Generationen spielen gemeinsam – warum eigentlich nicht?
Von DI Rita Mayrhofer
Das Angebot, in öffentlichen Parkanlagen zu trainieren, ist vielfältig und attraktiv. Aber das Konzept geht nicht auf: Studien (Beobachtungen) zeigen, fast alle dieser Geräte werden überwiegend von Kindern und Jugendlichen, etwas von Erwachsenen und gar nicht von Menschen der älteren Generationen benützt.
Obwohl die Angebote teilweise speziell auf ältere Erwachsene abgestimmt und intensiv beworben wurden, nutzen diese Zielgruppen das Angebot nicht - weder allein, noch mit jüngeren Menschen gemeinsam. Es ist allgemein unbestritten, dass Bewegung ein Schlüsselfaktor zu einem gesunden Altern darstellt. In fast jedem Magazin sind dahingehende Hinweise und Anregungen zu finden und obwohl Gesundheit bei diesen Altersgruppen eine große Rolle spielt, können Sie die Bewegungsgeräte offensichtlich nicht für sich in Anspruch nehmen. Das Bemühen von Kommunen, PolitikerInnen, PlanerInnen und ParkbetreuerInnen auch Menschen über 50 mit diesem kostenfreien und allgemein zugänglichen Angebot zu mehr Bewegung anzuregen, schlägt bisher in Deutschland und Österreich fehl.
Gemma raus!
Zwischen 2009 und 2011 haben Sportwissenschaftlerinnen und Landschaftsplanerinnen in Wien gemeinsam in einem Forschungs- und Aktivierungsprojekt untersucht, wer die Bewegungsgeräte in fünf Parkanlagen nutzt und wie das Angebot für die Zielgruppe 60+ attraktiver gestaltet werden kann. Das Projekt mit dem Namen Gemma raus! GEsundheitsfördernde MitMachAktionen für ältere FRAUen und Männer in BewegungsparkS wurde gefördert aus Mitteln des Fonds Gesundes Österreich, des Österreichischen Sportministeriums und der Stadt Wien. Beobachtungen, Focusgruppen, Bewegungsanleitungen und MultiplikatorInnenausbildungen zeigten sehr deutlich, dass es für viele Menschen der älteren Generationen einige Hemmschwellen zu überwinden gilt, diese neuen Angebote zu nutzen.
Die Hemmnisse
Anders als im asiatischen Raum gibt es in Österreich keine Tradition der Bewegung Erwachsener in öffentlichen städtischen Parkanlagen. Also gilt es erst mal eine gewisse Scheu zu überwinden. Erst in den 1990er Jahren wurde in Wien das Verbot zum Betreten der Rasenflächen offiziell aufgehoben. Junge Menschen setzten sich seit vielen Jahren über diese Regel hinweg, ältere Menschen hingegen waren bislang eher damit beschäftigt, diese Regel einzufordern. Auch die in den Köpfen wirksamen Bilder von älteren Menschen auf der Parkbank scheinen eine offene, neugierige Haltung zu neuen Angeboten zu blockieren. Anders als Kinder, die sich experimentierfreudig und bewegungshungrig auf alle benutzbaren Geräte stürzen, betrachten sie diese Angebote skeptisch und viele von uns Befragten kamen gar nicht auf die Idee, dass diese Geräte auch für sie sein könnten. Groß ist auch die Angst sich öffentlich lächerlich zu machen, wenn Mann oder Frau verschwitzt oder ungelenk auf einem Gerät werkt. Und die Angst ist umso größer, je mehr Kinder und Jugendliche in der Nähe sind, die so viel geschickter und schneller wirken.
Generationenübergreifendes Spielen
Die Beobachtungen über zwei Jahre zeigten, dass sobald sich Kinder nähern, Erwachsene die Geräte verlassen oder gar nicht hingehen. Kinder nehmen alles, was in einem Park wie ein Gerät aussieht selbstverständlich für sich in Anspruch, dieses Selbstverständnis haben ältere Menschen derzeit nicht. Auch wenn der Wunsch aller nach gemeinsamen Aktivitäten groß ist und generationenübergreifender Dialog ein wichtiger Schlüssel für ein friedliches Miteinander ist, lässt es sich so nicht erzwingen. Die derzeitige Kluft zwischen den Genrationen scheint zu groß, als dass sie heute in den Parkanlagen im gemeinsamen Tun ohne Moderation überwunden werden kann. Auch der Begriff „Spielen“ macht die Sache nicht leichter, viele Menschen der älteren Generationen haben hier eine große Scheu und wollen nicht als kindisch oder senil gelten. Der Name Generationenspielplatz wird daher rundweg abgelehnt. Und wenn tatsächlich Großeltern mit Enkelkindern den Generationenpark besuchen, dann sind sie in der Rolle der Betreuungsperson und unterbrechen eigen Aktivitäten sofort, wenn die Kinder ihre Hilfe brauchen oder das Interesse verlieren. Ein eigenes Trainieren ist so nicht möglich. Was die TeilnehmerInnen unserer offenen Bewegungsanleitungen im Park jedoch sehr genossen haben, war der Kontakt und die Gespräche mit den jungen TrainerInnen. Hier hat generationenübergreifendes gemeinsames Tun funktioniert.
Ausblick in die Zukunft
Grundsätzlich trifft dieses Angebot auf eine wachsende Nachfrage, zeigen doch internationale Studien zur Bewegungsaktivität älterer Menschen, dass die derzeitige Generation 60+ sich vorwiegend in selbstorganisierter Form und am liebsten im Freien bewegt. Der Bedarf ist gegeben. Aber momentan brauchen die Bewegungsangebote noch eine spezifischere, an den Ort und seine NutzerInnen angepasste Planung sowie begleitende Maßnahmen. Kurz gesagt: ein sauberes WC, ein Trinkbrunnen, etwas Schatten und angenehme Tische und Bänke gehören zu einem attraktiven Umfeld und verhindern den Ausschluss von Menschen, die auf diese Ausstattung angewiesen sind. Die Anleitungen in einer offenen Gruppe zu einer bestimmten Zeit mit geschulten TrainerInnen wurden in Wien sehr gerne angenommen und haben viele der genannten Barrieren abbauen können. Leichte Aufwärmübungen und gemeinsame Spiele, eine kompetente Antwort auf die Frage „kann ich mit meiner operierten Hüfte auf diesen Air-Walker“ und gemeinsames Lachen über die Bemerkung eines Hortkindes am Pedalo „schaut, jetzt will die Alte fahren“, machen vieles möglich, was Mann oder Frau alleine nicht einmal ausprobieren möchte.
DI Rita Mayrhofer und DI Heide Studer, Gesellschafterinnen von tilia Technisches Büro für Landschaftsplanung Wien www.tilia.at
Ass. Prof. Mag. Dr. Rosa Diketmüller und Mag. Barbara Kolb, Mitarbeiterinnen der Abteilung Bewegungs- und Sportpädagogik des Instituts für Sportwissenschaft der Universität Wien
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