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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.10.2015 - Ausgabe: 5/2015

Spielplatz über den Dächern Hamburgs

Von Freddy Müller, Kletterparadies GmbH

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Im Jahr 2012 begann der Neubau eines Fröbel-Kindergartens im Wandsbek Quarree in Hamburg. Wandsbek ist ein Vorort von Hamburg mit über 33.000 Einwohnern auf einer Fläche von gerade einmal 6 km². Aufgrund des Mangels an Freiflächen wurde nach einer Lösung gesucht, die es dem Kindergarten trotz der widrigen Umstände ermöglichte, mit den Kindern an der Luft spielen zu können. Es entstand die Idee, einen Spielplatz auf dem nebenan gelegenen Parkhausdach zu erschaffen. Das Parkhausdach bot immerhin eine Fläche von ca. 400 m² und war somit die perfekte Möglichkeit auf engem Raum ein Paradies für Kinder zu errichten.

Zunächst konnte man sich vorstellen, eine Spiellandschaft in Form einer Burganlage zu gestalten. Mit diesem Vorschlag trat der Kindergarten an die Firma Kletterparadies GmbH in Dresden heran, welche zunächst mit der Vorplanung einer Burglandschaft begann. Es entstand eine Spiel und Kletterlandschaft, bei der auch die Absturzsicherung, die Silhouette einer Burg widerspiegelte. Bei der Vorstellung der ersten Skizzen stellte man fest, dass diese Idee nicht zu dem Stadtteil passte. Es wurde beschlossen, den Spielplatz nach dem Vorbild von Hamburg und Wandsbek zu gestalten, jedoch mit Bezug zur Natur des Umkreises.

Bastian Scheithauer, der zuständige Planer und Designer bei Kletterparadies, begann nach dieser Entscheidung mit der Neugestaltung einer Spiellandschaft. Es entstand eine Speicherstadt mit vielen zugehörigen Themen und Bestandteilen. „Jeder dieser Bereiche bekam seine eigenen Spielwerte bei denen auch Bezug auf die Fröbel-Pädagogik genommen wurde. Auch die äußere Stadt-Silhouette wurde mit verschiedenen Spielwertelementen bestückt, um Motorik, Sensorik, Fantasie, Kondition, Koordination und Rollenspiel zu fördern. Die gesamte Anlage wurde am Computer dreidimensional gezeichnet, um diese anschließend in einer Konzeptpräsentation dem Fröbel e.V. vorzustellen“, sagte Bastian Scheithauer.

Der Pädagoge Friedrich Fröbel wollte Menschen bilden, „die Frei und denkend selbsttätig [sind]“ und vertrat die Meinung, dass Bildung nicht von außen verordnet werden kann, sondern durch freies Spiel positiv beeinflusst wird. Kinder sollen spielerisch lernen. So entwarf Bastian Scheithauer zum Beispiel einen „Flipperautomaten“, auf dem Kinder sich selbst einen Parkour für die runter rollende Kugel bauen können, eine Wasserwagen-Stehwippe, um die Balance auszutesten und eine mobile Kugelbahn. Diese Kugelbahn ist ein frei beweglicher Spieltisch, an dem mehrere Kinder gleichzeitig eine Kugel durch ein selbst erstelltes Labyrinth befördern müssen. Durch solche raffinierten Spielgeräte werden Kinder spielerisch mit Ihren Fähigkeiten konfrontiert und diese trainiert.

Um den Kindern die Möglichkeit zu geben, sich in ein Abenteuer hinein zu spielen, gibt es unter anderem ein Spielschiff, das im Hafen liegt.
Ein Aktivparcours mit zwei, in natürlicher Robinienoptik anmutenden Spieltürmen, bietet den Kindern genügend Gelegenheit ihre motorischen Fähigkeiten zu erproben. Hier sind verschiedene Kletterpodeste, eine Wendelrutsche und Balancierelemente verbaut.
Um auch den Kleinsten zu ermöglichen, aktiv zu werden, gibt es gesonderte Kleinkindbereiche, welche auf dem gesamten Areal verteilt sind. So beispielsweise ein Krabbellabyrinth aus Frachtkisten, eine federgelagerte Wipp-Seeschlange, ein Marktstand und ein Pferdefuhrwerk, welche allesamt mittlerweile auch im Standardsortiment bei der Kletterparadies GmbH zu finden sind.
Im Inneren der Hanseburg wurde eine Sitzgruppe integriert, welche dem Erziehungspersonal die Möglichkeit gibt, den Morgenkreis draußen abzuhalten und an einem Tisch mit zwei unterschiedlichen Tischhöhen mit Groß und Klein zu basteln und zu spielen.
Darüber hinaus wird auch der Schauspielkunst Rechnung getragen. Auf einer Theaterbühne können sich die Kleinen ganz groß in Szene setzen.

Um die Optik der Spiellandschaft abzurunden, wurde der nötige Fallschutz auf dem harten Betonboden des Parkhauses farbig gestaltet. So führt über das Parkhausdach nun ein kleiner Fluss, um auf die durch Wandsbek fliesende Wandse einzugehen. Ebenfalls entstanden sind „Sandstrände“ und „Inseln“. Sie wurden mit einem eingefärbten Fallschutz aus EPDM (Ethylen-Propylen-Dien-Kautschuk), sowie Kunstrasen umgesetzt.

Die Kletterparadiesler sind stolz auf dieses Projekt und sie haben allen Grund dazu. Es entstand ein wunderschöner, allumfänglicher Dachspielplatz, der seinesgleichen sucht. Das Spielplatzkonzept hatte die Aufgabe, dass die gesamte Fläche von allen Altersgruppen gleichzeitig genutzt werden kann, ohne abgeschlossene, separierte Bereiche anzulegen. Es mussten Hindernisse in den Spielgeräten eingesetzt werden, welche Kleinkinder abhalten, jedoch größere Kinder nicht am Spielen hindern. Es war für die Kletterparadies GmbH eine Herausforderung, die Geräte mit sogenannten „Kleinkindfiltern“, im Hinblick auf die Einhaltung der DIN-Norm für Spielplätze zu entwickeln.

Herausforderungen in der Planung gab es auch beim Aufbau, denn es durfte der Beton des Parkhausdaches nicht beschädigt werden, da ansonsten die Dichtheit des Daches nicht mehr gewährleistet gewesen wäre. Also musste eine unkonventionelle Lösung gesucht werden, um die Standfestigkeit der Aufbauten zu sichern. Dass dies gelungen ist, beweisen die umgesetzten und sicher stehenden Elemente.
Eine andere Schwierigkeit bestand darin, die Materialien und teilfertigen Elemente auf das Dach zu bekommen. Hierfür wurde ein großer Schwerlastkran benötigt. Er wurde nach ausgiebigen Genehmigungen und nach Absprache mit einem Marktplatzbetreiber vor dem Parkhaus auf dem Wochenmarkt aufgebaut. Er hatte eine Armauslegung von 45 Metern und somit die nötige Reichweite um das Parkhaus zu erreichen.

„Alles in allem“, sagte Bastian Scheithauer, „war es ein spannendes Projekt. Es hat Spaß gemacht, sich mit der Fröbel-Pädagogik zu beschäftigen, die neuen Geräte zu planen und zu entwickeln sowie die Herausforderungen zu meistern, die das Projekt mit sich brachte.“ Er erklärte auch, dass es ohne sein Team von Kletterparadieslern unmöglich gewesen wäre, dieses Projekt zu realisieren. Denn auf Grund der Höhe des Dachspielplatzes und der oben genannten Besonderheiten beim Aufbau war es Neuland für die Firma aus Dresden.

 

Foto: Kletterparadies GmbH

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