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Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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16.04.2012 - Ausgabe: 2/2012

Spielplatz trifft Design

Spielplatz und Design: Playground@Landscape sprach mit den beiden Spielplatzgeräte-Designern Falk Dorband und Klaus Hermann Thiele.

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Im Gegensatz zum deutschen Sprachgebrauch, der eher auf gestalterisch-kreative Aspekte abzielt und den Designbegriff weitgehend verdinglicht, umfasst der angelsächsische Begriff design auch technische Anteile der „Gestaltung“. Wie ist Ihre Grundauffassung von Design!?
Falk Dorband: Design hat das Ziel, den Gebrauchswert von Gegenständen oder Einrichtungen zu optimieren. Dinge, die Menschen für ihren Gebrauch herstellen, sollten zweckmäßig, verlässlich und angenehm zu handhaben sein. Eine differenzierte Betrachtung der zu erwartenden Bedürfnisse der Zielgruppe ist die entscheidende Basis des Designprozesses. Designer von Spielplätzen und Spielobjekten sollten also die Bedeutung und Funktion des Spielens kennen. Viele weitere Einflussfaktoren, wie z.B. gesetzliche und räumliche Rahmenbedingungen, Technik, Kosten, Nachhaltigkeit, Ästhetik beeinflussen das Ergebnis.
Klaus Hermann Thiele: Im Produktdesign verbinden sich kreativ-gestalterische Aspekte mit technisch-konstruktiven Prinzipien. Gutes Design erfordert die Berücksichtigung einer Reihe von Kriterien, wie z.B. Gestaltqualität, Originalität, Funktionsfähigkeit, Handhabung, Sicherheit oder die Beziehung eines (Spiel-) Objektes zu seinem Umfeld und seinem Nutzer.

Playground@Landscape: Design hat Funktionen für den Körper. Und Design hat Funktionen für den Verstand und die Psyche. Also ist Design elementar für den Kinderspielplatz?
Falk Dorband: Für Kinder ist die Spielqualität in Städten oft unzureichend. Die weitgehende Ausgrenzung von Kinderspiel aus gemeinsam genutzten öffentlichen Bereichen hat erhebliche negative Folgen. Mit Kinderspielplätzen soll dieser Entwicklung begegnet werden. Für die an der Spielplatzgestaltung Beteiligten entsteht die spannende Aufgabe, attraktive, erlebenswerte und erfahrungsintensive Angebote zu gestalten. Die notwendige Integration des Spielens in das reale Umfeld wird hierbei zur besonderen Herausforderung. Zielorientiertes Design kann hierfür Lösungsvorschläge anbieten.
Klaus Hermann Thiele: Design von Spielobjekten kann immer nur versuchen den verloren gegangenen Spielraum und die damit verbundenen natürlichen Spielmöglichkeiten zu ersetzen. Gut gestalteter "Ersatz" d.h.
fantasievolle, anregende und die Kinder berührende Objekte können neue Perspektiven eröffnen. Nur wenn es uns gelingt reizvolle Spielangebote mit "Herz, Spaß und Verstand" zu schaffen, sind wir auf dem richtigen Weg. Letztlich werden uns die Kinder durch ihre Aktivitäten und ihre Präsenz auf den Spielobjekten zeigen ob uns das gelungen ist.

Playground@Landscape: Woher kommt die Inspiration für das Design für den kreativen Spielplatz?
Falk Dorband: Die Veränderung gesellschaftlicher und sozialer Realitäten und Verhaltensweisen hat erheblichen Einfluss auf die Möglichkeiten kindlicher Entwicklung. Die zunehmende Beschäftigung mit virtuellen Welten bietet Kindern andere Möglichkeiten der Orientierung, jedoch weniger Chancen des physischen Begreifens (= anfassen) ihrer realen Umwelt als dies für ihre ganzheitliche Entwicklung wünschenswert ist. Damit einher geht eine Tendenz, Spielen aus seinem real sozialen Umfeld zu lösen. Die Thematik ist spannend und die Beschäftigung damit lohnend. Hieraus ergeben sich auch Inspiration und Herausforderung für die Mitgestaltung öffentlicher Bereiche.
Und natürlich ist es für den Designer immer inspirierend Kinder spielen zu sehen.
Klaus Hermann Thiele: Die Inspiration holen wir uns immer wieder durch Beobachtung spielender Kinder und aus der Tatsache, dass nach über 30 Jahren Tätigkeit für Kinder, es immer noch Spaß macht in diesem Bereich zu arbeiten.

Playground@Landscape: Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Planung für Spielbereiche?
Falk Dorband: Spielen kann für Kinder eine Herausforderung sein, die auch die Grenzen des Leistbaren erreicht. Spielen hat nachhaltige persönliche und soziale Erfahrung zum Ergebnis. Neues wird erprobt, Grenzen werden überschritten, Bekanntes wiederholt oder in Frage gestellt, Erfolg und Scheitern erfahren. Fantasie und Selbstverwirklichung begleiten das zufriedenstellende Spiel. Spielend erwerben Kinder die Schlüssel für die Zeit, in die sie geboren wurden. Das alles wird aus freiem Willen geleistet und macht Spaß! Kaum ein pädagogisches Konzept ist effektiver als das selbstbestimmte Spielen. Dieses Spielen zu unterstützen ist unser Ziel.
Klaus Hermann Thiele: Kinder sollten sich von Spielobjekten angezogen fühlen.
Die Objekte müssen Räume und Spielfunktionen bieten, die herausfordern und Erfahrungen ermöglichen. Atmosphäre, Spaß und sinnliche Stimulation sind weitere Zielvorgaben.

Playground@Landscape: Welche Materialien bevorzugen Sie?
Falk Dorband: Kinderspiel bezieht alles ein. Variable Materialien, Wasser, Matsch, Schnee sind interaktiv. In einem gut gestalteten Spielumfeld kann das schon viele Spielmöglichkeiten bieten. Als Werkstoff für Spielgeräte hat Holz viele Vorzüge. Als lebendiges Material "erzählt" es von seiner Herkunft und von seinen Eigenschaften, sein Geruch variiert bei Regen und Sonne, es verändert sich mit der Benutzung, zeigt Spuren von Alter und Gebrauch. Holzkonstruktionen erschließen sich durch ihre handwerkliche Bauart und die meist überschaubare Verbindungstechnik auch dem Laien. Sie sind auch für Kinder verständlich. Für eigene Konstruktions- und Bauversuche bietet sich Holz an. All diese Eigenschaften können bspw. Edelstahl kaum zugeschrieben werden, deshalb wirkt dieses Material eher tot. Holz ist ein Werkstoff, der Menschen in vielen Lebensbereichen begleitet. Es lässt sich auch gut mit vielen anderen Materialien kombinieren. Spielbereiche für Kinder sollten Erfahrungsmöglichkeiten mit den unterschiedlichsten Materialien bieten.
Klaus Hermann Thiele: Als Grundmaterial arbeiten wir mit Holz, da Holz als lebendiges Material die Gefühlsebene der Kinder am stärksten anspricht. Die Kombination mit anderen Materialien z.B. Edelstahl für Rutschen oder Stangen, Seile, Netze etc. dienen der Ausstattung und Erweiterung der Spielangebotes.

Playground@Landscape: Woher kommt Ihr Interesse an der Gestaltung von Spielobjekten?
Klaus Hermann Thiele: Schon im Studium habe ich den Schwerpunkt auf die Entwicklung von Produkten für Kinder gelegt. Daraus entstand noch in der Studienzeit zusammen mit weiteren Kommilitonen eine Firma für die Gestaltung von Holzspielzeug, die über 20 Jahre erfolgreich tätig war. Nach dem Studium wurde mit dem Designer F. Dorband eine Firma für die "Entwicklung und Realisierung von Spielgeräten " gegründet, mit der für Kindergärten, Tagesstätten, Schulen, Kliniken, Einrichtungen für behinderte Menschen und in öffentlichen Bereichen Spielobjekte entwickelt und erstellt wurden. Daneben gab es Aufträge "Außerschulische Lernorte für Grundschulkinder" zu entwerfen. Dabei wurde ein Frachtschiff zu einem Erlebnisschiff mit interaktiven Stationen umgebaut oder englische Doppeldeckerbusse für den Englischunterricht umgestaltet. Mit jeder neuen Erfahrung in dem Spektrum "Aktivitäten für Kinder" wuchs auch das Interesse diese spannende Arbeit weiter zu vertiefen.

Playground@Landscape: Arbeiten Sie in Sachen Kinderspielplatz ausschließlich für das Unternehmen Richter Spielgeräte? Was sind dort Ihre Prämissen?
Falk Dorband: Als freiberuflich tätiger Designer bin ich nicht an ein Unternehmen gebunden. Wichtig für eine freie Zusammenarbeit ist, dass der Hersteller unsere Intentionen nachvollziehen kann und inhaltliche Ziele und Wertvorstellungen kompatibel sind. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können in einer kommunikativen Zusammenarbeit sehr gute Lösungen gefunden werden.
Klaus Hermann Thiele: Im Bereich Gestaltung von Spielgeräten arbeite ich
ausschließlich für die Fa. Richter Spielgeräte. Meine Prämissen liegen in der Erweiterung des schon sehr vielfältigen Programms durch neue, originelle, außergewöhnliche, sinnliche und überraschende Objekte. Mit dem Designer F. Dorband zusammen wurde eine Serie mit Klang- und Geräuschobjekten entwickelt.
Weiter sind in dieser Zusammenarbeit Klettergerüste entstanden, die durch ihr figürliches Erscheinungsbild die Fantasie anregen und dem Trend zu "Edelstahl-Spielplätzen" entgegenstehen. Eine Serie für "Die ganz Kleinen" möchte durch liebevoll gestaltete überschaubare Objekte Räume schaffen, die ermöglichen erste einfache Handlungsabläufe auszuprobieren.

Playground@Landscape: Design orientiert sich am Menschen? Oder am Kinderspielplatz?
Falk Dorband: Die Frage nach dem Sinn der Entwicklung von Spielgeräten für 'Sonderzonen für Kinder' kann gestellt werden. Kinderspiel hat fast immer das Ziel, die Realität zu erschließen. Wäre es nicht besser, Spielen dort zu unterstützen, wo es ursprünglich seinen Platz hatte? In realen Lebensbereichen der Familien und ihres sozialen Umfeldes? Im ländlichen Raum erscheint dies teilweise möglich. Könnten Städte Qualitäten bieten, die Kindern mehr Teilhabe im öffentlichen Raum bietet?
Klaus Hermann Thiele: Design muss sich immer am Menschen orientieren.

Playground@Landscape: Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter übt Kritik an sogenannten Design-Spielplätzen. Sie seien "wenig anregend für Spiel und Aufenthalt". Hat er Recht?
Falk Dobrand: Der Begriff 'Design-Spielplatz' ist unpassend gewählt. Eher kann man hier von Styling sprechen. Design hat die Aufgabe Brauchbares zu gestalten! Bei den in Frage stehenden Spielplätzen wurden die Bedürfnisse von Kindern kaum berücksichtigt. Im Ergebnis sind diese Plätze abweisend. Hier wird auch deutlich, dass die Gestaltung eines Platzes oft wichtiger ist als die Ausstattung mit Geräten. Man kann aber auch die Frage stellen, ob das Planungsziel nicht tatsächlich ein unbenutzbarer Spielplatz war. Funktionierende Spielplätze können lebensintensive Bereiche sein. Das ist nicht immer von allen Beteilgten gewünscht.
Klaus Hermann Thiele: Wenn man die Bilder betrachtet auf die sich diese Aussage
bezieht, kann man ihm nur zustimmen.
Jedoch erscheint hier eine differenzierte Betrachtung angebracht.
Wenn ein Spielplatz von Designern gestaltet wird, die bei der Gestaltung die Interessen der Kinder im Blick behalten, kann nach den vorher geschilderten Kriterien ein spannendes, reizvolles und erfahrungsorientiertes Umfeld entstehen, das die kindliche Entwicklung fördert und auf dem sich Kinder gerne aufhalten.

Playground@Landscape: Thema Plagiate! Wie schützt der Designer sein geistiges Eigentum?
Falk Dorband: Urheberrechtsverstöße sind zunehmend an der Tagesordnung, die Plagiatoren sind meist Geschäftemacher, ohne inhaltlich fachliche Ambition. Nachdem es hierbei meist ausschließlich um Profit geht, sind diese Plagiate häufig auch noch schlecht. Dass sich geschädigte Firmen hiergegen rechtlich zur Wehr setzen ist zu begrüßen.


Das Interview führte Thomas R. Müller (Playground@Landscape)
 

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