Leuchtturmprojekt Reuterpark
Die Stadt Bonn hat den Reuterpark zu einem „Platz für alle“ umgebaut – dieser ist seit dem 23. März 2023 für die Bürger*innen geöffnet. Als erste inklusiv gestaltete Parkanlage in Bonn gilt der Reuterpark als...
Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen
Auf der zentrumsnahen Fläche der ehemaligen Nibelungenkaserne entsteht derzeit Regensburgs drittgrößter Park. Nachdem 2011 die Konversionsflächen an die Stadt Regensburg übergingen, um sie mit neuen bedarfsgerechten Nutzungen zu füllen und in die bestehenden Strukturen einzubinden, folgte 2012 ein freiraumplanerischer und städtebaulicher Ideenwettbewerb, den die Arbeitsgemeinschaft Astoc GmbH & Co. KG aus Köln und mahl gebhard konzepte aus München für sich entscheiden konnte.
Die Neugestaltung des ehemaligen Kasernenareals initiiert die Schaffung eines Tech-Campus als moderner Wohnstandort, mit Gebäuden für die Technische Hochschule Regensburg, einer beruflichen Oberschule sowie Gewerbe. Die Grünflächen des rund 35 Hektar großen Areals sollen dabei die Vernetzung der einzelnen Quartiere übernehmen und die Menschen zusammenbringen. Und so erinnert auch die Namensgebung des Brixen-Parks an die jahrzehntelange Freundschaft der Städte Regensburg und Brixen, die bis ins erste Jahrtausend zurückreichen.
Eine besondere Herausforderung bei der Gestaltung lag in der nach Norden geneigten Hangsituation, die im Rahmen der Planung durch Terrassen aufgefangen wird. So wird das Areal durch die drei in Ost-West-Richtung verlaufenden grünen Parkachsen gegliedert und schafft dadurch eine hohe Freiraumqualität. Die drei entstandenen Terrassen gewährleisten die Besonnung aller Gebäude und widmen sich den Themen Wiesenpark, Spiel- und Sportpark und Waldpark. Die Terrassen verschränken sich untereinander mit Grünzügen und erholungsrelevanten Freiflächen. An den Enden werden sie von Kopfbauten akzentuiert und mit zwei Quartiersplätzen ausgestattet. Insgesamt entstand dadurch ein großzügiger neuer Landschaftspark, der dem ganzen Stadtteil Erholungsraum schenkt.
Raumgliederung durch Grünflächensystem
Das Grünflächensystem des Tech-Campus, das derzeit auf dem ehemaligen Kasernengelände in enger Zusammenarbeit mit dem Gartenamt der Stadt Regensburg entsteht, setzt Maßstäbe wie der städtische Freiraum der Zukunft aussehen soll. Ein Freiraum, in dem sich urbanes Leben und Naturraum, sportliche Herausforderungen und Entspannung, Kreativität und Genuss begegnen können. Bei der Planung des Tech-Campus wurde auf viele Kriterien der nachhaltigen Stadt- und Freiraumgestaltung geachtet: Neben der Pflanzung klimaangepasster Gehölze werden die Lebensqualität, innerstädtischer Artenschutz, Klimaanpassung, Gesundheitsvorsorge und Fuß- und Radwegeverkehr ebenso gefördert, wie die Umweltgerechtigkeit, sozialer Ausgleich und Flächen-Mehrfachnutzung. Im Fokus steht die Zugänglichkeit und das Wohlbefinden der Nutzer, weshalb ein außergewöhnlich hohes Angebot an Sport- und Freizeitaktivität geboten wird.
Die Vernetzung des Parks mit der Umgebung war ein zentrales Kernthema, da das ehemalige Kasernenareal vorher mit einem hohen Zaun abgeriegelt war. Ein barrierefreies Rad- und Wegenetz aus unterschiedlichen Wegekategorien schafft Verbindungen von Nord nach Süd sowie West nach Ost. Die drei Parkzonen werden durch Grünkorridore miteinander verbunden. Die Grünvernetzung reicht bis in die umgebenden Wohnquartiere hinein. Bei der Bepflanzung wurde Wert gelegt auf Nachhaltigkeit (klimaresistente Baumarten, Schattenspender, pflegeleichte Bepflanzung) und geringen Aufwand bei der Unterhaltung. Das neue Baugebiet umfasst eine Gesamtfläche von rund 35 Hektar, davon entfallen circa 13 Hektar auf Grünanlagen und etwa 6.500 Quadratmeter auf Kinder- und Jugendspielflächen.
Spiel- und Sportpark
Der offene Spiel- und Sportpark im Zentrum des Quartiers wurde in gemeinsamen Workshops mit Kindern und Jugendlichen unter Berücksichtigung von Inklusionsthemen entwickelt. In mehreren Beteiligungsrunden wurden die Kinder und Jugendlichen nach ihren Wünschen und Ideen befragt und konnten so ihre künftigen Spiel- und Sportstätten selbst mitgestalten. Darunter befanden sich Kinder im Alter von 7 bis 12 Jahren, Jugendliche von 13 bis 17 Jahren sowie mobilitätseingeschränkte Nutzer. Die Beiträge wurden zusammengefasst und die Wünsche und Ideen der Jugendlichen in den Entwurf des Spiel- und Sportparks eingearbeitet. Es entstand eine Kletterstruktur, die Parcours ermöglicht, sowie Boulderfelsen aus massivem Kalkstein, die in einem Steinbruch in der Umgebung handverlesen wurden. Dieser besondere Aufenthaltsbereich wird mit einem individuell gestalteten Holzdeck abgerundet. Das Holzdeck erfüllt durch die stufenweise Höhenentwicklung die Funktion einer Tribüne und ist zugleich zentraler Treffpunkt, der zum „Chillen“ einlädt. Neben der Sanierung des im Westen liegenden Basketball- und Volleyballfelds, wünschten sich die Jugendlichen einen Fitness-Bereich, in dem mit eigenem Körpergewicht trainiert werden kann. Auf diese Weise entstand ein „Stangenwald“ aus senkrechten Holzelementen, der mit Reckstangen, Slack-Lines und Calisthenics-Elementen die Anforderungen spielerisch erfüllt. Die Ausführung und Detailplanung der Spielstrukturen erfolgte durch den Spielgerätehersteller Zimmer.Obst GmbH. Die Geräte sollten einen spielerisch-sportlichen Charakter sowie eine natürliche Haptik erhalten. Als Material kam Eichenholz zur Ausführung. Edelstahlrohre wurden im Fitnessbereich für die Nutzung horizontal angeordnet. Im Bereich der Parcours-Struktur bildet hingegen das Holz die horizontale Ebene welche durch senkrechte Edelstahlstangen gehalten wird. Eine Besonderheit ist die „Tigerstruktur“ der Holzbalken: Hierbei handelt es sich um eine spezielle Oberflächenbehandlung, die in mehreren Arbeitsschritten mit einer Kettensäge und einem Farbanstrich erstellt wird. Die farbliche Gestaltung ist dabei sehr zurückhaltend. Der Fokus beim Entwurf der Geräte lag neben Optik und Gestaltung auf der Nachhaltigkeit, der Haltbarkeit und der Vandalismus-Sicherheit.
Ein Wasserspielplatz mit großzügigem Matschbereich wurde für die kleineren Kinder angelegt. Im neuen Bauabschnitt des Spiel- und Sportparks entsteht derzeit ein Inklusionsspielplatz. Mit dem Anspruch alle Flächen für mobilitätseingeschränkte Kinder zugänglich zu machen, wird hier das in der Kinderbeteiligung erarbeitete Thema des Nibelungendrachen realisiert. Hügelmodellierungen aus EPDM-Fallschutzbelag zeichnen die auf- und abtauchenden „Drachenbuckel“ nach. Auf den Hügeln sowie um die Hügel herum finden sich verschiedene Spielstrukturen wie Bodentrampoline, Klettertaue ein Rollstuhlkarussell, eine Wackelplatte und vieles mehr. Der Drachenschwanz befindet sich als begeh- und bekletterbare Aussichtsplattform in mitten eines Hainbuchenlabyrinths.
Der Kopf des Drachens ist in einem angrenzenden Spielbereich verortet und kann ebenfalls begangen und beklettert werden. Über die integrierte Rutsche gelangt man von oben zurück in den Spielbereich mit Schaukeln, Tischtennisplatten und einem Sandspielbereich. Hier wurde ein Sandtisch eingeplant, um das Sandspielerlebnis auch denjenigen Kindern zu ermöglichen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind.
Die bewegte Topographie des Geländes wird dadurch betont, dass die großzügigen Spielflächen für Kinder- und Jugendspiel in so genannten „Spielschollen“ um circa 50 cm in die Topographie eingelassen sind und so räumlich und funktional voneinander getrennt werden. Die insgesamt sechs „Spielschollen“ reihen sich entlang des Hauptweges wie auf einer Perlenkette aneinander. Der Baumbestand wurde auf dem gesamten Areal stark in die Planung integriert und bildet im Spiel- und Sportpark raumbildende Torsituationen.
Der barrierefrei zugängliche Park liegt im Herzen des neuen Quartiers und ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, per Fahrrad oder zu Fuß erreichbar.
Waldpark
Ein ruhiges Pendant zum Spiel- und Sportpark bildet der im Süden angrenzende Waldpark. Mit seinem dichten Gehölzbestand und dem wassergebundenen Wegesystem fungiert er als Gegenpol zu den Aktionsflächen. Der Waldpark mit seinen Bänken und sich immer wieder öffnenden Grünflächen lädt Jung und Alt zum Ruhen und Verweilen sowie zu gemütlichen Sparziergängen ein. Speziell konzipierte Stege führen die Spaziergänger durch den Park und halten den ökologischen Eingriff so gering wie möglich.
Wiesenpark
Der gesamte Campus ist eingebettet in eine grüne Struktur. Im Norden dient der Wiesenpark als Verbindungsraum und ist zugleich Abstandsfläche zwischen dem neuen Gewerbestandort und den nördlich angrenzenden Wohngebieten. Der Grünzug ist Teil der örtlichen Grünverbindungen in Ost-West-Richtung. Er bietet mit den extensiv gepflegten, artenreichen Wiesen die Möglichkeit, den erforderlichen naturschutzrechtlichen Ausgleich für die Eingriffe durch Baumaßnahmen zu erbringen.
Auch hier im nördlichen Grünzug bilden die in die Topographie eingelassenen und intensiv gemähten „Rasenschollen“ Raum für freies Spiel oder einfach zum Verweilen. Das Wechselspiel aus extensiven Wiesen und intensiven Rasenflächen sowie der in die Planung integrierte Altbaumbestand verleiht der Promenade ihren unverwechselbaren natürlichen Charakter. Der Erhalt der Bestandsbäume schafft dabei klare räumliche Zusammenhänge und erzeugt zusammen mit der Ergänzung durch Obstgehölze einen selbstverständlichen Charakter.
Der Wiesenpark bietet innerhalb einiger Schollen auch die Möglichkeit für Urban Gardening. Die Flächen werden von der Stadt zur Verfügung gestellt und von der Transition Regensburg verwaltet. Hier können die Bürger auch in Hochbeeten gemeinsam Obst und Gemüse anbauen und übernehmen neben der Pflege des Grundstücks auch die Ernte. Darüber hinaus bietet das Projekt einen sozialen Treffpunkt im Grünen.
Bepflanzung
Die Grünanlage verfügt über einen wertvollen Baumbestand, der größtenteils erhalten und mit insgesamt 600 neuen Baumpflanzungen ergänzt wurde. Zur Verwendung kommen Baumarten wie Ungarische Eiche, Zerreiche, Schwedische Mehlbeere, Hainbuche, Buche, Vogelkirsche sowie diverse Obstbaumsorten. Eine „fliegende Hecke“ aus hoch geschnittenen Felsenbirnen rahmt eine der Spielschollen ein. Entlang der Parkwege wurden Blumenbeete mit verschieden standortgerechten Stauden angelegt. In intensiv genutzten Bereichen wurden Rasenflächen und in extensiven Bereichen artenreiche Wiesenflächen angelegt.
Quartiersplätze als Treffpunkt
Die Erschließung des Tech-Campus erfolgt über die neue Franz-Mayer-Straße. Die Allee führt von West nach Ost über den Auftaktplatz und erschließt das Gelände im Weiteren. Der öffentliche Platz befindet sich südlich des neuen Innovationszentrums und ist zentraler Treffpunkt, der nicht nur die umliegenden neuen Technologie-Gebäude durch öffentliche Grünzüge miteinander verbindet, sondern auch von der Universität leicht erreichbar ist. Der quadratische Platz wird durch aufgelöste Baumreihen, die in Nord-Südrichtung verlaufen, gegliedert. Verschiedene Belagsarten wie Granit-, Betonsteinpflaster und Asphalt sind auf dem Platz patchworkartig angeordnet und lockern die Struktur auf. Zwei Granitpflasterflächen in gebundener Bauweise ziehen sich vom Platz über die Straße und wirken verkehrsberuhigend. Gleichzeitig stellt die Belagswahl des Natursteinpflasters eine Reminiszenz an die Altstadt Regensburg dar.
Der Brixen-Park hat aufgrund seines Umfangs, Vielfalt und Differenzierung bei der Verleihung des Deutschen Spielraum-Preises 2019 einen ersten Platz belegt. Der Deutsche Spielraum-Preis ehrt modellhafte und vorbildliche Spielräume und wird ausgelobt von der Stadt und Raum Messe und Medien GmbH, in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gartenamtsleiterkonferenz beim Deutschen Städtetag und dem Deutschen Olympischen Sportbund.
Weitere Informationen:
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Landschaftsarchitekten BDLA Stadtplaner Partnerschaftsgesellschaft mbB
Hubertusstraße 4, D-80639 München