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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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14.02.2020 - Ausgabe: 1/2020

Das Wellenspiel - Gestaltung eines Spielhangs auf dem Schulhof der Regenbogenschule in Wolfsburg

Von Dipl. Ing. Kerstin Jablonka, Dipl. Ing. Jörg Bresser (pro garten landschaftsarchitekten)

Photo
© ALTSCHAFFEL foto film grafik art

Schulhöfe sind in erster Linie Orte des Aufenthalts während der Pause. Hier kann man toben, laufen, spielen, aber auch sitzen und chillen. Während der Unterrichtsstunden staut sich bei den Kindern und Jugendlichen viel Bewegungsenergie auf, die es in den Pausenzeiten abzubauen gilt. 

Aber auch in den Nachmittagszeiten, nach Unterrichtsschluss, sind immer mehr Schulhöfe für die oft an die Schule angegliederte Nachmittagsbetreuung, den Hortbetrieb, geöffnet. Derzeit gibt es vermehrt Bestrebungen, Schulhöfe auch außerhalb des Schulbetriebs, für Kinder und Jugendliche nutzbar zu machen und sie als Spiel- und Aufenthaltsflächen in den Nachmittagsstunden zur Verfügung zu stellen.

 

Rahmenbedingungen und Vorgaben

Der Schulhof der Regenbogenschule in Wolfsburg untergliedert sich in zwei Bereiche, die auf unterschiedlichen Höhenniveaus angesiedelt sind. Die obere Ebene des Schulhofs ist über das Hauptgebäude und die Räume der Nachmittagsbetreuung erreichbar. Die ca. 3,30 m tiefer liegende untere Schulhofebene wird über die Turnhalle und den Parkplatz erschlossen. Die beiden Schulhofflächen sind über eine, in einen Hang eingebettete, Treppenanlage miteinander verbunden. Dieser Hang ist topografisch äußerst reizvoll, jedoch stellte er nach jahrelanger Nutzung ein Verkehrssicherheitsrisiko dar. Erosionsbedingt kam es an festen Einbauten (Mauerscheiben, Stufenanlagen und Wegebelagsflächen) in den Randbereichen durch Verschiebungen und Absackungen zu statischen Problemen. Ein ursprünglich mit dem Gebäude fest verbundenes Brüstungsbauwerk hatte sich gelöst und war abgesackt. Verbliebene Bestandsbäume stabilisierten mithilfe ihres beanspruchten Wurzelwerkes den freigelegten Boden. Zaunsegmente entschärften provisorisch Absturzrisiken innerhalb des Hangbereichs. Diese waren jedoch nicht als dauerhafte Lösungen gedacht. Spielgeräte wurden sukzessive zurückgebaut und der Hang vorübergehend gesperrt.

Um die Nutzung des Geländes wieder zu ermöglichen, entschloss sich die Stadt Wolfsburg im Februar 2016 für eine Kooperation zwischen dem Geschäftsbereich Schule und dem Geschäftsbereich Grün zur Auslobung einer Planerwerkstatt. Mit Hilfe eines derartigen Wettbewerbsverfahrens sollte ein tragfähiges Konzept entwickelt werden, das die erneute Spielbarmachung des Hangs zum Ziel hatte, um somit einen dauerhaften attraktiven Spielstandort für die Schulfreiflächen der Grundschule zu schaffen.

Der Beitrag des Büros pro garten Landschaftsarchitekten ist aus dem Wettbewerbsverfahren als Siegerentwurf hervorgegangen.

Als Vorgutachten für die Hangsanierung lag eine Baugrunduntersuchung vor, die schluffige, lehmige und tonige Böden mit mäßiger Tragfähigkeit nachwies. Es wurde empfohlen, eine Entwässerung des oberen Schulhofs in den Hang zu vermeiden, das Niederschlagswasser aus dem Hangbereich abzuleiten und ausreichende Gründungspolster bei Einbauten vorzusehen. 

Während der Umbaumaßnahmen stellte sich zusätzlich noch die Notwendigkeit weitreichender Sanierungsmaßnahmen an dem vorhandenen Regenwasserleitungssystem im Hangbereich heraus.

Zu den Vorgaben der ausgelobten Planungswerkstatt von der Stadt gehörten auch die Ergebnisse einer zuvor durchgeführten Schülerbeteiligung. Eine dritte und vierte Klassenstufe hatte ihre Vorstellungen von Spielangeboten in Modellen umgesetzt. Diese wurden den Wettbewerbsteilnehmern zur Verfügung gestellt.

 

Entwurfskonzept

Hauptidee des Entwurfes von pro garten Landschaftsarchitekten ist die Gestaltung eines bespielbaren Wellenmeeres, das den oberen und den unteren Schulhof miteinander verbindet. Der Hang, der im Bestand eine ungenutzte Zäsur zwischen den beiden Schulhofflächen darstellt, wird somit zum bespielbaren Zentrum der Schulfreiflächen.  Die Größe der gesamten Bearbeitungsfläche inkl. der angrenzenden Randbereiche beträgt ca. 440 m².

Die neu gestaltete Hangfläche fügt sich ein wie Meereswellen in der Brandung. Vom unteren Schulhof schwappen die Wellen hoch an den Kai des oberen Schulhofs. Die Grenze zwischen Spielfläche und unterem Schulhof wird organisch ausgebildet, hier beginnen die geschwungenen Wellen. Diese erstrecken sich den Hang hinauf und brechen sich auf dem oberen Schulhof an der geraden Kante der Reling. Die Formensprache des oberen Schulhofs mit den abgewinkelten Kanten und Linien wird aufgenommen.

Im neu angelegten Hangabschnitt des Schulhofs überlagern sich drei Gestaltungsebenen:

 

1) Der Hang

Der Hang als unterste Ebene ist weitestgehend gleichmäßig profiliert. Er ist der nutzbar gemachte Übergang zwischen den beiden Schulhöfen.

 

2) Die Wellen

Überlagert wird das Hangprofil von wellenartigen Modellierungen unterschiedlicher Höhe und Größe. Das gleichmäßige Gefälle des Hangs wird durchbrochen. Spielflächen mit unterschiedlicher Neigung und Größe entstehen.

 

3) Das Meeresungeheuer

Aus dem Wellenmeer taucht das Ungeheuer als Spielgerät auf. Es hebt seine Arme aus den Fluten und lädt zum Bespielen, zum Beklettern und zum Chillen ein.

 

Die vorhandene Treppenanlage, die den Hang an der östlichen Seite begrenzt, wird in die Gestaltung integriert. Durch Rückbau der westlichen Einfassungsmauer der Treppenanlagen öffnen sich die Treppenstufen zum neu gestalteten Hang. Die Treppenanlage verzahnt sich mit den Wellen des Hangs. Mauerscheiben in Verlängerung einzelner Treppenstufen ragen wie Bühnen im Meer als Sitz- und Spielelemente in den Hang hinein. Das Podest zwischen den Stufen wird in den Hang hinein erweitert. Die direkte Verbindung zwischen den unterschiedlichen Schulhofflächen bleibt über die vorhandene Treppe bestehen. Gleichzeitig leitet die Treppenanlage in den bespielbaren Hang hinein. Die Mauerscheiben als Erweiterung der Treppe setzen sich auf dem unteren Schulhof als Sitzmauer fort.

 

Technik- und Materialkonzept

 

Hangstatik

Die bespielbare Hangfläche wird gegenüber dem Bestand verbreitert. Auf dem oberen Schulhof dehnt sich der Hang zwischen 0,40 und 1,50 m in den Pflasterbelag aus. Das Gefälle des oberen Schulhofs wird verändert. Zum Hang hin wird ein Kontergefälle angelegt. Entlang des Wechsels im vorhandenen Pflasterbelag wird eine Pflasterrinne mit Einläufen als Tiefpunkt gesetzt. Das Oberflächenwasser sowohl des Schulhofs als auch der Hangkrone wird hierhin abgeführt.

Auch auf dem unteren Schulhof verbreitert sich der Hang um ca. 1,00 - 2,50 m in den Pflasterbelag hinein. Die vorhandenen Einfassungsmauern der Hangflächen werden rückgebaut. Durch die Verbreiterung des Hangs wird ein Steigungsverhältnis von ca. 1:3 erzielt. Dies ist gegenüber des Hanggefälles im Bestand deutlich flacher.

Als nachhaltige Stabilisierungsmaßnahmen zur Sicherung des Hangs ist ein terrassierter Bodenabtrag im Hangbereich, der durch zusätzlichen Schottereinbau aufgefüllt und verdichtet wird, vorgesehen. Die über den Hang verteilten Fundamente der Spielgeräte stabilisieren den Hang und verzahnen den anstehenden lehmigen Boden mit dem Aufschüttungsmaterial. Die in der Hangrandzone platzierten tiefgegründeten Sitzmauern verleihen dem Hang zusätzliche Stabilität.

 

Material

Die Grundmodulation des Hanges sowie die herausgebildeten Wellen bestehen aus wasserdurchlässigem Kunststoffbelag. Nach Rückbau der bestehenden Einbauten, Mauern, Bäumen, Sträuchern und der angrenzenden Pflasterflächen wird das neue Hanggefälle wie zuvor beschrieben (terrassenförmiger Bodenabtrag und Wiedereinbau von Schotter) profiliert. Es wird eine 30 cm starke Natursteinschottertragschicht eingebaut, die mit 15 cm Dränbeton überzogen wird. Hierauf werden die Schichten des EPDM-Belags (Fallhöhe bis 3 m) eingebaut. Die Einfassung der EPDM-Fläche erfolgt im unteren Schulhof mittels Stahlband zur besseren Ausbildung der organischen Form. Im oberen Schulhof wird die Einfassung der EPDM-Fläche mittels eines Pflasterläufers ausgebildet. 

 

Spielgerät

Das Meeresungeheuer stellt ein multifunktionales Spielangebot dar. Die Spielskulptur besteht aus farbigen Stahlrohren mit zwischengespannten Netzen und Seilen. Die Stahlrohre entspringen einer begehbaren Spielskulptur im Zentrum der Anlage, dem "Kopf" des Meeresungeheuers. Diese Spielskulptur ist ein bekletterbares Raumnetz, das in einigen Abschnitten Wandverkleidungen erhält. Es bietet einen Rückzugsraum im Inneren und kann von außen beklettert und bestiegen werden.

Von diesem "Kopf" als Ruhepunkt der Anlage, führen vier Kletterstrecken über den Wellenhügel. Die Kletterstrecken sind als Fangarme des Meeresungeheuers zu verstehen und bestehen aus gebogenen Stahlrohren und senkrechten Stützen. In und zwischen den Rohrbögen und Stahlstützen sind senkrechte und waagerechte Kletterseile und -netze in verschiedenen Variationen gespannt. Ebenso werden geschlossene Flächen zum Liegen oder Hüpfen sowie feste Tampen zum Schwingen und Schaukeln angeboten. Eine Rutschstange ergänzt das Angebot.

 

Fazit

Das Wellenspiel auf dem Schulhof der Regenbogenschule in Wolfsburg wurde von der ersten Idee bis zur endgültigen Realisierung konsequent umgesetzt. 

Der Schulstandort und die angrenzende Siedlung hat einen beliebten und signifikanten Aufenthaltsbereich erhalten, der vielfältige Bewegungsanreize mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bietet und eine zentralen Treffpunkt auf dem Schulgelände darstellt. Für alle Altersgruppen sind Herausforderungen dabei: Die Kleinen versuchen sich beim Rutschen auf den EPDM-Wellen, die Mittleren probieren sich an den Kletterstrecken aus und die Großen fläzen sich in den Raumnetzen und Hängematten. Die vielfältigen Nutzungsmöglichkeiten an dieser komplexen Spielanlage fördern den Gemeinsinn und die Interaktion miteinander. 

Durch die prägnante Gestaltung ist ein Ort mit einzigartigem Wiedererkennungswert entstanden, der nach anfänglicher Skepsis inzwischen auch das Lehrerkollegium überzeugt.

 

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