Logo

Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

Slide 0
Slide 1
Slide 2
Slide 6
Slide 7
Slide 8
18.02.2022 - Ausgabe: 1/2022

Vom Schwarzen Platz zum Bunten Hof

Von Martin Schaper (Götte Landschaftsarchitekten GmbH)

Photo
© Götte Landschaftsarchitekten GmbH

 

Bauliche Verdichtung im Innenbereich führt immer wieder zur Versiegelung extensiv genutzter oder noch vorhandener Brach- bzw. Freiflächen. Da damit ein Verlust an Flächen verbunden ist, die einer kreativen Nutzung entzogen werden, sollte bei der Planung neuer Einrichtungen für Kinder und Jugendliche immer die Möglichkeit zur Freiflächenaneignung berücksichtigt werden.  

Das Bevölkerungswachstum in den Verdichtungsräumen und die damit verbundene Nachverdichtung in gewachsenen Siedlungsstrukturen, schaffen insbesondere im Hinblick auf Bildungseinrichtungen und gerade bei Neubauten zudem einen hohen Erfolgsdruck. Dass es im Zuge dieser Entwicklung immer wieder zu Engpässen in der Grünversorgung kommt, der Bedarf eher nachlaufend gedeckt wird und nutzbare Freiflächen eher rar sind, ist nicht neu. 

 

Rahmenbedingungen und Vorgaben

Im Fall der dringend benötigten neuen Grundschule in Berkersheim stand nach Schließung der Edwardskaserne und dem Abzug der amerikanischen Truppen eine für das Vorhaben geeignete Fläche zur Verfügung.

Das Grundstück befindet sich in der nördlichen Peripherie von Frankfurt zwischen Frankfurter Berg und der teilweise noch dörflichen Idylle Berkersheims. Es handelt sich hierbei um eine ehemalige Exerzierfläche, im Volksmund „Schwarzer Platz“ genannt. Ziel der Planung war es, einen bewegungsfreundlichen, multifunktional nutzbaren Schulhof mit Spiel- und Sportangeboten und dem Selbstverständnis für die inklusive Nutzung aller Bereiche zu schaffen.

Aus der städtebaulichen Positionierung und der Grundrissform des Hochbaus als dreizügige Grundschule ergaben sich drei unterschiedliche Bereiche, die mit verschiedenen Freiraumfunktionen belegt aber in einem Gesamtkontext gestaltet wurden: 

 

  • Der Schulhof als Spiel- und Bewegungsfläche für Pausen und den Sportunterricht

  • Der Gartenhof mit der Außenterrasse zur Mensa sowie Schulgarten und grünem Klassenzimmer

  • Der Wirtschaftshof mit Pkw-Stellplätzen, Küchenandienung, Ver- und Entsorgungseinrichtungen

 

Entwurfskonzept

Die stark durch die Gebäudefassaden mit lasierter Holzbekleidung geprägten Freiräume werden über Bepflanzungen mit Bäumen und Sträuchern, Oberflächentexturen und Farben sowie durch Ausstattungselemente markant betont. In den vorderen Grundstücksbereichen wurde insbesondere auf den Erhalt alter Bestandsbäume Rücksicht genommen. Die Kronenbereiche der Bäume wurden bei der Planung der Spielbereiche bewusst ausgespart. Die Bäume (Pappel, Birke und Kastanien) werden so geschickt in die Gesamtkonzeption integriert und sorgen für eine wesentliche Verbesserung der kleinklimatischen Bedingungen in den Spielbereichen. Auch die extensive Dachbegrünung trägt hierzu ihren Teil bei.

Trotz einer erheblichen Geländeneigung des Gesamtgrundstücks von über 3 m, wird die barrierefreie Erschließung des Gebäudes und die Bespielbarkeit des Schulhofs gewährleistet. Auf dem Schulhof ist eine 50 m-Laufbahn, eine Weitsprunggrube und ein Allwetter-Ballspielfeld angeordnet. Durch entsprechende Linierung im Bereich des Spielfeldes kann dieses auch für die Verkehrserziehung als Fahrradübungsplatz genutzt werden. In den weitgehend einheitlichen hellen Belag des Hofes sind kontrastierende, anthrazitfarbene Bänder eingelegt, die insbesondere seheingeschränkten Personen die Orientierung zum Haupteingang erleichtern sollen. Zudem sind streifenförmige Intarsien in Schwarz und Weiß integriert, die zum Spielen und Hüpfen animieren. Die Gestaltung zielt u.a. darauf ab, inklusives Spielen im sozialen Miteinander zu ermöglichen und Freiräume zur Entwicklung eigener Ideen zu schaffen. 

Die abgestimmte Verwendung von Textur, Material und Farben in Wechselwirkung zum Gebäudeinneren bzw. -äußeren ist ein wesentliches Merkmal der Planung. Gebäude und Freianlagen bilden eine stimmige Einheit. Gleichwohl wirken die weiche Formensprache, natürliche Materialien und die Verwendung vegetativer Elemente, wie z.B. der blühende Staudensaum vor der Sporthalle, als Kontrast und bilden einen Gegenpool zur strengen Gebäudearchitektur. 

Bei der Verwendung von farbigen Elementen wurde besonders Wert auf helle und warme Farben, wie z.B. erdnahe Töne in den Spielbereichen in Verbindung mit neutralen Farben, wie grau, weiß und anthrazit in den befestigten Flächen gelegt. 

In den Schulhof wurden umfangreiche Sitzgelegenheiten in Form von Betonblöcken unterschiedlicher Größe und Farbe integriert. Die Blöcke dienen gleichzeitig der Überbrückung von Höhenunterschieden und erzeugen damit barrierefrei zugängliche und nutzbare Bereiche. 

 

Der Schulhof

Der Schulhof wurde aufgrund des insgesamt eingeschränkten Flächenangebots multifunktional konzipiert. Er umfasst sowohl offene und befestigte Flächen, die sich zum Bewegen und Toben eignen, Sportflächen, die für den Sportunterricht und für den Pausenaufenthalt nutzbar sind, als auch Spielflächen mit Spielgeräten, die zugleich ruhigere, schattige Aufenthaltsmöglichkeiten bieten. Alle Bereiche sind für die Pausenaufsicht einsehbar. 

Der Eingangsbereich, über den Schulhof hinweg, bildet die Visitenkarte der Schule und wirkt entsprechend repräsentativ und einladend.

 

Spiel- und Pausenflächen

Die Spielangebote sind auf die intensive Pausennutzungsdauer und einen entsprechend hohen Nutzungsdruck ausgerichtet. Insbesondere das große Spielgerät bietet vielen Kindern gleichzeitig Möglichkeiten zur Bespielung. Die Lage in z. T. beschatteten Bereichen bietet auch in hochsommerlichen Hitzeperioden eine hohe Aufenthaltsqualität. 

Die Spielangebote bedienen die Grundbedürfnisse an Bewegung und bieten Möglichkeiten zum Klettern, Schaukeln und Toben. Auch für mobilitätseingeschränkte Kinder werden Angebote zur gemeinsamen Nutzung zur Verfügung gestellt. So bietet u. a. die Zugangsrampe zum großen Spielgerät auch für Rollstuhlfahrer Möglichkeiten zum selbständigen Mitmachen. Die Anschlüsse an die Spielflächen und die Spielgeräte sind so angelegt, dass keine Schüler vom Spielgeschehen ausgeschlossen werden. 

 

Außensportflächen

Für den Schulsport steht eine Einfeldsporthalle zur Verfügung. Das Angebot wird im Außenbereich um ein Kleinspielfeld (Bolzplatz) und eine 50 m-Laufbahn mit Weitsprunganlage ergänzt. Die Sandgrube der Weitsprunganlage befindet sich zudem direkt angrenzend an den Spielbereich und wird von jüngeren Schülern und Schülerinnen noch als Sandspielbereich genutzt.  

 

Der Gartenhof

Der Bereich umfasst Angebote zur Nutzung als Schulgarten und Werkhof sowie eine ellipsenförmig angelegte Sitzstufenanlage, die in Verbindung mit einem Podest als Freiklasse oder für andere freiräumliche Veranstaltungen genutzt werden kann. 

Der Schulgarten wird für schulische Lehrveranstaltungen und AGs genutzt. Auch hier wird dem Leitgedanken der Inklusion gefolgt, an einem unterfahrbaren Hochbeet können auch Rollstuhlfahrer gärtnern. 

Unabhängig von der Schulgartennutzung eignet sich der Bereich zudem u.a. für den Werkunterricht im Freien oder auch für kombinierten Fachunterricht. 

 

Der Wirtschaftshof

Die Küchenandienung und der Personaleingang werden getrennt vom Hauptzugang über den Wirtschaftshof organisiert. In diesem Bereich sind die Parkplätze und die Ver- und Entsorgungsflächen untergebracht. Zur Abtrennung des Entsorgungsbereiches finden sich gleichartige Elemente wie in der Fassade wieder und bilden damit den Sichtschutz zu den dort untergebrachten Abfalltonnen. Die Pkw-Stellplätze wurden stark eingegrünt und mit Bäumen überstellt. 

 

Kleinklima

Die nutzungsbedingt erforderliche Versiegelung des Schulhofs bewirkt in Hitzeperioden eine erhöhte Oberflächenaufheizung. Starke Durchgrünung und Beschattung von Teilflächen wirkt hier entgegen. Der bei Starkregenfällen auftretenden hohe Oberflächenwasseranfall wird durch Dachbegrünung und unterirdische Staukanäle zurückgehalten und verzögert an das Entwässerungssystem abgegeben. 

Die Pflasterflächen wurden überwiegend in einem, hellen Grauton angelegt, der sich weniger stark aufwärmt. Die Entwicklung der neu gepflanzten Bäume und Sträucher entfaltet erst nach einer Entwicklungszeit von mehreren Jahren schattenbildende und kühlende Wirkungen. Vor diesem Hintergrund wurde dem Schutz und Erhalt bestehender Vegetationsbestände auch aus kleinklimatischen Gründen bzw. für das Wohlbefinden der Nutzer eine hohe Bedeutung beigemessen.  

 

Begrünung 

Durch die umfassende Berücksichtigung des vorhandenen Baumbestands (vor allem Pappel, Birke und Kastanie) in Verbindung mit der Neuanlage von Vegetationsflächen kann von Anbeginn an ein wirksames Grünvolumen geschaffen werden. Die 15 neu auf dem Grundstück gepflanzten Bäume, darunter besonders stadtklimaresiliente Arten wie Acer campestre, Ostrya carpinifolia, Quercus cerris und Sorbus thuringiaca, werden mittelfristig zusätzliche Positivwirkungen entfalten. 

Um auch die unterschiedlichen Jahreszeiten sichtbar zu machen, erfolgte die Pflanzenauswahl gezielt nach unterschiedlichen Blüh- und Laubfarben. Hierbei wurden auch weniger lichtbegünstigte Nordseiten berücksichtigt, wo Beete mit Schattenstauden wie Anemone hupehensis, Hemerocallis und Hosta in Verbindung mit Gräsern und flächig gepflanzten Bodendeckern wie Waldsteinia, Astern und Heuchera angelegt wurden.  

 

Fazit

Angesichts des deutlich begrenzten Flächenangebots ist es durch eine effiziente und multifunktional nutzbare Freiflächenausbildung dennoch gelungen, die Außenanlage der neuen Grundschule attraktiv und erlebnisreich zu gestalten. Hierbei wurden besondere Gegebenheiten, wie die bewegte Topographie und der alte Baumbestand aufgegriffen und positiv für die Gestaltung genutzt. Weiter fanden sowohl ökologische als auch pädagogische Anforderungen besondere Berücksichtigung. Insgesamt konnte so ein moderner, Spiel und Bewegung sowie Kreativität und soziales Miteinander fördernder Freiraum geschaffen werden, in dem Kinder den für ihre Entwicklung so wichtigen körperlichen und seelischen Ausgleich finden können. 

 

Eckdaten

Fläche: 4.950 m²

Baukosten: 1.010.000 EUR

Planungs- und Bauzeit: 2014 bis 11/2019

Planung: Leistungsphasen 1-8

Götte Landschaftsarchitekten GmbH

Auftraggeber, Projektleitung: Magistrat der Stadt Frankfurt

Ausstattung: Spiel und Aufenthaltsbereiche, 50 m-Laufbahn, Weitsprunggrube, Ballspielfeld, Fläche für Verkehrserziehung, Schulgarten, Außenklassenzimmer, PKW- und Fahrradstellplätze, Inklusionsspielgerät

Großes Kombinationsspielgerät: SiK-Holzgestaltungs GmbH

Ausführende Firma: Fa . WISAG GmbH & Co.KG, Frankfurt am Main


Mehr zum Thema Schulhofgestaltung

image

Schulhofgestaltung

Spiel-, Sport- und Ruhebereich zugleich – Wie unterschiedliche Anforderungen auf kleinstem Raum umgesetzt werden können

Die neue Außenanlage der Grundschule II am Fürholzer Weg in Neufahrn bei Freising ist ein vielfältiger Aufenthaltsbereich, der zum Spielen, Toben und Ausruhen einlädt.

image

Schulhofgestaltung

Grundschule Harkshörn in Norderstedt

Nachhaltiges Regenwassermanagement für Sportplätze

image

Schulhofgestaltung

Grundinstandsetzung Schulhof Wartiner Straße 6, Berlin-Lichtenberg

Wir schreiben das Jahr 2006 – noch ist das starke Bevölkerungswachstum, welches Berlin in den nächsten Jahren haben wird, kein Thema. In Wartenberg, einem Ortsteil des Berliner Bezirkes Lichtenberg, wird die Grundschule an...

image

Schulhofgestaltung

Spielhang Risskov-Schule

Die Risskov-Schule wurde um einen Neubau für die Schüler der Jahrgangsstufen 0 bis 2 erweitert. Von allen Räumen dieses Gebäudes aus hat man Zugang zu einem großen Spielhang im Freien, der die...

image

Schulhofgestaltung

Modernisierung des Schulhofs der Johann-Friedrich-Mayer-Schule

Die Johann-Friedrich-Mayer-Schule in Kupferzell wurde in den vergangenen Jahren saniert und erweitert. Neben neuen Schulgebäuden wurden auch die Freianlagen vergrößert und die Spiel- und Sportanlagen neugestaltet.

image

Schulhofgestaltung

30. Grundschule „Am Hechtpark“ in Dresden - die Natur in der Stadt erleben

Ende der 1950er Jahre wurde der Neubau der Schule als Ersatz für den im Krieg zerstörten historischen Bau begonnen; 1965 der Schulbetrieb aufgenommen. Seitdem passierte über 50 Jahre lang auf dem Schulgelände: fast nichts!
Das heißt, zu...