Logo

Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

Slide 0
Slide 1
Slide 2
Slide 6
Slide 7
Slide 8
20.12.2013 - Ausgabe: 6/2013

Warum Spiel-Räume?

von Dr. Chloé Zirnstein

Photo

Kinder erleben und entdecken ihre Umwelt spielerisch. Durch die Beobachtung der Erwachsenen und deren Handeln entsteht der Drang zur Nachahmung. In Rollenspielen, Konstruktions- und Arbeitsspielen entwickeln Kinder motorische und kommunikative Fähigkeiten und soziale Kompetenz. Das kindliche Spiel wird besonders durch das Verhalten von erwachsenen Bezugspersonen geprägt. Was Kinder zur Entfaltung ihrer Phantasie und zum Agieren brauchen, sind entsprechende Spiel-Räume. Gerade in modernen Großstädten fehlt oftmals das freie Gelände, das im Spiel erkundet werden kann, und die Straße ist als Spielraum gefährlich geworden. Deshalb ist es umso wichtiger, mit innovativen Spielplätzen entsprechende Rückzugsräume und Freiflächen zur Verfügung zu stellen und diese öffentlich zugänglich zu gestalten. Zielsetzung für die nachhaltige Planung von Spielplätzen sollte sein, ein Konzept anzubieten, das alle Altersgruppen anspricht.

Insbesondere der kindliche Drang, zu springen und zu hüpfen, zu klettern, zu graben und das eigene Gleichgewicht und die Geschicklichkeit zu erproben, fördert auf spielerische Weise zentrale körperliche Funktionen und kann damit maßgeblich zu einer optimalen kindlichen Entwicklung beitragen. Spielgeräte, die einen hohen Aufforderungscharakter besitzen, werden von Kindern unmittelbar angenommen und können nicht nur eine Einladung zum Rollenspiel und ein Anreiz für die kindliche Phantasie sein, sondern auch integrativ und kommunikativ wirken.

Besonders das Spiel mit den Elementen Wasser und Erde ist für Klein und Groß gleichermaßen ein sinnliches Vergnügen. Die Möglichkeit, trockenen Sand, feuchten Matsch, klares Wasser zu spüren und miteinander zu verbinden, macht Spaß und fördert die Phantasie in hohem Maße. Wasser lässt sich stauen, es fließt und tropft, Sand lässt sich formen und festklopfen, es lassen sich Gräben ausheben und Mauern bauen. Selten kann man vertieftes Spiel so deutlich erkennen wie an Wasserspielplätzen, wo Kinder in Momenten der Entschleunigung in ihrer Welt versinken. Angebote mit und am Wasser führen wie kaum ein anderer Spielablauf zu gemeinsamem Tun. Auch im Rollenspiel wie mit Spielhäuschen wächst Gemeinsamkeit. So entwickelt sich auf ungezwungene Weise die Fähigkeit, zu teilen, zu verhandeln, sich auseinanderzusetzen und Erfolge gemeinsam zu erleben.

Das im Chiemgau ansässige Unternehmen Richter Spielgeräte GmbH befasst sich seit über 40 Jahren mit der Frage, welche Art von Herausforderung Kinder und Jugendliche benötigen und annehmen, um Sinneswahrnehmung, Raumgefühl und Selbstbewusstsein zu stärken. Die Bereitstellung von Spiel-Räumen als Orte des Wohlbefindens wird hier als gesellschaftliche Notwendigkeit verstanden. Vor allem Kinder brauchen das Spiel für ihre Persönlichkeitsentwicklung, aber auch Jugendliche und Erwachsene sollen im Spiel Freude und Entspannung finden. Solche Erlebniswelten können nicht nur einen wertvollen Beitrag zu einer generationenübergreifenden Verständigung leisten, sondern auch individuelle Anreize für Phantasie, Motorik und sinnliches Erfahren bieten.

Dabei stehen neben den Klassikern wie Schaukel, Rutsche und Wasser, besonders Kletter- und Drehelemente im Vordergrund. So finden beispielsweise mit der „Drehscheibe“ auch Jugendliche auf Spielplätzen, die vermeintlich vordergründig den Kleineren vorbehalten sind, Möglichkeiten, unter dem Alltag wegzutauchen, sich körperlich zu fordern, etwas Neues zu erleben. Das Drehen als Bewegungsform spricht die Selbstwahrnehmung an, fördert Konzentration und Raumgefühl, und gibt Selbstvertrauen. Es wirkt motivierend, baut Hemmungen ab und schult den Umgang mit dem Risiko auf verantwortungsvolle Art und Weise – die agierenden Jugendlichen bestimmen selbst das Tempo der Drehbewegungen und erleben so auf spielerische und einprägsame Weise die Beziehung zwischen Ursache und Wirkung.

Gute Spielplätze orientieren sich mit ihrer Geräteauswahl an natürlichen Erlebnisräumen, können Jugendlichen in den Städten als Treffpunkte dienen und die Möglichkeit von Bewegung und Risiko bieten.

Eine sorgfältige Spielplatzgestaltung kann zu einer Verbesserung der Lebenssituation aller Familienmitglieder beitragen, indem sie einen Ausgleich für das Fehlen von allgemeiner spielerischer Freiheit und damit eine notwendige Alternative zum technisierten Lebensalltag anbieten. Es darf nicht vergessen werden, dass gerade in Großstädten viele Kinder und Jugendliche nicht über eine eigenes Zimmer verfügen, in beengten Verhältnissen leben, mit Verantwortung überladen werden, schulisch überfordert sind und oft viel zu wenig Möglichkeiten des körperliche Ausgleichs finden. Natürliche altersgerechte Freiräume sind zusehends im Verschwinden begriffen.

Innovative Schulkonzepte greifen diese Problematik immer häufiger auf und versuchen, körperliche und spielerische „Auszeiten“ in den Lernalltag zu integrieren. Es hat sich gezeigt, dass dies zu besseren schulischen Leistungen führt und Kinder und Jugendliche ausgeglichener mit Konfliktsituationen oder Frustration umgehen können, denn beim Spiel in der Gemeinschaft entstehen immer wieder Situationen, in denen Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeiten miteinander messen und vergleichen. So werden körperliche Wahrnehmung, Selbsteinschätzung und Identitätsfindung gefördert.

Spiel-Räume zu entdecken, übt jedoch nicht nur auf Kinder und Jugendliche eine Anziehungskraft aus, sondern auch auf Erwachsene. Es gilt, das Kind in uns bis ins hohe Alter wach zu halten, denn dieses ist es, das uns hilft, die innere Beweglichkeit für die unzähligen Veränderungen, die uns im Laufe eines Lebens begegnen und die es zu meistern gilt, zu bewahren. Auch die Großeltern-Generation braucht kreative Orte und besonders schön ist es, wenn an diesen ein generationsübergreifendes Miteinander erlebt werden kann. Mit Spielgeräten wie Strömungstafel, Klangsäule oder rotierender Scheibe, die nicht für eine bestimmte Altersgruppe entwickelt wurden und an denen Alt und Jung gleichermaßen Freude haben, kann dies gut gelingen.

Zukunftsfähige Städte mit modernen Spielplätzen müssen nicht nur Kindern, sondern auch Jugendlichen und Erwachsenen mehr Raum geben für Bewegung und Ruhe, für Spaß und Spiel. Für die Kleinsten schaffen solche Spiel- Räume einen Ort, der ihre psychische und physische Entwicklung positiv beeinflusst, für die Älteren sind sie Welten, die ein Altern in Würde ermöglichen – denn jedes Individuum benötigt ausreichend Raum zur Entfaltung seiner Selbstbestimmtheit.

Fotos: Richter Spielgeräte
 

Mehr zum Thema Wissenschaft

image

Wissenschaft

Erreichbarkeit von Spielplätzen

Stellen wir uns kurz den schönsten Spielplatz der Welt vor – und keiner könnte hinkommen! Die in der DIN 18034 als Erreichbarkeit beschriebene Norm fordert...

image

Wissenschaft

Pluralisierte Sportlandschaften in der Stadtgesellschaft

Die Sportlandschaft in Deutschland, speziell in den Metropolen und Ballungsräumen, hat sich in den letzten Jahrzehnten dynamisch verändert. Längst existieren vielfältige Erscheinungsformen von...

image

Wissenschaft

Wie sehen die Innenstädte der Zukunft aus?

Das internationale Fachmagazin Playground@Landscape im Interview mit Klaus Burmeister, Politologe, Foresight-Experte, Autor und Keynote Speaker.

image

Wissenschaft

Die Rolle des Öffentlichen Raums

Das internationale Fachmagazin Playground@Landscape im Interview mit Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Christa Reicher (RWTH Aachen University Fakultät für Architektur | Faculty of Architecture, Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen | Chair of Urban Design).

image

Wissenschaft

Der Sport nach Corona

„Die Sportvereine müssen die Hotspots der Prävention werden“, zitierte das Hamburger Abendblatt Ende März 2020 den Soziologen Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke. Was damit genau gemeint sei, stellt der ehemalige Direktor des Hamburger Sportamtes in seinem Essay dar.