Stadt fair teilen - was kann Planung beitragen?
Unsere Städte sind über Jahrhunderte gewachsen, darin spiegelt sich auch die Geschichte der städtischen Gesellschaft, wer hatte das Sagen, für wen waren welche Berufe zugänglich. Stadt ist ein...
Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen
Aber mindestens ebenso wichtig wie ein reibungsloser Betrieb ist es, dass das Kon-zept einer Bundesgartenschau in den Köpfen der Menschen funktioniert. Wir be-kommen durchweg positive Resonanz von den Besuchern und freuen uns natürlich besonders darüber, dass das Konzept der innerstädtischen BUGA Koblenz 2011 be-sonders auch bei den Koblenzern so gut aufgenommen wird.
P@L: Die Frage nach den Zahlen wird immer wieder gerne gestellt: Wie rechnet sich die BUGA Koblenz?
Hanspeter Faas: Das Gesamtbudget der Bundesgartenschau Koblenz 2011 beträgt 102 Mio. Euro. Davon werden bis zu 49 Mio. Euro vom Land Rheinland-Pfalz geför-dert, das damit zeigt, wie bedeutend diese Großveranstaltung über die Grenzen von Stadt und Region hinaus einzuschätzen ist. 28 Mio. Euro stammen von der Stadt Koblenz, weitere 25 Mio. Euro muss die Bundesgartenschau Koblenz 2011 GmbH über Eintrittskarten, Lizenzvergaben und andere Einnahmequellen selbst erwirtschaf-ten. Dieser Eigenanteil ist eingespielt, wenn wir den 2 Mio. Besucher auf dem Gelän-de begrüßen dürfen.
P@L: Mit der Idee einer innerstädtischen Bundesgartenschau bot sich der Stadt Koblenz ein neuer Weg im Umgang mit dem öffentlichen Raum. Die Bundesgarten-schau wurde zum Instrument einer Stadtentwicklung von innen heraus. Wie sieht diese Konzeption aus?
Hanspeter Faas: Ja, das Konzept der Bundesgartenschau Koblenz 2011 ist in der Tat außergewöhnlich: Auf drei historischen Punkte im Stadtgebiet verteilt – das zent-ral gelegene Kurfürstliche Schloss und den Blumenhof am Deutschen Eck sowie die hoch über der Stadt thronende Festung Ehrenbreitstein – erstreckt sich das Gelände der BUGA Koblenz 2011. Zentrale, teilweise ungenutzte Freiflächen erhielten ein neues Gesicht und verwandelten sich in faszinierende Landschaften inmitten der Stadt. Verbunden werden die drei Kernbereiche mit den neu gestalteten Rheinufer-promenaden, die zum Korrespondenzbereich der BUGA gehören und nun auch wäh-rend der Ausstellung frei zugänglich sind. Und natürlich gehört dazu die im letzten Jahr mit großem Erfolg eröffnete BUGA-Seilbahn, die die Koblenzer Innenstadt über den Rhein hinweg mit der Festung verbindet und nicht nur einen schnellen und be-quemen Transport, sondern vor allem auch eine atemberaubende Aussicht ermög-licht. Eine der Besonderheiten dieser Bundesgartenschau ist also, dass sie direkt im Herzen der Stadt stattfindet und somit auch ganz nah an die Menschen heranrückt, sie im wahrsten Sinne des Wortes „berührt“. Die Koblenzer haben von Anfang an großes Interesse gezeigt, ihre Ideen eingebracht, sich engagiert. Sie identifizieren sich unglaublich stark mit dem Projekt – im BUGA-Freundeskreis und andernorts. Eine der Besonderheiten ist auch der einzigartige Landschaftsraum am Zusammen-fluss von Rhein und Mosel, wo mit dem Oberen Mittelrheintal und dem Limes zwei UNESCO-Welterbestätten einander kreuzen. Und welche Bundesgartenschau kann schon von sich behaupten, die nach Gibraltar zweitgrößte Festungsanlage Europas im Gelände zu haben und auch zu bespielen? In allen Geländeteilen finden sich his-torisch bedeutsame Orte, die durch die Bundesgartenschau in einen neuen Kontext gesetzt, neu interpretiert werden.
P@L: Und wie sieht die Nachhaltigkeit aus?
Hanspeter Faas: Der Nachhaltigkeits-Gedanke spielt eine wichtige Rolle in der Ge-schichte der Bundesgartenschauen. Es kann schließlich nicht Sinn sein, nach der Veranstaltung einfach weiterzuziehen, ohne einen langfristigen Nutzen geschaffen zu haben. Deshalb fließen in die Planungen immer schon Überlegungen ein, wie durch die Gestaltung der Ausstellungsbereiche in den ausrichtenden Städten auch auf lan-ge Sicht eine Verbesserung oder Verschönerung erreicht werden kann. Prominente Beispiele hierfür sind etwa die Rheinauen in Bonn oder auch die Rheinanlagen in Köln. Auch in Koblenz wurde ein besonderes Augenmerk auf die nachhaltige Stär-kung innerstädtischer Bereiche gelegt. So wurden etwa Freiräume durch neu ange-legte Grünflächen geschaffen, die Uferpromenaden entlang Rhein und Mosel neu gestaltet oder auch die Festung Ehrenbreitstein einer Komplettsanierung unterzogen.
P@L: Wir sind das Fachmagazin für Kinderspielplätze und Freizeitareale. Daher die Frage: Kinder spielen wie auf der BUGA?
Hanspeter Faas: Kinder sind uns auf der BUGA Koblenz 2011 herzlich willkommen und spielen hier ausgesprochen abwechslungsreich: Ob Wasserspielplatz, Kletter-garten oder Skaterplaza – für Klein, Mittel und Groß ist etwas dabei. Auch das vielfäl-tige Kinder- und Familienprogramm lädt dazu ein, sich aktiv mit Themen wie Natur und Nachhaltigkeit zu beschäftigen und bietet die Möglichkeit auf vielfältige Weise zu experimentieren und zu entdecken. So steht der Spielplatz am Kurfürstlichen Schloss ganz im Zeichen seiner klassischen Kulisse. Das „Schmuckkästchen der Kaiserin Augusta“ lädt mit überdimensionalen Spiegeln und Haarnadeln als Schaukel und Wippe zum Spielen ein. Für die Größeren ist die neue Skateranlage, ebenfalls am Schloss, bestens geeignet, um auf Rollen jede Menge Spaß zu haben. Der Wasser-spielplatz im Ausstellungsbereich „Blumenhof am Deutschen Eck“ widmet sich ganz dem Thema Wasser und bietet einerseits Plansch-Vergnügen, andererseits eine Wasser-Experimentierwelt. An sieben Spielstationen können Kinder das Element Wasser hier in unterschiedlichen Formen erleben. Da gibt es ruhige Wasseroberflä-chen, kräftige Springquellen, Stauwehre, Wasserrädern und so weiter. Der Kletter-spielplatz am Werk Bleidenberg im Festungspark Ehrenbreitstein ist ein spannender, naturnah gestalteter Abenteuerspielplatz. Höhepunkt ist die circa 50 Meter lange Endloskletterwand, die mit Baumhäusern zum Ausruhen und Beobachten überbaut ist.
P@L: Geht man in Koblenz mit den BUGA-Spielplätzen neue Wege? Oder gab es bereits vergleichbare Spielplätze?
Hanspeter Faas: Wir haben bei der Gestaltung der Spielplätze keine Geräte aus dem Katalog, von der Stange gekauft, sondern diese im Großen und Ganzen eigens dafür entwerfen und herstellen lassen. Wichtig waren uns individuelle Lösungen, die den Charme des jeweiligen Ortes aufgreifen und sich auch in die Ausstellungskon-zeption der BUGA Koblenz 2011 einpassen. Aus diesem Grunde sind unsere Spiel-plätze echte Unikate.
P@L: Wurden auch Spielplätze saniert, die nicht im dem Kerngelände liegen?
Hanspeter Faas: Ja, außerhalb des BUGA-Geländes ist ein bereits bestehender Spielplatz am rechten Rheinufer neu gestaltet worden. Der Spielplatz wurde auf 400 m² vergrößert und ist auf zwei Ebenen angelegt. Im oberen Bereich befinden sich neue Spielgeräte wie Bojen, Schiffsteile, eine Tastwand sowie Sprach- und Fernroh-re, der untere Bereich ist ein überdimensionaler Sandkasten.
P@L: Wurden Kinder bei der Planung eingebunden?
Hanspeter Faas: Kinder wurden auf vielfältige Weise in die Planung und Umsetzung der Spielplätze auf der BUGA Koblenz 2011 eingebunden. So wurde etwa die „Ska-terplaza“ am Kurfürstlichen Schloss von Jugendlichen der Stadt Koblenz mitgestaltet und von einer Berliner Spezialfirma auf verschiedene Schwierigkeitsgrade ange-passt. Höhenunterschiede von bis zu einem Meter und verschiedene, extra angefer-tigte Elemente aus Beton machen die Fläche für Skateboarder, Rollerblader und BMXer interessant. Auch beim Wasserspielplatz wurden Kinder direkt in die Gestal-tung der Spielfläche einbezogen. In zwei Workshops hatten die Kinder und Jugendli-chen die Möglichkeit, einen Teil des Spielplatzes, nämlich die Tritt- und Sitzsteine, als „Inseln" in der Wasserfläche, zu entwerfen. So sind Seepferdchen, Meerjungfrau-en, Wellen und Wasserwirbel entstanden, die die Kinder hinter dem Deutsche Eck noch viele Jahre bewundern können.
P@L: Für welche Altersgruppen wurden die neuen Spielbereiche konzipiert und blei-ben diese auch nach der BUGA weiter frei zugänglich?
Hanspeter Faas: Alle Spielplätze werden auch nach der BUGA Koblenz 2011 weiter bestehen und noch vielen Kinder-Generationen Spaß bereiten. Als Kind kann man in Koblenz quasi mit den Spielplätzen wachsen: So plantscht man als Kleinkind viel-leicht auf dem Wasserspielplatz und wippt im „Schmuckkästchen der Kaiserin Augus-ta“, klettert im Grundschulalter auf dem abwechslungsreichen Abenteuerspielplatz am Werk Bleidenberg und rollt dann als Jugendlicher ganz cool über die Skaterplaza.
P@L: Mehr und mehr Kommunen haben immer weniger Geld. Wie profitiert Koblenz und umliegende Kommunen von der BUGA?
Hanspeter Faas: Die Bundesgartenschau Koblenz 2011 hat eine enorme Schubkraft für Stadt und Region, sowohl kurz- als auch mittel- und langfristig. Die Stadt Koblenz hat an zentralen Stellen an Attraktivität gewonnen, man denke nur an die runderneu-erte Promenade mit den neuen Rheinstufen oder die Neugestaltung der Schlossan-lage. Das sind Mehrwerte, die nicht nur heute die BUGA-Besucher begeistern, son-dern auch in Zukunft das Stadtbild nachhaltig verschönern und die touristische Be-deutung von Koblenz über Jahre stärken werden. Dazu kommt natürlich die unmittel-bare Wirkung der Bundesgartenschau Koblenz 2011, in den Jahren der Vorbereitung vor allem auf die Bauwirtschaft und nun auf die Hotellerie und Gastronomie der Stadt. Deswegen werden Stadt und die ganze Region des Welterbes „Oberes Mittel-rheintal“ eine nachhaltige Stärkung der Strukturen erfahren. Das jetzt in konkrete Zahlen zu fassen ist schwer, aber wie eine Bundesgartenschau bereits während ihrer Dauer die heimische Wirtschaft florieren lässt, verdeutlichen etwa Zahlen der Bun-desgartenschau München 2005. Dort gaben die Tagesgäste – zusätzlich zum Eintritt – während ihres Besuches pro Kopf durchschnittlich 17,50 Euro aus. Bei Übernach-tungsgästen waren es sogar 80,30 Euro pro Kopf und Tag, von denen die größten Posten auf Gastronomie und Beherbung entfielen. Bei der Bundesgartenschau Mün-chen 2005 stiegen die Stadtführungen um 24 Prozent – auch das ist ein Indikator dafür, wie sehr Tourismus und Wirtschaft in der Stadt angeschoben wurden. Bei die-sen Zahlen ist zu bedenken, dass die Bundesgartenschau München 2005 weit au-ßerhalb des Stadtzentrums lag, während die Bundesgartenschau Koblenz 2011 mit-tendrin stattfindet – ganz nah bei den Geschäften, der Gastronomie und den Se-henswürdigkeiten im Herzen der Stadt.
P@L: 3.000 Veranstaltungen auf einem sommerlangen Fest. Wo werden Sie nicht fehlen?
Hanspeter Faas: Es ist schwer, da einen Höhepunkt auszumachen, weil es eine ganze Reihe besonderer Orte und toller Veranstaltungen gibt. So ist der Festungs-park mit seinen Hallenschauen für mich als Gärtner eine Anlaufstelle, die mich mit ihren wechselnden Ausstellungen immer wieder begeistern kann. Dann sind da die diversen Bühnen mit ihrem abwechslungsreichen Programm, das Ludwig Museum und die Ausstellungen in der Festung Ehrenbreitstein, die den BUGA-Besuch zu ei-nem besonderen Erlebnis machen. Im Endeffekt ist es ja das Besondere an einer Bundesgartenschau, dass man sich ganz einfach über das Gelände treiben lassen und je nach Stimmung entscheiden kann, wozu man gerade Lust hat. Das vielfältige Programm reicht von laut bis leise, von informativ bis zu unterhaltsam – und das je-den Tag.
Darüber hinaus sollten sich die Besucher einen Besuch des Schlosses Stolzenfels nicht entgegen lassen, das zwar nicht im Gelände liegt, aber per Schiff gut zu errei-chen ist. Überhaupt lohnt es sich, nicht nur die Bundesgartenschau Koblenz 2011 zu besuchen, sondern noch ein paar Tage dranzuhängen oder wiederzukommen, um die touristischen Highlights dieser wunderschönen Region auch noch mitzunehmen.
Das Interview führte Thomas R. Müller (Playground@Landscape)