von Daniela Saxer, dipl. Arch ETH SIA, Raum B Architektur und Gestaltungskonzepte GmbH
Als Schule und Internat für mehrfach behinderte Kinder stellt das Heilpädagogische Zentrum Hagendorn besondere Ansprüche an den Aussenraum. Kinder im Rollstuhl benötigen freien Zugang zum gesamten Spielraum und allen Spielgeräten, die übrigen Kinder bedürfen jedoch physischer Herausforderungen und Impulsen, um die körperlichen Grenzen auszuloten und zu erfahren. Eine Umgestaltung des Gartens zu einem Spielraum, der allen Kindern reiche Erfahrungen bietet war somit nicht durch die Platzierung einzelner Spielobjekte zu bewältigen, sondern durch eine gezielte Strukturierung der Gesamtanlage.
Unterschiedliche Wege als Herausforderung
Die ursprüngliche Gartenanlage, geprägt von einem Rasenhang mit einzelnen Spielgeräten, ist heute durch drei großzügige Spielebenen strukturiert, welche verschiedene Spiel- und Erfahrungsthemen verkörpern. Verbunden werden diese Ebenen durch sehr unterschiedlich ausformulierte Wege. Grundsatz lautete dabei: Je kürzer desto schwieriger. Mit Abkürzungen werden die Kinder motiviert, über große Steine zur Rutschbahn hochzuklettern oder auf einem wackeligen Steg eine Gebüschreihe zu durchqueren. Der längste Weg führt von der Hangkante bis hinunter zum Schwimmbad durch alle drei Spielebenen. Hier wurde besonderes Augenmerk darauf gelegt, auch diesen Rollstuhlgängigen Weg mit verschiedenen Belägen wie Riffelblech, Streckmetallstege und einer Bodenwippe abwechslungsreich zu gestalten. Die Beläge und Wege werden selbst zum Spiel- und Lernobjekt.
Der direkteste Weg vom Pausenplatz in den Garten führt über einen Holzsteg. Als geschwungene Rampe durchquert dieser erst Stauden und Haselsträucher und ermöglicht es den Kindern in den Rollstühlen, sich in den Baumkronen zu fühlen. Im Bereich des Holzpavillons weitet sich der Holzsteg zu einer Plattform in Schmetterlingsform. Von hier aus lässt sich der gesamte Spielplatz überblicken und die Welt kann von oben betrachtet werden. In großzügigem Bogen führt der Steg weiter in die unterste Spielebene hinab.
Wie von Kinderhand gebaut
Hier befindet man sich im Herzen des Pavillons, welcher als Versammlungsort genutzt wird und eine Orientierungshilfe innerhalb der Anlage ist. Mit Sonnensegeln schützt dieser vor Sonne und Regen und bietet einen angenehmen Aufenthalts- und Spielraum.
Seine Struktur ist nach streng rechtwinkligem Raster aufgebaut und bietet Platz für eine einfache Befestigung von diversen Spielgeräten wie eine Kletterwand, Netze, Kugelbahn oder Tücher. Die Grundstruktur wird dadurch nicht verändert, sodass immer wieder neue Spielgeräte platziert werden können, ohne die gesamte Konstruktion und Anlage in Frage zu stellen.
Da der Pavillon das ganze Jahr über der Witterung ausgesetzt ist und den nebligen, feuchten Wintermonaten der Region standhalten muss, wurde spezielles Augenmerk auf den konstruktiven Holzschutz und die Qualität des Holzes gelegt. Eine Imprägnierung des Holzes kam nicht in Frage, da diese Maßnahme sehr unterhalts- und kostenintensiv ist und alle paar Jahre wiederholt werden muss.
Aus diesem Grunde wurde ausschließlich Schweizer Berglärche verwendet, die über 1200 müM gewachsen ist und eine äußerst verzugsresistente, feinjährige Struktur aufweist. Die tragenden Querschnitte bauen auf Lamellen in der Dimension von 50x150mm auf. Diese berühren sich nur punktuell und sind über Gewindestangen zusammengespannt. Dadurch bleibt die Konstruktion immer luftumspült, was die Dauerhaftigkeit der gesamten Konstruktion erhöht. Die Konstruktion wirkt wie von Kinderhand gefügt und erzeugt dank den Zwischenräumen interessante Schattenspiele.
In der Spielebene unten angekommen nimmt man auch die Unterseite der geschwungenen Rampe wahr. Zahlreiche, wild und zufällig platziert wirkende Rundstützen spannen einen Raum unter der Rampe auf. Der Laufsteg wird plötzlich zum Dach. Auch hier spielte der konstruktive Holzschutz eine entscheidende Rolle in der Ausgestaltung des Bauwerks. Wiederum ist die Konstruktion gekennzeichnet durch kleine Querschnitte, die luftumspült eingebaut sind. Die Rundstützen weisen einen Querschnitt von 80mm auf und sind somit auch für Kinderhände greifbar.
Eine große Herausforderung stellte der 12% steile Abschnitt der Rampe dar. Wie ist das Ausrutschen auf den nassen Holzlatten zu verhindern? Eine erste Idee von eingelassenen Gummirippen wurde verworfen, weil diese Rippen äußerst unangenehme Erschütterungen für Rollstuhlfahrer bedeuten. In eigens durchgeführten Bewitterungstests wurde die Anwendbarkeit von besandeten Klebestreifen sowie einem Auftrag in Gummigranulat getestet. Beide Varianten erwiesen sich als wenig beständig und daher unterhaltsintensiv. Ausgeführt wurde schließlich die einfachste Variante – eine Holzlattung ohne jeglichen Antirutsch-Auftrag. Die Lattenbreite wurde auf maximal 60mm festgelegt, sodass der Fuß immer mindestens auf zwei bis drei Latten zu liegen kommt. Der Zwischenraum konnte, da er quer zu den Rollstuhlrädern verläuft, auf 15mm ausgeweitet werden. Allein durch diese Dimensionierung wird der Holzrost relativ griffig und der witterungsbedingte Verzug der einzelnen Holzlatten begünstigt diese Eigenschaft noch zusätzlich. Der Holzsteg ist bis heute nicht nachbearbeitet worden und überzeugt nach wie vor als einfachste, günstigste und optisch klarste Ausführung.
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