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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.02.2018 - Ausgabe: 1/2018

Barrierefreie Schulhofumgestaltung in Hoyerswerda

Von Lothar Köppel (Landschaftsarchitekt)

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Beim Neubau des SFZ in Hoyerswerda wurde bei der barrierefreien Gestaltung der Schwerpunkt auf den Hochbau gelegt, die barrierefreien Außenanlagen und Spielbereiche wurden vernachlässigt. Durch den unermüdlichen Einsatz des Fördervereins der Schule gelang es nach über acht Jahren Vorbereitungszeit den monotonen, langweiligen Schulhof trotz vieler Widerstände für über 150 Schüler mit Mehrfachbehinderungen barrierefrei umzugestalten.

Von einer Arbeitsgruppe, unter der Leitung des planenden Landschaftsarchitekten Lothar Köppel, wurden Schülerbeteiligungen, die Einbindung der Pädagogen und die Abstimmung mit den Ämtern durchgeführt, die sich teilweise als sehr schwierig erwiesen.

Die Anforderung des BGG (Behindertengleichstellungsgesetz) und der sächsischen Bauordnung, alle öffentlichen Einrichtungen barrierefrei zu gestalten, wozu auch der Schulhof zählt, musste zunächst in den Köpfen der Träger des Projektes verankert werden.

Erste Entwürfe wurden vorgestellt, die immer mehr auf Zustimmung stießen. Grundstücks- und Grenzprobleme führten zu Einschränkungen des Planungsgebietes zum Vorteil von PKW-Stellplätzen für öffentliche Einrichtungen. Nach Kompromissen beim Planungskonzept kam als nächste Barriere die Finanzierung des Projektes. Auch hier mussten Einschränkungen zu Lasten der Spieleinrichtungen und des Spielwertes vorgenommen werden. Dank der hohen Erfahrung und den kompetenten Kenntnissen der einschlägigen Normen und Vorschriften gelang es dennoch den gedeckelten Etat von max. € 212.000,00 inkl. MwSt., Nebenkosten und Honoraren auf das Planungskonzept zu projizieren.

Eine nicht leichte Aufgabe, um möglichst viel Spielwert im Projekt zu erzielen. Üblicherweise kann bei Spielplätzen von einem Verhältnis GaLaBau zu Spielausstattung von 80 zu 20 Prozent ausgegangen werden. Da bei oben genanntem Projekt Spieleinrichtungen absolute Priorität hatten, wurden für diese ca.  50 Prozent und für GaLaBau-Arbeiten u. Wegebau  ebenfalls ca. 50 Prozent der zur Verfügung stehenden Bausumme aufgewendet. Im Rahmen der Kostenvorgabe wurden zunächst die ersten drei Bauabschnitte von möglichen sechs realisiert

Für den Gesamtbearbeitungsbereich betrugen die reinen Netto-Baukosten inkl. Spielgeräteausstattung € 115,00 / m² (ohne MwSt.).

Bei der Planung wurden mehrere Funktionsbereiche einander zugeordnet, so zum Beispiel Aktivbereiche mit Bewegungsspieleinrichtungen, Ruhezonen, modellierte naturnahe Spielbereiche, Naturspielbereiche, Sandspieleinrichtungen oder Bewegungsflächen - zugleich wurden diese mit Prioritäten versehen. Somit konnte das Gesamtkonzept mosaiksteinartig über die nächsten Jahre realisiert werden.

Bei der Realisierung in 2017 wurde zunächst eine größere Asphaltfläche entsiegelt, um mehr Fläche für Gestaltungsmöglichkeiten und Spieleinrichtungen zu erhalten. Vorhandene jüngere Baumbestände konnten erhalten und geschickt in die Funktionsbereiche integriert werden. Somit mussten keine gravierenden Rodungsarbeiten durchgeführt werden.

Durch die differenzierte Bauart der Bodenbeläge wurde ein leicht erfassbares Leitsystem nach dem Zwei-Sinne-Prinzip (wahlweise z.B. Sehen, Fühlen, Hören) aufgebaut. Mit unterschiedlichen, auch farbigen Materialien wie schwarzem Asphalt, roten Gummigranulat-Beläge, grünerm Rasen, braunem Rindenmulch und grauem Betonpflaster konnte dies erreicht werden. So werden nachfolgende Nutzungen bzw. Hinweise  taktil, visuell und teilweise akustisch signalisiert.

 

  • Weiche, rote Gummigranulat-Beläge > Gefahren- bzw. Fallschutzbereiche
  • Kontrastorientierte dunkle, harte Asphaltbeläge > durchgängige gefahrlos benutzbare Verbindungswege, von denen aus die Intensivspielbereiche angesteuert werden können
  • Bedingt barrierefrei nutzbare Hackschnitzelzonen kennzeichnen> pflegeleichte pralldämpfende Spielzonen
  • Rindenmulch wurde bei Pflanzflächen eingesetzt und kennzeichnen diese
  • Die Kanten von Rasenflächen zu Wegeflächen dienen als >  kontrastreiche Leitlinie
  • Betonpflasterzeilen dienen als einbaubedingte Materialtrennung und interne Leitlinie
  • Blaue und gelbe Spielgeräte

 

Auf weitere Bodenindikatoren konnte gemäß DIN 18040-3 verzichtet werden, da ein gleichwertiges Leitsystem ausgebildet wurde.

Bei den vorbereitenden Erd- und Unterbauarbeiten wurde das anfallende Material für funktionsbedingte Bodenmodellierungen verwendet, so dass keine Abfuhr des Materials erforderlich wurde. Dadurch konnte ein Kletterrutschhügel modelliert werden, der rampenartig mit Radabweisern und Handläufen bis auf eine Höhe von 1,50 Meter erschlossen wurde. 

Ein erhöhter Einsitz-Tisch nach DIN 33942 ermöglicht das barrierefreie Rutschen auf der 1,50 Meter breiten Rutsche, die bereits vorhanden war.

Mit dem 2. Bauabschnitte sollen höhenabgestufte barrierefreie Auf- und Abstiege an den Hügel angebaute werden, um kurzläufige Spielabläufe zu gewährleisten. Auch eine Rolli-Treppe für den Rücktransport von Rollstühlen ist noch geplant. Parallel zur Rutsche sind bereits Reifenaufstiege eingebaut, um den Aufstieg zur Rutsche ohne Hangabtritte (Erdabtrag) zu ermöglichen. Die Hangsicherung ist durch heimische Gehölze gewährleistet. Gleichzeitig dienen diese zur optischen Abgrenzung des Spielgeländes. Der neu aufgeschüttete Spielhügel gliedert das Gelände und schirmt optisch sowie akustisch die geplanten, benachbarten PKW-Stellplätze ab. Auch von Fahrzeugen ausgehende Immissionen können dadurch reduziert werden.

Im zentralen Bereich des neugestalteten Spielhofes wurde ein unterfahrbarer Sandspielbereich aus optisch spektakulären, taktil erfassbaren Recyclingmaterialen realisiert. Liegebretter und Rollstuhl-gerechte V2A- Sandspiel-Tische ermöglichen eine barrierefreie Nutzung. Schattenspendend wurde ein Sonnensegel über dem Sandbereich integriert, welches bereits vorhanden war.

Von dem zentralen Bereich mit Sitzangeboten, die auch Rollstuhl-Plätze einschließen, erschließen sich sternförmig weitere Bereiche mit Bewegungspielangeboten, die für die agressionsabbauende Nutzung des Schulhofes zwingend erforderlich sind, wie dies auch die Arbeitsgruppe als erforderlich befand.

Ein halbkreisförmiger Schaukelwald mit unterschiedlichen barrierefreien Schaukelangeboten, wie Hängemattenschaukel,, Schaukelkorb, Dreierschaukel, Schaukelsessel u.a. ermöglichen dies, mit kommunizierender Wirkung durch die abgewinkelte Aufstellung.

Neu entwickelte Hand-Wippen mit bogenartig gestalteten Griffstangen können einzeln oder in Gruppen mit Handbetätigung oder durch Gegenbelastung bespielt werden. Durch die parallele Anordnung wurden Wettbewerbsbedingungen mit hohem Spielreiz geschaffen, wodurch sich auch der barrierefreie Spielwert erhöht.

Wippen und Rasten vermittelt auch eine Sitzbank auf Federn, die von Jung bis Alt besonders angenommen wird. Klappbare Seiteneinstiege ermöglichen die Nutzung bzw. das Übersitzen auch von einem Hilfsgerät, zum Beispiel einem Rollstuhl.

Einen spielerischen Höhepunkt bildet ein Karussell für ALLE, beziehungsweise ein Rolli-Karussell. Bereits in den 1980er-Jahren wurde dieses Spielgerät entwickelt und erfreut sich seitdem als Klassiker wachsender Beliebtheit. Mehr als zehn Kinder, mit oder ohne Behinderung, im Rollstuhl oder mit Gehhilfen können dieses Spielgerät gleichzeitig barrierefrei, bodeneben im Sitzen und im Stehen nutzen. Durch Aufklappen des Sicherheitsbügels kann das barrierefreie Karussell zum Stillstand gebracht werden Eine mitdrehende Überdachung sorgt für ausreichende Beschattung und Regenschutz.

Durch miteinander kommunizierende Wipp-Tüten wurde ein Bereich geschaffen, der multifunktional nutzbar ist. Gesichertes Drehen und Wippen, je nach den Fähigkeiten des Nutzers, ist hierbei möglich. Die Funktionalität in Kombination mit Barrierefreiheit steht im Vordergrund.

Eine Herausforderung an die besonderen Fähigkeiten der Kinder, aber auch der  Erwachsenen, ist der durchgängige Balancier-Parcours. Dieser verbindet den befestigten Pausenhofbereich mit dem neuen Spielbereich. Mit unterschiedlichen, durchgängigen Balancierelementen, aus überwiegend Robinienholz, wurde eine Laufstrecke geschaffen, die alle Sinne fordert. Parallel verlaufende Handseile geben Hilfestellung soweit erforderlich. Der durchgängige Spielverlauf gibt viele Spielanreize und fordert die Fähigkeiten der Nutzer heraus.

Soweit möglich wurden die Spielgeräte als wartungsarme Metallkonstruktionen ausgeführt. Mit komplementierender Farbgestaltung integrieren sich diese Konstruktionen im Leitsystem.

Funktionsbedingte, naturnahe Pflanzungen gliedern die Spielbereiche.

Bedingt durch die konstruktionsbedingte Ausführung der Spieleinrichtungen wird die Wartung auf ein Minimum reduziert.

Durch optimale, fachgerechte Planung und Überwachung der Bauleistungen konnte durch Prüfinstitutionen eine mängelfreie Übergabe, auch aus sicherheitstechnischer Sicht, durchgeführt werden. Die Konformität zu den einschlägigen Normen und Richtlinien, wie EN DIN 1176, DIN 33942, DIN 18034, DIN 18040-3,  wurde durch externe Spielplatzprüfer festgestellt und dokumentiert.

 

Fazit

Fachgerechte barrierefreie Planung und Bauüberwachung von Beginn an (ab HOAI Leistungsphase 1) und fachgerechte Realisierung ersparen Kosten und ermöglichen Projekte, die auch öffentlich nutzbar sind, wie auch Spielhöfe von Schulen. Diese können wirtschaftlich und mit hohem barrierefreien Spielwert realisierbar werden, wenn ein spezialisiertes Fachwissen bei der Planung vorausgeht.

Barrierefreiheit von Spieleinrichtungen schafft hohen Spielwert für alle und bietet Anreize für alle Sinne und steigert zugleich das Wohlbefinden und die Lebensqualität.

Barrierefreie Spiel- und Aufenthaltsbereiche insbesondere im Freien sind ein weiterer Baustein für Inklusion in unserer Gesellschaft.

Barrierefrei fängt in den Köpfen an!

 

 

Landschaftsarchitekten:

Lothar Köppel (www.la-koeppel.de)
Spielplatzgeräte:

ESF Emsland Spiel- und Freizeitgeräte GmbH & Co KG

(www.emsland-spielgeraete.de)

 

Foto: Landschaftsarchitekturbüro Köppel

 

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