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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.10.2015 - Ausgabe: 5/2015

Aventura – Der SpielBerg

Europas längstes Spielplatzgerät

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Europas längstes Spielplatzgerät

Es beginnt wackelig am Fuß des Brombergs. Ein großes Einstiegsnetz führt in einen baumhausartigen Turm. Und das ist nur der Anfang -  der Anfang von Europas wahrscheinlich längster Kletteranlage für den öffentlichen Raum. 168 Meter lang, schlängeln sich verschiedenste Tunnel und Brücken, Balancierelemente und Gummimatten durch diverse Türme den Berg hinauf.

In Medebach, im Sauerland, einem Ferienort, der Wanderer im Sommer und Skifahrer im Winter anlockt, eröffnete Ende September 2015 offiziell „Aventura – der SpielBerg“. Für den Spielbetrieb wurde die Anlage bereits einen Monat zuvor durch den TÜV freigegeben. Der neue „Spielplatz“ befindet sich auf dem Gelände des ansässigen Center Parcs, einem Familienferiendorf, und ist für alle Besucher der Region und deren Anwohner kostenlos und frei zugänglich. Die Planung für den Bau einer großen Freizeitanlage im Ort reicht einige Jahre zurück. Der Sturm Kyrill hatte 2007 schwere Schäden im Gebiet hinterlassen. EU-Fördergelder unterstützen die Realisierung des Projektes. Die Idee der Kletteranlage hat ihren Ursprung bei den Elementen Wasser und Luft. Wie der Wind, der den Berg hinauf weht oder das Wasser den Berg hinab fließt, soll der Spielplatz am Hang in einem Lauf gestaltet sein. Realisiert wurde das Projekt durch das Landschaftsarchitekturbüro Gasse|Schumacher|Schramm aus Paderborn in Zusammenarbeit mit der Berliner Seilfabrik.

 

Die Umsetzung

Die Größenordnung ist etwas Besonderes. Die Anlage hat vor allem im Projektmanagement viel Aufmerksamkeit verlangt und im Bereich Technik und Produktion Kapazitäten gebunden. Die Herausforderung lag darin, diesen Großauftrag zu realisieren und dabei andere Aufträge und somit Kunden nicht zu vernachlässigen.“, erklärt Marius Kotte, Architekt und Leiter der Abteilung Konstruktion und Entwicklung der Berliner Seilfabrik. Geschafft wurde das, indem das Projekt in neun Segmente geteilt wurde. Jedes Segment wurde im Fertigungsprozess wie ein einzelner Auftrag behandelt. So wurde sichergestellt, alles termingerecht fertig zu stellen und dabei den Überblick zu behalten.

Besonders ist außerdem, dass einige Neuheiten direkt im Projekt entwickelt wurden. Auch gestalterisch gab es bei bestehenden Produkten Veränderungen. So werden bspw. die Verbindungselemente durch Böcke und Podeste miteinander verbunden. Hier ragen bis 9,4 Meter hohe Stahlpfosten in den Himmel.

Produktneuheiten sind unter anderem die Türme. Der höchste ist 7,8 Meter hoch. Die freie Fallhöhe überschreitet dabei nie das zulässige Maß von 3 Metern. Im Inneren führen Netze den Besucher zu einer langen Spiraltunnelrutsche. Ein weiterer Turm fällt durch seine besondere Form auf. Hier kann man auf einem Aussichtsnetz liegend, die wunderschöne Landschaft von oben bestaunen. Diese Türme sind mit Bambuspaneelen verkleidet. Die Berliner verwenden Bambus, weil es langlebiger als Holz ist und zudem eine bessere Ökobilanz aufweist. Es ist ein Gras, das nachwächst, wenn es geerntet wird, im Gegensatz zu Baumholz.

In zwei Türmen hängen große Kugeln wie Kokons zwischen den Pfosten. Tellerförmige Netze erlauben den Zugang. Diese Elemente sollten möglichst transparent bleiben und trotzdem sicher sein. Dafür wurden Sie mit engmaschigen Sicherheitsnetzen umschlossen. Diese werden auch an einer Stelle genutzt,  wo eine kleine Schlucht überwunden werden muss und die klassische Hängebrücke über eine Felsenwand führt. Es gibt 22 Verbindungselemente. Für diese wurden etwa 2.000 Meter leuchtend rotes Seil verbaut. Neben den beliebten Netztunneln und klassischen Hängebrücken finden sich auch neue Übergänge, wie die Lianenbrücke, bei der ein schmaler Netzsteg an langen Seilen aufgehangen ist oder ein Tunnel, der mit Gummimembranen umschlossen wird. Besonders herausfordernd ist auch eine Hangel-Balancier-Kombination, bei der es von Vorteil ist, wenn man noch nicht all zu groß gewachsen ist. Besonders beliebt ist auch die sogenannte Schachbrettbrücke. Quadratische Gummimembranen sind zwischen Halteseile gespannt. Die Kinder hüpfen, wippen und relaxen hier.

 

Fundamente und Fallschutz

Nahezu 36 Tonnen Stahl wurden auf die Baustelle geliefert. Von den fast 100 Pfosten wog der Schwerste allein 450 kg. Bei den Probebohrungen im Vorfeld ist man auf festen Fels nahe der Oberfläche gestoßen. Beim Graben der Fundamente stellte es sich als weicher Schiefer heraus. Die Fundamentierung der Pfosten musste im Fertigungsprozess neu geplant werden.

Auf den Flächen, wo die Türme und Podeste stehen, wurden Ebenen geschaffen. Als Fallschutz hat man sich für Hackschnitzel entschieden. Sie passen sich farblich an die Natur an und gewährleisten ein sicheres Fallen. Eine echte Alternative als Fallschutz für die Schrägen bietet Rollrasen. Als natürliches Element integriert er sich hervorragend in die Landschaft und wird sich im Laufe der Zeit in eine Blumenwiese verwandeln, ohne dabei seine Fallschutzeigenschaften zu verlieren.

Die Steigung des Hanges beträgt circa 21 Prozent und variiert an einigen Stellen stark. Die technischen Lösungen der Berliner erlauben kleinere Anpassungen vor Ort. Die Schellen, die mit verschiedenen Anschlüssen Seile, Ketten und Rohre mit den Pfosten verbinden, sind in der Höhe verstellbar. So können eventuelle Abweichungen zur Planung, die durch die Landschaft auf der Baustelle selbst aufkommen können, ausgeglichen werden.

 

Für die Kleinen und die Großen

Der Aufstieg ist nicht einfach und wer sich vielleicht noch nicht durch die Türme und über die Brücken wagt, kann sich unten im extra für die kleinen Kinder angelegten Bereich austoben. Zwei große Nestschaukeln und ein kleines Baumhaus „Trii“ mit Rutsche laden hierzu ein. Für alle Begleitpersonen führt ein befestigter Weg parallel zur Kletteranlage entlang.

 

Foto: Berliner Seilfabrik

 

 

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