Stadt fair teilen - was kann Planung beitragen?
Unsere Städte sind über Jahrhunderte gewachsen, darin spiegelt sich auch die Geschichte der städtischen Gesellschaft, wer hatte das Sagen, für wen waren welche Berufe zugänglich. Stadt ist ein...
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Bei den heißen Temperaturen in Wien suchen viele Eltern mit ihren Kindern nicht nur in Freibädern nach Abkühlung. Die Wiener Wasserspielplätze sind bestens dafür geeignet einen verspielten Nachmittag im kühlen Nass zu verbringen.
2003 erklären die Vereinten Nationen zum Jahr des Süßwassers. Dieser Anlass bringt meine Partner Victoria Golub, Hanno Baschnegger und mich, den Autor dieses Beitrags auf die Idee, einen Spielplatz zu entwickeln, der sich ganz dem Thema Wasser widmet. Das Thema „Wiener Wasserspielplatz“ wird tatsächlich von der zuständigen Umweltstadträtin angenommen. Wiens große Freizeitmeile, die Donauinsel, wird als Standort festgelegt. Die „Donauinsel“ ist ursprünglich als Hochwasserschutz für die tiefer liegenden Bezirke Wiens in den 1970 bis 1980er Jahren angelegt worden. Entgegen den ursprünglichen Plänen hat die Wiener Bevölkerung im sogenannten Entlastungsgerinne für die Hochwasserfluten ein Badeparadies entdeckt. An heißen Sommerwochenenden genießen hier über zweihunderttausend WienerInnen die Abkühlung in „der Rinne“ (das sind fast zwanzig Prozent der Bevölkerung).
Ein Spielplatz mit Wasser wird also eine weitere Attraktion auf der Insel. Wichtig ist den Entwicklern der Idee die leichte Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die U 1 ist die am stärksten frequentierte Linie mit dem größten Einzugsbereich. Von der Station Donauinsel nur dreihundert Meter entfernt findet sich ein idealer Platz. In Sichtweite vom Standort befindet sich auch die UNO City, Wien ist einer der vier Sitze der Vereinten Nationen.
Bei allen unseren Projekten wollen wir Information mit Spiel verbinden. 2003 muss man den Begriff Edutainment noch erklären, inzwischen ist auch dieses neudeutsche Wort allgemein gebräuchlich. Thema für den Wasserspielplatz Donauinsel ist die Geschichte unserer Zivilisation. Wasser ist der Antrieb für Erfindungen aller Art. Brücken, Fähren, Schleusen, Pumpen, Schöpfräder, die Liste scheint endlos zu sein. Auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel ist schon von weitem ein Windrad zu sehen. Dieses Gerät pumpt Wasser aus einem unterirdischen Speicher. Auf einen Spielberg. Ohne derartige Windräder wären weltweit viele Farmen von Australien bis Amerika nicht zu betreiben gewesen. Neben dem Windrad gibt es aber auch eine „natürliche“ Quelle. Mit dem Uferfiltrat aus der Neuen Donau werden zehn Sekundenliter in einen Bach gespeist. Für Kinder ist das nur zwölf bis vierzehn Grad kalte Wasser in der Sommerhitze eine große Attraktion, gibt es doch so etwas nirgendwo in einer Großstadt. Über einen Wasserfall schießt das Wasser in einen kleinen Teich, der mit einer Hängebrücke auch von den begleitenden Erwachsenen überwunden werden kann. Weiter geht es in einem kleinen Bachlauf mit einer weiteren technischen Attraktion. Ein Schöpfrad, nach dem Vorbild der Wasserräder im Nahen Osten, angetrieben von der Strömung pumpt einen Teil des Wassers wieder zurück in den oberhalb gelegenen Teich. Durch eine kleine Schiffsschleuse geht es weiter in die vor allem bei Kleinkindern beliebte „Gatschzone“. Wir haben ganz bewusst diesen Urwiener Ausdruck gewählt. Laut Wikipedia ist das Wort Gatsch „eine österreichische, mundartliche Bezeichnung für Schlamm oder Matsch“. Und genau das ist es was unseren Jüngsten fehlt, die sinnliche Erfahrung Sand mit Wasser zu vermischen, zu kneten, daraus Formen zu bilden, ein Element zu schaffen, dass dann aber auch wieder zerfällt.
Die Hygieniker der Stadtverwaltung bekommen hier immer wieder ihre berufsbedingten Sorgenfalten. Auf diesem „Gatschfeld“ wird seit Jahren diskutiert. Ohne Zweifel ist Hygiene im Alltag keine Frage, andererseits wird auch von Medizinern immer öfter beklagt, dass zu viel Hygiene die notwendige Bildung von Abwehrkräften verhindert. So ist gerade vor kurzem in der renomierten „Wiener Zeitung“, sie ist auch das offizielle Amtsblatt der Republik Österreich, ein interessanter Leitartikel mit dem Thema „Keimfreie Lebensgefahr“ erschienen: „....Einwandfreie hygienische Standards verbessern die Gesundheit, doch allzu sterile Bedingungen schaden ihr. Diese These stärken britische Forscher mit einem schockierenden Befund: Sie berichten, dass die immer keimfreiere Umgebung unserer modernen Welt für manche Kleinkinder sogar lebensgefährlich sein kann, da sie das Immunsystem nur unzureichend gegen Krebs rüste...…“. Die Studie wird in diesem Beitrag ausführlich beschrieben. Die Diskussion zum Thema Hygiene ist somit auch hier eröffnet.
Der absolute Renner bei den größeren Kindern ist der große Teich am Ende des Spielplatzes. Hier kann man die Wasserfläche mit einer Seilfähre überwinden. Oft ist das Boot so voll, dass es auf Grund sitzt. Für mehr als fünfzehn Passagiere haben wir die Tragkraft nicht berechnet. Aber es gibt hier auch ein Handicap. Ein überdimensionaler Fischkopf speit immer wieder Wasserfontänen über die Fahrtstrecke des Bootes. Wieder einmal zeigt sich die unterschiedliche Denkungsart von Kindern und Erwachsenen. Wir Planer dachten, dass die Kinder auf jeden Fall versuchen werden dem Wasserschwall auszuweichen. Genau das Gegenteil ist der Fall. Es geht ihnen darum getroffen zu werden, was jedes Mal ein euphorisches Geheul auslöst. Nach Durchlauf der Anlage wird das Wasser in die Donau abgeleitet. Technische Spielgeräte, wie Fontänenhüpfer, Wasserspirale mit Handkurbel und ein Spieltisch zum erproben von Wasserströmungen ergänzen die Anlage. Für die Begleiter sind Liegen aufgestellt und bevor es nach Hause geht stehen Duschen zur Verfügung. Wir haben dieser Einrichtung die Bezeichnung „Kinderwaschstraße“ gegeben.
Der Wasserspielplatz auf der Donauinsel ist nur vom Beginn der Bädersaison, das ist Anfang Mai bis Ende September geöffnet. Bereits im Jahr der Eröffnung 2004 wird er zum meistbesuchten Spielplatz von Wien. Vor Ort sind Betreuer eingesetzt, die auch die Besucherzahlen erheben und es ist eine Erste Hilfe Station eingerichtet. Bisher mussten nur leichte Verletzungen behandelt werden.
Ein interessantes Ergebnis liefert folgende Beobachtung: Im Vergleich zu anderen Spielplätzen der Stadt wird hier ein deutlich höherer Anteil von begleitenden Vätern gezählt.
Die Wiener Kinderfreunde betreuen im Auftrag der Stadt Wien (MA 13) den Wasserspielplatz Donauinsel.
Wasserspielpark Wienerberg
Der überragende Erfolg dieses Wasserspielplatzes gibt Mut und darum erfolgt 2010 die Beauftragung für einen weiteren Spielplatz dieser Art. Die Aufgabenstellung ist hier jedoch eine ganz andere. Der Standort für den „Wasserspielpark Wienerberg“ liegt auf einem neu errichteten Wasserspeicher für die Versorgung mit Trinkwasser für die südlichen Bezirke von Wien. Der alte Speicher musste nach über hundert Jahren erneuert werden. Auf siebzehntausend Quadratmetern, praktisch auf dem Dach des neuen Wasserspeichers steht ein Areal zur Verfügung, dass am Rand eines sehr dicht bebauten Stadtteils von Wien, dem sogenannten „10ten“ Gemeindebezirk liegt. Die Bevölkerung sieht sich in einem Spannungsfeld von alteingesessenen Wienern und Zuwanderern aus aller Herren Länder. Freie, allgemein zugängliche, weite Grünflächen gibt es zwischen den Bauten aus der Zeit der 1960er und Siebziger Jahre so gut wie nicht. Heute leben in dieser Gegend sehr viele junge Menschen. Mehrere Kindergärten und Schulen sind in der Umgebung angesiedelt.
Das vorgegebene Motto des Spielareals lautet: "Wie kommt das Wasser in die Stadt". So wie alle Projekte, die von BGN Erlebnisökologie geplant wurden, verbindet auch dieser Spielplatz Spiel und Spaß mit Information und Bildung. An Info-Elementen im Park wird wissenswertes über das "nasse Element" vermittelt und soll spielerisch Informationen an seine Benützer weitergeben. Aber nicht Schilder, sondern im Boden eingelassene Schriftplatten informieren darüber, woher und wie das oft gerühmte "Wiener Wasser" in die Stadt kommt.
Der Park ist Besuchern aller Altersgruppen gewidmet, vorrangig natürlich Kindern und Jugendlichen. Nach Ansicht der Planer hört das "Kind sein" nie auf und tatsächlich finden sich Vertreter der Generationen 60+ auch ohne Begleitung von Enkelkindern ein.
Die Konstruktion des Wasserspeichers ist für die Planer von BGN Erlebnisökologie eine Herausforderung.
Weg des Wassers
Der Weg des Wassers wird in zwei sehr unterschiedlichen Formen dargestellt, einer natürlichen und einer künstlichen. Am höchsten Punkt, auf dem Dach der Schieberkammer, befindet sich der "Quellberg". Aus Gründen der eingeschränkten Belastbarkeit der Behälterdecke wird dieser "Berg" aus einem stählernen Rankgerüst, ähnlich einer Pergola gebildet. Die Flanken werden von Blauregen (Wisteria spec.) überzogen, geteilt durch zwei Wasserfälle. Sie stürzen über die Ostseite in einen kleinen Teich. Der Teich ist, so wie alle Wasserflächen maximal 40 cm tief und kann durchwatet werden. Über einen Abfluss wird ein kleiner, natürlich gestalteter Bach gespeist, der das Gelände durchzieht. An seinen Ufern und in mehreren kleinen Buchten finden sich Spielflächen zum experimentieren mit dem nassen Element. Der Spielbach lädt zum „Stauen und Staunen“ ein. Nach fast 100 Metern mündet er in den „Unteren Spielteich“, der eine Wasserfläche von 600 m² hat. Das Ufer wird von einem rund 2.000 m² großen Sandstrand gebildet.
Im Gegensatz zu der natürlich anmutenden Bachszene steht die Nachbildung eines Aquädukts das ebenfalls aus dem Quellberg gespeist wird. Es zieht als lang gestrecktes Objekt durch das Gelände und erinnert an die Wiener Hochquellleitungen, die auf genau diese Art die Bevölkerung seit über hundert Jahren mit Trinkwasser versorgen.
Am Ende des Aquädukts gelangt das Wasser in einen "Wasserturm". Hierbei handelt es sich um die Nachbildung des nicht einmal zweihundert Meter weiter stehenden historischen "Wasserturms Wienerberg". Der Wasserturm Wienerberg diente lange Zeit der Versorgung hoch gelegener Stadtteile von Wien mit Trinkwasser und steht heute unter Denkmalschutz. Die modellhafte Nachbildung kann nicht nur innen erklettert werden, sie lädt an der Außenseite mit einer überdimensionalen Brause zur Abkühlung ein. Natürlich hat der Wasserturm auch eine Rutsche, ohne die geht es heute nicht mehr. Der Turm wurde von Moser Holzspielgeräte nach den Entwürfen der Planer angefertigt. Für die ganz Kleinen ist eine Sandspielzone eingerichtet, mit den bewährten Wasserspendern von Moser Spielgeräte. Direkt vor den Begleitern können hier Kleinkinder pritscheln, plantschen, kneten usw. Auch im Wasserpark Wienerberg steht eine „Kinderwaschstraße“ zur Reinigung vor dem Heimweg zur Verfügung.
Das Spielwasser der gesamten Anlage wird aus der Wiener Wasserleitung gespeist. Der Spielplatz ist so wie in Wien üblich vom TÜV abgenommen.
Im ca. 7.000 m² großen Westteil des Wasserparks bilden sanft gewellte Wiesen als wogendes Grasmeer einen thematischen Gegenpol zur Spaßzone im Osten. Hier hat sich wieder der Trockenrasen eingestellt, der die alte Behälterdecke überzogen hat und der Natur ist ein Areal im dicht verbauten Gebiet zurückgegeben. Selbstverständlich ist in diesem Bereich auch ein Volleyballplatz für jede Menge actionbegeisterter Jugendlicher angelegt, chill out inklusive.
Neben der üblichen Parkmöblierung sind nach einem Entwurf von BGN Erlebnisökologie Sonnenliegen in Form von Booten aufgestellt um den Charakter des Wasserparks zu unterstreichen. Das gesamte Areal ist durch rollstuhlgerechte Wege erschlossen.
Der Wasserspielpark Wienerberg zieht in der Sommersaison über 150.000 Besucher an. Großer Wert wird hier auf die Betreuung gelegt. Dafür ist, anders als sonst, ständig Betreuungspersonal abgestellt. Die Servicekosten übersteigen den üblichen Rahmen für Parkanlagen und Spielplätze um einiges. Der Spielsand wird regelmäßig auf Keimgehalt kontrolliert und notfalls ausgetauscht, ebenso wird auch die Hygiene der Wasserflächen untersucht. Das Unfallrisiko liegt im üblichen Rahmen von Spielplätzen. Der Besuch der beiden Wasserwelten ist, so wie in Wien für alle städtischen Spielplätze üblich, gratis.
Foto: Gerald Navara, Stadt Wien