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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.06.2021 - Ausgabe: 3/2021

Gridgrounds

Von Jacopo Gennari Feslikenian (OPENFABRIC)

Photo
© Jacopo Gennari Feslikenian

Mit «Gridgrounds» wurde ein langgestreckter öffentlicher Platz geschaffen, der sich über den zentralen Raum erstreckt, so dass alle Wege an einem Ort zusammenlaufen und damit ein neues Quartierszentrum bilden.  

«Gridgrounds» („Rasterflächen“) ist ein Projekt zur Gestaltung des öffentlichen Raums und von Spielplätzen, das von den Büros Openfabric und Dmau in Amsterdam umgesetzt wurde. Der Entwurfsprozess begann im Dezember 2015 und war ab 2017 öffentlich einsehbar. Begonnen hat die Zusammenarbeit zwischen den beiden Büros mit einem anderen Projekt zur Gestaltung des öffentlichen Raums, das 2014 in Den Haag realisiert wurde («Into the Wild»); beide Projekte entstanden im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft zwischen den beiden Kommunen und der Krajicek-Stiftung. Bei der Stiftung handelt es sich um eine gemeinnützige Einrichtung, die 1997 vom ehemaligen niederländischen Tennisspieler und Wimbledon-Sieger Richard Krajicek gegründet wurde. Ihr Ziel ist es, Spielplätze in benachteiligten Stadtgebieten in den Niederlanden zu schaffen, um sportliche Aktivitäten im Freien, soziale Sicherheit und die Stärkung der Gemeinschaft zu fördern. 

Das Projekt «Gridgrounds» wurde von intensiver Bürgerbeteiligung begleitet, die von der Stadtverwaltung Amsterdam gefördert wurde und sämtliche betroffenen Bürgerinnen und Bürger sowie Interessengruppen des Quartiers einbezog. Der Standort, Het Breed, ist ein modernistisches Viertel, das von zweckmäßigen fünfstöckigen Wohnblöcken geprägt ist, die auf verschiedenen Ebenen über Skywalks („Straßen im Himmel“) miteinander verbunden sind. Das Viertel lieg im Norden von Amsterdam und wurde 1963 von dem niederländischen modernistischen Architekten Frans Van Gool entworfen. Aufgrund mangelnder Instandhaltungsmaßnahmen und des Fehlens eines geeigneten städtischen Freiraums verfügte das Viertel nicht über eine zentrale Freifläche, die verschiedene Nutzer anziehen und für diverse Aktivitäten genutzt werden könnte. 

Tatsächlich gibt es neben dem großen Wohngebiet auch zwei Schulen, die in den öffentlichen Raum eingebettet sind. Unser Konzept «Gridgrounds» sieht einen langgestreckten, 88 m x 17 m großen öffentlichen Platz vor, der zu einem zentralen Knotenpunkt wird, an dem alle Wege zusammenlaufen, und so den neuen Mittelpunkt des Viertels bilden. 

Der asphaltierte Platz ist an das ursprüngliche, von Van Gool entworfene Quartierraster angelehnt und wird durch die weißen thermoplastischen Markierungslinien, die den langgestreckten Raum durchziehen, sichtbar und erlebbar gemacht. 

An den Schnittpunkten des Rasters befinden sich verschiedene Spielelemente, die von den modernistischen Spielplätzen von Aldo van Eyck inspiriert sind. 

Um eine einheitliche Gestaltung zu gewährleisten, sind alle Objekte in Orange und Blau gehalten - zwei Farben, die auch bei der kürzlich erfolgten Renovierung der angrenzenden Gebäude und Skywalks verwendet wurden. Durch die farbliche Abstimmung wird jedem Objekt ein neuer Charakter und eine neue Identität verliehen.  

Die einzelnen Elemente bilden zusammen ein Aktivmuseum mit Spielelementen unter freiem Himmel. Einige dieser Objekte waren zuvor aufgegeben worden und in heruntergekommenen Ecken des Quartiers verstreut. Solche Elemente werden als „fertige“ Objekte wiederverwendet und werden zu spielerischen und skulpturalen Elementen. Dagegen wurden andere Objekte als Hommage an die modernistischen Spielplätze entworfen, die in Amsterdam in der Zeit direkt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs von dem Architekten Aldo van Eyck realisiert wurden und von dem Konzept des Gerümpel- und Bauspielplatzes inspiriert waren, das der dänische Architekt Carl Theodor Sørensen entwickelt hatte. Er war der Überzeugung, dass Spielplätze die Fantasie des Kindes widerspiegeln sollten und nicht die des Architekten. Die Strenge und Monotonie des Umfelds wird durch die neue Spiellandschaft unter Einbeziehung der Gestaltungselemente von Van Gool aufgebrochen. 

Ein Pflanzverband aus Platanen und bepflanzten Flächen rahmt den Platz ein. Seine geradlinige Form wird von drei Funktionsbereichen durchbrochen: einem Aktivspielplatz, der in Zusammenarbeit mit den örtlichen Schulen entwickelt wurde, einer passiven Grünfläche, die gleichzeitig zur nachhaltigen Entwässerung dient, und einem Multifunktionsspielfeld für Kleinfeld-Fußball, Basketball, Tanz oder andere Aktivitäten. 

Durch die geschickte Anordnung der Elemente entstehen verschiedene Treffpunkte für unterschiedlich große Gruppen, so dass verschiedene Zielgruppen den Raum gleichzeitig nutzen können. Da sich in unmittelbarer Nähe Schulen befinden, wird «Gridgrounds» auch von den Schülern für die Vormittags- und Nachmittagspausen genutzt. Während dieser Pausen herrscht ein regelrechter Ansturm auf den Platz, der sich auf vielfältige und unerwartete Weise manifestiert und das Leitprinzip des Entwurfs untermauert, das darauf abzielt, einen übermäßig gestalteten Raum zu vermeiden, der den Entdeckergeist und die Kreativität einschränken könnte. Bei der Materialwahl haben wir uns von der Straßeninfrastruktur inspirieren lassen, wodurch die Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Freiraum-Materialien deutlich gesenkt werden konnten: Asphaltflächen, weiße (thermoplastische) Straßenmarkierungen und die Farben "Verkehrsorange" (RAL 2009) und "Verkehrsblau" (RAL 5017).  Farbige Orientierungspunkte sorgen dafür, dass der Raum schon von weitem erkennbar ist - ein wichtiger Faktor für den Lernprozess von Kindern in Bezug auf räumliche Wahrnehmung und Orientierung. Selbst ganz gewöhnliche urbane Elemente wie die für Amsterdam charakteristischen Laternenpfähle werden dank der Verwendung von Farben und der Einbettung in die Formensprache des Projekts als Möglichkeit genutzt, neue Spiele zu kreieren und die Grenzen der Kreativität zu erweitern. 

Die Verwendung kostengünstiger Materialien ging nicht zu Lasten der Qualität des Raums und der Bandbreite möglicher Aktivitäten, sondern ermöglichte - hier in Breedveld – die Schaffung einer soliden und dauerhaften Spiellandschaft, die von den Besuchern auf verschiedenste und überraschende Weise genutzt werden kann, und das bei einem relativ geringen Investitionsvolumen (300.000 € für 5.000 m² Fläche). In diesem Sinne wird «Gridgrounds» gleichsam zu einem greifbaren Manifest, das eindrucksvoll zeigt, dass es möglich ist, mit einer geringen Investition einen qualitativ hochwertigen öffentlichen Raum zu schaffen. «Gridgrounds» ist ein Raum für die Gemeinschaft und schafft die Voraussetzungen, um soziale Interaktion durch Empowerment und Beteiligung zu fördern.

 

Weitere Informationen:

Projektname: Gridgrounds
Namen der beteiligten Büros: Openfabric, Dmau. (Co-Lead Designer)
Projektstandort: Breedveld, Amsterdam (Niederlande)
Fertigstellungsjahr: 2017
Gesamtfläche (Quadratmeter oder Quadratfuß): 4.500 m²
Team: Francesco Garofalo, Daryl Mulvihill, Olivier Sobels, Jacopo Gennari Feslikenian.
Auftraggeber: Stadtverwaltung Amsterdam, Richard Krajicek Stiftung

 

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