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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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08.08.2012 - Ausgabe: 4/2012

Grüne Oasen in der Großstadt -

Zwei grüne Spielplätze in Berlin

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Ob der Central Park in New York, der Baldeneysee in Essen oder ein grüner Hinterhof in Berlin – Anregungen und Beispiele gibt es im Kleinen wie im Großen. Dass dabei auch das Thema Spiel seinen Platz finden kann, zeigen die folgenden beiden Beispiele.

Im Norden Berlins versteckt er sich: Ein kleiner aber feiner und vor allem grüner Spielplatz: der Schollenhof in der Wohnsiedlung „Freie Scholle“. Die das Areal umschließenden Wohngebäude-Riegel, 1920 von Bruno Taut geplant und heute unter Denkmalschutz stehend, und die Bepflanzung halten den Lärm des Waidmannsluster Damms ab.

Die Struktur des Platzes stammt zwar aus dem letzten Jahrhundert, ist aber nach wie vor zeitgemäß; eine Dreiteilung in Kinderspielplatz, Sportflächen und anschließende Grünfläche erfüllt die verschiedensten Bedürfnisse aller hier lebenden Altersgruppen. Der alte Baumbestand spendet wunderbar Schatten und in den Büschen der Grünfläche haben sich die Kinder kleine Gänge zum Verstecken und Fangen spielen geschaffen. Der Spielplatz ist neu und wird jedes Jahr verändert. Die Hersteller der Geräte und die Baugenossenschaft sind eine ungewöhnliche Kooperation eingegangen. „Früher gab es hier nur ein quaderförmiges Klettergerüst“, erinnert sich David Köhler, Geschäftsführer der Berliner Seilfabrik. „Nach und nach haben wir alles erneuert. Wir dürfen immer wieder neue Geräte aufstellen, um sie Kunden und Partnern in Aktion zeigen zu können. Die „Freie Scholle“ bekommt von Zeit zu Zeit neue Geräte, so haben alle etwas davon.“ Besonders die Kinder des Viertels dürften sich freuen. Diesen Sommer bauten die Berliner Spielgerätehersteller einen riesigen weiß-blauen Kletterdom auf, der auf der GaLaBau dem Fachpublikum vorgestellt wird. Es schließt sich eine moderne Kletterlandschaft aus Seilen mit Niedrigseil-Elementen und einer ebenfalls neuen Nest-Schaukel an. Es sind aber auch „klassische“ Spielplatzgeräte, wie Schaukel, Drehscheibe und Wippe vorhanden, das Aussehen der Geräte ist stylisch und futuristisch.

„Der Schollenhof ist der Lieblingsspielplatz meiner Kinder“, sagt Sandra, die mit ihrer 4-jährigen Tochter und dem einjährigen Sohn in der Siedlung lebt. „Wir sind etwa viermal die Woche hier. Meine Große kann schon alle Geräte nutzen. Auch der angrenzende Fußballplatz ist natürlich klasse. Die Kleine versucht schon die Netze zu erklettern, was ihr noch nicht ganz so gelingt. Aber als Lauflernhilfe sind die Seile prima geeignet.“ In der 1899 gegründeten Siedlung gibt es ein dichtes soziales Netzwerk, weil viele der Bewohner ein Leben lang hier wohnen. Man kennt sich. Obwohl nicht weit vom Zentrum Berlins entfernt, entsteht hier der Eindruck von Dörflichkeit und Bürgerlichkeit. „Die Siedlung im Grünen", wie die Berliner die Freie Scholle nennen, ist sicher ein guter Ort, um Kinder großzuziehen.

Für eine etwas andere Nutzergruppe wurde der Spielplatz in der Adolfstraße in Berlin-Wedding umgestaltet. Viele der hier lebenden Kinder sind nicht-deutscher Herkunft und haben Eltern, die Hartz IV beziehen. Die Art, wie die Kinder kreativ mit den Seilen spielen, unterscheidet sich aber kaum von der, der „Schollaner“. Es wird genauso geklettert, balanciert, geschaukelt und Fangen gespielt „ohne den Boden zu berühren“. Auch Rollenspiele sind keine Seltenheit. Das Thema des 2010 eröffneten Spielplatzes („Zirkus“) können die hier spielenden Kinder aufgreifen oder auch nicht. Das bleibt ganz ihrer Fantasie überlassen.

Nach einer ausführlichen Bürgerbeteiligung entwarfen die Landschaftsarchitekten vom Planungsbüro Gruppe F aus Berlin einen grünen Kieztreffpunkt für die Anwohner. Das nahe gelegene Quartiersmanagement-Büro und der im Nachbargebäude ansässige Jugendklub sorgen dafür, dass der neue Spielplatz sauber und unversehrt bleibt. Von der Straße aus gesehen, kann die Weitläufigkeit des über 4000m² großen Geländes nur erahnt werden. Zwei Elefanten und ein riesiges Zirkus-Wandgemälde machen den Besucher neugierig. Zahlreiche Bänke und sogar eine Liegewiese sorgen zusätzlich für eine hohe Aufenthaltsqualität.
Weiter hinten schließen sich ein Sportbereich und das Highlight des Spielplatzes an. In einem kreisrunden Sandbereich stehen wild durcheinander anspruchsvolle Kletterelemente unter alten Bäumen. Für die Nutzer ist es spannend, die verschiedenen Funktionen der zahlreichen Elemente zu verstehen und sie zu meistern. Dabei entwickeln sie nebenbei ein größeres Verständnis für physikalische Gesetze und Mathematik. Die verwendeten Niedrigseilgarten-Elemente wurden extra für dieses Projekt entworfen und perfekt an den Standort angepasst. „Wir achten sehr darauf, den, schützenswerten Altbaumbestand zu erhalten und die Bäume in die Gestaltung zu integrieren“, sagt Heinrich Stoppel, Projekt-Designer der Berliner Seilfabrik. „Dabei werden niemals Seile direkt an Bäumen befestigt. Erstens ist das ein Sicherheitsrisiko, denn die Standsicherheit ist selbst bei gesunden und ausgewachsenen Bäumen nicht so berechenbar wie bei unseren Pfosten. Wir wollen schließlich nicht, dass eine Schaukel zusammenkracht. Zweitens ist das Einschnüren beim Anschluss von Seilen an den Stamm für den Baum schädlich. Theoretisch müsste die Befestigung jedes Jahr gelockert werden und an den vergrößerten Stammumfang angepasst werden. Eine Einpassung der Geräte an die jeweilige Fläche ist viel umweltverträglicher.“

Aktuell fragt das Guggenheim Lab auf seiner Tour-Station in Berlin, wie „wir modernen Komfort und die dringende Notwendigkeit ökologisch verantwortlicher Lösungen, die uns als soziale Wesen stärken, ins Gleichgewicht bringen“ können. Die beiden genannten Beispiele zeigen, dass sich die Großstadt mit seinen technischen und architektonischen Lösungen sehr wohl harmonisch in das vorhandene Grün integrieren lässt. So entsteht ein Spannungsfeld, das vermeintlichen Widerspruch in anregendes Miteinander auflöst.


Alena Kniesche, Berliner Seilfabrik
Fotos: Berliner Seilfabrik, Urban Design Berlin
 

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