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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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17.02.2021 - Ausgabe: 1/2021

Spielen für die ganz Kleinen - Naturnaher Freiraum am Trachenberger Platz II

Von Claudia Blaurock (Blaurock Landschaftsarchitektur)

Photo
© Blaurock Landschaftsarchitektur

Wenn Kinder spielen, sind sie meist ganz in ihrem Element und erlernen intuitiv genau das, was sie für eine gesunde Entwicklung brauchen. Sie sammeln grundlegende Erfahrungen beim Erkunden ihrer Umwelt, stärken ihre sozialen Kompetenzen im Umgang mit anderen Kindern und können ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Damit Kinder ihre Umwelt altersgerecht erobern können, ist es wichtig, dass wir ihnen die Freiräume bieten, die sie entsprechend ihrer Bedürfnisse erobern und gestalten können. Ein naturnaher Spielraum bringt von Grund auf viele dieser Eigenschaften mit und bietet Kindern Erfahrungs- und Bewegungsmöglichkeiten für eine ganzheitliche Entwicklung. 

Durch das Ermöglichen von Naturerleben zum Beispiel durch den Umgang mit unterschiedlichen Materialien aus ihrer Umwelt, verschiedenen Pflanzen und Kräutern, die duften, oder Naschobst können Kindern nach und nach ihren Weg in unsere Welt finden.

Mit dem Wissen, wie wichtig qualitative Freiräume für die Entwicklung von Kindern sind, begann 2017 die Neuplanung der Kita am Trachenberger Platz II. Die Anlage der Kindertagesstätte aus den 1970er Jahren entsprach mit einem Barackenbau und einem langgestreckten Schuppen nicht mehr den Anforderungen an eine zeitgemäße Kita. Bauliche Mängel hätten nur unter hohem Kostenaufwand abgestellt werden können und die Freianlage hatte einen „DDR-Charme“ mit Plastikbänken, Betonplatten und Betontischen. 

Für die Neugestaltung der gesamten Kita sollte nach dem Motto „Raum für Bewegung“ ein besonders bewegungsfreundliches und bewegungsförderndes Erlebniskonzept für die 3.000 Quadratmeter große Außenfläche speziell für Krippenkinder erarbeitet werden. 

Da Krippenkinder (0-3,5 Jahre) eine sehr schnelle motorische Entwicklung durchlaufen, sollte kein starrer Spielplatz entstehen, sondern ein Ort für Abenteuer, der den unterschiedlichen Geschwindigkeiten und Fähigkeiten der Kleinsten gerecht werden kann und immer wieder neue Herausforderungen auch bei der täglichen Benutzung bereithält.

 

Die Umsetzung

Bei der Planung des Außengeländes waren die Blaurock Landschaftsarchitektur von Anfang an in enger Abstimmung mit den Auftraggebern des Eigenbetriebes Kindertagesstätten (EB Kita), dem Bauherrenvertreter Hochbauamt Dresden und den anderen beteiligten Planern. So war es dem Team während der gesamten Planung möglich auf die Wünsche und Bedürfnisse der späteren Nutzergruppen einzugehen. Damit konnte eine optimale Verknüpfung von Innen und Außen erzielt werden.

Schließlich entwickelte sich für das Grundkonzept die Idee das Außengelände in verschiedene Erlebnisräume zu gliedern und unterschiedliche Atmosphären zu schaffen, um den Kindern möglichst viele Bewegungsanreize zu bieten. Die Gliederung sollte mittels naturnaher Materialien, Strauch- und Staudenpflanzungen und einer aktiven Bodenmodellierung umgesetzt werden.

Durch das mittig auf dem Gelände platzierte Gebäude teilt sich der Freiraum in einen vorderen und einen hinteren Gartenteil. Der vordere offenere Garten, in Richtung des Trachenberger Platzes, ist durch eine große Festwiese mit viel Platz für Gruppenspiele, Aufführungen und Feste gekennzeichnet. Ein Baumpodest und Sitzbalkenstrecke bieten einen Anlaufpunkt zum Treffen und Sitzen. Die breite befestigte Fläche dient als Zuwegung zum Eingang sowie zur überdachten Freifläche im Nebengebäude und kann für kleine Wettrennen oder ausgiebige Kreidebilder benutzt werden.

Der hintere ruhigere Gartenteil, da weiter abgelegen von der Straße, gliedert sich in eine Kernzone (dem Nestbereich), nah am Haus und innerhalb der Rollerbahn aus Asphalt und einem erweiterten Gartenbereich.Im Nestbereich liegen zwei mit Sonnensegeln beschattete Sandspielplätze und ein Holzkletterparcours für die Allerkleinsten (0-2 Jahre). 

Das Besondere am Parcours ist, dass verschiedene Aufgänge benutzt werden können (z.B. schräge Ebene, kleine Treppe, Leiter etc.) und innerhalb des Wegs unterschiedliche Schwierigkeitsstufen enthalten sind. So ist es für die Kleinsten schon eine Herausforderung, nach der erklommenen schrägen Ebene auf das nächste anders schräge Podest zu gelangen. Geübte Kinder können dann die Wackelbrücke oder das Hängenetz meistern. Neben dem Kletterparcours kann zudem eine erste Hügelkette erklettert werden.

Die Rollerbahn für Rutschautos, Dreiräder und Roller lehrt sowohl die „schnellen“ Kinder als auch die langsameren zu Fuß auf einander Rücksicht zu nehmen. Hier lernen die Kinder sich zu arrangieren.

Außerhalb der Kernzone befinden sich weitere Anlaufpunkte, wie die Matschbahn, die Nestschaukel, die naturnahe Hügellandschaft und das Hüttendorf. Diese Bewegungs- und Spielstationen bieten vor allem den größeren der Krippenkindern (2-3, 5 Jahre), die sich getrauen den Nestbereich zu verlassen, neue Herausforderungen. Diese Stationen werden durch Pflanzungen in Räume gegliedert.

Die Matschanlage wurde wie ein natürlicher Bachlauf an einem neuen Hang gestaltet. Hier kann Wasser mittels einer Handhebelpumpe ins „Tal“ befördert und zwischendurch umgelenkt und mit eingebauten Wehren angestaut werden.

Über die Nestschaukel freuen sich schon die Allerkleinsten, da hier mehrere Kinder gleichzeitig sanft an geschaukelt werden können.

Besonders mit beginnender Kommunikationsfähigkeit untereinander finden die ca. Dreijährigen im Hüttendorf neue Spielmöglichkeiten: Hier wird „Eis“ verkauft oder sich vor Räubern versteckt und der Einzelne findet hier einen Rückzugsort.

Der ehemalige Rodelhügel wurde in eine naturnahe Hügellandschaft mit neuen Bewegungsräumen und Anforderungen umgewandelt. Für die Kleinen ist schon das Erklimmen des „Berges“ eine echte Aufgabe und kann auf vielfältige Art und Weise geschehen: einfach über die naturnahe Wiese (Mahd 2x pro Jahr) oder über den Knüppelweg oder gar über den steinigen Weg. 

Belohnt wird der Aufstieg mit einem Blick vom Hangbalkon (in den benachbarten Straßenbahnhof) oder mit der Fahrt die breite Hügelrutsche hinunter. Die Tunnelröhre schafft eine weitere Möglichkeit verschiede Räume zu erreichen und zu erleben.

Zwischen vorderem und hinterem Garten gliedert sich die Außenterrasse an. Hier kann im Sommer Mittag gegessen oder anderen Beschäftigungen am Tisch nachgegangen werden. Bewusst wurde hier die Nordseite gewählt, da der Schatten des Hauses und der in die Terrasse eingebundene Baumbestand natürliche Kühlung verschaffen.

 

Details

Für eine naturnahe Gestaltung ist die passende Auswahl der Materialien unerlässlich. Die Verwendung natürlicher Materialien, wie Robinienholz, Hanfseile und Findlinge in verschiedenen Größen regen die Sinne an und prägen die neuen Freiräume. Die Matschanlage bereichert mit einem Wasserangebot das Gelände und die vielfältige Pflanzung überzeugt durch ihre Haptik und Duft. 

Das Verwenden unterschiedlicher Stauden und Kräutern für Insekten und essbarer Strauchpflanzungen erhöhen das Umwelterleben der Kinder. So finden Zitronenmelisse und Minze schon jetzt ihren Weg in die Wasserkaraffen oder Felsenbirnen und Beerensträucher bieten den Kinder Früchte zum Naschen, während duftende Pflanzen wie Lavendel, Katzen- und Pfefferminze zum Schnuppern anregen. 

In den Randbereichen ist die Bepflanzung ergänzt und verstärkt. Weitere robuste und widerstandsfähige Strauchpflanzungen wurden für die Zonierung der gesamten Anlage angelegt.

Eine Besonderheit des Außengeländes ist der alte Baumbestand, der in den Sommermonaten viel natürlichen Schatten spendet und die Kinder vor der Hitze schützt. Diesen zu erhalten war bei der Planung besonders wichtig. Dafür wurden Bäume, die nah am Haus stehen, nicht wie ursprünglich geplant gefällt sondern zurückgeschnitten, die ganze Bauzeit über bewässert und gedüngt.

Im hinteren Bereich befindet sich ein Zugang zur Nachbarkita. So sind Besuche auf kurzem Wege und ein regelmäßiger Austausch zwischen den Kitas möglich. Zusätzlich wurde in der gesamten Anlage auf Barrierefreiheit und Nachhaltigkeit geachtet.

 

Herausforderungen

Damit Kinder ihre Grenzen austesten können, müssen wir als Erwachsene auch überschaubare Risiken und Gefahren zulassen und ihnen das nötige Vertrauen entgegenbringen, denn nur so können Sie lernen in Zukunft entsprechend zu reagieren. Dennoch gab es während der Planung viele Sorgen um die Sicherheit der Kinder, sei es wegen stechender Insekten oder steilen Abhängen. Doch durch geduldige Gespräche konnten den Eltern und Betreuenden diese Sorgen genommen und die Planung schließlich realisiert werden.

Nach einer zweijährigen Bauzeit und mit Hilfe des Förderprogramm des Bundes „Brücken in die Zukunft“ wurde die Kita Haus der Kinder II 2019 in Betrieb genommen.

Die Planung eines naturnahen und bewegungsfördernden Außengeländes war für das gesamte Team eine große Freude und zugleich eine willkommene Herausforderung. 

Am Ende zahlten sich jedoch alle Bemühungen aus und neben der Zufriedenheit der Beteiligten wurde das Projekt mit dem Deutschen SPIELRAUM-Preis 2019 ausgezeichnet.

 


 

Weitere Informationen:

Projektdaten

Fläche:                         3.000m²

Planungs-/Bauzeit:       2017-August 2019

Baukosten:                  480.000 €

Bauherr:                      Landeshauptstadt Dresden vertreten durch das Amt für Hochbau und Immobilienwirtschaft 

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