Spielen erlaubt, inklusiv und barrierefrei für Jung und Alt
Von Lothar Köppel (Köppel Landschaftsarchitekt)
Bei der Neuplanung und Umsetzung des Spielbereiches sollte auch dargestellt werden, wie die Anforderungen der neuen DIN 18034 „Spielplätze u. Freibereiche zum Spielen“ in der Praxis umgesetzt werden können.
Bereits bei der Eröffnung des öffentlich nutzbaren Spielbereiches zeigte sich, dass das Planungskonzept die Aufgabenstellung voll erfüllte. Die vielfältigen naturnahen Angebote und Spieleinrichtungen wurden von allen Nutzern, mit und ohne Behinderungen, von Jung bis Alt, sofort mit Begeisterung aufgenommen und sehr stark frequentiert.
Die Idee stammte vom Altbezirkstagspräsidenten Jürgen Reichert. „Der Bezirk Schwaben steht für Integration und Inklusion, und das ist für uns eine Herzensangelegenheit“, betonte Landrat Martin Sailer in seiner Eröffnungsansprache. Der Kultur- und Europaausschuss des Bezirkstags von Schwaben hatte im Dezember 2018 einstimmig für den naturnahen und inklusiven Spielplatz gestimmt.
Das rund 400.000 Euro teure Projekt wurde durch den Landkreis Augsburg, die Gemeinde Gessertshausen, den Erholungsgebieteverein Augsburg (EVA) und den Naturparkverein Augsburg Westliche Wälder gefördert.
Mit innovativen Ideen, Einsatz von Adaptern, interessanten Spielverläufen, Naturspielangeboten und nachhaltig verwendete Materialien und Ausbauten wurden, auch im Sinne von Inklusion und Barrierefreiheit, neue Ansätze für Spiel- und Bewegung geschaffen, die eine konventionelle Spielplatzgestaltung zukünftig attraktiveren und bereichern könnten.
Dabei wurden auch alle sicherheitstechnischen Belange mittels einer Risikoabwägung berücksichtigt.
Unter der Planungsvorgabe „Alle können nicht Alles. Integrativ ist nicht unbedingt rolligerecht“ konnte die nachfolgende Aufgabenstellung zur Umgestaltung des Außenspielbereiches am Schwäbischen Volkskundemuseum am Kloster Oberschönenfeld im Naturpark Westliche Wälder Augsburg somit weitgehend vollinhaltlich, modellhaft erfüllt werden.
Aufgabenstellung und Aspekte
● Die Natur und Landschaft spielerisch erleben, erlernen, erfahren und experimentieren
● Für alle Nutzer, ob alt oder jung, groß oder klein, mit oder ohne Einschränkungen, Behinderungen, besondere Fähigkeiten etc. soll es möglich sein, je nach eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten die Angebote zu nutzen.
● Die barrierefreie Spiel- und Erlebnis-Landschaft soll es allen möglich machen, mit und ohne fremde Hilfe die Angebote zu nutzen.
● Einbindung der vorhandenen Ressourcen in unterschiedliche Bereiche mit intensiven wie auch extensiven Nutzungsstrukturen.
● Schaffung von Orten des Wohlfühlens, der Bewegung, des Ruhens, des Rückzuges, der Meditation, der Synergie
● Verwendung von natürlichen Materialien, Nutzung von Ressourcen, Einbindung von Landschaftselementen, Gehölzen und Mineralien
● Neugestaltung des vorhandenen Spielgeländes zu einer inklusiven, barrierefreien Spiel- und Erlebnis-Landschaft für ALLE
● Attraktivierung und Vernetzung mit den Einrichtungen des Volkskundemuseums und der Zisterzienserinnen-Abtei
● Priorisierung von Sicherheit, Wartung und Unterhalt
● Berücksichtigung der Nachhaltigkeit
● Verwendung von vorhandenen Spielinstallationen
● Berücksichtigung von Hochwasserereignissen
● Einbindung des Großbaumbestandes und der vorhandenen Vegetation
● Umsetzung der Anforderungen und Planungsziele der DIN 18034 Spielplätze und Freiräume zum Spielen, wie Vielfalt, Sinnes- und Bewegungsförderung, Bewegungsangebote, Gestaltung u. Materialverwendung, Raumbildung, Nutzungsvielfalt, Förderung und Pflege von Sozialkontakten, Barrierefreiheit, Zwei-Wege-Prinzip, Zwei-Sinne-Prinzip, Leitsysteme und Adapter, Sicherheit und Wartung, Einhaltung von Flächengrößen und Erreichbarkeit, Berücksichtigung von besonderen Spielangeboten wie Sand-Matsch-Bereiche, Wasserspielangebote, Spielgeräte, Ballspiel- u. Rollflächen, Kommunikationsbereiche, Naturerlebnisbereiche, Einbindung von Landschaftselementen, wie Gehölze, Wasser, Böden, Geländestrukturen, Wind etc.
Planungsinhalte
Durch Sichtbeziehungen, und verzahnte Wegesysteme ist eine funktionale Vernetzung mit den Museums- und Klosterbereichen, sowie dem Bräustüble mit Biergarten gewährleistet.
Über barrierefreie Eingangsbereiche mit taktiler Leittafel, barrierefreien Rundwegen, mit durchgängigem Leitsystem und optisch sowie taktil erfassbaren Adaptern (Unikate), können die vielfältig gestalteten Spiel- und Nutzungsbereiche je nach Fähigkeiten und Fertigkeiten erreicht werden.
An einer zentralen, Bewegungswiese mit Verweilflächen unter Obstbäumen gruppieren sich differenzierte Spiel- und Nutzungsbereiche mit integrierten Leitelementen wie zum Beispiel:
● berollbare Bodenadaptern oder Greifadapter im Zwei-Sinne-Prinzip
● Ein barrierefreier naturnah ausgebauter bespielbarer Bachlauf mit elementaren Wasserspielangeboten, Spielbuchten, Flachufern, Sand-Matsch-Bereichen, Sitz-Spielterrassen
● Ein mit vorhandenen Aushubmaterial natürlich gestalteter Kletterrutschhügel mit Klettersteigen aus Baumstämmen, weidenüberdachter Hangrutsche, Breitrutsche, Integration des vorhandenen Spieltunnels mit Leuchtfarbe und Lichtspiegel, Aussichts-Rutschen-Plattform mit Windrad, Wurzelaufstiegen mit Stockaustrieb
● Ein Balancier-Bewegungs-Parcours mit ca. 60m langen durchgängigen Spielverlauf und vielfältigen Spielelementen bis zum Einsitzbereich Hangrutsche
● Wippen-Bereich mit korrespondierenden Wipp-Elementen wie Wipptüten, Bogenwippe, Stehwippe
● Kommunikative Ruhebereiche mit barrierefrei nutzbaren Sitz- u. Tischangeboten
● Ein Naturpark-Häusle als Ausgangspunkt für betreute Naturerfahrung und mobile Spielangebote
● Ein Bewegungsbereich Tischtennis mit barrierefreier Spielplatte
● Ein barrierefrei nutzbarer Schaukelwald, mit einander zugeordneten unterschiedlichen Schaukelangeboten, wie Korbschaukel, Eltern-Kind-Kombisitze, 3er-Tampensitz, Sitzbrettern und Hängematte
● Ein naturnahes, nachhaltiges Gestaltungelement, wie Bodenmodellierungen, Blühwiesen, Benjes-Hecken aus Wurzelstockteilen, eine Einbindung und Erhaltung von Bestandsbäumen und Gehölzen sowie extensive Spielpfade
Zusammenfassung
Das besondere Ambiente des Klosters Oberschönenfeld mit Biergarten und attraktiven Volkskundemuseum im Naturpark Westliche Wälder Augsburg erhielt mit dem neugestalteten integrativen, barrierefreien Spielbereich einen weiteren Anziehungspunkt für die Region und darüber hinaus. Barrierefreiheit ist Bestandteil der Integration.
Eine Spielidee wurde aus Ägypten mitgebracht: Vor einem Spieltunnel für Kinder wurden Spiegel angebracht, so dass die Röhre bei entsprechendem Sonnenstand hell erleuchtet war. Diese Idee wurde nach Oberschönenfeld transportiert. Und der Tunnel zudem in einer hell leuchtenden Farbe angestrichen.
Und: Auf Sauberkeit und ein Miteinander muss jeder Besucher selbst achten. Es sind keine Mülleimer vorhanden. Jeder kann seinen Müll wieder mit nach Hause nehmen.
Bedingt durch innovative, nachhaltige und kreative Ideen, unter Berücksichtigung der vielfältigen, inklusiven und nachhaltigen Anregungen der neuen Spielplatz-DIN 18034, könnte das Projekt modellhaft und richtungsweisend für eine zukünftige Spielplatzgeneration für ALLE sein.
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