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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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05.12.2018 - Ausgabe: 6/2018

Von der Rollsporteinrichtung zum Skatepark - Die Entwicklung der DIN EN 14974

Ingo Naschold, Inhaber Planungsbüro DSGN CONCEPTS, Sachverständiger und Obmann nationaler Normenausschuss für Skateanlagen

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Die sicherheitstechnische Normgebung hat auf dem Gebiet des Rollsports wahrlich einen langen und steinigen Weg hinter sich: Als im Jahre 1995 die DIN-Norm für Rollsporteinrichtungen – damals noch unter der DIN 33943 – veröffentlicht wurde, erlebte der Rollsport gerade einen ersten sogenannten „Boom“. Anders als bei gängigen Sportarten, wie zum Beispiel Fußball oder Tennis, bei denen es aufgrund ihrer Historie, Popularität und Stellung als Breitensport seit jeher klare Anforderungen und Sicherheitsvorschriften gab, steckten die Rollsportarten zu diesem Zeitpunkt noch sprichwörtlich „in den Kinderschuhen“, was sicherheitstechnische Anforderungen an die Sportstätten anging.

Man bezog sich bei der Entwicklung der Norm auf „bekannte“ Skate-Elemente, wie z.B. Spine, Funbox oder Pyramide und definierte damit zu sehr die Einzelelemente. Durch die Konkretisierung der Elemente wurde die Norm in der Folge leider zu oft als „Bauplan“ für Skateanlagen genutzt, ungeachtet der Tatsache, dass unterschiedliche Rollsportler unterschiedliche Anforderungen stellen. Nun waren also gleich zwei Probleme gegeben: Einerseits hatte man Elemente, mit denen z.B. Inliner und BMXer bestens umgehen konnten, Skateboarder aber nur bedingt. Zum anderen ähnelten sich die Anlagen so stark, dass Abwechslung eher die Ausnahme war.

Eine Wende hinsichtlich der Planung von nutzerorientierten Anlagen zeichnete sich erst Anfang der 2000er Jahre ab: Mit Nachlassen der Popularität von „Agressive“-Inline setzte sich Skateboarding mehr und mehr als vorherrschende Rollsportart auf den Anlagen durch. Dies führte gleichzeitig zu einer Etablierung von Skateboardern auf der Herstellerebene und somit auch zu zunehmendem Einfluss auf den Normenausschuss. So konnten bei der Umstellung von der DIN zu EN im Jahre 2006 die gröbsten Unstimmigkeiten beseitigt werden. Bei der nächsten Intervallüberarbeitung im Jahr 2010 konnten weitere fachspezifische Anpassungen berücksichtigt werden.

Eine oberflächliche Überarbeitung der Norm war aber nicht genug. So wurde durch Vertreter aus Deutschland und Frankreich der EU-Normenausschuss 2014 erneut einberufen und dort eindringlich um eine Reaktivierung der Normarbeit gebeten, um eine ganzheitliche Überarbeitung im Sinne aller Rollsportler zu erwirken.

Da allerdings bis auf die deutschen und französischen Kollegen kaum weitere Vertreter aus EU-Ländern im Ausschuss aktiv waren, wurden viele verfügbaren europäischen Kontakte aktiviert, um sie von der nationsübergreifenden Normarbeit zu überzeugen. Deutlich mehr Länder, darunter die Niederlande, Polen, Dänemark, England, Griechenland, Schweden und Finnland, waren dann 2015 zur ersten Normenausschuss-Reaktivierung vertreten, um die ganzheitliche Überarbeitung in Angriff zu nehmen.

Das Gremium besteht seitdem aus fünfzehn aktiven Vertretern aus acht Ländern, die sich seit 2015 zwei- bis dreimal im Jahr zur Beratung sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene getroffen haben. Die Arbeit hat sich gelohnt: Im Januar 2019 wird eine komplett überarbeitete Norm für Skateanlagen veröffentlicht werden – eine Norm, die auf die heutigen Anlagen, sowohl outdoor als auch indoor, disziplinübergreifend anwendbar und zur Bewertung der Prüfobjekte vereinfacht worden ist. Es gibt nun eine klare Struktur mit gängigen Begriffen, welche auch in der Übersetzung ihre fachspezifische Sprache behalten. Die vielen einzelnen spezifischen Skate-Elemente sind vereinfacht worden und der Fokus liegt nun sowohl auf den Elementen, als auch auf den Rollflächen  bzw. auf der gesamten Anlage.

Aus diesem Grund wurde auch der Titel der Norm geändert und lautet nun: „Skateparks – Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren“. Hierbei müssen nun alle Flächen und Bereiche beachtet werden. Dementsprechend wurde in der Überarbeitung z.B. die Materialität „Asphalt“, samt entsprechenden Anforderungen an Körnung und Oberflächenbeschaffenheit, mit aufgenommen.

Jedoch sind ab kommendem Jahr Gleitflächen (z.B. Coping, Kantenschutz, etc.) aus Edelstahl nicht mehr zulässig. Dies ist ein Meilenstein der Normenarbeit, da das Material seit jeher ungeeignet war. Denn Edelstahl ist ein weiches Metall, während Skateboardachsen aus Aluminium sind, welches ebenfalls ein weiches Metall ist. Die Reibung hat hier eine ähnliche Wirkung wie Gummi auf Gummi, was in der Vergangenheit zu schweren Stürzen geführt hatte. Darüber hinaus wurden in der Norm Platten aus Glasfasern aus der Definition der zu verwendenden Materialien entfernt, jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen, da sich das Gremium nach langen Diskussionen dazu nicht durchringen konnte. Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass derartige Beläge nicht zu empfehlen sind.

In der Überarbeitung der Norm sind die allgemeinen sicherheitstechnischen Anforderungen an die Skate-Elemente weitestgehend geblieben. Es muss z.B. weiter jede von außen erreichbare Kante mindestens 3 mm gerundet und eine Absturzsicherung mindestens 1,2 m hoch sein. Diese und weitere Anforderungen sind nun allgemein auf die Skate-Elemente anzuwenden, sodass man nicht mehr zwischen Skate-Elementen wie Bank, Quarter, Hip oder Londongap unterscheiden muss. Ergänzt wurden jedoch Pools und Bowls, da diese Arten von Skateanlagen eine eigene Disziplin darstellen und in der EN 14974 bisher gefehlt haben.

Bezüglich der Inspektion und Wartung hat man sich an den Anforderungen und Formulierungen der EN 1176 orientiert und einiges übernommen. Dazu zählen die Inspektionsintervalle mit entsprechender Durchführung sowie die Anforderungen an die Prüfung und den Prüfbericht. Ergänzend dazu wird jedoch vom Anwender (Planer, Hersteller, Konstrukteure, öffentliche Behörden, Betreiber, Sachverständige und Prüfpersonen von Skateelementen und/oder Skateparks) eine gewisse Qualifikation zur Anwendung der Norm verlangt. Die entsprechend sachkundige Person sollte mit  ausreichender Schulung, Erfahrung und Kenntnis dieser Norm sowie mit einem Verständnis für Rollsportarten oder einer speziellen, für die ordnungsgemäße Ausführung ihrer Aufgabe erforderlichen Qualifikation entsprechend ausgebildet sein.

Auf den Hinweisschildern sind ab kommendem Jahr mehr Angaben zu machen als bisher. Diesbezüglich sollte sich jeder Betreiber im Vorfeld bereits Gedanken machen, für welche Rollsportarten die entsprechende Anlage freigegeben werden soll. Das hat große Auswirkungen auf die Planung.

Heutzutage wird beispielsweise die Nutzung mit Scootern kontrovers diskutiert: Auf der einen Seite ist eine Skateanlage mit Scootern nutzbar, jedoch sind deren Nutzer oft Kinder, die spielerisch im Park hin- und herfahren wollen, obwohl Pumptracks für diese Art des Spielens geeigneter wären. Dieser Umstand führt oft zu Konflikten, die nicht zuletzt auch von uneinsichtigen Eltern ausgehen. In Konsequenz hieraus wurde unter anderem auch das Mindestalter für Skateanlagen auf acht Jahre festgelegt. Ein Skatepark ist kein Spielplatz.

Die überarbeitete EN 14974 wird voraussichtlich im Januar 2019 veröffentlicht und ist dann über den Beuth Verlag auch in deutscher Sprache als DIN EN 14974 zu beziehen. Seminartermine zur Kontrolle und Wartung öffentlicher Skateanlagen finden bei der DEULA auf Seite 114 im Heft.

Bild: © Fabian Reichenbach

 

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