollte in die Parks und Stadtteile der Stadt gebracht werden, also um somit für möglichst viele Menschen auf kurzem Wege erreichbar zu sein.

Unter diesen Vorgaben startete eine bezirksübergreifende Kooperation. Mitarbeiter der Grünflächenämter aller 7 Hamburger Bezirke sammelten Standortvorschläge für die Bewegungsinseln und trugen die Erfahrungen aus bereits realisierten Projekten zusammen. Im nächsten Schritt wurde unser Büro mit der Planung und Realisierung der 7 Standorte im Stadtgebiet beauftragt. Wichtiges Planungsziel war ein prägnantes Design mit Wiedererkennungswert zu entwickeln, mit dem sich das Konzept „Bewegungsinsel“ und die Marke „Active City“ im Stadtraum verankern ließ. Die einzelne Bewegungsinsel musste weitestgehend unabhängig von den verschiedenen räumlichen Anforderungen funktionieren, transferierbar und flexibel einsetzbar sein. 

 

Standorte und Ausstattung der Bewegungsinseln

In der Analyse der bereits realisierten Fitnessangebote zeigte sich, dass Standorte an stark frequentierten Laufstrecken die größte Akzeptanz erfuhren. Die Kombination von Ausdauersportarten wie Jogging oder Walking mit einem stationären Angebot für Krafttraining, Koordinations- und Dehnübungen erwies sich als sinnvolle und beliebte Anordnung. Gleichzeitig sollte beim Training an den Geräten die Qualität der Lage und des Freiraums erfahrbar sein. In fünf der sieben Hamburger Bezirke konnte eine Platzierung der Bewegungsinseln in unmittelbarer Nähe eines Gewässers erfolgen. So kann heute beispielsweise mit direktem Blick auf den Bramfelder See, den Kuckucksteich im Wilhelmsburger Inselpark oder den Nettelnburger Baggersee trainiert werden.

Für die Ausstattung der Bewegungsinseln mussten aufgrund des begrenzten Projektbudgets Geräte gefunden werden, an denen sich möglichst nicht nur einige wenige Übungen, sondern besser eine Vielzahl von unterschiedlichen und variablen Nutzungen ausführen ließ. Die Geräte sollten dabei barrierefrei aber mindestens barrierearm zugänglich sein. Senioren wie auch Jugendliche sollten gleichermaßen ein attraktives Angebot vorfinden. Etliche begutachtete Produktreihen schieden aufgrund zu großer Hemmschwellen oder zu einseitigem Zielgruppenkonzept bei der Vorauswahl aus. In diversen Abstimmungsrunden mit Sportwissenschaftlern und Mitarbeitern anderer Kommunen, die bereits vergleichbare Projekte umgesetzt hatten, konnten wir eine Grundausstattung zusammenstellen. Über zahlreiche Nutzerinterviews auf bereits vorhandenen Anlagen, konnten die Auswahl und der Funktionsumfang für die Bewegungsinseln verfeinert werden.

Wichtige Hinweise für die Alltagstauglichkeit der Fitnessgeräte und der Ausstattung der Bewegungsinseln kamen aus den Unterhaltungs-Abteilungen der Bezirksämter. Die Erfahrung der vorangegangenen Jahre hatte gezeigt, dass Geräte mit beweglichen Teilen weitaus aufwändiger in der Wartung waren als Geräte, die lediglich für ein Training mit Eigengewicht ausgelegt waren. Erste Fitness-Anlagen aus den späten Neunziger- und den Nullerjahren mussten in Hamburg bereits wieder vollständig abgebaut werden, da ein Großteil der Lager und Gelenke, durch intensive Nutzung und einhergehenden Verschleiß und Korrosion, zu stark geschädigt waren. Die zunächst noch ausgeführten Reparaturen nahmen im Verlauf der Jahre so stark zu, dass die Wirtschaftlichkeit nicht mehr gegeben war und nur noch ein Rückbau möglich war.

Auch der Auswahl des Bodenbelags der Bewegungsinseln fiel ein besonderes Augenmerk zu. Aufgrund unserer langjährigen Erfahrung mit der Planung und dem Bau unterschiedlichster Spiel- und Sportanlagen, konnten wir eine strukturierte Abstimmung mit den Bezirksämtern führen und nach Abwägung der Vor- und Nachteile, eine für alle Beteiligte zufriedenstellende Belagswahl treffen. Das gewählte Kunststoffrasen-Fallschutzsystem mit Quarzsand als Infill erfüllt sowohl die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit, als auch die Anforderungen an die Eingliederung in den umgebenden Naturraum. Für alle Bewegungsinseln musste von einer intensiven Nutzung bei gleichzeitig geringer Pflegeintensität ausgegangen werden. Die Bewegungsinseln wurden ausnahmslos innerhalb etablierter Parks und Grünanlagen platziert und sollten zwar sichtbar sein, die Parklandschaften optisch aber nicht dominieren.

 

Die Umsetzung

Um einer größtmöglichen Zahl an Fachfirmen die Angebotsabgabe zu ermöglichen und so möglichst wirtschaftliche Angebote zu erhalten, wurde die Gesamtmaßnahme in drei Fachlose aufgeteilt. Dabei wurden die Leistungen für alle sieben Bewegungsinseln zusammengefasst, so dass sich für die einzelnen Anbieter Synergien im Einkauf von Baustoffen und in der Bauabwicklung ergeben konnten. Sämtliche Leistungen wurden produktneutral ausgeschrieben um den Wettbewerb nicht unnötig zu beschränken. Im Landschaftsbau und bei den Sportplatzbauarbeiten konnte ein Leistungsverzeichnis mit Einheitspreisen zum Einsatz kommen, während wir für das Los Fitnessgeräte auf eine funktionale Ausschreibung zurückgegriffen haben. Hierfür wurde eigens eine Wertungsmatrix erstellt, in die sowohl sämtliche Kriterien der Planungs- und Abstimmungsphase, als auch die Preise eingeflossen sind. So konnte sichergestellt werden, dass nicht einfach die kostengünstigste Gerätezusammenstellung beauftragt wird, sondern ein wirtschaftliches und nachhaltiges Angebot den Zuschlag erhält, welches alle definierten Anforderungen erfüllt.

In der Bauphase zeigte sich, dass die von einigen Beteiligten als möglicherweise aufwändig oder risikobehaftet bezeichnete Aufteilung in Fachlose, sehr gut funktionierte. Die gesamte Maßnahme konnte im anvisierten Zeitraum und unter Einhaltung des Kostenrahmens umgesetzt werden. Innerhalb von rund 4 Monaten Bauzeit wurden alle sieben Baustellen im Stadtgebiet begonnen und fertig gestellt.

 

Ein Ausblick

Im Verlauf der letzten beiden Jahre konnten durch unser Büro zwei weitere Bewegungsinseln umgesetzt werden. Die nunmehr neun Hamburger Bewegungsinseln erzielen, neben der eigens auf hamburg.de erstellten Webpräsenz, erhebliche Resonanz in den sozialen Medien. Auch bei unseren regelmäßigen Kontrollen im Zuge der Objektbetreuung, treffen wir regelmäßig auf zufriedene Nutzer die, nach eigenem Bekunden, mindestens wöchentlich auf den Anlagen Sport treiben. In Zeiten der Corona-Pandemie haben Fitnessangebote im Freien nochmals eine erhebliche Steigerung der Nutzerzahlen erfahren. Für viele Bewohner Hamburgs sind die Bewegungsinseln zwischenzeitlich integraler Bestandteil der heimischen Parkanlagen.


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