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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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11.10.2011 - Ausgabe: 5/2011

Die mit der Giraffe tanzen

Tierisch toller Kletterspaß im Zoo Osnabrück: drei Abenteuerspielplätze bieten Abwechslung und Platz zum Toben.

Photo

Beispiele sind das Flusspferdhaus Berlin, die Tropenhalle „Gondwanaland“ Leipzig, der Masoala Regenwald Zoo Zürich oder der Elefantenpark Köln.

Aber: „Captivity must be comfortable“ - so könnte man ein zentrales Ergebnis einer Studie zum Besuchserlebnis im Zoo von R.L Wolf und B. L. Tymitz (1981) zusammenfassen. Wenn Zoos sich zu eng am Vorbild der Freizeitparks orientieren und die Naturnähe aus dem Blick verlieren, besteht die Gefahr einer Banalisierung dieser Form der Zooarchitektur. So wird sich ein Zoobesucher nur dann auf die Tiere einlassen, wenn das Umfeld stimmt.

Umfeld Spielplatz

Seit seiner Eröffnung am 26. Juli 1936 hat sich im Zoo Osnabrück viel getan. Der ehemalige Heimattiergarten – hier sollten alle Tiere der Region ein Zuhause finden – wandelte sich im Laufe der Zeit in einen zoologischen Garten. Heute ist der Zoo 23,5 Hektar groß und verfolgt konsequent das Konzept eines Themenzoos mit in sich geschlossenen Tierwelten, naturidentischen Gehegen, Tiergemeinschaftshaltung und möglichst gitterfreien Einblicken in das Tierleben. Circa 2.400 Tiere aus 330 Arten leben in dem grünen Waldzoo. Mit rund 865.000 Besuchern (2010) zählt der Zoo zu den besucherstärksten Einrichtungen in der Region. Diesen Besucherandrang hat der Zoo nicht nur seinen neuen tierischen Erlebniswelten wie dem „unterirdischen Zoo“ (2009) oder der afrikanischen Tierwelt „Takamanda“ (2010) zu verdanken. Denn seit Anfang 2000 baut der Zoo auch sein Spielplatzangebot kontinuierlich und themenspezifisch aus. Inzwischen steigern drei Abenteuerspielplätze die Attraktivität des Zoos insbesondere für Familien.

„Als Manager darf man viel tun, nur nicht den Kopf in de Sand stecken. Das sollte man nur einigen gefiederten Schützlingen im Zoo erlauben. Die Erschließung neuer Finanzquellen, aus denen man die Weiterentwicklung des Zoos speisen konnte, steht im Zentrum aller Anstrengungen“, sagt Geschäftsführer des Zoos Osnabrück, Andreas Busemann. Der Aspekt des Marketings war der wichtigste Baustein in der Konzeption des Osnabrücker Modells. Das Marketing des Zoos war von Anfang an ein atmendes Konzept, das sich ständig an der veränderten Marktposition des Zoos orientieren mußte und dementsprechend permanent nachjustiert wurde – und in Zukunft weiterentwickelt wird. Zu Beginn konnte der Zoo die Besucherzahlen mit relativ einfachen Mitteln stark steigern. Ein ausgeprägtes Eventmarketing war die Basis des Erfolgs. Mit wachsenden Besucher- und Sponsoringeinnahmen konnte dann der entscheidende Schritt gemacht werden und in das „Produkt“ Zoo in bislang nicht bekannten Volumen investiert werden. Hier was allerdings die Ethik des Marketings das Maß aller Dinge. Bevor in neue Erlebnislandschaften investiert wurde, wurden die gravierendsten tierhalterisch erforderlichen Investitionen zum Wohle der Tiere getätigt. Nach diesen Grundinvestitionen blieb genug finanzieller Spielraum, um neue, attraktive Tieranlagen zu erstellen.
Mit dem gestiegen Reiz der Einrichtung musste es aber auch möglich sein, überregionale Zielgruppenpotentiale zu erreichen. Dieses gelang durch flächendeckende, überregionale Werbekampagnen, in denen Ermäßigungscoupons integriert waren, die je nach Zielgebiet eine unterschiedliche Rabattierung besaßen und an der Zookasse einzureichen waren. Entfernungsabhängige Preisnachlässe – ein einfaches und erfolgreiches Marketinginstrument für die erste Phase der Positionierung. Und die zweite Phase des Marketings zog gleich hinterher: In sich schlüssige Erlebniswelten sollen sukzessive realisiert werden und die überregionale Anziehungskraft des Zoos ausbauen.

Zunächst errichtete der Zoo mit der neuen Giraffenanlage „Samburu“ den „Giraffenspielplatz“. Hier lädt eine zwölf Meter hohe Holzgiraffe schon von weitem zum Klettern ein. Die Kinder können über den Bauch und Hals der Giraffe bis in den Kopf klettern und von zwei Rutschen wieder hinabsausen. Wer nicht so hoch hinaus möchte, der findet Spielspaß auf einem Karussell, Klettergerüsten und in Aktionsbereichen mit Tiervergleichen: Springe soweit wie ein Känguru! Vom benachbarten Kiosk mit Sitzgelegenheiten aus können Eltern die Kletterkünste ihrer Kleinen beobachten.

2006 plante Geschäftsführer Andreas Busemann das Areal des alten Eingangsbereichs umzugestalten. „Hier befand sich ein alter Spielplatz und ein tristes Wasserbecken, in dem hauptsächlich nur Enten schwammen. Meine Ziele waren ein toller Spielplatz, das Wasserbecken sollte in die Spielwelt integriert werden und die anschließende Gastronomie sollte mehr Frequenz erhalten“, so Busemann. Bei seiner Recherche stieß er auf den Holzkünstler Jürgen Bergmann. Dieser erarbeitete ein Konzept und schlug eine dschungelähnliche Spielwelt mit schiefen Holzbrücken über die Wasserfläche, dichter Bepflanzung, Lehmhütten mit Tunnelsystem und Wasserspielplatz vor. Busemann war begeistert. „Bergmann sieht die Welt mit Kinderaugen und schafft farbenfrohe, kreative und einzigartige Spielwelten, die Themen aufgreifen und bis in das letzte Detail widerspiegeln“, schwärmt Busemann.

Die Regionalzeitung „Neue Osnabrücker Zeitung“ unterstützte den Umbau und ließ Kinder über das neue Logo des „Neue OZ-Kinderlands“ abstimmen. Das Konzept ging auf: Der Wasserspielplatz ist gerade in den warmen Monaten so begehrt, dass die Eltern eine Zweitausrüstung für ihre Kleinen mitbringen müssen. Hier wird geplanscht, gematscht und gespritzt, während die Eltern in der benachbarten Zoogaststätte entspannen können. Die Hütten, der Dschungelweg und das Tunnellabyrinth bieten den Kindern viel Abwechslung, sodass der Spielplatzbesuch schon mal etwas mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Die neueste Spielwelt des Zoos ist vielleicht auch die spektakulärste: Das Baumhausdorf „Makatanda“ liegt in der 2010 eröffneten Afrika-Tierwelt „Takamanda“. „Takamanda“ ist kein Kunstbegriff, sondern die Bezeichnung eines Nationalparks in Kamerun, dem die Afrika-Landschaft im Zoo nachempfunden ist. Hier gehen die Besucher auf Safari und entdecken entlang ihres Weges Mantelpaviane, Schimpansen, Hyänen oder Warzenschweine. In der Planungsphase von „Takamanda“, tauchte plötzlich – nach einem Versprecher – der Begriff „Makatanda“ auf. Busemann kam die Idee auch in „Takamanda“ einen einzigartigen Erlebnisspielplatz namens „Makatanda“ zu schaffen und stieß bei einer Recherche auf afrikanische Baumhausdörfer. Er setzte sich wieder mit Bergmann in Verbindung. Dieser entwickelte daraufhin ein Konzept, das so einzigartig war, dass der Zoo die Umsetzung aus dem regulären EU-weiten Ausschreibungsverfahren herausnehmen durfte und Bergmann direkt mit der Umsetzung beauftragte. „In ‚Makatanda’ wollen wir den Menschen das Gefühl vermitteln, in Afrika zu sein. Im Dorf verwirklichen wir typische Bilder, die man von Afrika im Kopf hat und schaffen so einen Raum, der Afrika-Gefühle auslöst“, so Bergmann. Ein Dämonenpfad mit unterschiedlichen Seilschaukeln schützt zunächst die Dorfgemeinschaft „Makatandas“ vor den wilden Tieren. Im Zentrum des Kraals dominiert ein großes, afrikanisch gestaltetes Baumhausdorf, in dem die Kinder durch oberirdische Röhren- und Gangsysteme von Hütte zu Hütte klettern können. Zwischen den Hütten ist außerdem ein großes Netz gespannt, über das die Kinder in zwei Metern Höhe krabbeln können. Unter dem Baumhausdorf ranken dicke Seile wie Lianen. Während das Baumhausdorf für ältere Kinder konzipiert ist und diese körperlich fordert, hat Jürgen Bergmann für jüngere Kinder eigene Spielbereiche entworfen: Ein Holzochsenkarren, eine Dorfschule, ein Ölfasslabyrinth, ein Sandbereich und ein ausrangierter Geländewagen sorgen bei den Kleinsten für Begeisterung. Zu dem Konzept des Dorfes gehören natürlich auch Haustiere: Ziegen, Hühner und Esel leben ebenfalls in „Makatanda“ und können gestreichelt oder mit Wasser versorgt werden. Dabei legt Bergmann viel Wert auf Teamarbeit und Ausprobieren: Die Wasserpumpe können nur mehrere Kinder gemeinsam betätigen. Während die eine Gruppe die Pumpe in Gang bringt, muss die andere Gruppe das Wasser in die Behälter leiten.

Auch das Baumhausrestaurant ist mit afrikanischen Stilelementen verziert. „So fühlt man sich beim Kaffeetrinken dann wie beim Warten auf den Dorfältesten“, beschreiben Bergmann und Zoogeschäftsführer Andreas Busemann.

„Makatanda“ wurde nahezu vollständig in der „Kulturinsel“ in den Neißeauen, nahe Görlitz, von Jürgen Bergmann und seinem Team produziert. Dann ging das Baumhausdorf auf Reisen: von der Neiße an die Hase – ein enormer logistischer Aufwand für alle Beteiligten. Der Transport erfolgte mit mindestens zehn LKW. Besondere Herausforderungen lagen im Transport der vier Meter hohen Weltenschaukel und drei Ställen mit afrikanisch anmutendem Aussehen. Ferner auf die Reise gingen eine traditionelle Wasserförderstelle, ca. 20 Tonnen Lehmimitat, ein original Landrover sowie eine Baumhauslounge, die vor Ort aus 35 Tonnen Robinie und Eiche gefertigt wurde. Robinienholz ist eines der beständigsten Hölzer, sodass „Makatanda“ mindestens 30 Jahre im Zoo Osnabrück stehen soll.

Die Investition in derartige Erlebnisspielwelten, passend zu den Tierwelten, lohnt sich, wie die Entwicklung am Zoo Osnabrück zeigt. Die neuen, phantasievollen Spielwelten des Zoos steigern die Attraktivität des Zoobesuchs für Familien, sodass der Verkauf der Jahreskarten stark angestiegen ist: Wurden 1998 gerade einmal 1.000 Jahreskarten verkauft, so sind es 2010 22.000. Diese ist mit 89 Euro (für zwei Erwachsene und mehrere Kinder bis 16 Jahre) verhältnismäßig günstig. Für eine Familie mit zwei Kindern hat sich der Kauf der Familienjahreskarte bereits nach zwei Zoobesuchen rentiert. Und so lohnt es sich, nachmittags mit den Kindern im Zoo vorbeizuschauen, die Flamingos zu beobachten, noch die Klammeraffen zu begrüßen und dann eine Stunde auf einem der großen Spielplätze zu toben. Der Zoo Osnabrück bietet Familien damit eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung. Neben der spannenden Tierpräsentation können die Kinder sich austoben und bewegen. Dieses attraktive Familienangebot spiegelt sich auch in einer Umfrage der Universität Osnabrück aus dem Jahr 2007 wieder: Mit als Hauptgrund für den Zoobesuch werden die Kinder genannt. Und so schließt sich der Kreis: Mit den neuen Spiel- und Erlebnisangeboten lockte der Zoo immer wieder neue Besucher und Familien an. Dank der höheren Besucherzahlen und somit auch Eintritterlöse konnte der Zoo wiederum neue Erlebniswelten realisieren.

Um auch Zielgruppen, die weiter weg wohnen, für den Zoo Osnabrück zu begeistern, bietet dieser entfernungsabhängige Preisnachlässe an, die über Hauswurfsendungen oder Medienpartner verteilt werden. So lohnt sich der Besuch auch, wenn die Anfahrt etwas länger ist. Auch neue Tierwelten mit einzigartigen Besonderheiten ziehen jedes Jahr weitere Besucher an, weswegen der Zoo mithilfe von Sponsoren und Stiftungen kontinuierlich Anlagen erneuert oder erschafft: Im 2009 eröffneten „unterirdischen Zoo“ können Besucher beobachten, wie Nacktmull, Feldhamster & Co. unter der Erde leben, in „Takamanda“ sorgt das riesige Schimpansenaußengehege und das Baumhausdorf „Makatanda“ für Staunen und im 2011 eröffneten „Kajanaland“ entdecken die Besucher die nordischen Tiere von bis zu sechs Meter hohen Baumpfaden aus – ohne störende Gitter. So stiegen die Besucherzahlen von 400.000 im Jahr 1999 auf 865.000 im Jahr 2010. Für 2011 plant der Zoo die Millionengrenze zu knacken. Dank der Besuchersteigerung aufgrund der neuen Tier- und Spielwelten kann der Zoo bereits an die nächsten Projekte denken: Für 2012 ist die Eröffnung eines begehbaren Affentempels geplant, danach steht die Waldlandschaft „Nordamerika“ mit einem „Apachen-Kletterpfad“ an. Holzkünstler Jürgen Bergmann ist voraussichtlich auch wieder mit dabei.


TM / Lisa Josef (Zoo Osnabrück)
Fotos: Zoo Osnabrück
 

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