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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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20.06.2011 - Ausgabe: 3/2011

Förderung der Bewegungskultur von Kindern – Praktische Leitlinien für europäische Kommunen

28 Leitlinien wurden im Rahmen des EU-Projekts “You need exercise! – Promoting children’s physical activity” erstellt. Die Leitlinien geben die Perspektive von Experten in europäischen Kommunen aus den Bereichen Sport, Gesundheit, Jugend für die Bewegungsförderung von Kindern bis 12 Jahren wieder.

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In der Kindheit sind Menschen besonders lernoffen und Fähigkeiten können am nachhaltigsten ausgeprägt werden. Kinder haben einen intrinsischen Bewegungsdrang, der sich nur bei einem entsprechenden Bewegungsangebot entfalten kann. Leider stellen wir bei unseren Kindern eine immer größere Bewegungsarmut fest. Häufig liegt die Ursache in weniger Bewegungsmöglichkeiten gepaart mit mehr Anreizen von Fernsehen und Computer. Um den Kindern optimale Entwicklungschancen und eine hohe Lebensqualität zu gewährleisten, wird Bewegung daher zu einem zunehmend wichtigen Baustein der Erziehung. Kinder benötigen immer häufiger Vorbilder und entsprechende Anleitung, um den Alltag möglichst bewegungsreich zu gestalten und motorische Fähigkeiten zu erwerben.

Die Verantwortung für eine gesunde Entwicklung der Kinder liegt auch bei den Kommunen. „You need exercise“, mit diesem Appell wollten sich die Städte Athen, Innsbruck, Kopenhagen, Rotterdam und Stuttgart im Rahmen des gleichnamigen EU Projekts für mehr Bewegungsförderung von Kindern einsetzen. Die Partnerstädte haben sich im Projekt „You need exercise!“ über bewährte Konzepte ausgetauscht und möchten andere Kommunen für das Thema sensibilisieren und in der lokalen Vernetzung neue Programme zum Thema anstoßen. Auf der gemeinsam erstellten Datenbank stehen verschiedene Best-Practice Beispiele zur Verfügung (www.citiesforsports.eu).

Im Rahmen des Projekts haben sich die vorgenannten Städte auch die Aufgabe gestellt, einen Leitfaden für Städte und Kommunen zu entwickeln, der jetzt als praktischer Leitfaden für die Bewegungsförderung von Kindern allen Kommunen zur Verfügung steht. Was muss für eine gezielte Bewegungsförderung von Kindern berücksichtigt werden? Welche Themenbereiche sind tangiert? Wo sollten Maßnahmen ansetzen? Wie können Programme sinnvoll und nachhaltig entwickelt und durchgeführt werden? Dies sind nur einige Fragen, die sich die Städte mit verschiedenen Experten zur Entwicklung der Leitlinie gestellt haben, um auf Grundlage ihrer Erfahrungen Antworten zu finden. Die 28 Leitlinien geben Kommunen eine Übersicht über Handlungsfelder und -empfehlungen zu verschiedenen Themenspektren, wodurch diese einen Einblick in die möglichst ganzheitliche Bewegungsförderung von Kindern erhalten. Problemstellungen werden durch Ratschläge und bewährte Verfahren ergänzt, um Möglichkeiten von Lösungsansätzen zu beschreiben. Die Themenbereiche der Leitlinien sind umfassend und reichen von Politik über Stadtplanung bis hin zu Angeboten, Netzwerken und Wissensmanagement (u.a. Bewusstsein der Kommunalpolitik, Koordinierte Maßnahmen relevanter politischer Felder, Bewegungsfreundliche Stadt- und Verkehrsplanung, Sportstätten, Infrastruktur und Nutzung, Bewegungsräume in der Stadt, Evidenzbasierte Bewegungsförderung).

Netzwerk Cities for Sports

Mit dem Netzwerk „Cities for Sports“ soll es in Zukunft den Kommunen untereinander besser möglich sein, sich auszutauschen und die umfassende Einbindung der Kommunen in Projekte zur Bewegungsförderung in Europa sicher zu stellen.

Denn: „In den letzten drei Jahrzehnten ist das Ausmaß von Übergewicht und Adipositas in der EU drastisch angestiegen, insbesondere bei Kindern, bei denen die Prävalenz des Übergewichts 2006 schätzungsweise 30 % betrug. Dies zeigt einen steigenden Trend zu ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel, der erwarten lässt, dass in Zukunft vermehrt chronische Erkrankungen auftreten wie Herz Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes, Schlaganfall, bestimmte Krebsarten, Erkrankungen des Bewegungsapparats und sogar eine Reihe von psychischen Störungen. Langfristig wird sich dies negativ auf die Lebenserwartung in der EU auswirken und die Lebensqualität vieler Menschen beeinträchtigen.“
(Weissbuch - Ernährung, Übergewicht, Adipositas: Eine Strategie für Europa)

Ursachen für die oben genannten Entwicklungen: Die Mediennutzung der Kinder in Europa hat sich in den letzten 20 Jahren deutlich erhöht. Die intensivere Mediennutzung verstärkt den sitzenden Zeitanteil am Tag eines Kindes (Verhäuslichung). Der natürliche Bewegungsdrang von Kindern erfährt vor allem in Städten eine starke Einschränkung: Wenig Bewegungsmöglichkeiten im direkten Wohnumfeld und eine am Auto ausgerichtete Verkehrsplanung in den Städten verringern die Chance auf einen bewegten Alltag. Der Transport der Kinder von A nach B wird immer öfter im PKW oder mit dem öffentlichen Personennahverkehr abgewickelt. An Stelle eines einheitlichen Lebensraumes, der sich früher in immer größer werdenden konzentrischen Kreisen den Kindern und Jugendlichen erschlossen hat, sind nun voneinander getrennte funktionelle Teilräume entstanden, die jeweils von der Wohninsel aus angesteuert werden: Kindergarten, Schule, Tennisplatz, Ballettschule, Nachhilfeunterricht, Sportverein etc.. Dies verringert ebenfalls die Chance, dass Kinder zumindest durch die Fortbewegungsmittel Gehen oder Radfahren täglich in Bewegung sind. Medien, Stadtplanung und Transport sind schon immer wesentliche Bestandteile einer modernen Gesellschaft, leisten aber aktuell einen bedeutenden Beitrag zu einer Kinderwelt in Bewegungsarmut.

Lösungsansätze für diese Entwicklungen: Körperliche Bewegung ist neben Ernährung der Schlüsselfaktor zur Lösung dieses zentralen gesundheitlichen Problems in der EU. Wissenschaftlich belegt ist, dass Bewegung nicht nur eine positive Wirkung auf die Gesundheit hat, sondern auch einen positiven Einfluss auf die kognitive Entwicklung und Leistung. Um auch in Zukunft gesunde, leistungsfähige Bürger zu haben, muss es daher das Ziel aller Kommunen sein, durch entsprechende Maßnahmen den Lebensalltag der Kinder in Europa wieder bewegungsreich zu gestalten und für eine natürliche Bewegungskultur der Kinder zu sorgen. Doch leider werden die allgemeinen wissenschaftlichen Empfehlungen und praktischen Kenntnisse einiger Kommunen noch nicht konsequent und ganzheitlich in die Planung und Umsetzung von Präventivprogrammen einbezogen.

Ziel muss es sein, Bewegung für die gesundheitliche und geistige Entwicklung der Kinder in europäischen Städten zu integrieren und in Programme auf lokaler Ebene einfließen zu lassen, denn nur wenige Kommunen verfügen über ein Konzept zur Bewegungsförderung von Kindern, das nachhaltig und umfassend angelegt ist.
In den Kommunen Europas arbeiten viele Verantwortliche in verschiedenen Abteilungen an Strategien und Maßnahmen zur Verringerung der Zahlen – Konkret sprechen diese Leitlinien daher Policy Maker, Entscheider und Umsetzer in den Verwaltungssektoren wie Gesundheit, Jugend, Sport, Schule u. a. der Europäischen Kommunen an. Die Leitlinien liefern darüber hinaus wertvolle Hinweise für Sportverbände und Sportvereine sowie andere Anbieter von Sport und Bewegung im Kontext der Gesundheit.

Mit dem Netzwerk Cities for Sports wurde im Rahmen des Projekts „You need exercise!“ eine Plattform geschaffen, die es Kommunen erlaubt sich über intersektorale Herangehensweisen auszutauschen. Der Austausch beim Thema „Bewegungsförderung von Kindern“ ist notwendig, um erfolgreiche Maßnahmen kennen zu lernen. Über die Online-Plattform können Kommunen die besten Ideen Europas kennen lernen und sich am Austausch beteiligen. Die Experten der Cities for Sports hoffen, dass die Leitlinien den Kommunen Impulse zur umfassenden und zielgerichteten Bewegungsförderung von Kindern in ihrem Handlungsbereich geben und auch intensive Berücksichtigung finden. Die Leitlinien können als Kompass die Richtung weisen und sind dafür auf der Online-Plattform eingestellt (www.cities-for-sports.eu/de/guidelnes). Dort können sie von allen Nutzern kommentiert werden, um den interkommunalen Austausch in Europa von Experten der Bewegungsförderung zu steigern. Die Leitlinien verstehen sich als dynamisches Dokument, das den sich schnell veränderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen angepasst werden kann. Das geplante Netzwerk Cities for Sports wird die kommunale Bewegungsförderung in Europa in den kommenden Jahren weiter diskutieren, um die Kommunen auf die Herausforderungen vorzubereiten und Lösungen zu liefern.

Bis Februar 2011 haben bereits über 60 europäische Kommunen ihr Interesse an einem verstärkten Austausch im Netzwerk Cities for Sports bekundet. Diese Kommunen repräsentieren rund 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger Europas.

Statements

Lena Knorr, Landeshauptstadt Stuttgart, Sportamt:
„Wir arbeiteten im Rahmen des Projekts „You need exercise!“ auf kommunaler Ebene zusammen. Alle Beteiligten kommen aus der Praxis. Wir haben einen lebhaften Austausch über verschiedene Herangehensweisen, Ansätze und Maßnahmen zur Bewegungsförderung von Kindern begonnen, was zu einer Sammlung erfolgreicher Maßnahmen (Online-Datenbank) führte. Durch den Austausch erhielten wir sehr nützliche Tipps, Anregungen und Informationen: wir lernten verschiedene Herangehensweisen, Programme und Strategien der anderen Kommunen kennen. Durch Reflexion des Projektablaufs konnte der Netzwerk-Dialog in Stuttgart wesentlich optimiert werden. Es zeigte sich deutlich die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Institutionen und Organisationen. Uns wurde bewusst, dass ein sektorenübergreifendes und evidenzbasiertes Vorgehen der Schlüsselfaktor für eine erfolgreiche und nachhaltige Arbeit ist. In Stuttgart wurde mit „kitafit“ ein neues Programm zur Bewegungsförderung 3-6jähriger Kinder entwickelt. Das Programm „kitafit“ folgt den Kriterien eines Netzwerkansatzes auf mehreren Ebenen.
Die Projektphase ist vorbei, doch wir möchten die begonnene Arbeit fortsetzen, da wir erkannt haben, dass wir mehr Zeit brauchen, um uns auszutauschen. Darüber hinaus gibt es noch viele weitere Themen, über die wir sprechen möchten. Wir würden uns zudem wünschen, dass sich noch mehr Städte am Netzwerk „Cities for Sports“ beteiligen und ihr Wissen und ihre Erfahrung einbringen. Wir stehen erst am Anfang. Schließen Sie sich uns an unter www.citiesforsports.eu.“

Miltiadis Kalafatis, Stadt Athen, Amt für Öffentlichkeitsarbeit und Internationale Zusammenarbeit:
„Athen ist aus folgenden Gründen eine Partnerstadt in dem Projekt „You need exercise“: 1. Regelmäßige Bewegung fördert nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch unsere gesamte Gesundheit. Darüber hinaus senkt sie das Risiko für viele psychische Erkrankungen. 2. Sport fördert die Kraft, steigert das allgemeine Wohlbefinden und trägt zur Erhaltung der körperlichen und seelischen Gesundheit bei. 3. Das Leben in den modernen Städten unter den gegenwärtigen Umständen bringt zu viel Stress sowohl für Jugendliche als auch für Erwachsene mit sich. Dieser kann durch die Ausübung verschiedener Sportarten deutlich reduziert werden. Die Stadt Athen hat vor vielen Jahren eine Jugend- und Sportorganisation (ONA) ins Leben gerufen, die über zweihundert (200) Sporteinrichtungen in Athen verwaltet – darunter Schwimmbäder, Outdoor- und Indoor-Sportzentren, Turnhallen und Fitnessstudios sowie Fußball-, Volleyball-, Basketball-, Tennis- und Golfplätze.“

Mikkel Emborg, Stadt Kopenhagen, Bereich Kultur und Freizeit:
„Unsere Zusammenarbeit mit den Partnerstädten Stuttgart, Rotterdam, Athen und Innsbruck im von der EU geförderten Projekt „You need exercise“ hat ebensoviel mit 1) der Bewegungsförderung von Kindern und Jugendlichen zu tun wie mit 2) dem Knüpfen von Kontakten zwischen gleichgesinnten Städten in ganz Europa. Die Stadt Kopenhagen ist sich der Tatsache bewusst, dass in den letzten dreißig Jahren das Ausmaß von Übergewicht und Adipositas in der EU drastisch angestiegen ist, insbesondere bei Kindern. Körperliche Bewegung ist neben Ernährung der Schlüsselfaktor zur Lösung dieses zentralen Gesundheitsproblems in der EU. Insofern ist es erforderlich, Wissen auszutauschen, um das Problem des Übergewichts und Bewegungsmangels – insbesondere bei Kindern – zu lösen.
Kopenhagen ist eine große Stadt in einem relativ kleinen Land. Daher ist es nur natürlich, dass wir über die Grenzen Dänemarks hinweg eine Zusammenarbeit und einen Wissensaustausch mit gleichgesinnten Städten anstreben. Wir verfolgen einen internationalen Ansatz, da Kopenhagen sowohl eine Stadt für ihre Einwohner, eine Hauptstadt (von Dänemark) und eine internationale Stadt (mit engen Beziehungen zu den übrigen europäischen Ländern) ist. Dieses Projekt – und das Netzwerk „Cities for Sports“ – kann dazu beitragen, unsere Beziehungen zu anderen europäischen Städten noch weiter auszubauen und zu verstärken.“


Kontakt für Fragen und Anmerkungen:
Landeshauptstadt Stuttgart / Sportamt
Ansprechpartner für die Leitlinien: Andi Mündörfer
andi.muendoerfer@stuttgart.de, +49 711 216-85 89
Ansprechpartnerin für das Netzwerk Cities for Sports: Lena Knorr
lena.knorr@stuttgart.de, +49 711 216-45 44
(www.citiesforsports.eu)
 

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