Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
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Große Freude: das Kunststoffrasenspielfeld ist fertig gestellt - eine große Investition ist geschultert. Alle Nutzer freuen sich, nun auch bei ungünstigen Witterungsbedingungen trainieren zu können. Auch der Platzwart sieht positives: mähen, wässern, düngen, vertikutieren und all die anderen Pflegemaßnahmen sind nun nicht mehr erforderlich. Aber: ein Blick auf den neuen Kunststoffrasenbelag nach intensiver Nutzung zeigt - auch hier sind die vom Naturrasenspielfeld bekannten Belastungszonen deutlich erkennbar: der Straf-/Torraum, der Elfmeterpunkt, die Eckbereiche und die Hauptachse - eben alle Bereiche des Spielfeldes, in denen das „Leben tobt“. Verwunderlich ist dies nicht, denn der Spieler bewegt sich auf dem neuen Belag ja nicht anders, als auf einem Naturrasen. Es erfolgt ein Krafteintrag über die Schuhsohle in den Belag hinein. Führt dies bei einem Naturrasen zu einer nachhaltigen Verfestigung der Rasentragschicht und teilweise zu einem Abscheren der Rasennarbe durch die Stollen der Fußballschuhe, so reagiert ein Kunststoffrasenbelag auf den Krafteintrag zwar grundsätzlich auch, aber in anderer Form. Bei einem verfüllten Kunststoffrasen treten beispielsweise Verschiebungen und ein Austrag von Granulat auf.
Es bleibt zu attestieren: auch ein Kunststoffrasen unterliegt den mechanischen und sonstigen Beanspruchungen durch die Sportler. Schon nach kurzer intensiver Nutzung zeigt sich offenkundig: auch ein Kunststoffrasen braucht Pflege! Art, Umfang und Intensität der Pflegemaßnahmen sind dabei nicht allein von der Nutzungsintensität, sondern in entscheidendem Maße auch von den Standortgegebenheiten (Art der angrenzenden Flächen, angrenzende Begrünungen etc.), und der Art des Belags abhängig. So ist ein unverfüllter Belag pflegeleichter, als ein verfüllter und ein granulatverfüllter Belag mit gekräuselter Faser weniger pflegeintensiv als der mit einer geraden Faser. Da granulatverfüllte Beläge im Vergleich zu unverfüllten Belägen bei uns noch immer am weitesten verbreitet sind und auch den höheren Pflegebedarf benötigen, wird im Weiteren der Fokus auf diesen Belagstyp gerichtet.
Welchen Belastungen ist ein Kunststoffrasenbelag nun konkret ausgesetzt?
• Mechanische Beanspruchungen durch die Spieler, den Ball und die Pflegegeräte
• Witterungsbedingte Beanspruchungen (Sonne, Regen, Frost, Schnee, Frost-/Tauwechsel)
• Eintrag von Schmutz, Staub, Blüten-/Pflanzenresten
Welche Verschmutzungen treten bei Kunststoffrasenflächen auf?
• Eintrag von Laub, Nadeln, Blüten und sonstige Pflanzenrückstände
• Eintrag von Staub/Ablagerungen aus verschmutzter Luft
• Vermoosung und Algenbildung bei reduzierter Durchlässigkeit des Belags
• Aufwuchs von Unkraut
• Eintrag von Böden aus angrenzenden Acker-, Pflanz- und Wegeflächen
• Eintrag von Mähgut aus angrenzenden Rasenflächen
• Eintrag von Deckschichtmaterial aus angrenzenden Tennenflächen
• Eintrag von Sand aus angrenzenden Sprunggruben
• Faser-/Bändchenabrieb
• Kaugummireste
• Exkremente von Tieren (Hunde, Katzen, Vögel)
• Speichel von Sportlern
Welche Maßnahmen zur Pflege/Unterhaltung werden erforderlich?
• Egalisieren der Granulatverfüllung mit einer Bürste
• Aufrichten der Fasern mit einer Bürste
• Nachgranulieren stark beanspruchter Bereiche
• Entfernen von Papier, Blütenresten, Laub, Zweigen und sonstigen organischen Resten
• Reinigung der Randbereiche/Übergänge zu angrenzenden Flächen
• Kontrolle der geklebten Nähte zwischen den einzelnen Bahnen
• Kontrolle der eingeklebten Linien
• Kontrolle Elfmeterpunkt
Welche Geräte werden benötigt?
• Kommunaltrecker mit Rasenbereifung
• spezielle Bürste –auf den Belagstyp angepasst und vom Belagshersteller freigegeben
(sonst möglicherweise Probleme bei Schäden innerhalb der Gewährleistungsfrist)
• Laubblasgerät/Laubsauger zur Grobreinigung der Oberfläche
• Kehr-Saug-Maschine zur Intensivreinigung
• Leichte Schneefräse (nur bei Winternutzung des Spielfeldes)
In welchen Intervallen sollte gepflegt werden?
täglich Grobreinigung - Entfernen von Laub, Papier, Blütenresten etc.
wöchentlich Bürsten - Egalisieren stark beanspruchter Bereiche
(Strafraum, Torraum, Ecken)
- visuelle Kontrolle der gesamten Fläche
monatlich Trockenreinigung - Reinigung mit Kehr-Saug-Maschine
- Lockerung des Belages
- evtl. Gummigranulat nachstreuen
monatlich Kontrollgang - Inspektion des gesamten Feldes
- visuelle Kontrolle der Nähte/Linien/Ränder
Die Pflegeintervalle richten müssen auf die Nutzungsintensität und auf die Standortgegebenheiten angepasst werden. So unterliegt ein Spielfeld am Rande einer Baumgruppe mit Laubgehölz anderen jahreszeitlichen Verschmutzungen, als eine frei liegende Spielfläche mit umlaufender Pflasterung. Grundsätzlich richten sich die Pflegeintervalle nach den konkreten örtlichen Gegebenheiten und den jahreszeitlichen Erfordernissen. Die oben benannten Intervalle stellen lediglich einen groben Rahmen dar.
Was ist beim Einsatz von Pflegegeräten zu beachten?
• Gesamtlast maximal 5 t
• Radlast maximal 2 t
• Verwendung von Breit-/Niederdruckreifen für eine gleichmäßige Gewichtsverteilung
Der Kunststoffrasen wird „schwimmend“ auf der Tragschicht verlegt. Um ein Verschieben des Belages zu vermeiden ist beim Befahren folgendes zu beachten:
• gefahren wird im Schritttempo
• keine abrupten Richtungswechsel und keine engen Radien bei Kurvenfahrten
• kein starkes Beschleunigen, kein starkes Bremsen
• während der Frost-/Tauwechselperioden dürfen Sportflächen nicht befahren werden
• Pflegefahrzeuge dürfen keine Schmier- und Treibstoffe verlieren
Die fachgerechte Pflege eines Kunststoffrasenbelags erfordert Spezialgeräte und die Aufmerksamkeit des Pflegepersonals. Es macht Sinn, die technischen Eigenschaften der Pflegegeräte bereits zum Zeitpunkt der Planung auf die Spezifikationen des gewählten Belags anzupassen. Darüber hinaus sollte die Finanzierung der erforderlichen Pflegegeräte bereits zum Zeitpunkt der Planung gesichert sein, denn die Pflege muss direkt nach Beginn der Nutzung einsetzen.
Neben den allgemeinen Belangen der Pflege zur Werterhaltung des Spielfeldes und zur Schaffung und Aufrechterhaltung der sporttechnischen Eigenschaften ist ein weiterer Punkt zu beachten: Üblicherweise beträgt die Gewährleistungsfrist für das Spielfeld 5 Jahre. Um den Gewährleistungsanspruch nicht zu verlieren ist es wichtig, regelmäßig zu pflegen und die Art und den Zeitpunkt der Pflegemaßnahmen zu dokumentieren (Wer hat wann, wo, mit welchem Gerät was gemacht).
Doch allein die Verfügbarkeit der notwendigen Pfleggeräte reicht für eine anforderungsgerechte Unterhaltung nicht aus. Die Verantwortlichen des Vereins sowie das Pflegepersonal müssen mit den neuen Aufgaben vertraut gemacht und geschult werden. Dabei ist es wichtig, auch die Entscheidungsträger des Vereins bzw. der Kommune mit einzubeziehen. Wenn auch bei Ihnen die Hintergründe der durchzuführenden Pflegemaßnahmen zur Werterhaltung des Spielfeldes hinreichend bekannt sind können die Entscheidungen zur dauerhaften Finanzierung der Pflege verantwortungsvoll getroffen werden.
Pflege ist nicht nur wichtig – sie verursacht auch Kosten
Die Pflegeaufwendungen sind direkt abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, der Nutzungsintensität und dem verantwortungsbewussten Umgang der Nutzer mit der Anlage. Darüber hinaus ist festzustellen: Pflege beginnt bereits bei der Planung! Denn: Die kostengünstigste Pflegemaßnahme ist diejenige, die wegen umsichtiger Planungen gar nicht erforderlich werden.
Der Umfang und die Intensität einzelner Pflegemaßnahmen können und müssen bereits während der Planungsphase für das neue Kunststoffrasenspielfeld beeinflusst werden:
Aufklärung des Bauherren durch den Planer zum Umfang von Pflegeaufwendungen bei unterschiedlichen Belagstypen
• soll es tatsächlich der gummi-/sandverfüllte Belag sein, oder ist auch ein sandverfüllter Belag mit geringeren Pflegeaufwendungen ausreichend?
Gestaltung, Bemessung und Materialwahl der Rand- und Übergangsflächen
• keine problematischen Materialien im Übergangsbereich vorsehen (Tenne, Rasen, Pflanzbeete)
• Bäume sowie hohe Büsche und Sträucher tragen im Frühjahr und im Herbst maßgeblich zur Verschmutzung bei
• Schattenlagen begünstigen Moos-/Algenbildung
(Rutschgefahr und Reduzierung der Wasserdurchlässigkeit)
Empfehlungen für den Alltag
• auf dem gesamten Spielfeld und in den Randbereichen wird nicht geraucht
(Kunststofffasern brennen gut)
• im Umfeld ausreichend Mülleimer aufstellen –und auch regelmäßig leeren
• Kunststoffrasen und Kaugummi sind und werden keine Freunde
(gilt auch für Hunde, Katzen und Karnickel)
• Oberflächen der Zugangsbereiche zum Spielfeld immer sauber halten, um den Eintrag von Schmutz zu reduzieren
• Schuhwerk vor dem Betreten säubern
• keine Schuhe mit langen geschraubten Metallstollen tragen -für Kunststoffrasenbeläge sind Schuhe mit einer speziellen Noppensohle erforderlich (Zusatzkosten für die Nutzer!)
Schlussbetrachtung
Ein Kunststoffrasen ist ein Allwetterbelag und ermöglicht Trainingseinheiten bei nahezu allen Witterungsbedingungen. Um diese Anforderung auch dauerhaft und verlässlich erfüllen zu können sind anforderungsgerechte Pflegemaßnahmen unerlässlich.
Bereits bei den Planungen für einen Kunststoffrasenbelag sollten die Belange der Pflege und die hierzu notwendigen Investitionen für Pflegegräte und für Schulungsmaßnahmen des Pflegepersonal sowie der Entscheidungsträger berücksichtigt werden. Nicht nur der Platzwart, sondern auch die Vereinsführung sollten die Hintergründe für die im Einzelnen notwendigen Pflegemaßnahmen kennen.
Die tatsächlich durchgeführten Pflegegänge sollten unbedingt dokumentiert werden. Während der Dauer der Gewährleistungsfrist ist eine Dokumentation für die Regelung möglicher Schadensfälle unabdingbar. Darüber hinaus stellt die Auswertung der Pflegedokumentation eine wichtige Grundlage für die Finanzplanung des Folgejahres dar. Pflege ist zwingend erforderlich und verursacht nicht unerhebliche Jahreskosten, die als festes und wiederkehrendes Element in die jährliche Haushaltsplanung Eingang finden müssen.
Die Maßnahmen zur Pflege und Unterhaltung sichern die sporttechnischen Eigenschaften des Belags, reduzieren Unfallgefahren und haben einen direkten Einfluss auf die Werterhaltung des Sportbelags. Nur wenn alle Beteiligten –die Nutzer, das Pflegpersonal und die Entscheidungsträger verantwortungsvoll und sensibel mit dem Kunststoffrasenbelag umgehen, werden sie lange Freude an diesem Allwetterbelag haben.
Weitere Informationen: michael.puelm@richter-ingenieure.de