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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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12.06.2012 - Ausgabe: 3/2012

Spielplatz mit Seele

Von Diplom-Bauingenieur David Weise und Daniel Mauersberger

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Ein Spielplatz mit Seele – was ist das eigentlich? Diese Frage lässt sich nicht so einfach beantworten. Die Frage nach dem „Wo?“ schon eher. An der Klosterstraße in Ostritz, direkt am Neißeradweg ist das ca. 5000 m² große Flurstück zu finden.
Nach einer Ausschreibung im Jahr 2009 wurde der in Dresden studierte Diplom-Bauingenieur David Weise mit der Planung und der Wiederherstellung des zu dem Zeitpunkt desolaten Spielplatzes betraut. Die Stadt Ostritz als Bauherr stellte dabei die Prämissen, dass unter Verwendung ökologischer Materialien und dem Erhalt des bestehenden Baumbestandes ein kind- und behindertengerechter Mehrgenerationenpark entstehen sollte.
Nach der Fertigstellung lautete das Fazit der Stadt Ostritz: Ein optimal gestalteter Spielplatz mit großer Nachfrage und Nutzung. 2011 wurde der Spielplatz dann mit dem Deutschen Spielraum-Preis ausgezeichnet. Vermehrt häufen sich nun Anfragen an die Stadt: „Wie kommt man zu so einem Spielplatz?“

Das klare Konzept für den Spielplatz lautet: „Freiräume schaffen!“, so Weise. Kinder haben Rechte – so auch das Recht selbst zu entdecken, zu lernen und frei zu spielen. Freiräume schaffen bedeutet Natürlichkeit und Wildnis zugänglich machen. Dazu gehört vor allem natürliche Grenzen in Form von Bäumen und Sträuchern zu nutzen und Neue zu ziehen. Auch der Kreislauf der Natur – also das Zulassen von Jahreszeiten – trägt dazu bei, dass der Spielplatz ein bewegtes Gelände wird und kein starrer Gerätefriedhof. Die Nähe zur Natur muss wieder alltäglich werden. Schlüsselbegriffe in diesem Prozess sind das Erleben und Entdecken – beides fördert die Kreativität, zeigt Grenzen auf, ermöglicht Abenteuer und erlaubt den Kindern an sich selbst zu wachsen.
Freiräume schaffen bedeutet aber auch, dass der Spielplatz erst auf dem Gelände und während der Bauphase seine endgültige Form bekommt. Das erfordert fließende Grenzen und Flexibilität schon beim Planen. „Kinder sind Katalysatoren für Ideen. Ohne die Beobachtung der Kinder auf dem Platz mit ihren Verhaltens- und Bewegungsmustern kann es kaum gelingen, einen dauerhaft ansprechenden und langfristig frequentierten Spielplatz zu entwerfen.“, sagt David Weise. Doch die Beobachtung ist nur ein Teil des Freiraums, den Weise sich zu schaffen versucht. Eine andere Grundidee ist die Beteiligung und Integration Aller in seine Planung und letztendlich auch in deren Umsetzung. Zum Einen entstünden dabei Zusammengehörigkeitsgefühl und Verantwortung gegenüber dem gemeinsam Aufgebauten. Letztendlich könnten sich die Anwohner nach Fertigstellung des Platzes viel besser mit diesem Ort identifizieren und damit auch dem Vandalismus ein Stückweit entgegen wirken. Zum Anderen, so Weise, erhielt er durch die Gespräche mit Kindern, Anliegern, Eltern und selbst mit vorbeifahrenden Radfahrern einen enormen Input an Ideen, sodass der Spielplatz an den Vorschlägen aller Beteiligten wachsen konnte. Nicht zuletzt arbeitet der selbst dreifache Vater bei der Ausführung und schon in der Planung eng mit dem TÜV zusammen. Jegliche Geräte und Bauten entsprechen selbstverständlich den aktuellen Spielgerätenormen, sodass die sinnvolle TÜV-Abnahme ohne Beanstandung ausfiel.

Aufgrund dieses Konzeptes ergab sich der konkrete Plan eines Reliefs aus Naturalien, mit dem ausgewählte Miniaturlandschaften nachgestellt wurden. Aufgeschüttete Erdhügel lassen nun das Gelände fließend erscheinen. Trockenmauern aus regionalen Gesteinen stabilisieren die Erdhänge und laden zum Klettern ein. Genutzt wurden weitere natürliche Materialien, die Abwechslung bieten und neugierig machen. Modellierfähige Materialien, wie Sand, Kies, Rindenmulch und Holz tragen zum bewegten Bild bei und wecken Entdeckungslust und Erfindergeist. Große Rohre und Erdsenken dienen als Verstecke oder Rückzugsorte und helfen den Kindern sich ab und an den Blicken der Erwachsenen zu entziehen. Außerdem wurden in das Gelände Brücken, Balancierstämme, Holzwege und Findlinge eingefügt. Diese fordern die Motorik der Kinder heraus, lassen sich austesten, anfassen und bewusst erfahren.
Eingebettet wurden wenige, dafür gut ausgewählte Spielgeräte. Mittelpunkt dabei ist die Ritterburg mit Rutsche als statisches Element, die über verschiedene Plattformkonstruktionen und Balancierbalken an einen Seilgarten und den gegenüberliegenden Reifenschwinger angrenzt.
Angelegt wurde ebenfalls ein Kleinstkinderbereich, der sichtgeschützt und ruhig in einer Erdsenke gelegen auch den Erwachsenen Erholung bietet.
Die Forderung nach einem Mehrgenerationenpark erfüllend, wurde ein Rondell mit Feuerstelle und Sitzstämmen angelegt. Dieses wird von einem etwa zwei Meter hohen Erdwall umfasst, der als Lärmschutz dient. Das Rondell wird als Treffpunkt, aber auch für Feiern und Feste genutzt. Außerdem wurden eine Skatecke aus Findlingen, eine Kuppwiese und ein Ruhebereich angelegt, der auch Touristen, ob vom Neißeradweg, vom Dreiländereck, vom Jakobsweg oder dem Kloster St. Marienthal kommend, zum Verweilen einlädt. Alle Plätze auf dem Gelände sind darüber hinaus leicht mit dem Kinderwagen oder dem Rollstuhl erreichbar.

Überall anzutreffend auf dem Spielplatz mit Seele, ist der ökologische Gedanke. Anstelle von Tropenhölzern wurden ausschließlich einheimische Holzarten, wie die wunderbare Eiche, Lärche und Robinie verbaut, die aufgrund Ihrer Eigenschaften – robust, hart und dauerhaft – ohne eine chemische Vorbehandlung verarbeitet und genutzt werden können. Auch bei der Neubepflanzung in Form von Schmetterlings-, Bienen- und Kräutersäumen wurde sich auf Samen lokaler bis regionaler Herkunft beschränkt. Bei Sträuchern wurde auf widerstandsfähige, heimische Arten zurückgegriffen, die auch ein Abbrechen oder Abreißen verzeihen. Durch das Anlegen neuer Biotope, unter Anderem einem Totholzbiotop, gelang es, die lokale Fauna auf dem Spielplatz wieder anzusiedeln. Der bestehende Baumbestand mit dichten Kronen, die Erdwälle und die Neubepflanzungen fordern Licht und Schattenspiele heraus und lassen das Gelände, je nach Tageszeit, in einem anderen Licht erstrahlen.

Ziele

Ziel des Spielplatzes ist das Spielen mit allen Sinnen und die intensive Begegnung mit allen Elementen. Erleben, entdecken, klettern, balancieren, ernten, abbrechen, flechten, pflücken – dies sind Merkmale freien Spielens und werden auf diesem Spielplatz nicht unterbunden sondern gewollt und gefördert.

Zuletzt bleibt nur noch die Frage: „Spielplatz mit Seele – Was genau ist das nun?“ Es bedeutet, dass dieser Spielplatz nicht das Werk eines Einzelnen ist. Alle Beteiligten, die in der Entstehungsphase halfen, haben dem Spielplatz eine Seele eingehaucht. Und gerade diese Seele lädt zum Verweilen und zum Ausruhen, zum Spielen und zum Entdecken ein.


 

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