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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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14.10.2022 - Ausgabe: 5/2022

Wasserspielplätze, Stadtklima und mehr - Wasserspielplätze als Baustein zur Klimaanpassung

Von Dr. Katrin Korth, Korth StadtRaumStrategien
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© Dr. Katrin Korth

Darf man in Zeiten von Hitze und Dürre, in Zeiten von ausgetrockneten Flüssen und teilweise sogar Trinkwassermangel noch mit Wasser im öffentlichen Raum planen? Diese Frage hat sich nicht zuletzt in diesem Sommer und dabei regelmäßig konkret im Zusammenhang mit öffentlichen Wasserspielen gestellt. Doch berechtigt ist die Frage nur auf den ersten Blick. Richtig ist, dass mit Trinkwasser sparsam umgegangen werden muss. Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt momentan bei 127 Litern am Tag bzw. 46 m³ im Jahr. Ein Wasserspiel verbraucht durchschnittlich zwischen 100 und 2.000 m³ im Jahr, wobei dies stark abhängig von Größe und umgewälztem Wasser ist. Typische Spielplatzwasserpumpen verbrauchen über das Jahr betrachtet zwischen 50 und 200 m³ Wasser. Wenn im Zusammenhang mit Wasserspielplätzen oder Brunnen im öffentlichen Raum über Wasserverschwendung diskutiert wird, wird außer Acht gelassen, dass es in Deutschland knapp 2,2 Millionen Pools gibt, fest eingebaute und sogenannte Aufstellpools, von denen die überwiegende Zahl mit Trinkwasser befüllt wird. Der jährliche Wasserverbrauch eines großen Pools dürfte geschätzt bei 200 m³, der eines kleinen bei immerhin noch 30 m³ Wasser liegen. Genutzt werden sie jeweils durch wenige Menschen. Öffentliche Anlagen stehen vielen Menschen zur Verfügung, dabei oft denen, die sich keinen Pool im eigenen Garten leisten können, weil sie keinen Garten haben und oft auch beengt wohnen. Bevor also öffentliche Wasserspiele abgeschaltet werden, müssten wir uns mit dem Wasserverbrauch im privaten Raum auseinandersetzen, andernfalls treffen wir diejenigen, die ohnehin wenig Alternativen haben.

Dazu kommen stadtklimatische Gründe, warum Wasser im öffentlichen Raum auch bei allgemeinem Wassermangel wichtig ist. In den Städten wird es immer heißer. Hohe Versiegelungsraten und Wärmespeicherkapazitäten der verbauten Materialien, geringe Verschattung und niedrige Grünanteile führen seit langem zu einer Aufheizung, die durch die klimawandelbedingte Erwärmung noch verstärkt wird. Neben funktionierendem Stadtgrün, welches über seine Verdunstungsleistung indirekt für Abkühlungseffekte sorgt, stehen mit Wasserelementen Bausteine zur Verfügung, die eine direkte Abkühlung der Haut und eine indirekte Abkühlung durch die Lufttemperatursenkung im kleinräumigen Umfeld möglich machen. Dabei ist Abkühlung für Kinder und alte Menschen besonders wichtig. Sie gehören zu den besonders vulnerablen Gruppen. Und ganz generell gilt: wenn auch zukünftig noch Aufenthalt im Freien möglich sein soll, braucht es mehr Abkühlung.

Neben der wichtigen direkten und indirekten Kühlfunktion haben Wasserspiele als öffentliche und damit gemeinschaftliche Elemente eine nicht zu vernachlässigende soziale Bedeutung und leisten einen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Dazu kommt, dass kaum ein anderes Element die menschlichen Wahrnehmungsebenen so sehr anregt wie Wasser. Wasser hören, riechen, sehen, fühlen und emotional erleben ist nicht nur für die kindliche Entwicklung von Relevanz, sondern kann auch für Erwachsene Vergnügen, Entspannung und Erholung bieten. Das alles sind wichtige Gründe für den Erhalt und Ausbau von Wasserspielen im öffentlichen Stadtraum.

 

Optionen für Wasserspiele und Wasserspielplätze

Nachdem Trinkbrunnen in vielen europäischen Städten bereits zur städtischen Infrastruktur gehören, erleben sie auch bei uns eine Renaissance. Verschiedene Städte experimentieren derzeit mit Sprühneblern zur Abkühlung. Auf Stadtplätzen sind Fontänenfelder schon eine Weile der Klassiker und Anziehungspunkte nicht nur für Kinder. Wasserspritzer - allein oder in Kombination mit Nebeldüsen - funktionieren in der Fläche und genauso in der Vertikalen als Säule, was technisch gar nicht so aufwendig ist. Fast schon Standard für Kinderspielplätze sind Wasserpumpen, die sich nahezu endlos mit Sandspielflächen, bodenebenen Wasserläufen, Wassertischen und beweglichen Elementen wie Klappen oder Wehren kombinieren lassen. Bodenebene Wasserläufe werden abwechslungsreicher durch unterschiedliche Beläge, die die Wasserbewegungen verändern. Ganze Wasserwelten mit einer Vielzahl an Effekten lassen sich durch Kombination der beschriebenen Elemente realisieren. Hinsichtlich der Gestaltungssprache ist zwischen naturnah und technisch-formal fast alles möglich. Naturnahe Gestaltungsansätze versuchen, eine natürlich anmutende Wasserlandschaft zu schaffen. Zum Einsatz kommen Holz, Natursteinfindlinge, Kies und Sand, in den Randbereichen finden sich Bepflanzungen. Wassertische gibt es aus Holz und Metall, die Anmutung ist bei Letzteren etwas formaler, dafür sind sie in der Unterhaltung einfacher. Im urbanen Kontext finden sich oft gemauerte Wasserläufe oder aus Natursteinpflaster geformte Wasserrinnen. Sie lassen sich gut unterhalten, gestalterisch und hinsichtlich des Spielwertes muss darauf geachtet werden, dass die Rinnen nicht zu leblos bzw. formal wirken. 

Eine gute Option sind temporäre Wasserspiele, da sie keinen großen Installationsaufwand erfordern. Denkbar sind perforierte Schläuche und Rasensprenger mit Zeitschaltuhr, temporäre Wasserbecken aus Folie oder Wasserläufe aus Kunststoffrohren, die vor allem dann gut funktionieren, wenn die Installationen betreut werden, was bei Veranstaltungen oder Aktionen in der Regel gegeben ist.

Wasserspiele sind dann interessant, wenn Interaktion und Variationen möglich sind, durch wechselnde Wassermengen, unterschiedlich hohe Fontänen, die zeitlich oder über Bewegungsmelder gesteuert sind und plötzliche Wasserspritzer. Besonders wichtig sind variable Situationen, die Kinder selbst schaffen und verändern können, zum Beispiel durch Elemente, die Fließrichtungen verändern oder Wasser anstauen, die Wasser über das eigene Tun zum Quellen und Sprudeln bringen oder in eine andere Ebene befördern, wie Trittpumpen, Wasserpilze oder archimedische Schrauben. Auch eine Verknüpfung mit Pedalen oder sogar Trampolinen ist denkbar. Dies fördert Kreativität und Miteinander. Aktiv beeinflussbare Situationen sind deshalb immer fremdgesteuerten vorzuziehen.

Freie Natur und auch gestaltete Stadtnatur bieten eine Vielzahl von Optionen bei Wassermengen, Fließbewegungen, Materialien und räumlichen Situationen. Natürlich wäre es am schönsten, wenn alle Kinder genau solche Situationen in direkter Nähe ohne Gefährdung zum Spielen vorfinden würden. Dennoch ist von einer direkten Integration von Wasserspielplätzen an Bäche oder Teiche abzuraten. Natur- und Gewässerschutzbelange, aber auch Themen wie Wassertiefe oder Wasserqualität und generell die Frage der Verkehrssicherheit lassen sich nicht oder kaum klären. Bei all dem stellt sich ohnehin die Frage, ob Bach- oder Teichufer wirklich als rechtlich gesicherte Spielplätze ausgewiesen werden sollten, was nicht bedeutet, dass sich diese Situationen nicht zum Spielen eignen. 

 

Arten an Wasserspielen

Falls überall Platz ist und eine Installation einfach ist, sind Pumpen eine gute Einrichtung. Der direkte Ausflussbereich sollte gepflastert werden, damit es nicht zu Ausspülungen oder dauerhaft stehendem Wasser kommt. Pumpen werden oft mit Sandflächen kombiniert. Diese sollten so ausgebildet werden, dass Wasser (auch unterirdisch) abfließen kann. Eine Pumpe oder ein fester Wasserauslass lässt sich mit steinernen Wasserläufen kombinieren. Eine Sonderform des Wasserlaufs sind Wassertische, die es als vorgefertigte Elemente gibt und die durch ihre erhöhte Situierung einfach bespielbar sind.

Besonders für ältere Kinder sind Becken interessant, in die sich bewegliche Flöße oder andere Großteile wie archimedische Schrauben, Inseln, Brücken bzw. Stege und Trittsteine integrieren lassen. Diese Anlagen kommen den beschriebenen Wasserlandschaften sehr nahe und bieten vielfältigste Aneignungsmöglichkeiten. Hier muss in besonderem Maß auf die Wasserqualität geachtet werden. Wasserverbrauch und Unterhaltungsaufwand sind hoch und intensive Nutzung ist nur bei wirklich warmem Wetter möglich. Becken sollten deshalb immer mit Wasserelementen und weiteren Elementen außerhalb der Becken kombiniert werden – als „Schlechtwettervariante“ und für kleinere Kinder.

 

Planungshinweise

Wasserspielplätze sollen das freie Spiel von Bachlauf und Teich nachbilden und Phantasie wecken. Aus dieser Grundüberlegung heraus ist abzuwägen, ob eine naturnah anmutende oder eher formalere Gestaltung gewählt wird. Die Entscheidung dafür wird neben gestalterischen Aspekten durch die Art der Abdichtung und den zu erwartenden Nutzungsdruck bestimmt. Soll Wasser über längere Strecken fließen oder in einer Art Becken stehen, empfehlen sich feste Abdichtungen aus Beton, wasserdicht vermörtelten Steinsätzen oder glasfaserverstärktem Kunststoff. Gern verwendet werden seit einigen Jahren Kunststoff- und Fallschutzbeläge, die ein großes Farbspektrum bieten, jedoch eine sehr spezifische Gestaltung haben, die nicht überall passend ist. Zudem sind sie oft rutschig. Ton- oder Lehmabdichtungen sind für Wasserspielplätze meist ungeeignet, da sie beim Betreten aufweichen. Auch Folienabdichtungen sind aufgrund der eher komplizierten Einbindung und ihrer Zerstörungsanfälligkeit eher ungeeignet. Robustheit und Langlebigkeit, die Sicherung von Schmutzeintrag aus angrenzenden Flächen, das Verhindern des Aufweichens der Abdichtung oder auch eine gute Pflegbarkeit werden wesentlich dadurch bestimmt, wie hoch die Nutzungsfrequenz ist. Eine Sandfläche kann funktionieren, wenn es ausreichend Zeit zum Trocknen gibt, kein Wasser dauerhaft in der Fläche steht und sich dadurch Keime bilden können. Die Verbindung von Sand und Wasser ist eine der beliebtesten auf allen Wasserspielplätzen. Allerdings ist Sand sprichwörtlich Gift für feine Düsen oder Pumpen, weshalb im Spielbereich robuste Wasserauslässe vorzuziehen sind.

Bei den Materialien für die Wasserelemente haben sich Holz und Metall durchgesetzt, letzteres vor allem auch für die beweglichen Elemente. Vereinzelt gibt es Anbieter, die Verbundmaterialien einsetzen, die allerdings bei längerem Gebrauch aufquellen können und dann nur noch eingeschränkt nutzbar sind.

Bereits mit dem Entwurf muss die Verkehrssicherheit bedacht werden. Fallhöhen von maximal 60 cm und Beckentiefen von maximal 40 cm, in wenigen Ausnahmefällen auch 60 cm, flache Ein- und Ausstiegsbereiche in Becken und rutschfeste Beläge sind ein Thema der Planung. Die Anforderungen an die Wasserqualität wiederum müssen planerisch und in der Unterhaltung gelöst werden. Wasserauslässe sind mit Trinkwasser bzw. Wasser mit Trinkwasserqualität für die Fäkalparameter zu betreiben. Becken, Wasserläufe, stehende Pfützen sollen Badewasserqualität haben. Die Einhaltung dieser Vorgabe erfordert ein klares Unterhaltungsmanagement. Die Frage der Wasserqualität stellt sich auch bei Fontänenfeldern und anderen Brunnen bzw. Wasserspielen im öffentlichen Raum. Dennoch sind Grundwasser, Quellwasser und eingeschränkt sogar Regenwasser als Alternativen denkbar, wobei die notwendigen behördlichen Abstimmungen in der Regel nicht ganz einfach sind. Landeshygienepläne, ursprünglich einmal für Kindertagesstätten geschaffen, werden teils ohne weitere kritische Prüfung auf die Wasserspielplätze übertragen. 

Hinsichtlich des fortschreitenden Klimawandels sollten auf möglichst vielen Spielplätzen mindestens Pumpen vorgehalten werden - allein schon zur direkten Abkühlung. Darüber hinaus sind Anlagen mit möglichst viel Wasserbewegungen oder hohen Verdunstungsraten über z.B. Sandflächen oder Bepflanzungen vorteilhaft. Wenn das abfließende Wasser für Pflanz- oder Sumpfbeete oder einen kleinen Bachlauf verwendet werden kann, lässt sich ein zusätzlicher Abkühlungseffekt erreichen und zudem werden die für den Spielplatzbetrieb notwendigen Wassermengen sinnvoll weitergenutzt. In komplett steinerner Umgebung sind auch Umwälzanlagen mit Aufbereitung denkbar.

Auf der strategischen Ebene sind Hitzeanpassungspläne empfehlenswert, die entweder alle relevanten Themen der Hitzeanpassung in der Stadtgesellschaft behandeln oder sich auf ein Teilgebiet, z.B. Wasser im Stadtraum, konzentrieren. Klar sollte uns allen sein: Wasser ist relevant für das Handlungsfeld Hitze und Wasserspielplätze bieten hierbei viele Möglichkeiten. Relevanter als der Wasserverbrauch ist zumindest auf der Kostenseite häufig der Unterhaltungsaufwand, der letztlich auch eine wesentliche Ressource darstellt. Verzicht auf Wasser sollte keine Option sein. 

 

 

Literatur:

Katrin Korth: Mikroklimatische Anforderungen an Stadträume. In: Neue Landschaft, Ausgabe 3/2022 

Katrin Korth: Wasserspiele – Normen und Kosten. In: Playground@Landscape, 07/2020 

Katrin Korth: Wasserelemente für Kinder – Herausforderung oder Vergnügen? In: Tagungsband der FLL-Verkehrssicherheitstage 2019, Falkensee/Bonn

Kommunalhandbuch Spielflächen, 1. Auflage 2017, Beckmann Verlag Lehrte


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