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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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14.02.2020 - Ausgabe: 1/2020

Schul(T)räume und Pausen(T)räume - Mitreden, mitbestimmen, mitgestalten, mitbauen

Von Rolf Heinisch (Dipl. Ing. Landschaftsarchitektur BSLA, ecovia GmbH)

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© Rolf Heinisch

Die Schule Wauwil im Kanton Luzern hat einen neuen Pausenplatz gebaut und ihr Schulhaus um einen Anbau erweitert. Schülerinnen und Schüler wurden von der Planung bis zur Umsetzung eng in diesen Umgestaltungsprozess miteinbezogen.

„Das ist unser Baumhaus“, sagt Nora stolz. Sie rennt zum großen Baum auf dem Pausenplatz und klettert hinauf. „Ein Baumhaus haben wir uns schon lange gewünscht“, erzählt Ladina und rutscht die Feuerwehrleiter hinunter. Auch Matteo lächelt zufrieden: „Es wurde nichts gebaut, was wir nicht wollten.“ Der Brunnen auf dem Pausenplatz hat ein Wasserspiel bekommen, der Fußballplatz ein zweites Tor und eine kleine Tribüne. Die Kinder zeigen die überdachte Rutsche und machen Halt am Klettergerüst, das aus vielen ineinandergreifenden Baumstämmen besteht. Die Schule Wauwil hat den Pausenplatz der Unterstufe komplett umgestaltet, außerdem erweiterte sie eines ihrer Schulhäuser um einen Anbau. Im Rahmen der Projekte „Schul(T)räume“ und „Pausen(T)räume“ wurden die Schülerinnen und Schüler eng in beide Baumaßnahmen miteinbezogen. „Das hat sich gelohnt“, sagt Schulleiterin Ursula Matter. „Es kam über die konkreten Resultate hinaus viel Gutes dabei heraus.“ 

250 Lernende waren in diesem Prozess involviert, geschickt gelenkt und geleitet von drumrum Raumschule und ecovia GmbH. Der Verein ‹drumrum Raumschule› sensibilisiert Kinder und Jugendliche regional, national und international für die baukulturellen Herausforderungen unserer Zeit. Er macht dies mit öffentlichen und privaten Workshops, partizipativen Schulprojekten und grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Die drumrum Raumschule fördert bei Kindern das Interesse, sich spielerisch dem Thema Baukultur zu nähern und an der Gestaltung der eigenen Lebenswelt teilzunehmen. Das Projektteam setzt sich je nach Thema aus Architektinnen, Szenografen, Farbgestalterinnen, Designern, Pädagogen, Handwerkern und Kulturschaffenden zusammen. Die ecovia GmbH war dann für die Umsetzung der evaluierten Maßnahmen verantwortlich, sie planten den neuen Spiel- und Pausenplatz und waren für die Prozesse „mitgestalten und mitbauen“ als Bau- und Projektleiter verantwortlich. Im Projektteam von ecovia engagieren sich LandschaftsarchitektInnen, Handwerker, Gestalter und Gartenbauer. 

Einerseits wurden in diesem partizipativen Planungsprozess zahlreiche Inputs für den neuen Anbau erarbeitet, andererseits auch viele Ideen und Wünsche für den Außenraum formuliert, was auch Schwerpunkt in diesem Artikel sein soll. 

Die Schule Wauwil hat mit diesem Projekt den Schweizer Schulpreis und weitere Preise auf kantonaler Ebene gewonnen (Kinder- und Jugendaward, Anerkennungspreis der Dienststelle Volksschulbildung). Die Schule im Ort ist so eine tragende Stütze der Gemeinde, man arbeitet miteinander und zieht an einem Strang – so der Tenor aus der Laudatio für den Schweizer Schulpreis. 

Lern- und Chillraum, große Fenster, bunte Wände freche Gestaltung der Toilettenanlagen – das waren die für den Neubau entwickelten und später auch umgesetzten Ideen der Lernenden. Wer sich für den gesamten Prozess interessiert, dem sei folgendes Video empfohlen, das aus den Preisgeldern des Kinder- und Jugendawards finanziert wurde:

https://www.ecovia.ch/freiraum-und-objektplanung/schulanlagen,-kindergärten/schule_wauwil.html

 

Projekt Pausenplatz

Die Schülerinnen und Schüler entwickelten in Workshops Ideen und Vorschläge sie machten Begehungen und Analysen vor Ort, recherchierten im Internet, bauten Modelle, testeten Spielgeräte und experimentierten mit Farbkombinationen. 

Ein großes Baumhaus, ein Wasserspiel am bestehenden Brunnen, die Ergänzung des kleinen Fußballplatzes mit einem zweiten Tor und einer Tribüne, eine große Rutschbahn hinunter zum Kindergarten und mehr Möglichkeiten zum Klettern kristallisierten sich als zentrale Wünsche der Kinder heraus. 

Als Landschaftsarchitekten waren wir nun gefordert - die veränderbaren Freiräume waren räumlich begrenzt, ebenso die finanziellen Mittel. Schlussendlich müssen die Schülerideen auch realisier- und baubar sein und zudem den heutigen Sicherheitsnormen entsprechen. Unsere Intentionen, Kinder und Jugendliche zu freudvoller Bewegung zu animieren und die Umgebung naturnah zu gestalten, wurde von der Lehrerschaft wie auch von den Lernenden gestützt. Früher gingen die Kinder in die Natur, spielten in Wald und Wiese, stauten am Bach und sammelten zahlreiche Naturerfahrungen. Heute wird die Natur zusehends seltener aufgesucht. Für uns Planer gilt es daher, diese attraktiven Naturerlebnisräume in die Siedlungen zu holen. Bei unseren Planungen achten wir deshalb darauf, „wildere Bereiche“ zu schaffen – Kletterberg, Sandspiel- und Matschbereich, Weidendschungel –, aber auch Ruhezonen für ruhigeres Spiel oder ungestörte Gespräche. Aufgrund der engen Platzverhältnisse war dies beim Projekt in Wauwil nur bedingt möglich, trotzdem konnten wir einige dieser Aspekte abdecken. So konnte zum Beispiel eine großzügige Kletteranlage aus naturgewachsenen, unregelmäßigen Rundhölzern umgesetzt werden. Diese integriert sich durch ihre besondere Formensprache sehr gut in das naturnah gestaltete Umfeld. Zudem können nun auf kleinem Raum sehr viele Kinder balancieren und spielen, auch plötzlich auftretender Spieldruck wird von den Strukturen aufgefangen und in einen fließenden Spielrhythmus umgewandelt. Kinder, die rückwärts balancieren, können auch rückwärts rechnen! Obschon die Mittel sehr begrenzt waren, konnte auch der sehnlichste Schülerwunsch – das Baumhaus – in einer etwas vereinfachten Ausführung umgesetzt werden. Es wird heute rege genutzt und bereichert das Bewegungsangebot enorm. Apropos Bewegungsdefizite: Eine repräsentative Untersuchung über die motorische Leistungsfähigkeit der Jugend in Österreich unterstreicht unsere Planungsmaxime „mehr Bewegung“. Geradezu schockierend ist das Ergebnis, dass bei Mädchen die motorische Entwicklung im Bereich der koordinativen Fähigkeiten mit dem 10. Lebensjahr bereits abgeschlossen ist und schon ab dem 12. Lebensjahr Leistungseinbußen auftreten. „Die Welt unserer Kinder wird mehr und mehr zu einer Sitzwelt“, warnte die deutsche Stiftung Kindergesundheit bereits vor zehn Jahren.

Diesem besorgniserregenden Trend ist auch im schulischen Umfeld und somit auf dem Pausenplatz zu begegnen – hier tragen wir als Architekten und Planer auch eine große Verantwortung. 

Das Thema „miteinander“ wurde in der Projektumsetzung ebenfalls hochgehalten. Der Einbezug der späteren Nutzer der Anlage in der Umsetzungsphase war für uns von Anfang an selbstverständlich. Eingeladen wurden Eltern, Lehrer, Hauswart, Kinder und Jugendliche. An einem Samstag folgten über 100 Freiwillige diesem Angebot und legten motiviert und unermüdlich bei der Ausführung Hand an. Ein solcher Großaufmarsch erfordert selbstverständlich sehr viel Geschick in Arbeitsplanung und Bauleitung. Unsere Institution hat langjährige Erfahrung mit solchen Bautagen bzw. Mitmachbaustellen und konnte auch dieses Gewimmel umsichtig lenken und organisieren.

An diesem besagten Tag wurde mit großem Eifer geschaufelt, gepickelt, gebohrt, betoniert und gepflanzt. Jeder Teilnehmende wurde so Teil vom Projekt und übernahm Verantwortung für das Entstehende. Diese Events sind in der Regel der Höhepunkt der Projektumsetzung, was wir auch hier bestätigen konnten. „Bautage“ mit den Beteiligten senken zudem auch die Baukosten, sie erhöhen die Verantwortung für den Außenraum und sind schlussendlich die beste Prävention gegen Vandalismus. Partizipation bringt Identifikation. Naturnahe, bewegungsfreundliche und erlebnisorientierte Spiel- und Pausenplätze – eine nachhaltige Investition in die Zukunft!

Auch die Schulleiterin zeigte sich überaus zufrieden mit dem Verlauf und Ergebnis der Projekte Schul(T)räume und Pausen(T)räume. „Ich würde die Schülerinnen und Schüler wieder so intensiv einbeziehen. Alle haben am Ende von der Zusammenarbeit gewonnen.“

 

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