Ein Interview mit dem in den Niederlanden ansässigen Designer Gert Eussen, der weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist.
Im Gegensatz zum deutschen Sprachgebrauch, der eher auf gestalterisch-kreative Aspekte abzielt und den Designbegriff weitgehend verdinglicht, umfasst der angelsächsische Begriff design auch technische Anteile der „Gestaltung“. Wie ist Ihre Grundauffassung von Design!?
Gert Eussen: Zunächst einmal möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie sich die Zeit genommen haben, eine solch gute Frage aufzuwerfen. Sie ist nicht nur interessant für Ihre Leser, sondern jeder Designer sollte sich diese Frage immer wieder selbst stellen.
Es gibt viele verschiedene Designbereiche: Produktdesign, Konzeptdesign, Industriedesign, Grafikdesign, Interaktionsdesign, etc. Jeder Designbereich hat seine eigenen charakteristischen Merkmale und erfordert vom Designer bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten. Hauptschwerpunkt meines Designbüros Gert Eussen Visual Projects ist die Entwicklung und Umsetzung von Designkonzepten für die Freizeit- und Unterhaltungsindustrie sowie das Hotel- und Gastgewerbe, darunter Bereiche wie Konzeptdesign, Produkt-/ Industriedesign und Konzeptarchitektur. In diesen Bereichen ist die Gestaltung ein ständig in Gang befindlicher Prozess, in dem Probleme oder vielmehr Herausforderungen gemeistert werden müssen. Zu diesen Herausforderungen zählen nicht nur Fragen des optischen Erscheinungsbildes, sondern auch Maßstab und Dimensionen, Funktion, Material, Farbe, sowie Budget, Ort und Menschen. In allen Designbereichen sollte sich der Prozess darum drehen, die richtigen Fragen zu stellen und dann die Antworten sorgfältig zu durchdenken, um die bestmögliche Lösung für einen bestimmten Ort, eine bestimmte Situation oder Umgebung zu erarbeiten. Ich bin fest davon überzeugt, dass jedes Design seine eigenen Grenzen definiert und (was sehr wichtig ist) dass die einzelnen Designs innerhalb dieser Grenzen nebeneinander bestehen sollten.
2.
Playground@Landscape: Design hat Funktionen für den Körper. Und Design hat Funktionen für den Verstand und die Psyche. Also ist Design elementar für den Kinderspielplatz?
Gert Eussen: Elementar – in welcher Hinsicht? Insofern als dass die Gestaltung eines Kinderspielplatzes der Gipfel des Designs ist? In diesem Fall lautet die Antwort: nein. In this case, no. So wie es viele Designs gibt, die sich am Menschen orientieren, so gibt es mehr als nur die Funktion für Körper und Geist. Ebenso wichtig ist es und sollte es in einigen Fällen sein, alle Sinne anzuregen. Für mich stellt jedes Design eine neue Herausforderung dar.
3.
Playground@Landscape: Woher kommt die Inspiration für das Design von MOBOES?
Gert Eussen: Diese fließende oder organische Form diente mehrmals als Quelle der Inspiration. Als ich beschloss, dies in eine spielerische Skulptur umzusetzen, hielt ich an dem Ziel fest, dass das Design wachsen können sollte oder sogar noch besser den Menschen ermöglichen sollte, sich an der Formgebung zu beteiligen. Aufgrund dieser Idee des Wachsens und der Beteiligung kann dieses “Design” innerhalb jeder gesetzten Grenze funktionieren. Zum Beispiel wird es den Kindern ermöglicht, die Oberfläche farblich oder mit Motiven zu gestalten. Oder eine Gemeinde kann beschließen, dem Objekt Spielgeräte hinzuzufügen.
5.
Playground@Landscape: Welche Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Planung für Spielbereiche?
Gert Eussen: Wie bereits erwähnt, hat jedes Design seine eigenen Grenzen. Diese Grenzen geben vor, was ich designen kann or sollte. Dies trifft auch auf Spielbereiche zu. Bei der Gestaltung von Spielbereichen ist eine der wichtigsten Vorgaben die Nutzung als Ort zum Spielen – dies sollte stets das Hauptziel sein. Andere Vorgaben wie etwa der Ort, die Menschen, das Material oder sogar das Klima spielen ebenfalls eine Rolle beim Design. Man könnte sagen, dass es mein Hauptziel ist, diese Vorgaben am effektivsten zu berücksichtigen und Lösungen auf die kreativste Art und Weise anzuwenden.
6.
Playground@Landscape: Arbeiten Sie in Sachen Kinderspielplatz ausschließlich für das Unternehmen Kinderland? Was sind dort Ihre Prämissen?
Gert Eussen: Nein, ich arbeite nicht ausschließlich mit Kinderland zusammen. Ich habe mein eigenes Designbüro und designe für Kunden auf der ganzen Welt. Jedoch unterhalte ich enge Beziehungen zu meinen Partnerunternehmen, von denen Kinderland eines ist. In Sachen Spielplätze ziehe ich es vor, aus den folgenden zwei Gründen mit Kinderland zu arbeiten: Erstens liefert Kinderland pünktlich sowie unter Einhaltung des Budgetrahmens und höchster Materialstandards. Zweitens habe ich mit Kinderland ein Unternehmen gefunden, dass mit seiner Tradition, einzigartige Spielskulpturen zu bauen, meiner Designphilosophie entspricht. Keine Situation gleicht der anderen und daher ist auch kein Spielplatz wie der andere. Die Zusammenarbeit mit Kinderland verläuft ausgesprochen gut, sowohl auf beruflicher, als auch auf persönlicher Ebene.
7.
Playground@Landscape: Design orientiert sich am Menschen? Oder am Kinderspielplatz?
Gert Eussen: Meiner Meinung nach kann man Kindsein und Menschsein nicht voneinander trennen, denn jeder Mensch war einmal ein Kind. Daher orientiert sich Design an beiden.
8.
Playground@Landscape: Hamburgs Oberbaudirektor Jörn Walter übt Kritik an sogenannten Design-Spielplätzen. Sie seien "wenig anregend für Spiel und Aufenthalt". Hat er Recht?
Gert Eussen: Leider hat er in zahlreichen Fällen Recht. Manchmal ist der sogenannte Design-Spielplatz eine persönliche Leistung des Designers. Er kann sich durch seine Form, seine Farbgebung und sein Material auszeichnen, aber er erfüllt nicht seinen Hauptzweck, und der ist Herausforderungen und Spielmöglichkeiten zu bieten. Es ist wie einen Kaffebecher ohne Boden zu designen. Er mag zwar sehr ansprechend aussehen, aber er kann nicht seinem vorgesehenen Zweck entsprechend genutzt werden. Wenn dies der Fall ist, begeben wir uns in den Bereich der Kunst, wo wir all diese Dinge hinterfragen sollen, die das Design als Lösung präsentieren mag.
9.
Playground@Landscape: Was designen Sie sonst noch?
Gert Eussen: Ich designe hauptsächlich für die Freizeitindustrie sowie das Hotel- und Gastgewerbe. Angefangen von einer einzigen kleinen Attraktion oder einem Spielplatz bis hin zu ganzen (Themen- und Freizeit-)Parks, Hotels oder Unterkünften. In diesem Jahr habe ich an einem Konzept für Freizeitparks in Ghana und Indien, Hotelunterkünfte auf den Komoren und in Ghana sowie an einigen kleineren Attraktionen in Europa und China gearbeitet. Ein weiteres Projekt, an dem ich gerade arbeite, ist eine Ferienanlage in Markgrafenheide an der Ostsee. Dieses Projekt, das im Frühjahr 2014 eröffnet werden soll, ist ein gutes Beispiel dafür, wie meine Designideen umgesetzt werden können. Ich wurde von Kinderland gebeten, den Spielplatz für diese neu zu bauende Ferienanlage zu gestalten,und als wir das Projekt vor Ort mit dem Projektentwickler, Herrn Stintzing von der Stintzing Bau GmbH diskutierten, wurde ich auch gebeten, Ideen zur optischen Gestaltung der öffentlichen Gebäude beizusteuern, um den Gästen und Besuchern ein einmaliges optisches Erlebnis zu bieten. Diese Art von Projekten fordert mich am meisten heraus. Es ist toll, an Projekten zu arbeiten, bei denen das Vergnügen, Wohlgefühl und Glücksempfinden der Gäste im Vordergrund steht und die eine entspannte Umgebung und Atmosphäre schaffen, welche dazu einlädt, den Alltag hinter sich zu lassen.
10.
Playground@Landscape: Thema Plagiate! Wie schützt der Designer sein geistiges Eigentum?
Gert Eussen: Es gibt einige Mittel, mit denen man sein Design vor unerlaubte Nachahmung durch andere schützen kann. Urheberrecht, Geschmacksmuster, Warenzeichen, etc. All dies sind Mittel, die bis zu einem gewissen Grad die Einzigartigkeit des Designs sicherstellen können. So ist zum Beispiel das Moboes Spielsystem durch ein Geschmacksmuster geschützt. Als Designer von einzigartigen Strukturen ist man unmittelbar durch das Urheberrecht geschützt. Viele Unternehmen sind so ehrlich und ehrenhaft, nicht das Werk anderer zu kopieren, aber manchmal ist es ein Problem. Wenn das Design offiziell durch eine der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten geschützt ist, ist es eher unwahrscheinlich, dass ein Plagiator Ihr Design übernimmt. Das Geschmacksmuster-/ Urheberrechtsgesetz, etc wird sich in der Zukunft ändern. Das Aufkommen des Internets ermöglicht es den Menschen, Bilder in größerem Umfang als zuvor zu nutzen und dadurch verstoßen sie per definitionem gegen das Urheberrecht. Ich denke, der wichtigste und beste Schutz ist der, dass man als professioneller Desinger zwar durch andere gute Designs inspiriert werden kann, aber dass die eigene Professionalität einen daran hindert, zu kopieren. Ich hoffe, dass dies für lange Zeit ein ungeschriebenes Gesetz in der Branche bleiben wird.
Das Interview führte Thomas R. Müller (Playground@Landscape)
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