Erst prüfen – dann sanieren!
In den vergangenen Jahren hat die Anzahl der Kunststoffrasenplätze zur Sportausübung weiter zugenommen und alte Geläufe wie Tennenplätze größtenteils verdrängt. Gründe für diese Entwicklung sind unter anderem die...
Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die Ausgaben für Strom und Heizöl sanken drastisch. Mit viel Umsicht und Unternehmergeist erwirtschaftet der Verein künftig sogar Einnahmen für den Sportbetrieb aus Energieverkäufen.
Doch von vorn: am Anfang stand eine hohe Rechnung für Trinkwasser. Fast 12.000 EUR musste die TSV noch 2003 für rund 7.400 Kubikmeter des wertvollen Nasses ausgeben. Hauptverursacher war die notwendige Bewässerung der beiden Rasenplätze in dem heißen Sommer. Das hat dem Vorstand, insbesondere dem heutigen 1. Vorsitzenden, Hans Werner Dexheimer, keine Ruhe gelassen. Der pensionierte Banker war es von Berufswegen gewohnt, Zahlen als Fakten zu betrachten. Als Spezialist für das Controlling schaute er sich genau die Kostenseite der Vereinsbilanz an und startete eine Energie- und Ressourcenschutzoffensive.
Zuerst wurde die Rasenbewässerung vom Trinkwassernetz abgekoppelt. Geologen wurden befragt, ob es im trockenen Rheinhessen nicht doch eine passende Grundwasserader geben könnte. Mehr als ein „vielleicht“ war nicht zu entlocken. Ein erfahrener Brunnenbohrer aus dem Siegerland suchte das Sportgelände mit der Wünschelrute ab und war erfolgreich. Er garantierte dem Verein, mit einer 30 Meter Bohrung einen Brunnen bauen zu können, der zwei Kubikmeter Wasser pro Stunde liefert. Das machte dem Vorstand Mut für eine große Investition: die Bohrung von zwei Brunnen und den Bau von sechs Zisternen mit 60 Kubikmetern Fassungsvermögen. Regenwasser der Dachflächen von Sportlerheim und einer landwirtschaftlichen Halle sowie die Drainage unter den Rasenplätzen füllen heute gemeinsam mit den Brunnen die Zisternen. Damit wurde die Rasenbewässerung fast vollständig autark. Der Platzwart muss selbst in sehr heißen Sommern nur sehr selten zusätzliches Trinkwasser nutzen, damit der Rasen grün bleibt. In der Regel reicht das Zisternenwasser sogar, um zur Verbesserung des Spielkomforts den Kunstrasenplatz vor der Nutzung anzufeuchten. 2010 mussten für nur gut 1.700 EUR den Trinkwasserverbrauch in Sportlerheim und einer Wohnung überwiesen werden – ein guter Wert, wenn man bedenkt, das sich wöchentlich circa 300 Fußballer unter die frisch renovierten Duschen stellen.
Als nächstes stand der Ökocheck auf dem Controlling-Programm. Im Auftrag des Landessportbundes Rheinland-Pfalz prüfte ein Ingenieur der Fachhochschule Bingen Heiz- und Sanitäranlagen sowie die Isolierung des TSV- Sportlerheims. Ein Plan für eine umfassende Sanierung entstand, der in Zusammenarbeit mit dem ortsansässigen Energieberater Peter Kleißer umgesetzt wurde.
Agro Fire prangt jetzt groß auf dem Herz der neuen Heizanlage im Keller des Sportlerheims. Statt nach Heizöl riecht es angenehm nach Sägespänen. Der Heizkessel wird nicht mehr mit Öl sondern mit nachwachsenden Rohstoffen, sogenannten Pellets, befeuert. Pellets werden in der Regel aus Holzspänen und Sägemehl gepresst, aber auch andere energiehaltige Pflanzen kommen für die Pelletproduktion in Frage. Ergänzt wird die Pellet-Heizung durch Sonnenkollektoren auf dem Dach. Drei riesige Speicher mit insgesamt 2.000 Liter Fassungsvermögen speichern einen Vorrat an heißem Wasser zum Duschen und Heizen. Erst wenn die Energie aus der Sonne aufgebraucht ist, springt die Pelletheizung automatisch an.
Das Dach des 25 Jahre alten Sportlerheims ist nachgedämmt worden und auch Duschen und Toiletten wurden bei einer gründlichen Sanierung der Sanitärräume mit Wasserspartechnik versehen. Neue Kühlschränke ersetzten alte Großkühlgräte, um teuren Strom einzusparen.
Hans Werner Dexheimer ist im Zuge der Sanierung des Vereinsheims zu einem Energiesparfuchs geworden. Alle energierelevanten Daten werden monatlich kontrolliert. Die Strom-Großverbraucher wie Kühlgeräte und Flutlicht werden permanent überwacht. Neben der Erneuerung der Technik setzt er auch im Vereinsmanagement auf Nachhaltigkeit. In Vorträgen hat er die Übungsleiter darauf eingeschworen, auf sparsamen Umgang mit den Ressourcen zu achten: Licht ausschalten, Fenster und Türen schließen und die Heizung runter drehen nicht vergessen, lautet die Devise für jeden Einzelnen. Damit die Apelle nicht ungehört verhallen kümmern sich zwei Energiebeauftragte darum, dass Wasser, Strom und Heizung nicht ungenutzt verpulvert werden. „Ich kann doch nicht überall gucken und da braucht es jemanden, der regelmäßig nachsieht und den Übungsleitern Bescheid sagt, wenn die Flutlichtanlage wieder einmal eingeschaltet ist, obwohl noch gar nicht trainiert oder gespielt wird. Uns ist es wichtig, auch beim Klima- und Ressourcenschutz gute Vorbilder für die Jugend sein“, so Werner Dexheimer.
Glück, eine gute Einbindung in die Gemeinde und unternehmerische Weitsicht kamen dem TSV Zornheim bei dem aufwändigen und teuren Prozess der klimafreundlichen Sanierung zu Hilfe. Aus einem Grundstückstausch verfügte der Verein über Eigenmittel. Die allein hätte aber nicht gereicht. Der Landkreis Mainz-Bingen startete genau im richtigen Moment eine großzügige Ehrenamtsförderung, von der der Verein mit einmalig knapp EUR 50.000,- für die Anschaffung der Pellet-Heizung profitieren konnte.
Der TSV realisiert mit der Pelletheizung große Kosteneinsparungen. Mussten 2003 noch rund 3.300 Euro für knapp 9.000 Liter Heizöl aufgewendet werden, waren es 2010 nur noch knapp 2.400 Euro, die für die Pellets zu Buche schlugen. In Zeiten hoher Ölpreise hatte die TSV schon über 5.000 Euro für den fossilen Brennstoff zahlen müssen. Die Pellets bringen da auch ein gutes Stück Kostensicherheit für den Verein, da die Bezugspreise nicht stark schwanken und mit fünf Anbietern in der Region auch schon eine Konkurrenzsituation am Markt gegeben ist.
In Zukunft, so hoffen die TSV-Energiesparer könnte es noch eine weitere Kostenreduzierung für Heizung und warmes Wasser geben, wie sie wohl nur in der Weinregion rund um Zornheim möglich ist. Die Pelletheizung verfügt über einen Allesbrenner, in dem schon Versuche mit dem Verfeuern von getrocknetem Trester unternommen wurden. Trester sind Pressrückständen aus der Wein-Produktion, für die mit Pellets eine umweltfreundliche Entsorgungskette entstehen könnte. Die Trester-Pellets würden im Wald armen Rheinhessen ohne große Transportwege noch energetisch genutzt werden. Von den benachbarten Winzern günstigen Brennstoff zu beziehen, ist eine Win-win-Perspektive, die dem Pellet-Fan und Vereinsorganisator Dexheimer sichtlich Freude bereitet.
Ein echtes Win-win-Verhältnis besteht auch zwischen TSV und Gemeinde Zornheim. Auf einem ungenutzten Teil des Vereinsgeländes errichtet der TSV eine landwirtschaftliche Halle, die langfristig an die Gemeinde als Bauhof verpachtet wird. Die Halle hat natürlich ein Pultdach, das für eine 450 Quadratmeter große Solaranlage mit über 72 KW Leistung genutzt wird. Bei eisiger Kälte wurde Ende 2010 die Solarkollektoren auf dem Dach installiert, damit die Solareinspeisevergütung noch in voller Höhe in die Vereinskasse fließt. Die Kosten für die notwendigen Stromleitungen konnten mit zwei Landwirten geteilt werden, die ähnliche Hallenprojekte mit Solarnutzung gebaut haben. Der TSV wird mit dieser Anlage ein vielfaches mehr an Strom erzeugen als er selbst verbraucht.
Auch die Pellet-Heizung entwickelt sich zur Einnahmequelle. In unmittelbarer Nachbarschaft wird ein Kindergarten gebaut, der vom TSV über eine Wärmeleitung mit Heizenergie versorgt werden soll. Tagsüber werden die Kindergartenräume mit regenerativer Energie geheizt, nachmittags und abends, wenn der TSV-Sportbetrieb startet, stehen Heizung und warmes Wasser für die Sportaktiven zur Verfügung.
Ressourcen- und Klimaschutz lohnen sich so für die TSV Zornheim in mehrfacher Hinsicht: als Quelle für Kosteneinsparungen und als Einnahmebringer zur Unterstützung des Sportangebotes. Der gesamte Wärmebedarf der Sportanlage kommt jetzt aus regenerativen Energiequellen, insgesamt 22 Tonnen CO2 werden jährlich eingespart, so die Berechnung von Peter Kleißer. 2011 wird mit der Inbetriebnahme der Solaranlage auf dem Hallendach aus dem Energieverbraucher TSV ein großer Lieferant von CO2-freiem Strom.
Öffentliche Anerkennung für die Umweltschutzbemühungen der TSV gab es auch schon. Im Wettbewerb „Klimaschutz im Sportverein“ des Deutsche Olympischen Sportbundes (DOSB) belegten die Zornheimer einen zweiten Platz unter bundesweit 80 Bewerbern. Der Landkreis Kreis Mainz-Bingen belohnte das TSV-Engagement mit einem 3. Platz bei der Vergabe eines Klimaschutzpreises für vorbildliche Vereine und kommunale Einrichtungen. Die Lokalpresse berichtete ausführlich.
TSV Zornheim auf einen Blick:
Der TSV Zornheim konzentriert sich auf den Breitensport und verfügt über ein vereinseigenes großzügiges Freigelände mit zwei Rasenplätzen, einem Kunstrasenplatz, einer modernen Leichtathletikanlage und einem Beachvolley-ballfeld. Mit knapp 550 Mitgliedern (davon ca. 220 aktiv) ist die Fußballabteilung die größte Sparte. Die erste Herrenmannschaft spielt in der Bezirksliga und ist glücklich über viele Derbys mit Mannschaften aus Rheinhessen und aktuell einen 4ten Tabellenplatz. Von den Bambinis bis zu den Alten Herren sind 12 Mannschaften aktiv. Zweitgrößte Sparte sind die 430 Turnerinnen und Turner bzw. Gymnastik-Aktiven. Tischtennis (rund 90), Walking/Nordic Walking (gut 60), Leichtathleten (rund 50), Badminton und Volleyball (je gut 20) sind die weiteren Sparten. Insgesamt sind von den 1220 TSV Mitgliedern 550 Frauen und 670 Männer aktiv. 450 Mitglieder sind unter 18 Jahre alt.
Weitere Informationen zum Thema Umwelt-freundlicher Sportverein:
TSV Zornheim 1895 e.V., mHahnheimer Straße 32, 55270 Zornheim
Ansprechpartner: Hans Werner Dexheimer (1. Vorsitzender), Telefon: 06136-44753, E-Mail: wernerdexheimer@web.de, www.tsv-zornheim.de
Bernd-Olaf Hagedorn, DOSB-Pressemitteilungen Nr. 25 vom 21.06.2011
Fotos: